Wer eh schon Strahans Anthologien liest, sollte vielleicht mal in Betracht ziehen, die eine oder andere Folge des "Coode Street Podcast" zu hören.
Mr. Wolfe ist da auch dabei? Oh, danke für den Tipp, dann höre ich vielleicht doch mal rein, auch wenn ich nicht der Podcast-Hörer (zu ungeduldig für so ein analoges Hintereinander-Medium) bin.
Weiter. Eine qualitative Durststrecke wie die oben beschriebene sorgt in der Regel dafür, dass ich etwas demotiviert werde. Ein Glück, dass jetzt zwei sehr starke Geschichten folgten, so dass mein Motivations-Akku wieder voll aufgeladen ist. Wobei: Stark, aber nicht perfekt.
The Fifth Dragon, Ian McDonald
Ach, McDonald. Kann der überhaupt schlechte Texte verfassen? Wohl nicht. Wohl im Vorgriff auf seinen großen Mond-Roman ("Luna", im September) erleben wir hier eine Kurzgeschichte, in welcher der Mond als eine Art Ersatz-Frontier von Abenteuern und Geschäftsleuten besiedelt wird. Diese Geschichte schafft sehr gekonnt den Spagat zwischen einem durchaus modernen Antlitz und angenehmem Retro-SF Frontier-Gefühl (ob Dozois und Martin neben Mars und Venus auch mal einen "Old Moon"-Band machen?!). McDonald liebe ich als Autor deswegen so, weil keiner es so schafft, mich an einen anderen Ort zu transporiteren und mich gleichzeitig mit faszinierenden Details und Figuren zu fesseln. Die Beschwerlichkeiten eines langen Mondaufenthalts (Muskeln und Knochen schrumpfen - irgendwann gibt es sogar einen Point of no Return zur Erde) waren mir nicht so klar. Ganz wunderbare Geschichte mit einem erheblichen Schönheitsfehler: Das arg abrupte, mich damit vor den Kopf stoßende Ende. WTF? Was war das? Zeilen-Limit erreicht? Das kam so schnell völlig unmotiviert. Trotzdem: Note 1. Aber mit Minus. 1-
Die Story stammt aus Strahans Infitnity-Antho-Reihe. Die muss ich mir wohl doch mal zulegen. Im Dezember erscheint davon der 4. Band (ein fünfter ist schon angekauft), wohl wieder mit einer McDonald-Story. Hach.
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The Truth about Owls, Amal El-Mohtar
Ich gestehe, hier bin ich voreingenommen. Eulen faszinieren mich. Ich war gerade letztes Jahr zufällig im England-Urlaub in exakt so einer Eulen-Anlage, wie sie diese Geschichte beschreibt. Die Autorin (es gibt ein entsprechendes Foto von ihr neben einer Eule) hat offensichtlich solche Anlagen auch schon besucht, die sie wohl hierzu inspiriert haben.
Ein junges Mädchen in England mit libanesischem Familienhintergrund (der letzte Libanon-Konflikt spielt eine Rolle in der Geschichte, sowie die arabische Kultur der Familie der Heldin - die aber keinen Bock auf Arabisch hat und lieber Walisisch lernt!) interessiert sich für Eulen und entdeckt eine besondere Fähigkeit an sich. Die Story ist gesäumt mit Fakten-Einsprengseln über Eulen, wobei die Fakten teilweise die Stimmung der Story spiegeln. Das phantastische Element, welches zur Aufnahme der Story in diesem Band führte, ist eher dezent - und altbacken. Stichwort: Carrie.
Führte mich aber zu einer spannenden Frage: Ist es eigentlich positiv oder negativ, dass man dieses Element rückstands- und verlustfrei aus der Story streichen könnte und sie verliert dadurch genau nix?
Auch diskussionswürdig ist der Migrationshintergrund der Heldin. Aus Gründen der 'political correctness' und, weil es halt mal was anderes ist, als den kulturellen Hintergrund von Mike aus Iowa und Abigail aus Glasgow zu erfahren, wird sowas immer gerne in der Szene sehr abgefeiert. Zu enthusiastisch, vielleicht? Ist das wirklich 'bedeutender', als die Storys von Mike und Abigail? Objektiv: Definitiv nicht. Weiß ich nicht, ich kann für mich nur sagen, dass ein nicht angloamerikanischer Hintergrund nicht per se ein Aktivposten ist, aber nunmal in der Tat für frische Perspektiven und damit schlicht auch Abwechslung sorgt und deswegen von mir eigentlich auch immer mit Wohlwollen goutiert wird. Dabei ist mir völlig klar, dass das bei mir und bei vielen anderen sicher auch eine Gegenreaktion gegen die jahrzehntelange angloamerikanische Monokultur (manels anderer Übersetzungen) in der SF/Phantastik ist. Nur: So what. Diesen Trend (mehr Stimmen aus anderen Ländern in der SF/Phantastik), den wir weiter oben ja schon mal angesprochen haben und den Strahan selbst ja in seinem Vorwort erwähnt, kann ich eigentlich nur begrüßen.
Zurück zu der Story, mit der oben genannten Einschränkung (positive Eulen-Befangenheit bei mir) muss ich trotzdem sagen, dass die Geschichte eine starke Sogkraft auf mich ausübte und ich die Atmosphäre toll und den Stil sehr ansprechend fand. Note 2+
Warum keine bessere Note: So irrsinnig originell ist die Story dann nicht.
Nachklapp: Eine Art Pointe besteht darin, dass die Heldin einen Satz auf arabisch aufschreibt, der uns nicht übersetzt wird. Ich habe deswegen heute Morgen wie wild herum gefummelt, wie ich diesen Satz von meinem Kindle auf ein anderes Gerät bekomme um den durch den Google Translator zu jagen. Gescheitert. Ein Glück hat Strange Horizons die Story auch gebracht, hier:
http://www.strangeho...6/1owls-f.shtml
so dass ich den Satz, [color=rgb(0,0,0);font-family:Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif;font-size:14.3999996185303px;]"ان الØقيقة عن البوم معقّدة", doch noch durch den Translator jagen konnte. Leider ergab das Resultat für mich keinen Sinn. Menno. Ist der in Strange Horizons falsch wiedergegeben (wohl kaum), oder ist der Translator mal wieder zu blöd? Er wirft bei mir irgendwas aus von "Die Wahrheit über komplexes Album" oder sowas.[/color]
Bearbeitet von Oliver, 15 Juli 2015 - 09:52.