Frank Böhmert schrieb am 11.10.2010, 13:35:
Es gibt eine mancherorts, vielleicht auch hier, in Verruf oder sogar Vergessenheit geratene Kunst, Polemik genannt. Die zu lesen hält nicht jede Menschenseele aus.
Polemisch eben zeigt sich Iwoleits Eingangsposting des inzwischen geschlossenen Threads. Das Unbehagen der Moderatoren mag darin seinen Grund finden, dass das Verhältnis von polemischer Attacke und substantieller Kritik nicht ausbalanciert ist. Letztere gelangt über das Urteil
Michael Iwoleit schrieb am 07.10.2010, 02:20:
Keinerlei Stil, keinerlei Dichte, einfach besinnungslos runtergehackte Pennälerprosa.
nicht wesentlich hinaus. Vermutlich würde Iwoleit sofort zugestehen, dass er zu einer besseren Stunde mit Besserem aufwarten könnte.
Ohne über
Collector sprechen zu wollen und zu können - ich habe das Buch nicht gelesen -, ist mir Iwoleits Impetus, der sich deutlich in seinem Posting abbildet, sehr vertraut. Ich bejahe die harte Kritik, die nicht etwa zufällig zerstörerisch ist, sondern die sich die
Vernichtung des Schlechten zum Ziel setzt. Dies aus einem sehr
ideellen Grund, nämlich um Platz zu schaffen in den vollgestopften Bücherregalen, auf dass die
Glanzlichter, die das notorisch blinde Publikum nicht wahrzunehmen vermag, heller erstrahlen mögen. Denn
sie sind es doch, die es verdienen, in die Hand genommen zu werden, so sehr, dass wir selbst den
blinden und
zufälligen Griff nach ihnen gutheißen, denn was aus der Begegnung eines unreifen Kopfes mit einem Meisterwerk resultieren wird, ist nicht völlig festgeschrieben. Dass wir bei dieser ehrenwerten Vernichtungstätigkeit keine größeren Erwartungen haben sollten - der Ausblick verliert sich am Ende in einem
focus imaginarius - tut hierbei überhaupt nichts zur Sache: Ich neige der Ansicht zu, dass man sich den Tod am Ende verdient haben muss.
(Träfe es im Übrigen meine eigenen trivialen Kapriolen mit jener kritischen Härte, von der ich hier spreche, würde ich - durchaus errötend - versuchen, mich möglichst unsichtbar zu machen. Ein
Laster, das durchaus geeignet scheint, mir das Etikett eines
Tintenbuben anzuheften, wird am Ende nur verzeihbar sein, wenn es sich als disziplinierende Bedingung einer verwirklichten Ambition erweist.)
Die Polemik als Waffe in einer ideellen oder auch ästhetischen Auseinandersetzung hat ihre gute Tradition, und nichts ist an ihr auszusetzen. Dass sich die Moderatoren nun mit ihr unwohl fühlen, mag daran liegen, dass man durchaus infrage stellen kann, ob diese spezielle Klinge auf
jedem Kampfplatz geführt werden darf:
yiyippeeyippeeyay schrieb am 10.10.2010, 14:07:
Im besagten Diskussionsthread wurde mehrfach über den ein oder anderen (abwesenden) Autor her gezogen. Meine persönliche Vorgehensweise wäre da kulanter zu sein, wenn es sich nicht um ein aktives Mitglied handelt. Der zuständige Mod sah das etwas anders, hat sich schlau gemacht ob z.B. Heitz als Mitglied registriert ist (!) und ist dann gegen "ad hominem" vorgegangen.
Diese Bedenklichkeiten sind auch die meinen. Herr Heitz ist Mitglied dieses Forums und hat sich bereits zu seinem Roman
Collector hier geäußert. Was ist aber dieses
Hier? Kann man es etwa mit dem etablierten Kampfplatz eines
Printmagazins vergleichen? Nur schlecht, oder? Es ist doch ein
virtueller Tisch, an dem wir hier sitzen - der eine steht auf, der andere kommt, mal sitzen mehr und mal weniger zusammen. Wir haben hier doch soetwas wie
halbpersönliche Begegnungen - sollte es Iwoleit vielleicht entgangen sein, dass Heitz bereits an unserem Tisch saß? In diesem Fall sollte man Nachsicht üben (obschon das Übergewicht der Polemik über die substantielle Kritik dadurch nicht geschmälert wird; aber wie gesagt: Zu anderer, besserer Stunde ...).
Ich meine also, dass selbst ein nur virtueller Tisch uns nicht von den bürgerlichen Benimmregeln dispensieren darf. Harte, auch polemische Kritik muss möglich sein, denn wie öde wäre es, wenn dieser Tisch zum Teekränzchen mutierte? Aber das, was man seinem Gegenüber an einem Hardware-Tisch nicht ins Gesicht sagen würde - auch, wenn man noch so sehr davon überzeugt ist -, sollte man vielleicht auch nicht am virtuellen Pendant äußern.
Ich würde mich freuen, wenn ich von Iwoleit demnächst
an anderer Stelle eine sowohl polemische als auch substantielle Kritik zu
Collector lesen könnte.
Gruß, Guido