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Kais Komik Blokk



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JLA: The Nail [DC/1999]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 15 Dezember 2013 · 1.102 Aufrufe
DC, *Davis, 20.Jhdt., -JLA-
Etwas verspätet, zum Jahresende, eine 1. Einführung in die großartige "Elseworlds"-Serie im DC-Universum, hier durch den Tochterverlag Titan Books vertreten, in einem ausgetüftelten Werk durch den verdientermaßen bekannten Zeichner Alan Davis, und Inker Farmer.

"Elseworlds" ist eine ausführlichere Fortsetzung der klassischen "What if...?"-Kurzausflüge in frühen Superman-Comics, die dort, also so in den Sechzigern, wenn ich mich recht erinnere, recht kurz gehalten wurden, und nur ein Teaser waren für die Vorstellung, was wäre, wenn alles anders gekommen wäre. Meist ging es darum, dass eine der Figuren im Ensemble um Superman Superkräfte bekam oder miteinander die Rollen tauschte. Oder, wenn Supi & Lois Lane heiraten würden & Kinder bekommen hätten. (Was ja später ansatzweise im Hauptcomic ausprobiert wurde.) Die modernere "Elseworlds"-Serie zeichnet sich m.E. durch kluge Plots und großartige Zeichnerei aus, und ist für einen SF-Fan, der sich im Ausdenken alternativer Welten ein wenig auskennt und dolle wohlfühlt, besonders attraktiv.

In diesem Fall wird die Zeit, die die Kents brauchten um den außerirdischen Jungen (Mann) kennen zu lernen, um 20 Jahre nach hinten verschoben, einfach weil an DEM ursprünglichen Tag des meteoritartigen Niederschlags nahe Smallville der Pickup der Kents über einen Nagel auf der Auffahrt vor ihrem Haus fuhr, und sie damit zuhause strandete. Der kl. Junge wird von anderen Farmern in der Gegend gefunden, sein Raumschiff aber leider von einem gewissen Journalisten... Der Bandtitel stammt aus einem über 3 Jahrhunderte alten britischen Gedicht:

For want of a nail the shoe was lost,

for want of a shoe the horse was lost,

for want of a horse the knight was lost,

for want of a knight the battle was lost.

So it was a kingdom was lost -

all for the want of a nail.

Eigentlich eine Art Grundhymne für die "Elseworlds"-Serie. "Storyteller" Davis hält sich teilweise sehr nah dran - insbesonders an die vorvorletzte Zeile. Denn in dem weltumspannenden "Kampf" der sich im Band entwickelt, kommen so gut wie alle bekannten DC-HeldInnen dran, die über die Jahrzehnte je irgendeine Beliebtheit genossen. Vor allem war ich bezaubert davon, dass 2-3 Seiten lang die von mir vergötterten Metal Men einen Auftritt hatten. Eingefügtes Bild

Und der eigentliche Nagel, der alles zusammen hält, aber hier fehlt, ist ein gewisser Sohn Kryptons.

Davis als Texter nimmt sich jedenfalls viel Zeit in diesem Reigen der DC-Figuren ganz langsam die finale Überraschung aufzubauen: Man ahnt natürlich nach und nach warum der Joker auf einmal so mächtig geworden ist, dass jemand mit Köpfchen dahinter steckt wenn rassistisch gegen Alien-Helden gestänkert wird, und menschliche Helden immer wieder als mörderische Vigilanten im TV "geoutet" werden. Aber wer es letztendlich ist, ist doch eine große Überraschung - die übrigens eine taffe Lois Lane, voll im Solo-Modus, mithilft, aufzudecken. Als die Beweise immer erdrückender werden, dass der Planet in Gefahr ist, wird auch sauber erklärt, warum z.B. der GL-Korps nicht zu Hilfe kommen kann.

Es werden auch bekannte Helden nicht unbedingt geschont: Green Arrow - aktuell bei uns im TV ein Hit - nimmt derart starken Schaden beim Kampf gegen den Superandroiden Amazo, dass er sich zum verbitterten Wortgeber gegen alle mit Super-Eigenschaften wendet! Einen großartigen Auftritt hat der ewig vernünftige marsianische Manhunter - der Name natürlich ein gefundenes Fressen für die Hasspresse in dieser Welt - übrigens an einer Stelle, als er sich für einen der fremdartigsten aber weniger-bekannten Kumpane einsetzt. Dass die Justice League - ein weiterer Favorit von mir - immer wieder in den Fokus tritt, und welch wichtige Rolle Batman in ihr in Abwesenheit des größten Superhelden spielt, gefiel mir auch sehr gut. Und Catwoman hat mindestens eine Schlüsselszene, die die Figur im Band besonders sympathisch macht.

Aber die Zeichnerei von Davis trägt den Band zum vollen Erfolg. Wonder Woman - nun offizielle Leiterin der JLA - sah nie schöner und gleichzeitig staatsmännischer aus; Batmans Devolution vom starken, stillen Helden zum weinenden Wrack ist seinerseits wiederum ein Wunder. Immer wieder serviert Davis uns auch ganzseitige "Trommelwirbel" wo ein Held sich gegen die scheinbare Übermacht (kurzfristig) erfolgreich wehrt! Großartig!

Das Graphic Novel war so erfolgreich, dass die beiden später einen Folgeband, Another Nail, versuchten, der aber m.E. an diesen modernen Klassiker nicht heran kommt.

Fazit: Diese grandiose Tour de Force, ein Beispiel davon wie schlagkräftig eine Superhelden-Ensemble-Geschichte sein kann im Comic-Genre, sollte man verschlungen haben! (Wohl bekomm's...)


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Lescheks Flug [Rotopolpress/2013]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 12 November 2013 · 1.579 Aufrufe
21.Jhdt., Rotopolpress
Deutsche Comics hab ich hier im Blokk bisher sträflich vernachlässigt, hier also ein etwas hektischer Versuch, aufzuholen...

Der vorliegende Band von Berliner Allround-Talent/Storyteller Sebastian Stamm erzählt von einem Roboter-"Dorf" im Wilden WAsteroidengürtel irgendwo, auf dem der kleine Action-Puppen-Entwerfer/-Bauer Leschek von großen Weltraumabenteuern träumt. Das ganze Comic handelt danach davon, wie er es schafft von Neulins, dem "Dorf", weg zu kommen.

Die Story und die Dialoge sind skurril, die Zeichnerei klasse tüftelig & verschroben. Ich habe ganz lange gebraucht, bis ich kapiert habe, dass so eine Art Mini-Schornstein rechts oben über der verbeulten Visage des Roboters ein arabisch-anmutendes Stoffhütchen ist. Überhaupt ist der Roboter den Menschen recht angetan; er verbündet sich auch mit einem, der ein 100%iger Farmboy ist und schon immer davon geträumt hat, Weltraumpilot zu werden. (Ich höre da Klänge eines gewissen John-Williams-Themas im Hintergrund...)

Das Roboterdesign ist durchweg beeindruckend: Genial ist z.B. die rabiat-herrschende "weibliche" Elite, die sich vor allem durch überdimensionierte Gasballonköpfe auszeichnet, mit deren Hilfe sie etwas über allem schweben können!

Zentrale Rolle spielen im Comic auch "Cubes", elektronische kleine grüne Würfel, die einerseits als Währung, andererseits als Energiegeber benutzt werden. Ganz hinten im Band gibt es eine Seite mit den 6 Würfelflächen zum Ausschneiden und Cube-Selberbasteln! Eingefügtes Bild

Man kaufe sich also 20 Tausend Ausgaben des Erstwerks eines comic-schaffenden Neulings, bastele entspr. viele Cubes und benutze sie zur Flucht in die wunderbare dunkle Weite! Eingefügtes Bild


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Odyssee [Brockhaus/2012]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 13 Oktober 2013 · 774 Aufrufe
Brockhaus, 21.Jhdt.
Der Blokk wird 1 Jahr alt, daher dachte ich geh ich mal ganz weit zurück - mehrere tausend Jahre - zu Homers Odyssee. Denn sie ist von den französischen Verlagen Editions Adonis & Glenat in einer neuen Reihe für eine erwachsenere Leserschaft als Comic veröffentlicht worden; Brockhaus/wissenmedia übernahmen die dt.-sprachige Version davon.

Das Zeichner/Texter-Team Imbiriba/Lemoine hat die Geschichte ansehnlich hinbekommen. Nichts Herausragendes, aber mich hätte die Sache als anfangender Schüler sehr angesprochen, und damals gab es wenig Interessanteres für mich als die griechische Mythologie. Wobei wir gleich auf ein kleines Problem kommen: Die Zeichnungen sind m.E. etwas zu gewalttätig (und freizügig?) für Kinder unter ~10. Meinem jüngeren Ich hätte ich das Comic also ein paar Jahre enthalten.

Dann aber hätte ich mich gefreut mal endlich Bilder zu vielen vorgestellten Konstrukten zu sehen, u.a. Skylla & Charybdis.

Die Geschichte bleibt erstaunlich nah am Original - alle Abenteuer werden abgedeckt, natürlich wesentlich kürzer als jeder reine Text. Aber das kommt ja dem heutigen halb- & nicht-lesenden Publikum entgegen.

Die Geschichte beginnt mit einer Erzählung/Zusammenfassung des trojanischen Kriegs von seiten Odysseus. Er ist auf dem Weg zurück nach Ithaka, aber sein Hochmut bei der Bezwingung des menschenfressenden Kyklopen - "Ich bin Odysseus... der Zerstörer von Troja!" - führt u.a. zu starken Winden, die sein Schiff ins Unbekannte befördern. Mehr als ein Jahrzehnt braucht der Held, der inzwischen der einzige Überlebende ist, um die riesenhaften Laistrygonen, die Zauber der Kirke, einen Besuch in der Unterwelt der Toten, den Gesang der Sirenen, die 2 bereits oben genannten Ungeheuer, und das ewigen Leben, das ihm die Nymphe Kalypso anbietet, zu überwinden - um nun sein geliebtes Ithaka und seine treu auf ihn wartende Frau Penelope & den inzwischen erwachsenen Sohn Telemach wieder zu sehen.

Das alles wird recht schnell erzählt, aber in teils eindrucksvollen Bildern. Mir gefiel besonders die Flucht vor dem Kyklopen und die Zeit, die Odysseus mit Kalypso verbringt.

Gegen Ende erscheint ihm seine ewige Gönnerin, die Göttin des Kampfes & der Weisheit, Pallas Athene, und hilft ihm in einer langen blutigen Abschluss-Szene seine Frau zurück zu erobern. Diese Szene verstand ich schon als Kind nicht, und heute geht es mir noch immer so: Warum müssen alle diese Freier sterben? Warum konnte sich Penelope nicht leisten, sie von bezahlten Söldnern o.ä. vertreiben zu lassen, wenn sie Jahre Lang Kost & Logis der Freier tragen konnte?

Aber in Ilias & Odyssee stecken eh eine Menge damaliger Moralparabeln drin, die mir (uns?) heute fremd vorkommen. Es schien Homer u.a. um eine Art Leitindex der (damaligen) Tugenden zu gehen. Von Ehre & Treue & Mut & dem schweren aber letztendlich lohnenden Tribut, das den teils irre megalomanen Göttinnen & Göttern zusteht... Eingefügtes Bild Bei Odysseus - eine Art Ur-MacGyver - kommt noch seine Intelligenz und Trickserei hinzu.

Am Ende folgt dann noch eine kurze Einführung in die Eckpunkte der Sage, über Göttinnen & Götter, die vorkommen, und (!) ein wenig über Homer und die Form seiner Erzählungen. Eingefügtes Bild

Eine gelungene Hommage an eine der ältesten phantastischen Geschichten der Welt!


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Jenseits der Grenze [Schreiber & Leser/2002-2004]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 07 September 2013 · 1.197 Aufrufe
21.Jhdt., Schreiber u. Leser

Eingefügtes Bild

Ist das Steampunk? Das wäre m.E. eine etwas zu eingrenzende Bezeichnung für die Serie "Geheimnisvolle Städte" von dem belgischen Zeichner Schuiten und Texter & Landsmann Peeters. Seit den Achtzigern läuft die Serie, und ist inzwischen Kult, sogar online.

Ich kenne die Werke der beiden kaum, und mag vor allem Schuitens "architektonische" Zeichnungen - sehr klar und mit wenig Einsatz von Tinte (er koloriert immer selber); doch dieser Doppelband, dessen Hälften mt einem Abstand von 2 Jahren erschienen, ist m.E. das bisher rätselhafteste Werk in der Serie um eine andere Erde, mit anderen Kontinenten, deren Stadtstaaten, mit teilweise sehr ähnlichen Namen wie bestimmte europäische Städte, in der Serie thematisiert wurden (u.a. in Brüsel).

Dieser Doppelband skizziert nun eine Weiterentwicklung - die einer Militärmacht, Sodrowno-Woldachei, die nach und nach die anderen Städte der Serie übernimmt. Die eingehende Handlung begleitet einen Neuling im Kartographischen Zentrum, einem riesigen halbspheroiden Bau, der, im Inneren, eine 3D-Karte des Reichs enthält, das die Belegschaft aufbaut. Allerdings führt die Vergrößerung des Reiches dazu, dass auch außerhalb des Riesenbaus die Kartenlandschaft fortgesetzt wird...

Der Neuling arbeitet sich nach und nach ein, lernt den ein oder anderen Guru sowie auch technikbegeistertete andere Neue kennen, aber auch die "leichten" Damen eines im Bau integrierten Clubs, die der vorrangig männlichen Belegschaft zur "Entspannung" dient. Darunter die geheimnisvolle Shkodra, die einige erstaunliche Eigenschaften vorweisen kann. Was sie aber eher ungerne tut.

Der Plot ist eher rätselhaft/allegorisch - es geht ums Überschreiten unsichtbarer Grenzen, die insbes. die männlichen Figuren dieses absurden Theaterstücks nicht erkennen. Sie labern viel, aber begreifen wenig. Letzteres trifft auch auf (diesen) männliche(n) Konsumenten des Comics zu.

Geht es um die Verblendung der männlich-intellektualisierten Welt? Um ihre ständige herablassende Behandlung von Frauen (mindestens die Hälfte der Frauen im Comic müssen sich irgendwann ausziehen)? Um die Naturverbundenheit & Echtheit von Leuten/Frauen vom Land? Wenn der Neuling und Shkodra sich gegen Ende der Grenze des Reiches nähern, werden die Landschaften immer surrealistischer - sie gehen u.a. auf Hügeln von Kugelhülsen oder durch ein Meer von Gräbern.

Jedenfalls sind die visuellen Entwürfe Schuitens mal wieder träumerisch perfekt, mit wunderbaren Lichteffekten und nachdenklichen Mienen und Gesten. Letztendlich wandelt sich die Sache in der 2. Hälfte zu einem wahren "trip" - der Neuling muss immer weiter, kommt nie an...

Klare Empfehlung! Es ist immer an der Zeit, und es bleibt auch immer Zeit, sich dem Cités-Obscures-Kult anzuschließen. (Was der Jungspund Steampunk nun asymptotisch auch getan hat! Eingefügtes Bild)

P.S.: Da ich mich gerne mit jemandem an weiteren Enträtselungsausflügelungen dieses Comics beteiligen würde, biete ich an, die getrennten 2 Bände der obigen Gesamtausgabe, die ich über habe, d. Ersten, d. sich per PM bei mir meldet, zu schenken. Bitte Schneckenpost-Adresse angeben, und ich versende die beiden.


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Longshot [Marvel/1985]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 11 August 2013 · 816 Aufrufe
Marvel, 20.Jhdt.
"Schafft mir einen neuen sympathischen Anti-Helden," scheint der Auftrag von Meister Lee - der, der immer irgendwelche Kurzauftritte in Superheldenfilmen zu haben scheint, heutzutage - an Zeichner Art Adams und Texterin Ann Nocenti damals gewesen zu sein. Die beiden waren beide relativ neu im Geschäft, und dies war ihr erster großer Auftrag. Es durften sogar kurz aktuelle Marvel-Lieblinge wie She-Hulk und Spider-Man im Plot auftauchen. (Einen längeren Auftritt bekommt der allwissende Magier Dr. Strange.)

Die beiden schufen einen Helden, der - in unserer Welt - nichts Anderes kann, als, immer dann wenn er es braucht, kolossales Glück zu haben. Er hat einen niedlich-fitten "body", und ein Auge, das beim Glückhaben immer leuchtet (wovon er selber allerdings nichts merkt). Frauen finden ihn fast alle nur zum Dahinschmelzen. Das war's!

Entsprechend trägt er viele kleine Messer mit sich, die er im selbstgebastelten Glücksrausch wild um sich schmeißt, und die dann immer genau da landen, wo sie hin sollen.

Das wirklich Coole an dieser Heftesammlung - in Form eines Graphic Novels in 6 Teilen - ist aber das Drumherum, das sich Autorin und Artist zusammen ausgedacht haben. Eine alternative Realität, aus der Longshot stammt, bevölkert mit beinlosen, fetten, schwebenden Clown-Monstern, deren irrer Chef vor allem angebetet werden will, und bei entspr. strafendem Blick alles Lebende verdorren lässt. Eine Meute von Kindern, NYC-seitig, die Longshot "assistieren", inklusive eines kleinen Mädchens, das sich sofort in den hippen Anderweltlichen verknallt, und auf einmal kaum ein Wort heraus bringt. Und natürlich Ricochet Rita, die raketen-reitende Stuntfrau, die Longshot in Chuzpe nichts nachsteht, und sich dauernd fragt, warum sie überhaupt als Frau auf die Welt kam - natürlich nur, bis sie Longshot ein wenig besser kennen lernt...

Adams' Zeichenkunst ist hier noch nicht so gestochen wie später (er wurde ziemlich bekannt mit seinem leicht zu erkennenden Stil, u.a. bei der Miniserie, wo die Fantastischen Vier durch andere Helden vertreten werden müssen, und dann Wolverine und der graue Hulk mit dazu gehören), aber seine Heldinnen - und sechsarmigen Rache-Engel! - sind schon hier sehr "stark" und abenteuerfreudig gezeichnet, ein Jahrzehnt bevor Lara Croft erschien. Seine wilden Kreationen und großartigen Tier-/Tiermensch-Darstellungen, die er später perfektionierte, sind auch hier schon beeindruckend - der depressive Held Quark (kleines Bild - im eigenen Fenster geöffnet sieht man mehr) ist eine Wucht! Dabei wirkt alles sehr sauber und klar.

Das Comic ist inhaltlich - und kreativ - ausgelassen und sehr voll, mit vielen kleinen, teils sehr absurden, Plot-Elementchen... so dass man etwas Konzentration beim Konsumieren braucht. Auch gibt es eine Menge Text, so dass man das Gefühl hat, Nocenti war es noch nicht gewohnt, eigenen Text beim wiederholten Durchsehen zusammen zu streichen. Aber diese "Fehler" machen eher den Charme dieses Doppel-Erstlings aus. Gelacht hab ich auch beim erneuten Lesen wieder mehrmals...

Der selbstverliebte Bösewicht Mojo, stolz auf seine Rückgratlosigkeit, bleibt einem jedenfalls dauerhaft im Kopf kleben! Eingefügtes Bild


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Spirou & Fantasio #50: Die Dunkle Seite des Z [Carlsen/2012]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 10 Juli 2013 · 10.512 Aufrufe
Carlsen, 21.Jhdt., *Franquin
Das wird eine kürzere Besprechung als sonst, denn eine der berühmtesten und längsten Comic-Serien Europas erreichte vor einigen Monaten ihre 50. Ausgabe, und mir geht es eher um diese Serie (S&F). Ich werde nicht so sehr auf diese spezifische Ausgabe oder ihre Autoren eingehen - die Reihe letzterer ist lang, und momentan werden sie schneller ausgewechselt als je zuvor - sondern vor allem auf den einen Autor, der der Serie ihre größte Beliebtheit und weltweite Anerkennung bescherte: In meinen Augen einer der ganz großen Comic-"storytellers", der Belgier* André Franquin.

Obwohl also Spirou aktuell gerade sein 75-jähriges Bestehen feiert, wird die Serie S&F, um die es diesmal geht, aktuell offiziell vom Originalverlag Dupuis erst seit den Franquin-Alben angeboten, denn mit seinen 18 Alben schuf Franquin erst so richtig das markante "milieu" der beiden modernen Freunde (von denen einer einen leichten Dress-Fetisch-Tick hat Eingefügtes Bild) - einer ein glasklar-denkender, mutiger Abenteurer, der andere ein kindsköpfiger, für-alles-begeisterungsfähiger Verlagsmensch & Journalist - umgeben von exotischen, erstaunlich begabten Freunden, u.a. dem "weird scientist" Graf Rummelsdorf, dessen Pilzzüchtungen praktisch alle Probleme aus der Welt schaffen (könnten, wenn das immer glatt ginge), und dem Marsupilami, eine Art Supertier aus dem südamerikanischen Dschungel, mit gutem Herzen und einem schier "endlos" einsetzbaren dritten Arm... ohne Hand, was aber das M. rein gar nicht bremst. Eingefügtes Bild

Die tollen und oft wilden Ideen des Belgiers, gekoppelt mit einem gekonnten Zeichen- und vollen "Inking"-Stil der seinesgleichen sucht (Goya? Eingefügtes Bild), brachten S&F zu furioser Bekanntheit, letztendlich weltweit. Als eine weitere Figur, der anarchische Bürogehilfe Fantasios, Gaston, immer beliebter außerhalb S&F wurde, widmete sich Franquin diesem und später noch anderen Projekten. Das 18. Album wurde von einem befreundeten Zeichner übernommen; das 22. war das letzte von Franquin gezeichnete, da es schon vorher "in Reserve" abgeschlossen worden war.

Inzwischen (#50, #51) wird S&F oft wieder in einem Franquin-nahen Stil gezeichnet, obwohl dessen feine Akkuratheit nie ganz erreicht wird. Auch lahmen die Geschichten oft an interessantem bzw. spannendem Inhalt, so dass es entweder zu viel dolle Hektik oder Action-Seiten zu "bewundern" gibt. Der Geist der Franquinschen Anarchie lebt da noch in der ein oder anderen Ecke - dass "Z" derart futuristisch-dystopisch ausschweift im 50. Band ist schon konzeptuell atemberaubend - aber dessen Innovationstiefe und gelegentliche Dunkelheit wird m.E. nicht mehr erreicht. Letztendlich war Franquin auch ein begnadeter Plotter und "pacer" (also einer, der den zeitlichen Ablauf der Geschehnisse im Griff hatte).

Fazit: Es ist schön, dass es diese traditonsreiche Serie noch gibt, aber wirklich zu empfehlen sind vor allem die 18 Ur-Nummern, der #1, bis zur #17, plus der #22, des belgischen Meisters. (Der sicherlich nochmal hier im Blog beleuchtet wird!)

(* Wer momentan ein wenig auf Belgiens Errungenschaften im Politischen herabschaut, darf sich, wie viele Andere auch, fragen, wie es kam, dass dieses kleine unscheinbare Land gleich zwei der bewundertsten europäischen Comic-Zeichner produzierte; neben Franquin gab es noch den Anderen, der vor kurzem von Spielberg trick- und m.E. etwas zu US-action-reich verfilmt wurde, mit einem Spirou-ähnlichen Protagonisten, der immer von einem kleinen weißen Hund begleitet wird...)


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Der Ewige Krieg [Carlsen/2011]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 13 Juni 2013 · 850 Aufrufe
Carlsen, 20.Jhdt.
Vierzehn Jahre nach Erscheinen des gleichnamigen Klassikers von Joe Haldeman folgte, abgesprochen mit ihm, diese Comic-Adaption des "storytellers" Mark Marvano, erstmals in 1988, episodisch über etwas mehr als einem Jahr. Diese nun vor 2 Jahren bei Carlsen erschienene Gesamtausgabe scheint das erste Mal zu sein, dass alles in einem Band in deutsch erschienen ist, nach einem französischen Äquivalent von Dupuis 3 Jahre zuvor.

Die Zeichnungen sind gut, aber relativ locker, wodurch die lesende Person automatisch auf das Umfeld gelenkt wird, u.a. auch auf den Plot. Was einer Umsetzung eines Romans, der vor allem von seinem legeren Schreibstil, und seiner Weltanschauung - neben einem teils genialen Plot - lebt, gerecht wird. Die Visten, die der Zeichner andeutet - die realistisch aussehenden Schiffe / Waffen / (selbst-chirurgisch-eingreifenden) Raumanzüge - sind allerdings einmalig.

Außerdem deutet der lockere Stil Echtheit und Realismus an. Ein Kollege, der sich mit Comics gut auskennt, meinte heute zu mir, dass, je weniger "gelackt" ein Comic produziert wird, je interessanter wird es. Das trifft diesen Graphischen Roman ziemlich genau.

Dieses Laissez-Faire des Zeichenstils gefällt auch weil es an das Laissez-Faire des Urtextes erinnert. Für mich ist Haldemans Roman nicht nur großartig, weil er so deutlich den Unsinn eines Krieges, bzw. dessen Anlasses, vorführt, sondern weil alles so lässig und ferner-gelaufen beschrieben wird. Die erstaunlichsten Entwicklungen wirken unvermeidlich - es werden mal eben Effekte wie die relativistische Zeitschrumpfung, die Unmöglichkeit von längeren Kämpfen im All, Umgang mit sexueller Verfügbarkeit in zukünftigen Krisen und Nachteile einer planetaren Verwaltung, die alles, auch den Wert des Lebens, minutiös kontrolliert, mit wenigen Worten beschrieben - und man schippert staunend, ähnlich den SoldatInnen abgebrüht, den Fluss der Geschehnisse entlang, bis zum erstaunlich hohlen, aber dafür endlich ruhigen, Ende.

Der Plot des Comics schafft allerdings diese brutale Gelassenheit nicht ganz: Das Anti-Kriegs-Thema ist hier viel plakativer, sexuelle Aspekte - auch die frauenfeindlichen - werden meist gar nicht erst wiedergegeben. Cortez ist ein ganz normal aussehender Offizier, zwar ohne Haare & inkl. Kopfplatte, aber, well, es ist Krieg.

Als angenehm empfinde ich Mandellas Aussehen - er wirkt ein wenig wie ein Latino, was der Mehrheit des normal dienenden Infantristen der U.S. Army heutzutage zufällig ziemlich gut entspricht. Auch gefällt mir gegen Ende Doc Alsever sehr - die tapfere Lesbierin, die dem Hetero-"Freak" aus der Vergangenheit (Mandella) eine Chance geben will, das zu erleben, was die aktuell homo-gene Gesellschaft angeekelt verpönt.

Letztendlich bleibt man aber bei den vielen elegischen Momenten hängen, wo sich kaum etwas tut, und man scheinbar das wahrnimmt, was irgendein verlorener Weltraumsoldat einige Momente lang erlebt. Das ist vom Aufbau und dem Timing her schon fast japanisch - evtl. beeinflusst von Frank Millers Einführung des ersten englischsprachigen Bestseller-Mangas in den westlichen Mainstream wenige Monate vorher.

Und damit gesamtstilistisch sehr up-to-date damals... Eingefügtes Bild

Wenn man ein Fan des Romans ist, sollte man das Comic gesehen haben!


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All Star Superman [DC/2011]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 05 Mai 2013 · 845 Aufrufe
DC, 21.Jhdt.
Da in Bälde ein weiterer Superman-Reboot im Kino anläuft, dachte ich, stelle ich mal das 2. Graphic Novel zum Stählernen vor, das ich uneingeschränkt empfehlen kann. Es kam in Heftform zwischen 2006 und 2008 heraus, auch mit ca. 1 Jahr Verzögerung auf deutsch von Panini, und wurde vor 2 Jahren dann in der gezeigten Gesamtausgabe zusammengefasst.

Die 3 Herren, die dafür verantwortlich zeichnen, hatten schon mal auf sich aufmerksam gemacht mit der apart erscheinenden Geschichte des WE3, eine Art Next Men mit kybernetisch aufgemotzten Tieren. Der perfekt geschliffene Stil der 3 Macher wird als "westlicher Manga" bezeichnet, was ich persönlich ein wenig einfältig finde - schließlich wird Manga-Stil schon seit vielen Jahren im Westen kopiert/interpretiert. Der "Stil der 3" bildet sich aus den drei "bases":
  • Autor Morrison hat viele tolle Einfälle - gerade bei Superman auch fein eingewoben mit dessen jahrzehntelanger Historie, also viele bekannte Elemente neuartig einsetzend - und außerdem ein gehöriges Talent für Humor und Spielerei.
  • Zeichner Quitely schafft eine "damaszene" - also mit vielen erstaunlichen Details umvölkerte - bildliche Umsetzung der Geschichten des Autors, und bringt insbesonders einen lässigen modisch couragierten Look in die gezeichneten Figuren ein. Von ihm stammt auch der erste glaubhafte unergründliche Clark Kent, den ich je gesehen habe - s.h. ich würde den als Mitarbeiter beim "Planet" auch nicht als Superman erkennen - und zwar durch das einfache Mittel, dass Clark sich immer ein wenig duckt, genau wie unsichere große Menschen das oft tun.
  • Leider oft unerwähnt bleibend, liefert m.E. der Kolorist und CGI-Könner Grant den wirklichen visuellen Faustschlag des Werks: Unglaubliche Gradierungen, Nebeleffekte, Kolorierungsdetails - wie Supermans Helm seines "Raumanzugs" im letzten Heft - inkl. häufigem Einsatz von Hintergrundfarben, die man selten in dem Ausmaß sieht, wie z.B. ein sattes Rot. Eingefügtes Bild
Bei der Konzeption dieser Miniserie haben die 3 auch etwas Erstaunliches gewagt: Anstatt noch ein gähnenswertes Reboot zu versuchen, ist von Anfang an klar, dass es sich hier um Supermans Ende handelt - alles was nach dem ersten Heft folgt, ist seine Vorbereitung auf diesen Zeitpunkt. So macht auch Sinn, dass er sich nun Lois Lane zu erkennen gibt, und mit ihr nochmal eine richtige Romanze inkl. erstaunlichem Geburtstagsgeschenk für sie durchläuft.

Die Dialoge sind ein kleiner Schatz für sich, auch diese großartig auf Papier produziert von 2 weiteren Experten. Am besten gefallen hat mir die Phase auf der Bizarro-Welt, die in Wirklichkeit aus einem neuen Mikro-Universum in einer schwergewichtigen Realität herrührt, die unsere Realität überall umgibt: Das "Unterversum". Morrison hat offensichtlich ein Faible für den klassischen Bizarro-Falschherum-Sprech, und man muss ganz genau mit lesen, um alles zu verstehen, da Superman, der zeitweise auf dem Bizarro-Planeten gefangen ist, während dieser wieder ins Unterversum zurückfällt, zeitweilig so spricht wie die Bizarros, um sich mit ihnen zu verständigen. Am allerbesten hat es mir gefallen, als die Bizarros spontan in so etwas wie eine Planetarhymne ausbrechen, die offensichtlich die US-Nationalhymne veräppelt:

No say, am no see by am night's early dark! How shamefully quiet by am morning's first fading! (usw.)

Da habe ich mich kringelig gelacht. Man kann nur hoffen dass, für die dt. Ausgabe, die ÜbersetzerInnen den Mut hatten, die dt. Hymne zu verfremden, etwa "Rundland, Rundland, unter allem...". Eingefügtes Bild

Ansonsten wird Superman selber immer eher (sonnen)gottartig dargestellt, allerdings auch als jemand der weniger zuschlägt, als erstmal Forschungen anstellt. Eben der Sohn eines kryptonischen Wissenschaftlers - der sich zuletzt, kurz vor seinem Tod, mit der Sonne vereint... (Was die 12 bzw. 6* Hefte ziemlich ohne Pathos hinbekommen!)

Fazit: Nicht verpassen! (BTW, eine TV-Serien-Umsetzung davon wäre mal was Spannenderes, als der zig'ste "amerikanische Traum"-Kinofilm zum Thema.)

P.S.*: Ich habe die Endausgabe der dt. Heftreihe - also nur das 6. Doppelfolgen-Heft - übrig, und verschenke sie per Postsendung an den ersten Kommentierenden hier, insofern sie/er dies nicht ausdrücklich im Kommentar-Post ablehnt (und mir ihre/seine Adresse per PM dann mitteilt).


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Dr. Linux [Purcell/1997]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 01 April 2013 · 624 Aufrufe

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Vor 16 Jahren erschien dieses rätselhafte Werk; seitdem puzzelt die Welt sich zusammen, was dieses Jhdt.-Oeuvre gefühlter ca. 100 AutorInnen uns eigentlich sagen will.

Man findet in der mir vorliegenden 5. Ausgabe, angeschwollen auf unglaubliche (!) 2036 Seiten, geheimnisvoll illustrierte Beiträge wie z.B. zum "PLIP" von Andrea Controzzi - wobei schon interessant anmutet, dass das erste Wort nach dem Kapiteltitel ihr Nachname ist mit fehlendem "i", dafür aber dem im ganzen Riesenband immer wieder vorkommenden Geheimzeichen "@" an der Stelle, wo das "i" hätte stehen müssen. Eingefügtes Bild Äußerst kurios! Wer dann dieser "PLIP" genau sein soll, ist im folgenden Kapitelbeitrag der Dame nur schwer nachzuvollziehen. So in etwa wirken alle 107 Kapitel auf mich!

Ähnlich einer beliebten britischen TV-Serie - die es aber schon lange vorher & nachher gab, und daher die Originalität der Idee eines solchen unbekannten Doktors doch stark reduziert! - ist aber die Frage im ganzen Buch mit den vielen Kapiteln: Wer ist nun eigentlich dieser "Dottore", der im Romantitel erwähnt wird? Glaubt die AutorInnen-Schar wirklich, man käme seiner wahren Natur nicht auf die Schliche, wenn für ihn als Nachnamen ein offensichtlich unmöglicher gewählt wurde, nämlich der eines Prä-Schlaufon-Betriebssystems dieser Epoche?

Denn, obwohl der Dr. im inneren Text des bleiwüstigen Volumens dann eigentlich nie (!) wieder direkt erwähnt wird, scheint doch klar, dass es sich um ein entweder maschinelles, oder meta-maschinelles (in Form der sogenannten abstoßend Weichen Handelsware), Konstrukt handeln muss, das die KonsumentInnen dieser Seiten auf perfide Weise versucht, mit endloser Beschäftigung mit nichtigen Verfolgungen von kleingeschriebenem Text - im Buch wie auch auf im Dunkel fürchterlich flimmernden Sichtgeräten - zu verflechten, während wohl er und seine unerkannten Helfershelfer ganz Anderes in petto führen...

Schon auf S. 209 (s. chiffrierte Bildaufnahme im Anhang) ist jedenfalls erkennbar, dass das wahre Wesen des Dr's eine Art maschineller Großer Bruder werden soll, dessen nie (!) blinkende Augen alles verfolgen was Mann oder Maus gerade am Sichtgerät tun! Was einer gewissen Komik nicht entbehrt... Eingefügtes Bild

Fazit: Die erste klare Empfehlung dieses Blogs sich dem Sog eines Machwerks - hier mit unangenehm kantigen Zeichnungen und um einige Tausende (!) Prozent zu viel Sprechblasentext - möglichst durch sofortiges Ignorieren zu entziehen!

(Das Titelbild oben ist nicht das des inzwischen vergriffenen Buches sondern einer mutiert papiernen-sowie-elektronischen Variante, die man ja nie (!) auf weniger als 5m an den eigenen digitalen Assistenten heran lassen sollte!!)

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Die Schöne & das Biest: Porträt der Liebe [Bastei/1990]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 01 März 2013 · 2.697 Aufrufe
*Pini, 20.Jhdt., Bastei
Vorab: Das Heft gibt's nur noch antiquarisch, also nix mit Amazon-Coverbild wie sonst. Der best erhaltenste Online-Cover ist zu sehen beim lexikalen Onlinedienst Comics.org (dort auf das Cover-Bild klicken zum Vergrößern). Anstatt des wunderbaren Covers von Soft-Erotik-Meisterin de Berardinis habe ich ein Foto der legendären Wendy Pini, Co-Schafferin der monumentalen Elfquest-Serie und "storyteller" dieser Sonderumsetzung der beliebten 80er TV-Serie Schöne & das Biest - mit Ur-Sarah-Connor-Darstellerin Linda Hamilton u.A.! - aus einem Con-Auftritt von 1976 von ihr! Wow!

In der Comic-Welt ist ein "storyteller" jemand, der so gut wie alles Wichtige am Comic in der Hand hat: Zeichnung und Texte, gelegentlich (wie hier) sogar noch Kolorierung und Fertigzeichnung (meist "inking", hier aber mehr). Der Titel dieses Sonderhefts ist also auch gleich bezeichnend für Pinis Einsatz - sie hat alles gegeben, um dem Leser die geliebten Figuren und Geschichte(n) aus der TV-Serie auf Papier näher zu bringen...

Vincent, der leonine Beschützer der Unterirdischen in den Höhlen und vergessenen Tunneln Manhattans, entscheidet sich, seine geliebte Catherine der Normalwelt "da oben" in einem Gemälde festzuhalten. Er übt lange mit Hilfe einer kunstbegabten älteren weiblichen Unterirdischen, aber verwirft jeden Ansatz, weil er Catherines Augen nicht hin bekommt. Dann findet er Inspiration gerade in Schriften von John Pater, dem verstoßenen ehemaligen Mitglied der Gemeinschaft, der seitdem als "Paracelsus" immer wieder versucht, die Unterirdischen und noch mehr Menschen zu beherrschen...

Man mag von Pinis Zeichentalent halten, was man will: Sie hat hier einiges Mutige versucht, u.a. alle Panele in einem ähnlichen Ton zu halten - dem goldgelben Licht der unterirdischen Welt - mit wenigen Ausnahmen. Es gibt keine klaren Schwarzweiß-Konturen, sondern viele farbliche Gradierungen - einmal eine ganze Seite als Aufstellungsbild in einer Grotte - und JEDE Seite erscheint in einem rosa Rahmen. Das Ganze wirkt sehr liebevoll gemacht, so etwas wie "romantic fem adventure comic art". Schwer zu beschreiben, aber es fängt m.E. den Grundton der Serie auch sehr gut ein.

Auch der Dialogstil ist gelegentlich fast schon biblisch einfach gehalten, aber wirksam; Beispiel auf Seite 46, kurz vorm Ende der Story:
(Catherine wird von einem der Troglodyten von Paracelsus ergriffen, nachdem sie Letzterem eine Handklinge zertreten hat, mit der er sie bedrohte.)
P. (an V. gerichtet): "HALT! Oder er wird ihr das Genick brechen!"
V.: "Sei klug, Paracelsus... Ich bin bei dir, ehe er einen Muskel bewegt hat."
P.: "Du hast gesiegt! Ich fürchte dich!"
V. (zieht C. an seine Seite): "Ich will nicht dein Henker sein! Ich will nur das, weswegen ich gekommen bin!"

Vincent spricht von dem Porträt etwas weiter hinten in der Grotte, das er nun Catherine zeigt. Sie bricht vor Verwunderung in Tränen aus. Mit dieser Szene, der vorletztem im Heft, gibt Pini den beiden einen intimen Moment, den sie bis dahin in der Serie noch nicht erleben durften. (Wer die Serie nicht kennt - es geht vor allem um die unerfüllte Verbindung zwischen C. und V.! Eingefügtes Bild) Sie schafft es aber auch, kurz danach die Vergänglichkeit solcher Momente glaubhaft in Szene zu setzen.

Vieles geschieht also in diesem Comic, das mann in Comics normalerweise nicht zu sehen bekommt. Und es wird relativ "gerade", ohne besondere Einsätze von Macht oder "Super"-Talent, oder auch nur viel Action, erreicht. Ohne viel Aufhebens und allzu viel Schmalz, finde ich.

Eine wahre Comic-Ausnahme! Nicht so sehr von der Ausführung oder dem Text, sondern vom Grundkonzept - und Plot - her.

(Das Foto bette ich oben direkt vom Flickr-Account von "brengibble" mit ihrer Erlaubnis ein. Thanx, Bren! -- @all: Na, wer erkennt, ohne bei Flickr nachzusehen, wen Mrs. Pini darin darstellen soll?)


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Die Techno-Väter [Ehapa/2010]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 02 Februar 2013 · 2.734 Aufrufe
21.Jhdt., Ehapa, *Jodorowsky
Es wird Zeit auch mal den dynamischen Zeichnern/Textern aus der legendären französischen Métal-Hurlant-Schmiede etwas Platz einzuräumen; die gleichnamige Heftserie wurde damals als europäische Antwort auf die mehrfach "verfilmte" US-Comic-Magazin-Serie Heavy Metal gestartet, und erschien zuletzt noch bis 2006. Als erstes grandioses "Abfallprodukt" dieser Hauptserie fällt mir die berühmte Incal-Reihe des Texter-/Zeichner-Duos Moebius & Alexandro Jodorowsky ein; der Ur-Incal kommt bestimmt mal als Klassiker hier im Blokk dran.

Auch in 2006 wurde aber das m.E. bisher beste und eigenste Werk von Jodorowsky im Incal-Umfeld abgeschlossen: Eine Extrapolation, wie es mit der korrupten und eiskalten Techno-Gilde aus den Incal-Bänden zu Ende gehen könnte - die Geschichte der Techno-Väter. Es geht vor allem um den Albino, Kind einer "heiligen" & schönen aber von Weltraumpiraten vergewaltigten Mutter - und daher von ihr lange ungeliebt - der durch seine besonderen Fähigkeiten in den VR-Welten dieser fernen Zukunft zum über alles geehrten Techno-Papst wird, aber gegen Ende seines materiellen Lebens gegen die ganze Gilde rebelliert und sich mit einer halben Million Akolyten aufmacht, die "gelobte Galaxis" aufzusuchen. Die "arc" des Werkes umfasst also diesen gefährlichen Flug durchs Universum, und, in häufigen Rückblenden, des Albinos Biographie.

Das Bemerkenswerte an den 8 Bänden - die in der abgebildeten Gesamtausgabe 4 Jahre später gesammelt wurden - ist neben Jodorowskys Welten- & Geschichten-Bau die unglaublich ausgefeilte Grafik. Sie wurde maßgeblich von Fred Beltran gestaltet, der eine glänzende "runde" - und damit oft plakativ erotische - Ästhetik entwickelt hat, die er offensichtlich mit CGI-Mitteln aufpäppelt. Auf mich (ehm, Männer im Allgemeinen? Eingefügtes Bild) wirkt sie sehr anziehend - die entspr. Comics kann mann Stunden lang einfach bewundern, ohne auf den Text zu achten. Allerdings hat Zoran Janjetov, der schon beim Ur-Incal mitwirkte, auch detail-gezeichnet und koloriert - ebenfalls ein Meister seines Handwerks.

Dieses Dreiergespann macht die 8 Bände m.E. zum aktuellen Höhepunkt der Incal-Welt. Hier haben sich 3 der besten und innovativsten Macher zusammen getan, und die entspr. Synthese ist außerordentlich gut gelungen, besser als jeder für sich, scheint mir!

Noch ein Wort zu Jodorowsky: Er wurde in den 70ern bekannt wegen einiger seiner Kleinbudgetfilme, und hat einen liebenswert wirren Stil beim Verfassen von Drehbüchern und allgemein Plots und Texten. Allerdings war er zu Zeiten vom Ur-Incal noch nicht ganz so bekannt und etabliert, und daher ist diese Comicserie zwar auch schon sehr abgedreht, mit vielen genialen Ideen - Aristokraten haben z.B. schwebende "Heiligenscheine", die sie auch als Waffen einsetzen können - aber letztendlich eine Cyberpunk-Erzählung mit einigen stark esoterischen Anleihen. Das Esoterische ist aber m.E. Jodorowskys Lieblingsbeschäftigung, immer gut gewürzt mit absurden philosophischen Dialogen und markant-"coolen" Wortschöpfungen - in den Techno-Vätern gibt es z.B. "Paläo-Ratten", den "Techno-Vatikan" und das "Hydro-Äther". Mit Letzteren schmeisst der Texter, der sich auf der letzten Seite als Alt-Hippie outet, mit großem Vergnügen ständig um sich.

Abschließend noch der Hinweis, dass sich Jodorowsky gerne an eine altehrwürdige Tradition* in seinen Comic-Oeuvren hält: Dass der Held immer einen tierischen, oder zumindest scheinbar weniger starken, aber treuen, Gefährten hat, der für Ablenkung vom "big picture" sorgt, entweder durch akrobatische Unfälle/Rettungsversuche oder mit Lustigem. Hier ist das Tinigrifi, ein kleiner weißer hamsterartiger Kerl mit langem dünnen Schwanz, und großem schwarzen Fleck ums rechte Auge.

Ein guter Einstieg in das Schaffen des Genies, dem wir u.a. auch die Kino-Verfilmung Dunes zu verdanken haben - und zwei großartigen Grafikern!

(* Beispiele: Li'l Orphan Annie, Batman, Tim und Struppi)




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Essential Captain America Vol. 3 [Marvel/2006]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 09 Januar 2013 · 2.125 Aufrufe
Marvel, 20.Jhdt., *Romita

Eingefügtes Bild

Zum Jahresbeginn präsentiere ich wieder klassische Comics, diesmal vier-jahrzehnte-alte Ausgaben einer Heftreihe des Marvel-Comics-Verlages.

Dieser Billigband, der Ausgaben der Serie Captain America aus den Jahren 1970-1972 sammelt, leistet m.E. dennoch Großes: Er macht es interessierten Personen heuer möglich, Texte von Stan Lee, dem Marvel-Gründer persönlich, und Zeichnungen von Virtuosen wie Sal Buscema, Gil Kane und insbesonders John Romita sr. erschwinglich zu Gesicht zu bekommen, zwar alles nur in schwarz-weiß - aber Comic-Kolorierung war früher nicht ganz so kunstvoll wie heute. Kann man m.E. also zur Not mal drauf verzichten. Oder (bitte nur talentierteren!) Kindern mit Buntstiften zu tun geben...

Lees Plots und Dialoge sind bei weitem nicht das Umwerfendste der Comic-Geschichte; für Cap war m.E. Roger Stern wesentlich besser (vielleicht kommt die Reihe mit ihm als Texter und John Byrne als Zeichner ja auch noch hier im Blokk dran). Seine Ideen und Figurschaffungen sind aber legendär - in diesem "volume" ist Letzteres u.a. Caps Partner-Held, der Falke, ein Sozialarbeiter aus Harlem, der etwas tun will, um gegen die Kriminalität in seinem Viertel vorzugehen - mit Hilfe eines echten Falken als Gefährten, ein kluges Tier, das ihn scheinbar perfekt verstehen kann. Ziemlich durchgedrehte Partnerschaften - aber auch ein wenig bahnbrechend, da "schwarze" Helden in "weißen" Mainstream-Comics damals eher nie vorkamen.

Was Lee in diesem Band an Ideen gut hinbekam, war, weitere Einblicke in S.H.I.E.L.D. mit Nick Fury, Agentin 13 - ein "love interest" für Cap - und u.a. den Gadgets der Agentur, wie z.B. dem grandiosen Helicarrier, zu gewähren.

Auch merkt man Lee bei seiner Einteilung an, dass er aus der Zeitungsstrip-Welt kommt, denn jede 2. Seite gibt es im letzten "panel" unten rechts einen kleinen Aha-Moment ("cliffhanger"), der zum Weiterblättern animieren soll.

Um Romita des Älteren großartige Zeichenkunst zu illustrieren, habe ich mal 4 Seiten gescannt und angehängt; bei diesen war der "inker" der bewährte Joe Sinnott. Cap und Falc kämpfen mit Hilfe von S.H.I.E.L.D. gegen Grey Gargoyle, der hier aber schon gewonnen zu haben scheint: Der Helicarrier wird evakuiert, denn Fury hat ein Selbstzerstörungs-Countdown gestartet, als ihm klar wurde, dass G.G. die weltenbedrohende neue Chemikalie ("element X") in Hände bekommen möchte, die am Ziel des Fluges gebunkert wird. Cap muss versuchen die Lage - und Fury und seine Herzensdame, beide vorübergehend von G.G. in Stein verwandelt - zu retten.

Das Besondere an Romitas Zeichnerei ist für mich ihre Klarheit (auch er stammt von der eher kleinformatigen Welt der Zeitungsstrips - dort zeichnete er aber vor allem Romantikserien), die ausdrucksvollen Gesichter und die Action-Sequenzen. Auf der 3. Seite oben z.B. hat Cap G.G. überlistet, auf ihn zu zu springen, dabei aber mit des Letzteren "steinernen" Hand den Countdown-Computer zum Stillstand zu bringen - denn das Versteinern wirkt auch bei nicht-lebenden Objekten. Romita war einer der wenigen Zeichner, die sich große Mühe beim Entwerfen der Action-Posen machte - alles sitzt genau, jeder Arm, jede Hand, und die Gesichter sind keine Standard-"Masken", sondern geben dem aktuellen Moment Gewicht. Mir ist klar, dass diese Beschreibung banal klingt, aber deswegen legte ich ja in weiser Voraussicht den Comicausschnitt noch bei... Eingefügtes Bild

Oben auf der letzten Seite "bewegt" Romita Cap wie in einem Film, indem er ihn einfach mehrfach zeichnet. Aber wie! Da im Comic natürlich alle anderen Figuren bewegungslos sind (sie gibt es auch nur einmal im Bild Eingefügtes Bild), wird damit, und in den folgenden Bildern der Seite, das wesentliche Merkmal von Cap angedeutet - nicht sein unzerstörbarer Schild oder sein gepanzertes Kostüm oder seine Kraft: Cap lebt einfach irgendwie 2-3 Mal so schnell wie Andere, denkt sich ständig Abläufe aus, die klappen könnten, und kann sich entsprechend bewegen. Diese Besonderheit wird leider im neueren C.A.-Film, und auch dem Avengers-Streifen vom letzten Jahr, nur vage angedeutet. Romita sr. bringt sie auf Papier zum Leben!

Das war's erstmal. Irgendwann in 2013 möchte ich in einem 2. Teil Papa Romita nochmal darin begleiten, wie er Peter Parker zeichnete, und dem wandkraxelnden Super-Jungen damit sein dauerhaftes bildliches Image gab.

P.S.: Wer ein Foto vom zerfledderten Cover des einzigen Original-Heftes der obigen Serie (mit Romita als Zeichner), das ich noch besitze, sehen will, melde sich hier. Dann schieße ich eins und stelle es in einem Kommentar hierdrunter ein...

Angehängte Dateien




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Kraft durch Freunde [Tolkemitt/2010]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 05 Dezember 2012 · 835 Aufrufe
Tolkemitt, 21.Jhdt.

Eingefügtes Bild


Der noch immer aktuellen Datenschutz-Debatte um soziale Netze, allen voran dem "Buch der Gesichter" Eingefügtes Bild, widmeten die Berliner Harmonian Anarchists vor 2 Jahren eine vom Weltenbau und der Optik her beeindruckende Vision der nahen Zukunft - mit diesem dem berüchtigten Auschwitz-Motto nur um ein einsames "n" überlegenenen Titel.

Die männliche Hälfte des Duos, Gerhard Seyfried, ist ein seit langem in der Berliner Alternativenszene bekanntes Unikum, der in einem ähnlichen Stil zeichnet wie Gilbert Shelton*, dem Erfinder der Freak Brothers - insbesonders was die liebevoll-chaotischen Hintergründe vieler Bildpanels angeht. Ähnlich Shelton durchlief er seinen Zenith wohl eher in den 70ern und 80ern, bleibt aber bis heute der Zeichnerei inkl. abgefahrenen Plots treu. Allerdings hatte er vor diesem Band 10 Jahre lang nichts von sich sehen lassen (außer Wahlwerbeposter für den grünen Direktwahlkandidaten Ströbele).

Ziska bringt ihren eigenen Stil, und eine andere & jüngere Sicht auf (Berliner) Menschen, mit, und kann insbesonders irre gut kolorieren - was in diesem Band zu bewundern ist.

Zur Story: Kookie Finnerty ist die Tochter des Erfinders eines neuen schwebenden Handys, dem "Moon", das alle Kontakte zur digitalen Welt "managed", und sich mit EignerIn mittels Spracherkennung abspricht, was gerade angesagt ist. Kookie wird schlagartig zum Weltstar als sie das neue Gerät im Livestream vorstellt. Mails werden ihr vorgelesen, sie dauer-gefilmt, bzw. all dies ständig updatet in die sozialen Netze. Natürlich interessieren sich schon längst dunklere Mächte für den Bestseller, wie u.a. der aalglatte Dr. Freund und sein politischer Arm, die Partei "KdF"...

Was sich plotmäßig solide im Cyberpunk (in Berlin! - und Italien...) platziert, wird in der Ausführung offensichtlich ein locker-sprüchiger Nostalgie-Trip für ehemalige Rocker & Revoluzzer, und Jüngere, die diesen RAF-Chic heute anziehend finden. Denn der Plot hält nicht so ganz, was die großartigen Grundideen, Bilder und einige Dialoge versprechen - und endet eher banal.

Allerdings schon so, dass man dieses bunte/freche Album nicht so schnell vergisst. Empfehlung: Für Möchtegern-68er und solche, die die 70er und 80er, transmutiert ins 21. Jahrhundert inkl. dem handy-begleiteten Luxusleben, zumindest angenehm merkwürdig finden. Und "Likers" dieses Werks sollten sich unbedingt auch mal die frühere Kooperation Future Subjunkies vornehmen...

Die Idee des runden, schwebenden Handys ist jedenfalls genial! Eingefügtes Bild
(* Sind die gleichen Initialen nicht ein irrer Zufall? / Das kl. Bild rührt von einem TAGESSPIEGEL-Artikel zum Comic; Darauf-Klicken führt dahin.)


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Cadillacs & Dinosaurs [Kitchen Sink/1987-1996]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 02 November 2012 · 772 Aufrufe
Kitchen Sink, 20.Jhdt.
Der erste phantastische Comic-Klassiker, den ich vorstellen möchte, führt den Beweis, dass wilde Geschichten mit traumhafter Exotik und "scientific romance" nicht nur eine Sache der Fantasien eines E.R. Burroughs von vor 100 Jahren sein müssen, sondern Mark Schultz vor nur 20 Jahren in seiner Reihe Cadillacs & Dinosaurs auch gelungen sind: Unglaublich gekonnte und bewegende, feine - meist schwarz-weiße - Zeichnungen, brauchbare & intelligente Dialoge, alles verpackt in einem verwegenen Plot.

Die erste grafische Kurzgeschichte erschien '87 als Xenozoic! Weil diese so gut ankam, wurde danach daraus eine in den USA unter Kennern beliebte Heft-Reihe namens Xenozoic Tales. Als diese dann in "graphic novel"-Form gesammelt wurden, bekamen sie den endgültigen Namen (s. Coverbild des 1. "novels").

Letzteren finde ich den besten Titel, obwohl er auch falsch verstanden werden könnte - nämlich als Titel einer Kinderserie. So wurden die beliebten Comics dann später auch im TV verhunzt - viel gröber gezeichnet, grell, eher klischee-behaftet und saftlos. (Was evtl. daran lag, dass General Motors das Nutzungsrecht auf den Titel behielt, und frei "ausschlachten" durfte.) Daher rede ich hier nur über das Werk des Originators Schultz, und einigen Mitwirkenden wie z.B. Steve Stiles. Alles auf Papier.

Worum geht es? In einer zukünftigen terranischen Welt einige Jahrhunderte nach einem planetaren Kollaps wegen Umweltzerstörung und einer folgenden "Aufbäumung" der Natur haben sich die Menschen viele Generationen lang unter der Erde vor den Gewalten versteckt, und so gut es ging ihr Wissen gepflegt. Es entwickeln sich Stämme, und deren technik-versierte Schamane, die lernen & lehren, dass bestimmtes Wissen unterdrückt, und Einklang mit der Erde gefunden, werden muss. Als die Menschen dann wieder an die Oberfläche zurückkehren, hat die Erde sich teilweise "retrograd" erholt, indem u.a. einige Dinosaurierarten und Urtiere anderer Epochen, z.B. Mammuts, wieder vorzufinden sind. Bald entwickeln sich neue mächtige Städte, teils in uralten menschlichen Ruinen, als Bollwerke gegen die gefährliche Wildnis. Wobei die Schamane nach wie vor predigen, die Menschheit möge sich technologisch zügeln.

Jack Tenrec ist ein solcher Schamane, von der riesigen Stadt im Meer (das ehemalige New York). Ihm gehört die "Garage", eine gewaltige Halle in der Autos und andere Maschinen gewartet werden, u.a. Hudsons, Taylors und, ja, Cadillacs, entspr. rüstiger umgebaut für Fahrten im straßenlosen Gelände. Um seine Kenntnisse buhlen eine Menge mächtige Leute. Auch der ferne Stamm der Wassoon möchte sich Wissen aus der legendären Bibliothek der Stadt besorgen, und schicken daher ihre beste und schlauste Botschafterin, die graziöse Hannah Dundee.

Die Diplomatin und der Mechaniker erleben bald einige Abenteuer, und sie rettet ihn das ein oder andere Mal (und er sie), inbesonders als die politische Situation in der Stadt im Meer so brenzlig wird, dass Jack fliehen muss...

Das alles diffizil/liebevoll gezeichnet und mit seltenem erzählerischen Chuzpe!

Mindestens ein Heft konsumieren; dann kann man glücklich sterben. Qua Hoon!

(Im Dezember kommt wieder eine Neuheit dran!)


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Im Dunkeln [avant/2012]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 03 Oktober 2012 · 744 Aufrufe
avant, 21.Jhdt.
Der vor einigen Monaten erschienene Band Im Dunkeln, von Pierre Wazem getextet und von Tom Tirabosco grafisch umgesetzt, ist einer der besten phantastischen* Comics, die ich seit langem in Händen hielt. Bei den meisten Comics kaufe ich nach Instinkt - könnte das Thema ansprechend/neu sein, und wirken die Zeichnungen auf mich gekonnt/interessant? In punkto beider Initialgedanken wirkte I.D. auf den ersten Blick schon attraktiv.

Nach dem 1. und 2. vollständigen Lesen war ich allerdings geplättet: Die Zeichnungen gehen genial mit dem Thema Schatten und Licht um - zufällig auch zentrales Thema der Story; sie wirken wie Kohlstift, obwohl oft auch dunkel wie Tusche - mit vielen Gradierungen und weichen Kanten, aber auch sehr "gerade" durchgeführt, da nur schwarz-weiß mit vielen Grautönen, und etwas hellblauen "Füllern" bzw. Schattenkonturen.

Die Story wiederum... möchte ich hier gar nicht verraten. Sie spielt in der Schweiz am LHC des CERN, um die Zeit dieses Experiments vor 2 Jahren, wo die Welt Angst hatte vor dem - steigendes orchestrales Hämmern hier, bitte! - SCHWARZEN LOCH, das sich bilden, und alles Mögliche schlucken, könne. Hier ist Letzteres - scheinbar! - das Licht in einer unbenannten Großstadt in der Nähe, also wohl Genf.

Das unbenannte Mädchen auf dem Cover scheint eine Schlüsselrolle bei dieser Verdunkelung zu spielen. Sie wohnt alleine in einem Hochhaus an der Rhone, und dort wohnen auch andere interessante Menschen, insbes. eine Trödelladenbetreiberin, die von sich selbst meint, dass sie vielleicht eine Hexe sein könnte. Deren Mann arbeitet zufällig direkt im LHC-Tunnel.

Der Verlauf der Geschichte wird großartig verwoben mit Mädchen(alb)träumen und Erinnerungen an eine anfangs unbeschwerte Jugend. In einer der gelungensten Sequenzen trägt das kleine Vorschul-Mädchen vor einem Hochhaus ein weißes Kaninchen, das unbedingt frei laufen möchte, setzt es auf den Boden, und folgt dem drauf-los-hoppelnden Tier in den gähnend-schwarzen Keller des Hauses. Ob ein Wunderland dort bereit steht? Aber da ist noch ein Mann mit sehr interessiertem großem Hund, der auch vorm Haus stand...

Die selten, und daher gut, eingesetzten surrealen Elemente um das Schwarze Loch, und den LHC, und dem, was das - manchmal (?) träumende - Mädchen damit zu tun hat, sowie die Gespräche der "Hexe" und deren Gatten mit ihr, treiben das Lese-Interesse erstaunlich gut an. Die heiß erwartete Auflösung gegen Ende fällt dann ganz anders aus als erwartet: Irgendwie waren die "Erklärungen" des LHC-Technikers doch ein wenig zu absurd gewesen. Eingefügtes Bild

Jedenfalls bietet der Band eine dichte Story, mit guten Dialogen, vielen erstaunlichen Wendungen - und ist zeichnerisch herausragend, insbes. fixieren einen die dunklen Augen aller vorkommenden Lebewesen, die den Lesenden oft forschend ansehen. Es gibt viele "Frontal-Einstellungen" der Protagonisten, und viele Korridore mit selten gesehenen Lichtverhältnissen - Kubrick wäre ein Fan dieses Werkes gewesen!

Uneingeschränkt zu empfehlen!

P.S.*: Natürlich befasst sich mein Blog im SFN mit phantastischen Comics. Dazu mag auch Superheldenhaftes gehören. Aktuell im Oktober habe ich mit einem neue(re)n Comic begonnen; im November kommt dann ein Klassiker dran. Und danach immer abwechselnd weiter, einmal pro Monat. Kommentare sind willkommen! Eingefügtes Bild






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