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head_in_the_clouds' Blog



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Die frühen J. G. Ballard Romane: Das „Katastrophenquartett“

Geschrieben von head_in_the_clouds , 14 November 2024 · 31 Aufrufe

The Wind from Nowhere (1962) , Der Sturm aus dem Nichts [German] (1964)
The Drowned World (1962) , Karneval der Alligatoren [German] (1970)
The Drought (1964) , Die Dürre (1968)
The Crystal World (1966), Kristallwelt [German] (1969)

 

Über den Autor:
Der britische Autor J. G. Ballard (1930 -2009) , geboren in Shanghai war als Kind während des Zweiten Weltkriegs in einem japanischen Zivilkriegslager interniert. Aus diesen Erfahrungen entstammt sein bekanntester Roman „Empire of the Sun “ („Das Reich der Sonne “) das sehr erfolgreich verfilmt wurde – aber ein sehr untypischer Ballard ist. Der ansonsten oft als sehr schwer zugänglich empfundene Ballard (da er in die damals gängige SF nicht zu passen schien) gilt als einer der Mitbegründer der britischen New Wave in den 1960er.

 

Das erste Mal einen Ballard zu lesen, kann für den traditionellen Science-Fiction-Leser ein entmutigendes Unterfangen sein, denn Ballard enttäuscht alle Erwartungen – und steht damit im Konflikt mit denen der SF-Leser. Ballard ist ein Musterbeispiel für die Sichtweise das Science-Fiction keine Ansammlung von Genre -Tropen ist, sondern eine Art, eine sich verändernde Welt zu betrachten, in der sich die menschliche Psyche durch Technologie mitverändert.

 

In den frühen 1960er Jahren, etwa 5 Jahre nachdem er begonnen hatte, SF-Geschichten für Magazine zu schreiben, machte J. G. Ballard einige berühmte Aussagen über die Zukunft der Science-Fiction – die wie ein Manifest zur New Wave klangen:

 

Das wahre Thema der Science-Fiction für die Zukunft sollte nicht der Weltraum sein, sondern der innere Raum, das menschliche Bewusstsein und seine Psychopathologie.“

 

Damit in Einklang war seine Auffassung von Fremdheit welche sich nicht auf vermeintliche Weiten im Weltall und dort lebender Aliens bezog sondern eher die Feststellung formte das „Die Erde der einzige wirklich fremde Planet ist.“

 

Die Welt sollte zusammen mit unserem Verstand im Mittelpunkt dessen stehen, was in der Zukunft kommen würde. Letztendlich forderte er , dass es an der Zeit war, sich von den Tropen und Traditionen des Goldenen Zeitalters der späten 1930er und frühen 1940er Jahre zu verabschieden und sich sogar über die Sozialsatire der amerikanischen Science-Fiction in den 1950er Jahren hinauszubewegen (z.b. Bester’s „Die Rache des Kosmonauten “ oder Dicks „Zeit aus den Fugen“) , die ihn erst in das Genre brachten.

 

Ballards einziges Zugeständnis an die konventionelle Science-Fiction findet sich in einigen seiner frühen Kurzgeschichten und in seiner anfänglichen Tetralogie von Romanen, dem Katastrophenquartett das 1961 mit „The Wind from Nowhere“ / Der Sturm aus dem Nichts begann (einer Aufwärmübung , die nach Meinung des Autors eher misslang).

 

1962 erschien der Roman „The Drowned World“ / Karneval der Alligatoren der nun den eigenen Erwartung des Autors entsprochen hat, nämlich die Erforschung des inneren Raums und Ergründung psychischer Tiefen, die in der Science-Fiction der frühen 1960er Jahre als ungewöhnlich und befreiend empfunden wurden. In „The Drowned World“ wird dies brillant offenbart. Seine Vorliebe für die Beschreibung einer durch eine Umweltkatastrophe verwandelten Welt (die heute als Trope gilt, damals aber ein echtes Novum) ist aber nicht die eigentliche die Stärke des Romans, sondern das ist die enorme Kraft, mit der er seine Vision einer urzeitlichen Landschaft und ihrer Auswirkungen auf diejenigen, die sie betreten, beschreibt.
Eine ökologische Katastrophe hat die Welt heimgesucht, die Temperaturen sind gestiegen, die Polkappen sind geschmolzen und große Teile der Erde sind überflutet, nur rund um die Pole ist Zivilisation jetzt noch möglich. London ist unter Wasser versunken und befindet sich im Zentrum eines riesigen Sumpfes, in dem das Leben dem des Trias-Zeitalter (vor ca. 250 Millionen Jahren) entspricht .

 

In Ballards Katastrophenromanen bekämpfen seine Protagonisten allerdings die ihnen gegenüberstehenden Apokalypsen nicht , sondern nehmen sie an, indem sie im Verlaufe der Handlung erkennen, dass dies tatsächlich das ist, was sie wollen (ein späteres Beispiel ist - wenn auch kein Katastrophenroman , so doch ein pessimistischer und gleichzeitig befriedigender Roman über die Anpassungsmöglichkeit des Menschen in einer durch ihn selbst verunstalteten menschenfeindlichen (allzu bekannten) Umgebung- der Roman Concrete Island („Die Betoninsel “) aus 1974).

 

Dies war aber eigentlich ein Impuls, der hinter der Katastrophenliteratur in den 1950er Jahren (und danach) steckte. Sie enthüllte, was wir im Inneren wirklich wollten, eine Welt, die menschenleer war, wo wir ungebunden waren, unseren Fantasien und unseren Vorstellungen freien Lauf zu lassen. Was würden wir in einer Welt tun , die zerstört und leer war, eine Welt ohne Arbeit, eine Welt ohne Regeln? Matheson’s Roman „Ich bin Legende“ von 1954 ist sozusagen ein aktionsbeladener, der äusserlichen Welt verhafteter Vorläufer - aber eben nicht im Ballard’schen „Inner world“ Sinn. Viele Nachfolger spielen bis heute noch mit dieser Idee.

 

Auf die ertrunkene Welt folgte ihr Nachfolger, „The Drought“ / Die Dürre von 1964, sein bester früher Roman mit einem Bild einer Welt, die austrocknet, während Ketten von Polymeren einen unsichtbaren Schild über der Oberfläche des Meeres bilden der die Verdunstung verhindert und zu einer weltweiten Dürre führt.

 

Die Katastrophentetralogie endet mit "The Crystal World" / Kristallweltvon 1966. Die Ursache auf die er zurückgreift, mutet eher bizarr an und mag mit einem eher albernen kosmischen Unfall (den er in einem einzigen Absatz zusammenfasst) nicht dem entsprechen , was wir erwarten würden.
Der Roman spielt in Afrika, als organische Formen der Welt zu kristallisieren beginnen. Jeff Vandemere’s „Annihilation“ , „Chaga “ von Ian McDonald, oder Strugatzki’s Picknick am Wegesrand kommen einem in den Sinn, letzterer Roman aus „Der Zone“ entspricht am ehesten der "Kristallwelt" in ihrer ultimativen Wirkung auf Geist und Körper.

 

Seine Serien sind eher thematisch als chronologisch (so hängen die Teile der Tetralogie als Einzelromane in keiner Weise zusammen- ausser eben in der Absicht des Autors die psychischen (Ab)gründe seiner Protagonisten angesichts einer sie befallenden Katastrophe zu erforschen.
Nachdem Ballard die letzten Nägel in den Sarg des inzwischen nicht mehr existierenden Katastrophengenres gehämmert hatte, war er bereit, weiterzugehen und begann eine experimentelle Phase, in der er Kurzgeschichten mit fragmentierten Persönlichkeiten in den Mittelpunkt stellte.

 

In den Siebzigern begab er sich dann in eine neue Phase, die kaum noch als Science-Fiction zu erkennen war (seine Urban Trilogy) mit „Crash “, „Concrete Island/Die Betoninsel “ und „Highrise / Der Block“ - drei seiner extremsten Romane (insbesondere „Crash“ verstörte damals viele wegen seiner expliziten sexuellen und gewalttätigen Beschreibungen). Doch das erfordert eine eigene Betrachtung.

 

Das tolle Cover der Fischer Taschenbuchausgabe „Kristallwelt“ von 1971 das ein Foto der Pikrinsäure darstellt:

 

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Buchpaket 5: 2x Lem, Pournelle, PKD, Zimmer Bradley

Geschrieben von head_in_the_clouds , 20 Juli 2024 · 272 Aufrufe
Klassiker, PKD, Lem, Black holes und 3 weitere...

Buchpaket 5: Enthält paar Bücher die ich wieder erworben habe. Erst nach einiger Zeit lernt man die Klasse zu schätzen und nach vielen Jahren ein safe re-read

 

Stanislaw Lem: Die phantastischen Erzählungen / Mehr phantastische Erzählungen :

 

Die beiden gediegenen Hardcover-Ausgaben aus dem Insel-Verlag!
2 Schätzchen wiedererworben, Irgendwann verkauft , jetzt bald wieder mir!
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Jerry Pournelle: Black holes

 

auch hier zurückerworben, tolle short stories und Essays über das Phänomen: Pournelle, Niven, Greg Bear, Poul Anderson, Michael Bishop,
Robert L. Forward, Charles Sheffield u.a.

 

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Thomas M. Disch: Die Duplikate

 

Früher Disch aus 1967. Ich mag das Cover der deutschen Ausgabe aus 1972 . War noch psychedelisch angehaucht wie viele der Cover von Heyne aus der Zeit.
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Phlip K. Dick: Zeit aus den Fugen
ja, zurückerworben . Früher Klassiker schon mit Dick's Dauerthema Hinterfragen der Realität

 

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Marion Zimmer Bradley: Landung auf Darkover
1. Roman der Darkover-Erzählungen. Im Gegensatz zu den folgenden die mehr der (Science) Fantasy zugerechnet werden, hatte die Serie ihren Ursprung tatsächlich in der SF ...
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Bücherpaket 4: Ada Palmer, Neal Stephenson, Christopher Priest

Geschrieben von head_in_the_clouds , 26 April 2024 · 688 Aufrufe

Das Buchpaket enthält diesmal 3 ins deutsche übersetzte Werke mit jeweils zwei Werken jenseits der 2000er und eines aus den 1970ern.

 

Dem Blitz zu nah

 

Ada Palmer
… schrieb die vierteilige Terra Ignota - Serie von 2016- 2021 und die deutsche Übersetzung ist bis jetzt zu Band 3 gelangt. Hier liegt im Paket mit Dem Blitz zu nah von 2016 der Auftaktband vor. Palmer ist Geschichtsprofessorin an der University of Chicago und lehrt dort früh-moderne europäische Geschichte mit dem Schwerpunkt auf der italienischen Renaissance. Die Serie spielt im Jahr 2454 und die Ereignisse in diesem Jahr werden vom (nicht verlässlichen Erzähler) Mycroft Canner geschildert. Dieser ist allerdings ein berüchtigter (und verurteilter) Verbrecher aber auch geniales Multitalent und muss seine oft fragwürdigen Dienste notgedrungen als Quasi-Sozialstunden (die eher viele Jahre sind und da Gefängnisse nicht mehr als benötigt erachtet werden) den Eliten der Hives (neue „Machtstrukturen“ der Erde) zur Verfügung stellen. Die unterschiedlichen Regierungsformen der Hives (wenn man einige Formen so nennen will) wie auch das ganze Setting in einer 450 Jahren liegenden Zukunft sind dermaßen weit ab von unseren soziopolitischen und - ökonomischen Verhältnissen, das sie kaum wiederzuerkennen sind. Da Palmer wegen ihrem akademischen Hintergrund auch Grundfragen der Philosophie, Theologie, Naturwissenschaften und Geschichte einwirft, ist etwas Hintergrundwissen der vielen Zitate und Zitierten Personen hilfreich. Jedenfalls hat mich das getriggert…
Die Serie landete 2022 beim Hugo auf Platz 4.

 

Terra Ignota

 

1 Too Like the Lightning (2016) also appeared as:Translation: Dem Blitz zu nah [German] (2022)

2 Seven Surrenders (2017) also appeared as:Translation: Sieben Kapitulationen [German] (2022)

3 The Will to Battle (2017) also appeared as:Translation: Der Wille zum Kampf [German] (2024)

4 Perhaps the Stars (2021)

 

 

Principia

 

Neal Stephenson
… legte in den 2000ern mit dem Baroque-Zyklus (eine Roman-Trilogie , in der allerdings acht Bände in 3 Romanteilen zusammengestellt wurden) aus den 2000ern wohl sein Opus Magnum hin (obwohl er ja noch eifrig schreibt - bevorzugt oft an 1000 Seiten ranreichende Geschichten). Das ist zwar keine Science-Fiction aber im gewählten Zeitraum im Übergang zur Aufklärung zwischen 1660 -1715 führt er uns mit dem Protagonisten Daniel Waterhouse (übrigens ein Vorfahre von Randy Lawrence Waterhouse einem der Hauptpersonen im 1999 zwar früher erschienenen aber erzähltechnisch später - 2. Weltkrieg, Gegenwart- spielenden Roman Cryptonomicon ), durch die Anfänge der damals noch oft mit Alchimie durchsetzten Naturphilosophie (die Bezeichnung Naturwissenschaft hatte sich noch nicht durchgesetzt) und lässt ua. bedeutende Personen wie Newton oder Leibniz (durchaus mit sehr menschlichen Eigenschaften) auftreten. Principia ist der Abschussband und ist dem Titel nach Isaacs Newtons grundlegender Arbeit Philosophiae Naturalis Principia Mathematica (Gravitationsgesetze und Himmelsmechanik) entlehnt. Die Serie bedient sich oft eines satirischen und detailreichen Stils und zeigt die persönlichen Zwistigkeiten der Naturforscher untereinander , in der Auseinandersetzung mit Religion aber auch der Königshäuser Englands und des Kontinents als auch Schilderungen (hier folgen wir den anderen beiden Protagonisten, Jack Shaftoe - ein Schlitzohr und Vagabund- und Eliza -einer resoluten Dame - die er aus einem türkischen Harem befreit hat) des prallen Lebens des 17. und 18. Jahrhunderts inklusive Verrat und Liebesgeschichte in Zeiten oft herrschender Kriege. Das alles macht einen höllischen Spaß erfordert aber Durchhaltevermögen da der gesamte Zyklus insgesamt über 3000 Seiten umfasst.

 

The Baroque Cycle

 

1 Quicksilver (2003) also appeared as:Translation: Quicksilver [German] (2004)

2 The Confusion (2004) also appeared as:Translation: Confusion [German] (2006)

3 The System of the World (2004) also appeared as:Translation: Principia [German] (2008)

 

 

Sir Williams Maschine

 

Christopher Priest
… im Februar 2024 leider verstorben legte 1976 mit The Space Machine (dt. Sir Williams Maschine , 1977) eine autorisierte Fortsetzung der Zeitmaschine von H. G. Wells vor. Er bedient sich dort des Stils der Jahrhundertwende und hat einen herrlichen Abenteuerroman mit nostalgischer Patina draus gemacht – zugleich ein skurriler literarischer Spaß. Statt dem Erfinder und Wells-Protagonist Sir William Reynolds (der im Original ja von seiner 2. Reise nicht zurückkehrte) bemächtigen sich seine Assistentin , Miss Amelia Fitzgibbon und deren Liebhaber , Edward Turnbull des Gefährts das aber nicht nur in der Zeit (wie bei Wells) sondern auch in der Lage ist im Raum zu reisen – es verschlägt sie u.a. auf den Mars wo die dort lebende böse Herrscherrasse eine Invasion der Erde plant !!

 

The Space Machine (1976) also appeared as: Translation: Sir Williams Maschine [German] (1977)

 

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Bücherpaket 2: Aldiss, Masson, Stableford, Lem, Clarke, Silverberg

Geschrieben von head_in_the_clouds , 07 Mrz 2024 · 525 Aufrufe

Das Buchpaket enthält diesmal 8 ins deutsche übersetzte Werke mit jeweils zwei Werken aus 1960ern und 1970ern ,
der Rest ist aus 1980ern. Die Prä-Cyberpunkära der SF ist zZ ein Schwerpunkt bei mir. Alle Links nutzen die isfdb
als Referenz.

 

Brian W. Aldiss
… die gehypte Helliconia – Trilogie. Oft gehört „ist ein must-read!“ und jetzt mit über 1500 Seiten in meinem SF Books backlog.
Da ich zZ einige andere Werke von diesem Autor gelesen habe („Graubart“, „Die unendliche Reise“) und mir sein literarischer
wie sprachlich ausgefeilter Stil gefällt . Das steht und fällt natürlich mit der deutschen Übersetzung – die war im Roman
„Der lange Nachmittag der Erde“ sehr gut , da gabs eine Rezension von mir hier.

 

1. Helliconia Frühjahr (1983)

2. Helliconia: Sommer (1984)

3. Helliconia: Winter (1985)

 

David I. Masson ...
… ist mir durch sein ausgefeiltes , ungewöhnliches aufgreifen der wiederkehrenden SF-Motive Zeitreisen , Zeitdilatation und
Zeitverzerrung aufgefallen. In dem Kurzgeschichtenband ist auch mM einer der besten Geschichten zum Thema Zeitverzerrung enthalten
(„An der Zeitfront“) - eventuell gibt’s mal eine Rezension. Deswegen neugierig auf die anderen Stories in der Storykollektion
zum Thema „Zeit“.

 

4. An den Grenzen der Zeit (1968)

 

Brian M. Stableford ...
… ist vor ein paar Tagen verstorben und vor vielen, vielen Jahren habe ich seine mehrteilige Space Opera -Serie „Hooded Swan“ gelesen.
Da ich die nicht mehr habe (irgendwie bei einem Umzug verloren gegangen) jetzt den Start nachbestellt und es ist ein re-read fällig.
Mal sehen ob es mich packt wie damals. Stableford war Biologe und Soziologe und die Expertise merkt man seinen Romanen
(ibd. die genannte Serie) an. Er hat die Space Opera um vielschichtige Themen erweitert und wohl damit auch die moderne Space Opera
ab den 80ern (Bank’s Kultur zb) beeinflusst.

 

5. Das Wrack im Halcyon (1972)

 

Stanisław Lem ...
.. muss man nicht erklären. Wie wohl enorm Kommunikation zwischen Menschen und einer Alienrasse schief gehen kann zeigt dieser Roman.
Zählt als das realistischste SF-Werk Lem’s was die klinische Schilderung in die scheinbar unabwendbare Katastrophe anbetrifft.
Weit weg von der transzendenten Vision „Solaris“ oder dem augenzwinkernden Good Spirit in den Sterntagebüchern von Tichy oder den
Geschichten um Raumpilot Pirx. Die kenn ich, das Fiasko noch nicht.
Motto des Romans wie ich es verstanden habe: „Das Gutgemeinte ist die Schwester des Bösen“.
In der gebundenen VEB-Romanausgabe aus der German Democratic Republic ;-)

 

6. Fiasko (1986)

 

Arthur C. Clarke…
… wiederentdeckt in "The Collected Stories of Arthur C. Clarke“ nach der dort enthaltenen spannenden Kurzgeschichte "Holiday on the Moon"–
bitte mehr davon! Was er dann in der Romanerweiterung auch tat. Trotz des aus heutiger Sicht „Retro-Settings“ (der Mond und
7 Jahre vor Armstrongs Schritt für die Menschheit) begibt man sich gerne in die ingenieurswissenschaftlichen Hände Clarkes der sein
Handwerk versteht und die Geschichte wissenschaftlich korrekt imaginiert, auf dem Mond zu wandeln, die Gefahren zu schildern
und Problemlösungen zu finden.

 

7. Im Mondstaub versunken (1962)

 

Robert Silverberg ...
Uwe Anton meint eine Deep Time- surrealistisch-psychedelische Traum-Fantasie. Ein Jahr später entstand auch Silverberg’s bekanntestes Werk
(„Es stirbt in mir“). Dachte, Schaden kann’s nicht.

 

8. Menschensohn (1971)

 

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Bücherpaket 1: 2x Thomas M. Disch , 1x Brian W. Aldiss, 1x Anne McCaffrey

Geschrieben von head_in_the_clouds , 23 Februar 2024 · 544 Aufrufe

Das Buchpaket enthält diesmal vier ins deutsche übersetzte Werke , die für ihre Zeit einen Meilenstein und konzeptionelle
Durchbrüche in der SF brachten.Das sind zum einen Romane der beiden New Wave Autoren Disch und Aldiss aus den 60ern und 70ern ,
zum anderen der Start der "Drachen von Pern" Reihe von Anne McCaffrey in den 1970ern.

 

Thomas M. Disch...

 

...war einer der wichtigsten amerikanischen New Wave Autoren mit Hochphase Ende der 1960er und in den 1970er.
Disch’s Ausnahmewerk lebt von beissender Satire (Camp Concentration ) und intellektueller Kühnheit.
Er ist vielleicht der am meisten respektierte, beneidete und am wenigsten gelesene aller modernen SF Schriftsteller ersten Ranges.
Dass er selbst seit langem von der aktiven Missachtung seiner besten Werke betroffen war, mochte auch mit der
gayfeindlichen Umgebung der Gesellschaft der 60er/70er und insbesondere der SF-Community zurückzuführen sein.
Die allmähliche Verlangsamung seiner SF-Produktion ab den 1980ern war dann auch wahrscheinlich die Folge damit einhergehender
Depression.

 

Sein Tod durch eigene Hand am 4. Juli 2008 war wie ein Akt des Trotzes gegenüber den teilweise schwierigen
Publikationsbedingungen oder sogar Ablehnung seiner von Kritikern hochgelobten Werke . Auch der Tod seines langjährigen
Lebenspartners und SF-Autors Charles Naylor in 2005 , der Stabilität in sein Leben brachte, trug wohl zu dem tragischen Entschluss bei.

 

▶️The Genocides (1965) (dt.: Die Feuerteufel ,1975) (Roman)
Sein erster Roman aus 1968 „The Genocides“ (dt. „Die Feuerteufel“) , der wohl einer der makabersten Twists der SF ganz am Ende enthält.
Erzählt wird eine First Contact Geschichte in der die fremden Besucher in klinischer Weise und vollkommen gleichgültig gegenüber der
Menschheit und deren Werten ihre Ziele verfolgen. Sozusagen die Antithese zu „Unheimliche Begegnung der dritten Art“.

 

▶️334 (1972) (dt.: Angoulême ,1977) (collection )
die Story-Collection „334“ (dt. „Angoulême“) in der miteinander verknüpfte durch harte Sozialkritik gezeichnete Geschichten einer
Dark Urban SF der nahen Zukunft (New York 2025 – damals aus der Perspektive Anfang der 70er gesehen) enthalten sind.
Am nachdrücklichsten in der Art ist der titelgebende Kurzroman 334.

 

Brian W. Aldiss…

 

...was Disch für die amerikanische New Wave war, war Aldiss für die britische. Sein literarischer Ausdruck hob sich
deutlich gegenüber anderen Autor*innen hervor und seine Romane durchziehen oft düsterer Pessimismus gegenüber der
menschlichen Existenz in einem von zunehmender Entropie bestimmten Universum (zb. Devolution in „Hothouse“,
dt. „Der lange Nachmittag der Erde“).

 

▶️Greybeard (1964) (dt.: Graubart ,1989)
Es ist vielleicht Aldiss‘ bester SF-Roman. Es geht um eine Zukunft, in der die Menschheit durch einen Unfall mit biologischen
Waffen unfruchtbar geworden ist. Fast alle Charaktere sind alte Menschen und ihre Reaktionen auf den beginnenden Tod der Menschheit
werden eindrücklich dargestellt. Es ist sowohl eine Hommage an das menschliche Leben als auch eine Zivilisationskritik und wurde
vor allem in Amerika unterschätzt, wo seine endgültige Düsterkeit nur wenige Freunde gewann.

 

Anne McCaffrey…

 

...bekannt durch ihre umfangreiche „Drachen von Pern“ -Serie welche auf einer Welt einer lange verlorenen Erdkolonie spielt,
deren erste menschliche Siedler die einheimische Drachenart der „Feuerechsen“ durch Gentechnik verändert haben.
Damit ordnet sich die Serie tatsächlich in die Science-Fiction ein und ist keine Fantasy - dennoch war die Verknüpfung einer
typischen Fantasy und Science-Fiction Trope (Drachen und Exploration einer fremden Welt durch Kolonisten) neuartig.

 

▶️Dragonflight (1968) (dt.: Die Welt der Drachen 1981)
Der hier ausgewählte Start der Serie mit dem 1. Band „Dragonflight" , 1968 (dt.: „Welt der Drachen“, 1981) enthält den
1968er Hugo-Gewinner „Weyr Search“ und den 1968er Nebula-Gewinner „Dragonrider“.

 

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Greg Egan – radikale Hard SF mit menschlichem Einschlag (II): Identität , Bewusstsein und Bioethik

Geschrieben von head_in_the_clouds , 21 Dezember 2023 · 1.242 Aufrufe

Dies ist der zweite Teil zur Greg-Egan-Blogserie. Den ersten Teil findet ihr hier:➡️ Greg Egan – radikale Hard SF mit menschlichem Einschlag (I)

 

Werkauswahl zwischen 1990-2000:

 

Die gelinkten Titel verweisen auf die isfdb Referenz zum aufstöbern. Ausführlicher beschrieben werden einige der Werke bei den ➡️ aktiven Kurzrezension-Links unter dem Titel. Wenn eine deutsche Übersetzung existiert bezieht sich die Rezension darauf, ansonsten auf die Originalausgabe.

 

Die Rezensionen schreiten voran, so das irgendwann alle angesprochenen Titel hier als Rezension vorliegen (schliesslich müssen Rezensierende auch zwischendurch was lesen ).
Trotzdem ist der unbesprochene Rest weit überdurchschnittliche SF und bei der Themensetzung anderen weit voraus gewesen (und ist es noch). Vorhandene deutsche Übersetzungen sind genannt.

 

Romane:

 

Quarantine (1992) also appeared as: Quarantäne [German] (1993 , 2016 Heyne ebook)

➡️Kurzrezension: Greg Egan – Quarantäne (1993), orig. Quarantine (1992)

 

Permutation City (1994) also appeared as: Cybercity [German] (1995, 2016 Heyne ebook)

➡️️Kurzrezension: Greg Egan - Permutation City (1994), Cyber-city [German] (1995, Heyne ebook 2016)

 

Distress (1995) also appeared as: Qual [German] (1999, 2016 Heyne ebook)

➡️Kurzrezension: Greg Egan - Distress (1995) also appeared as: Qual [German] (1999, Heyne ebook 2016)

 

Diaspora (1997) also appeared as: Diaspora [German] (2000, 2016 Heyne ebook)

➡️Kurzrezension: Greg Egan - Diaspora (1997) also appeared as: Diaspora [German] (2000, Heyne ebook 2016)

 

short story collections:

 

Axiomatic (1995) (Auswahl rezensierter bzw. geplanter Titel)

 

The Hundred Light-Year Diary (1992)

➡️Kurzrezension: Greg Egan - The Hundred Light-Year Diary (1992)

 

Eugene (1990):

➡️Kurzrezension: Greg Egan - Eugene (1990)

 

Axiomatic (1990) (dt. Axiomatisch ):

➡️Kurzrezension: Greg Egan - Axiomatic (1990) (dt. Axiomatisch ,1992)

 

The Safe-Deposit Box (1990): (dt. Ein zugriffsicheres Schließfach , 1992)

➡️Kurzrezension: Greg Egan : "Ein zugriffsicheres Schließfach" (1992)

 

Learning to Be Me (1990)

➡️Kurzrezension: Greg Egan : "Der Andere in meinem Kopf" (2002)

 

Luminous (1998) (Auswahl geplanter Titel)

 

Mitochondrial Eve (1995)

 

Luminous (1995) (dt. Lichtborn , 1996 )

 

Cocoon (1994)

 

Reasons to Be Cheerful (1997) (dt. Gute Gründe, fröhlich zu sein , 1998)

 

The Planck Dive (1998) (dt. Der Planck-Sprung, 2000) ,diese Story wurde für ein Kapitel in dem Roman Diaspora verwendet )

 

Resourcen:

 

Das Gesamtwerk kann über den Link zur ISFDB https://www.isfdb.or...i-bin/ea.cgi?79 abgerufen werden.
Weiterführende Artikel zum Werk finden sich auf seiner offiziellen Homepage http://www.gregegan.net/ .

 

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Greg Egan – radikale Hard SF mit menschlichem Einschlag (I)

Geschrieben von head_in_the_clouds , 14 Dezember 2023 · 1.152 Aufrufe

Einleitung

 

Der Australier Greg Egan ist seit den 1990ern einer der konsequentesten Autoren im Hard SF Genre. Der Background eines Mathematikstudiums und die berufliche Tätigkeit als Programmierer bevor er sich als Autor selbständig machte, scheint ihn dafür zu prädestinieren.

 

Er folgt in seiner Arbeit der Forderung von Gregory Benford (SF schreibender Physikprofessor und bekannt zb durch seine Romane „Zeitschaft“ , „Cosm“ oder die Ocean/Galactic Center Serie) das „...jede Hard SF den physikalischen Gesetzen folgen sollte, es aber notwendig sei sie zu vermenschlichen“. Mit anderen Worten die Auswirkung technischer Veränderungen auf individuelle und politisch-gesellschaftliche Bereiche sei auch hier nicht außer acht zu lassen.

 

So stellt Egan insbesondere in der ersten Schaffensphase (bis ca 2000) Fragen der Identität und des Bewusstseins oder der Bioethik in den Fokus - aber immer in einem der menschlichen Psyche oder gesellschaftlich relevanten Kontext. Hier müssen insbesondere die Kurzgeschichten „The Cutie“ (1989) , „Learning to Be Me“ „The Safe-Deposit Box“ und „Eugene“ (alle 1990) als grundlegend angesehen werden – siehe Liste vorhandener deutscher Übersetzungen unter [1].
Dem Transhumanismus mit og. Short stories oder Novellen wie „Quarantine“ (1992), „Permutation City“ (1994) , „Distress“ (1995) oder „Diaspora“ (1997) nur scheinbar zugewandt kritisiert er diesen vielmehr insofern er keinen überzeugenden Grund sieht „...an eine Transzendenz bzw. Singularität zu glauben in der Arten von Bewußtseinen entstünden die uns qualitativ überlegen sind.“. Vielmehr sieht er den Zeitpunkt schon vor ein paar zehntausend Jahren überschritten „… als wir mit genügend Zeit und Geduld die Fähigkeit erlangten , gut genug zu denken um jeden physikalischen Prozess zu verstehen.“ [3].
Diese erste Phase lässt sich gut (wenn man denn Kästchen bemühen will) dem Post-Cyberpunk zuordnen.

 

Der Zugang zum Werk ist ab den 2000ern kein einfacher ,da er von den Lesenden einiges an Bereitschaft abverlangt sich mit exotisch physikalisch- mathematischem world building auseinanderzusetzen.
Es sind Geschichten die oft konzeptionelle Durchbrüche enthalten wie die Bewohner eines Generationen-Weltraumhabitats die, auf ein mittelalterliches Technologieniveau zurückgefallen und ein Schwarzes Loch in der Nähe umkreisend, damit hineinzustürzen drohen. Um sich vor einer Katastrophe zu retten, müssen sie ein tiefes Verständnis der Schwerkraft und der allgemeinen Relativität entwickeln - ohne vorher den Schritt zur Newton’sche Physik gemacht zu haben („Incandescence“, 2008).
Den nicht einfachen Zugang zu solchen Ideen ist ihm wohl bewusst so das er auf einer eigenen Webpage den naturwissenschaftlich-mathematischen Background seiner Romane erläutert [3] .
Es erweist sich als zusätzliche Erschwernis das Egan’s Romane und Kurzgeschichten seitdem auch nicht mehr ins Deutsche übersetzt werden - aber dafür ins Japanische wo er eine große Leserschaft besitzt: Offenbar findet sich kein deutscher Übersetzer mit dem dafür notwendigen mathematisch-physikalischen Background. Und radikale Ideen scheinen ihm nicht auszugehen sieht man die aktuellen Werke der letzten Jahre.

 

Es ist zu empfehlen zuerst die genannten deutschen Übersetzungen seiner Romane aus den 1990ern oder generell seine Kurzgeschichten (die späteren trotz Originalsprache) als Einstieg zu nutzen [1] .Will man das Gesamtwerk inklusive der Romane schätzen lernen, kommt man bei den Novellen ab 2000 an guten Englisch-Lesekenntnissen nicht vorbei – und manche böse Zungen behaupten an einem mathematisch-physikalischen Grundstudium.
Anhaltende Nominierungen und Top-Platzierungen (darunter nicht wenige 1. Plätze) bei renommierten SF Awards unterstreichen sein Werk als bedeutsam für den neuzeitlichen SF Kanon ab den 1990ern.

 

Zum Menschen Greg Egan ist zu sagen das er in der australischen Flüchtlingshilfe aktiv ist, 2008 eine Reise in den Iran unternahm und diese als Grundlage für den regimekritischen SF Roman „Zendegi“ verarbeitete. Inzwischen ist der Autor (von dem kein Bild im Internet existiert) ab 2021 dazu übergegangen im Selbstverlag digital zu publizieren. Sein Originalwerk ist in größten Teilen bei den üblich Verdächtigen als Printausgaben oder als ebook erhältlich [2].

 

[1] Liste der zitierten Werke mit Link zur ISFDB

 

Romane:

 

Die og. 3 Romane werden in der ISFDB unter der sogenannten „Subjective Cosmology“ Serie summiert. Egan selbst sagt das diese nicht als Serie geschrieben wurden und er diese Bezeichnung nicht auf die Werke angewendet sehen will [3].

 

Short Fiction:

 

[2] Egan’s Gesamtwerk in der ISFDB

 

https://www.isfdb.or...i-bin/ea.cgi?79

 

[3] Egan’s offizielle Homepage mit weiterführenden Artikeln:

 

http://www.gregegan.net/

 

➡️Lies den 2. Teil des Blogs: Greg Egan – radikale Hard SF mit menschlichem Einschlag (II): Identität , Bewusstsein und Bioethik