Im Zug meiner Arbeit an einer Story-Sammlung mit dem Titel
Cantals Tränen, die alte und neue Geschichten aus meinem Argona-Universum enthalten wird, habe ich mir gerade meine Geschichte
Barrieren noch einmal aufmerksam durchgelesen (und sie bei der Gelegenheit auf den aktuellsten Stand der Rechtschreibung gebracht). Ich lobe mich ja ungern, aber: Die Story gefällt mir immer noch richtig gut. 2004 in der Anthologie
Überschuss veröffentlicht (der dritten SF-Anthologie, für die ich zusammen mit Heidrun Jänchen und Dieter Schmitt im Wurdack Verlag verantwortlich war), stellt
Barrieren gewissermaßen die Geburtsstunde des Argona-Universums dar; und das zu diesem Zeitpunkt sogar noch ziemlich unbewusst. Denn mit der Arbeit an
Entheete, dem ersten Argona-Roman, 2006 erschienen, habe ich erst später begonnen. Und erst nach der Entscheidung, dass es eine Fortsetzung geben würde (
Andrade, 2007), hat mir die Story
Barrieren den Stoff geliefert, das Geschehen geschickt (zumindest in meinen Augen) zu verknüpfen und eine schlüssige Fortsetzung zu schreiben. Und so ist es aus heutiger Sicht für mich persönlich schon sehr erstaunlich, was in
Barrieren alles drinsteckt: Luz Andrade, Tomkin, der Todesmond ... Mehr darf ich ja gar nicht verraten.
Auf jeden Fall eine schöne Geburtsstunde; zu Geburtshelfern wurden Ernst Wurdack (der die Fortsetzung zu
Entheete wollte) sowie Dieter Schmitt und Heidrun Jänchen, die fürs Lektorat von
Barrieren gesorgt haben.
Auch an
Überschuss erinnere ich mich natürlich gerne zurück, ein schönes (und längst vergriffenes) Buch mit Storys von unter anderem Thorsten Küper, Uwe Hermann, Heidrun Jänchen, Markus Korb, Uwe Sauerbrei, Andrea Tillmanns, Edgar Güttge, Bernhard Schneider, Nina Horvath und vielen, vielen mehr. Das wäre es eigentlich wert, mal wieder gelesen zu werden. (Einen Diskussion-Thread zum Buch im SF-Netzwerk gibt es übrigens
hier.)
Hier ein kurzer, mich sehr nostalgisch stimmender Auszug aus
Barrieren (nicht ganz der Anfang, sondern der Anfang des zweiten Abschnitts):
„Angriff.“
Luz Andrade hörte den Schrei, schloss die Augen und öffnete seinen Geist.
Tatsächlich. Er fühlte die tödliche Welle des unverständlichen Hasses heranrasen, sah die Spur, die sie hinter sich herzog, den sich rasch ausbreitenden Korridor, in dem sich die Schwärze des Weltraums von einem Moment auf den anderen blutrot verfärbte. Die Flammen des Verderbens näherten sich unaufhaltsam. Grell leuchtend bahnten sie sich ihren Weg.
Luz verspürte keine Furcht. Er stellte der Welle seine Barriere entgegen. Er merkte, dass es ihm die anderen gleichtaten. Ihr Geist wurde eins und gemeinsam verwandelten ihre Kräfte seinen eigenen löchrigen Zaun in eine stabile Mauer, die sich schnell und undurchdringlich vor der Welle auftürmte. Die fremde Macht brandete hart gegen den schützenden Schirm. Und doch wankte dieser nicht. Der Hass und der Tod prallten wirkungslos von ihm ab.
Luz genoss das Gefühl der eigenen Stärke und Überlegenheit. Er berauschte sich daran, dass er ein wichtiger Teil des großen Ganzen war, dieses umfassenden Schutzes, der allen Menschen unten auf dem Planeten ein Leben in Sicherheit garantierte. Kurz dachte er schaudernd daran, was geschehen würde, sollten er und die anderen versagen. Doch dann rief er sich zur Ordnung: Dazu würde es nicht kommen. Niemals.
Dann spürte Luz, wie die Barriere wankte. Furcht flackerte in ihm auf. Sie drohte, seine Konzentration zu zerstören. Er wollte sie ignorieren, sie einfach beiseiteschieben, aber er konnte sich ihr nicht entziehen. Wenn die Barriere fiel, deren Teil er war, würde er keine Gelegenheit mehr haben, seine Angst zu bekämpfen. Dann würde es zu spät sein.
Wieder raste eine der Wellen aus den Tiefen des Weltraums heran. Sie bestand aus nackter Gewalt, aus Hass und aus dem Tod, den sie über die Orbitalstation und den ganzen Planeten bringen würde. Sie stieß vehement gegen die Barriere und ließ Luz†™ Geist erzittern. Doch er stemmte sich ihr entgegen. Und auch die anderen ließen in ihrem Bemühen nicht nach, den Angriff abzuwehren. Luz fühlte Stolz. Sie würden es schaffen.
Doch plötzlich brach der Widerstand, den die Menschen der Urgewalt entgegengesetzt hatten, wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Schmerz raste durch Luz†™ Gehirn. Er schrie laut auf und hörte die Schreie auch aus anderen Kehlen.