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"Die Welt geht unter!" - Erdbeben nicht nur in Japan


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331 Antworten in diesem Thema

#241 Diboo

Diboo

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:19

Ein Grundeinkommen auf Höhe von Hartz IV verursacht erst einmal überhaupt keine Mehrkosten, sondern baut Verwaltung ab.


Es gibt keine mir bekannte Forderung - weder bei den Grünen, noch bei den Linken - die sich auf eine so geringe Summe versteift. Das Argument ist doch gerade, dass Hartz IV eben nicht zur vollständigen gesellschaftlichen Teilhabe ausreichend ist, und ein garantiertes Grundeinkommen in den mir bekannten Modellen irgendwo bei 1500 € Minimum liegt.

Das, was der Staat dadurch einspart, würde sicher locker die paar mehr Hängemattenkandidaten aufwiegen. Natürlich braucht man nach wie vor einen Verwaltungsapparat, um Zusatzleistungen zu bemessen und zu verteilen (für Leute mit Kindern oder mit z.B. krankheitsbedingten besonderen Bedürfnissen), aber der zu betreibende Aufwand wäre sehr viel geringer als der, der derzeit auf die Gängelung Arbeitsloser verwendet wird.


Schau Dir mal das Personaltableau des deutschen Sozialsystems an. Die Zahlen sind ja leicht zu ermitteln. Und dann denk noch einmal über Deine Rechnung nach. Ich finde diese Luftbuchungen als Argumentationsgrundlage schon ein wenig anstrengend.

Die gesellschaftlichen Folgen wären natürlich auf lange Sicht weitreichender, das Problem mit dem Grundeinkommen ist aber sicher NICHT, dass es den Staat mehr kosten würde und dieser gutverdienende höher besteuern müsste und damit deren Arbeitsanreiz senken. Problematisch wäre vom jetzigen Standpunkt eher die Erosion des Niedriglohnsektors. Dem kann man aber nur entgegenhalten, dass eine Gesellschaft, die so etwas wie einen Niedriglohnsektor hat, bereits ein Problem hat. Die schlechte Entlohnung von Arbeiten mit niedrigem Prestige hat schließlich nichts damit zu tun, dass die Menschen in diesen Sektoren weniger arbeiten, und nur bedingt etwas mit Kompetenz (gut putzen will auch gelernt sein). D.h. es handelt sich schlicht um eine Ungerechtigkeit, deren Behebung man auf lange Sicht anstreben sollte.


Ein Grundeinkommen, das vollständige gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, ist nur über höhere Steuern finanzierbar, denn das Geld muss ja nun irgendwo herkommen. Noch einmal: Schau Dir bitte die Haushalte und die tatsächlichen Einsparpotentiale an. Rechne bitte den demographischen Faktor hinein (wird gerne unterlassen, ist ja anstrengend). Mal gucken, was Du dann für Geschichten auftischst.
Was die Ungerechtigkeit des Niedriglohnsektors angeht, so magst Du Recht haben. Damit hast Du das damit verbundene zentrale Argument - das einer sich selbst stetig verstärkenden Preisspirale - nicht entkräftet.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
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#242 Diboo

Diboo

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:21

ich habe es im Leben versäumt, mich in eine Pfründe zu schleimen


Ich auch.
Seltsam.
Komme trotzdem ganz gut zurecht.
Ich will Dir Deine Interpretation der Realität ja nicht nehmen. Aber verallgemeinere sie nicht. Es könnte sein, dass Du ein Falsifizierungsproblem hast.

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#243 Beverly

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:25

Ich bin der Meinung, dass Märkte eine gute Sache sind, sofern: 1. die Marktteilnehmer wenigstens annähernd gleich viel Macht haben 2. sich Menschen von Märkten zurück ziehen können, wenn sie dort ihre Interessen nicht realisieren können Aber auf dem Arbeitsmarkt ist zumindest Punkt 2. nicht gegeben - es besteht der Zwang zur Arbeit getreu der Logik "wer nicht arbeitet, soll nicht essen". Deswegen halte ich es für falsch, von einem "Arbeitsmarkt" zu sprechen. Denn ein Arbeitsmarkt setzt voraus, dass ihm die Menschen auch fernbleiben können, ohne dass ihre Existenz gefährdet ist. Es ist der Zwang zur Arbeit, der Zwang sich auf einen Markt zu begeben, auf dem man nur Nachteile hat. Der Logik des Marktes zufolge wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nötig, um einen funktionierenden Markt herzustellen. Denn können die auf Erwerbsarbeit Angewiesenen selbst entscheiden, ob wenig Geld und viel Freizeit oder mehr Geld und wenig Freizeit besser sind. Es mutet seltsam an, dass die Freunde der Marktwirtschaft ausgerechnet beim Arbeiten offenbar nicht viel vom freien Markt halten. Ich würde sogar dafür plädieren, allen Menschen auf der Welt Möglichkeiten zu schaffen, dem Arbeitsmarkt fern zu bleiben, wenn er für sie nur Hungerlöhne und gnadenlose Ausbeutung hat. Getreu der Logik der Marktwirtschaft würden so funktionierende Arbeitsmäkrte geschaffen und durch Billiglohn entstehende Verzerrungen beseitigt.

Bearbeitet von Beverly, 18 März 2011 - 11:28.


#244 Diboo

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:30

Der Logik des Marktes zufolge wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nötig, um einen funktionierenden Markt herzustellen. Denn können die auf Erwerbsarbeit Angewiesenen selbst entscheiden, ob wenig Geld und viel Freizeit oder mehr Geld und wenig Freizeit besser sind. Es mutet seltsam an, dass die Freunde der Marktwirtschaft ausgerechnet beim Arbeiten offenbar nicht viel vom freien Markt halten.


Ein Markt funktioniert nicht nur, wenn alle die gleiche Marktmacht haben. Es ist Differenz, die Nachfragedynamiken auslöst, nicht Egalität. Und ein Markt beruht auf Bedarfen. Wenn der Bedarf nach Arbeit zur Einkommenssicherung künstlich gesenkt wird, führt dies zu Ungleichheiten, nicht zur Gleichheit. Wer mehr möchte, muss plötzlich einen viel größeren Aufwand betreiben, weil nämlich alles teurer wird. Und das werden dann einige nicht schaffen, nicht schaffen wollen oder zu Ausweichstrategien veranlassen. Das stärkt dann andere Märkte, unseren aber sicher nicht.

Die Entscheidung ist ja eben nicht "wenig Geld und viel Freizeit" oder "mehr Geld und wenig Freizeit". Apologeten des Mindesteinkommens fordern mehr Geld und mehr Freizeit für alle, sonst würde das Mindesteinkommen ideologisch ja nicht funktionieren: es soll doch jedem unterschiedslos die gleiche gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Also geht Deine Rechnung nicht auf.

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#245 Jakob

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:34

Ein Grundeinkommen, das vollständige gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, ist nur über höhere Steuern finanzierbar, denn das Geld muss ja nun irgendwo herkommen. Noch einmal: Schau Dir bitte die Haushalte und die tatsächlichen Einsparpotentiale an. Rechne bitte den demographischen Faktor hinein (wird gerne unterlassen, ist ja anstrengend). Mal gucken, was Du dann für Geschichten auftischst.
Was die Ungerechtigkeit des Niedriglohnsektors angeht, so magst Du Recht haben. Damit hast Du das damit verbundene zentrale Argument - das einer sich selbst stetig verstärkenden Preisspirale - nicht entkräftet.


Um mir zusammenzureimen, dass ein Grundeinkommen mindestens auf Höhe von Hartz IV finanzierbar ist, muss ich mir keine Zahlen anschauen - das hätte auch tatsächlich wenig Sinn, weil man in solchen Dingen mit den basalen Rechenoperationen, zu denen ich in der Lage bin, der Realität wohl kaum besonders nahe kommt. Und ich sage erst einmal nur: Besser ein bedingungsloses Grundeinkommen, und sei es nur auf Höhe von Hartz IV, als die kostspielige Gängelung und Stigmatisierung von Arbeitslosen.
Das einzige vernünftige Gegenargument wäre, dass man davon ausgeht, dass plötzlich alle nur noch arbeitslos sein wollen, wenn Gängelung und Stigmatisierung wegfällt. Und das halte ich eben für Humbug. Vielmehr denke ich, dass gerade Familien, die in der 2. Generation soziale Transferleistungen erhalten, durch ein Grundeinkommen eine Chance bekämen, aus der Amtsmühle und dem dazugehörigen Lebensgefühl der Verächtlichkeit rauszukommen.

Dass ein Verschwinden des Niedriglohnsektors eine Preisspirale zur Folge hätte, halte ich auch für unwahrscheinlich - es gäbe schlicht eine Verschiebung dessen, wer sich genau was leisten kann. Natürlich kann man jetzt sagen: doof für alleinerziehende Karrierefrauen, die sich dann keine Putzkraft mehr leisten kann. Andererseits: Gut für alleinerziehende Putzkräfte.
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#246 Vincent Voss

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:42

Die Freiwerdung von Löhnen durch einen Abbau an Verwaltungsstellen würden in Umschulungsmaßnahmen und Anhebungen der Löhne im Billig-Lohn-Segment verwendet werden. Keine Preisspirale. Ich geh jetzt arbeiten. Bis später.

#247 Diboo

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:42

Das einzige vernünftige Gegenargument wäre, dass man davon ausgeht, dass plötzlich alle nur noch arbeitslos sein wollen, wenn Gängelung und Stigmatisierung wegfällt. Und das halte ich eben für Humbug. Vielmehr denke ich, dass gerade Familien, die in der 2. Generation soziale Transferleistungen erhalten, durch ein Grundeinkommen eine Chance bekämen, aus der Amtsmühle und dem dazugehörigen Lebensgefühl der Verächtlichkeit rauszukommen.


Gerade die Familien in zweiter Generation im Bezug haben keine Probleme mit den "Ämtern" - das ist denen nämlich oft scheißegal. Man hat sich da über Jahrzehnte ein dickes Fell erarbeitet. Die würden diese Chance im Regelfalle nicht nutzen.

Dass ein Verschwinden des Niedriglohnsektors eine Preisspirale zur Folge hätte, halte ich auch für unwahrscheinlich - es gäbe schlicht eine Verschiebung dessen, wer sich genau was leisten kann. Natürlich kann man jetzt sagen: doof für alleinerziehende Karrierefrauen, die sich dann keine Putzkraft mehr leisten kann. Andererseits: Gut für alleinerziehende Putzkräfte.


Du bist ja ein Netter, Jakob, deswegen schalte ich jetzt mal meinen inneren Moderator ein.
Der Niedriglohnsektor ist nicht nur die Klischeeputzfrau, die für die Klischeearztgattin putzt.
Wenn Du den Niedriglohnsektor killst, hast Du ganz andere Konsequenzen. Reden wir doch mal über die normale gesellschaftliche Teilhabe, die Dir so am Herzen liegt:

- Du musst den Kellern deutlich über dem Mindesteinkommen bezahlen, damit er sich weiter die Hacken wundrennt. Dein Käffchen im Café, Dein Essen zum Geburtstag, Deine Einladung zum SF-Stammtisch - das wird alles teurer.

- Du musst den Zimmermädchen und Raumpflegerinnen im Hotel deutlich mehr bezaheln. Der Hotelaufenthalt wird teurer. Dein Urlaub wird teurer. Du machst Urlaub im Ausland? Auch gut, gibt ja den Mindestlohn: machen wir die Hotels dicht, denn auch die ausländischen Gäste werden die Horrorpreise irgendwann nicht mehr zahlen wollen.

- Du willst saubere Parks und Gärten? Saubere Straßen? Du willst kompetente Pflegehelferinnen und -helfer? Dann wirst du den Leuten deutlich mehr als das Minimum zahlen müssen, denn nicht alle machen diese Arbeit freiwillig.

Ich könnte die Liste noch fortsetzen, mein Argument dürfte aber klar sein: Du wirst gerade bei den für die gesellschaftliche Teilhabe zentralen Dienstleistungen massive Preisschübe auslösen. Und jetzt: wie reagierst Du darauf mit Deinem Mindesteinkommen? Du erhöhst es. Denn wenn Du das nicht tust, wäre es ja kein Einkommen mehr, das zur gesellschaftlichen Teilhabe reicht. Aber wenn Du es erhöhst, musst Du die Löhne der oben Genannten erneut erhöhen, denn usw. usw. usw.

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#248 Diboo

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Geschrieben 18 März 2011 - 11:46

Die Freiwerdung von Löhnen durch einen Abbau an Verwaltungsstellen würden in Umschulungsmaßnahmen und Anhebungen der Löhne im Billig-Lohn-Segment verwendet werden. Keine Preisspirale.


Ich kann solche Milchmädchenrechnung nur mit einer gewissen Fassungslosigkeit zur Kenntnis nehmen, da sich hier dermaßen tiefe Defizite in den einfachsten Kenntnissen von Kosten- und Ausgabenstrukturen sowohl unserer Verwaltung wie auch der betroffenen Wirtschaftsbereiche auftun, die ich beim besten Willen nicht mehr so nebenher füllen kann.

Andererseits sollte mich das nicht überraschen. Es sind immer jene, die von der Materie die geringste (Fakten)kenntnis haben, die bei Forderungen nach mehr hier und mehr da am lautesten schreien. Letztlich, liebe Leute, läuft es auf eines heraus: Es gibt Leute, die haben wenig. Es gibt Leute, die haben mehr. Und wir wollen, dass die, die mehr haben, weniger haben, damit die, die weniger haben, mehr haben.

Das nennt man dann Diebstahl. Es gibt einen Euphemismus dafür, aber für den bin ich jetzt zu müde.

Keine weiteren Kommentare.

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#249 Jakob

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:04

Letztlich, liebe Leute, läuft es auf eines heraus: Es gibt Leute, die haben wenig. Es gibt Leute, die haben mehr. Und wir wollen, dass die, die mehr haben, weniger haben, damit die, die weniger haben, mehr haben.

Das nennt man dann Diebstahl. Es gibt einen Euphemismus dafür, aber für den bin ich jetzt zu müde.

Keine weiteren Kommentare.


Nein, mit so billiger Polemik kommst du da nicht weg - soziale Transferleistungen als Diebstahl zu bezeichnen ist genauso unsinnig, wie Mehrwertabschöpfung als Diebstahl zu bezeichnen. Aus irgendeiner Perspektive stimmt das, aber letztlich geht es um die Frage, wie der Staat in Eigentumsverhältnisse eingreift - und das tut er ab dem Moment, in dem er Vertragssicherherheit garantiert und den Bürger damit vor Raub und Betrug schützt. Welche Arten von Eingriffen man als legitim sieht und welche nicht, hängt von Gerechtigkeitsbegriff ab. Den zu entfalten, ist aber etwas komplizierter als das, was du hier machst.
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#250 lapismont

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:04

Die Freiwerdung von Löhnen durch einen Abbau an Verwaltungsstellen würden in Umschulungsmaßnahmen und Anhebungen der Löhne im Billig-Lohn-Segment verwendet werden. Keine Preisspirale.


Das ist Quark. Bei uns fand der Abbau durch Nichteinstellung statt. Konsequenz: Erhöhung des Altersdurchschnitts, arbeitslose Jugendliche, mehr Kranke und vor allem mehr Chefs pro Nichtchef.

Ãœberlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

Moderator im Unterforum Fantasyguide
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#251 Oliver

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:18

Nein, mit so billiger Polemik kommst du da nicht weg - soziale Transferleistungen als Diebstahl zu bezeichnen ist genauso unsinnig, wie Mehrwertabschöpfung als Diebstahl zu bezeichnen. Aus irgendeiner Perspektive stimmt das, aber letztlich geht es um die Frage, wie der Staat in Eigentumsverhältnisse eingreift - und das tut er ab dem Moment, in dem er Vertragssicherherheit garantiert und den Bürger damit vor Raub und Betrug schützt. Welche Arten von Eingriffen man als legitim sieht und welche nicht, hängt von Gerechtigkeitsbegriff ab.

Du argumentierst damit, dass der Staat, wenn er Eigentum garantiert, dafür eine Gegenleistung verlangen kann. Wir müssen da nicht einer Meinung sein (das ist dann eine politische Wertungsfrage), gehst Du denn immerhin mit mir konform, dass das kein Automatismus sein muss, dass der Staat hierfür etwas verlangen darf?

Der Staat tut das doch auch und in meinen Augen hauptsächlich, weil wir Eigentum heute nicht mehr durch Trutzmauern und das Tragen von Schwertern schützen wollen, müssen und sollen. Damit verweise ich nicht nur auf das Mittelalter, das ist ja auch in der Gegenwart anderswo (siehe Südamerika und anderswo) durchaus noch aktuell, wenn auch heute Schwerter durch private Security-Firmen ersetzt werden.

Dirks Argument ist keine Polemik, sondern eine Weltanschauungsfrage. Wenn wir als Menschen zusammen leben, inwieweit darf der eine auf die Besitzgüter des anderen schielen? Das kann man halt durchaus verschiedenartig regeln. Und das System, dass man Menschen motiviert, wenn man ihnen Eigentum belässt, scheint doch zumindest besser zu funktionieren als alle anderen, die bisher probiert wurden.
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#252 Lomax

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:27

Ich bewundere Familien bei denen manchmal beide Elternteile arbeiten gehen und sich dennoch kaum etwas leisten können. Die können auch kein Recht auf Bildung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einfordern. Geschweige denn Vergünstigungen (Befreiung von den GEZ-Gebühren, Ermäßigung der Telefongebühren, Schulbuchgeld, Bezahlung der Klassenfahrten etc. ).

Der Ansatz läuft am Ende auf das Neidargument hinaus, dass man Hartz-IVler ruhig kürzen dürfte, damit der Abstand zu Niedriglohnern gewahrt bleibt. Ein attraktives Argument, mit dem die Schlechtmenschen auch die dümmeren unter den Niedriglohnern ködern können - dass aber insofern unehrlich ist, als es am meisten denen schadet, die angeblich "geschützt" werden sollen, nämlich eben jene "arbeitenden Familien, die sich kaum etwas leisten können.
Denn das Lohnniveau am unteren Rand und bei gering qualifizierten Tätigkeiten hängt natürlich auch von den Sicherungsleistungen ab, und es fällt in dem Maße, wie Sicherungsleistungen gesenkt werden und Arbeitslose zu schlechten Konditionen in den Markt gedrängt werden. Es wäre also gerade im Sinne der ehrlich arbeitenden, aber gering verdienenden Familien, diese Spirale zu unterbinden.

Ich wage zu bezweifeln, daß an dem "Journalismus-Produkt" in unserem Land wirklich Bedarf besteht.

Darüber mag ich eigentlich keine ideologische Diskussion führen, sondern die Einschätzung nur an zählbaren Fakten festmachen. Wofür jemand prinzipiell bereit ist, freiwillig Geld auszugeben, ist auch ein "Produkt". Journalistische Produkte werden (wenn auch in sinkendem Maße) gekauft. Also ist Journalismus eine produktive Tätigkeit.
Ob man Journalisten oder ihre Produkte gut (oder "gesellschaftlich nützlich") findet, ist eine andere Frage.

Die Forderung nach einem garantierten Grundeinkommen krankt an vielen Defiziten in der Umsetzung und der Folgenabschätzung - an so vielen, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann. Ich beschränke mich daher auf einige Schlaglichter:

1. Die Annahme, dass die Einführung eines solchen Einkommens zu massiven Einsparungen im Sozialbereich (Verwaltung, Transfers) führen werde, ist irrig. Zum einen müssen ja all die freigesetzten Mitarbeiter irgendwo hin. Ein signifikanter Anteil dürfte, durchaus verbittert darüber, rausgeworfen worden zu sein, sich in exakt die Hängematte legen, die zu ihrer Entlassung geführt hat. Dadurch werden neue Kosten entstehen.
...

Eigentlich hat Jakob das Wesentliche zu dem Thema gesagt. Insbesondere die Antwort auf das blödsinnige Argument gegeben, dass es dem Staat Mehrkosten verursacht, wenn bisher staatlich Beschäftigte in diese Versorgung gedrängt werden - die Allgemeinheit bezahlt sie jetzt schon, wenn die Allgemeinheit ihnen also in Zukunft weniger bezahlt, tritt eine Ersparnis ein. Dass die Produktivität dabei sinkt und die Leute fürs Nichtstun bezahlt werden, spielt dabei keine Rolle, wenn die Produktivität überflüssig ist und schon vorher keinen Ertrag erwirtschaftet hat.
Und, wie du selbst schon gesagt hast, andere Teile der jetzigen "Arbeitslosenbetreuung" würden dadurch nicht zwangsläufig überflüssig. Was aber auch eher ein Vorteil des Grundeinkommens wäre als ein Nachteil, weil der Apparat, den man trotzdem noch braucht, sich auf die gesellschaftlich sinnvollen Teile der Betreuung konzentrieren könnte.
Andere Einwände gegen das Mindesteinkommen sehe ich auch und kann sie nachvollziehen, weswegen dieses Modell auch nicht meine präferierte Lösung wäre. Als prinzipiell weniger problematisch als das gegenwärtige Modell sehe ich das "Grundeinkommen" allerdings auch an, und auch bei deiner Aufzählung habe ich keinen Einwand gesehen, der sich nicht durch eine entsprechend niedrige Gestaltung des Grundeinkommens (und notfalls auch durch eine entsprechende Ausgestaltung der Umsetzung) korrigieren ließe. 1500 Euro, fürchte ich, klappt nicht. So gut ist die Welt nicht. 1000 auch nicht. Aber irgendwo darunter dürfte ein Punkt zu finden sein, wo sich die meisten Vorbehalte gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen erübrigen.
Bzw. wo ich das, was neoliberale "Randisten" noch als Nachteile vorbringen können, im Gegenteil als Vorteil betrachten würde :D
Selbst der angeblich durch ein Mindesteinkommen bedrohte Niedriglohnsektor würde bei einem entsprechenden Mindestsatz eher gefördert als bedroht - sogar weniger bedroht, als durch eine "Arbeitspflicht". Denn wenn es jede Menge Grundeinkommensleute gibt, die dafür gar nichts tun müssen und beliebig viel Zeit mit freier Zeiteinteilung haben, deren nackte Existenz durch das Grundeinkommen gesichert ist, aber insgesamt durch die geringe Höhe des Satzes eher trostlos aussieht - dann hätte man plötzlich auch jede Menge Arbeitskräfte, für die sogar Tätigkeiten zu niedersten Löhnen ein erstrebenswerter und fühlbarer Zugewinn wären. Ich gehe also mal davon aus, bei einem Grundeinkommen von beispielsweise 600 Euro gäbe es plötzlich deutlich mehr Bewerber für die Kellnerstelle um die Ecke, die sich sogar mit weniger Gehalt zufrieden gäben. Weswegen mein Café nicht zwangsläufig teurer würde ;)

Die Entscheidung ist ja eben nicht "wenig Geld und viel Freizeit" oder "mehr Geld und wenig Freizeit". Apologeten des Mindesteinkommens fordern mehr Geld und mehr Freizeit für alle, sonst würde das Mindesteinkommen ideologisch ja nicht funktionieren: es soll doch jedem unterschiedslos die gleiche gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.

Im Moment gibt es eher die Wahl, mehr oder minder viel Geld und keine Freizeit. Oder gar kein Geld und zu viel Freizeit. Eine Systemänderung, die Arbeit besser verteilt und die verfügbare Arbeit nicht auf möglichst wenige Personen verteilt, während andere leer ausgehen, wäre also grundsätzlich zu begrüßen.
Was nicht heißt, dass ein Mindesteinkommen in dieser Hinsicht etwas verbessern würde. Ich will mit diesem Einwand nur darauf hinweisen, dass das gegenwärtige System für die Freizeit/Gelb-Abwägung unglückliche Ergebnisse produziert und man daher kaum argumentieren kann, man müsse beim Status Quo bleiben, weil eine Alternative unglückliche Ergebnisse produziert.
Man kann nicht etwas mangelhaftes verteidigen mit dem Argument, die Alternative könnte vielleicht auch mangelhaft sein.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#253 Jakob

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:30

Du argumentierst damit, dass der Staat, wenn er Eigentum garantiert, dafür eine Gegenleistung verlangen kann. Wir müssen da nicht einer Meinung sein (das ist dann eine politische Wertungsfrage), gehst Du denn immerhin mit mir konform, dass das kein Automatismus sein muss, dass der Staat hierfür etwas verlangen darf?


Es geht gar nicht darum, dass der Staat etwas verlangen darf, sondern darum, dass die Erwirtschaftung von Tausch- und Gebrauchswerten in fortgeschrittenen Gesellschaften immer ein gesellschaftlicher Prozess mit zahlreichen Beteiligten ist, und dass innerhalb dieses Prozesses ständig Eigentum angeeignet wird und man sich schon auf dieser Ebene fragen kann und muss, welche Aneignungsprozesse legitim sind. Eigentum kommt den Individuen doch nicht von Natur aus zu - ein Mensch kommt durch gesellschaftliche Übereinkünfte zu Eigentum, dadurch, dass er die Menschen um sich herum überzeugen kann, dass er legitimerweise die Verfügungsgewalt über bestimmte Werte hat. Das kann durch direkten oder indirekten Zwang geschehen oder durch einen Appell an einen geteilten Gerechtigkeitsbegriff ("ich habe den Kuchen gebacken, also gehört er mir!"; "Der Kuchen besteht zu 60% aus dem von mir zur Verfügung gestellten Mehl, also gehören 60% mir!"; "Ich habe das Mehl gemahlen, dafür will ich mindestens 30%!"; "Leute, ihr vergesst alle, dass ich diesen Knüppel ihr habe und gewillt bin, ihn zu benutzen ...)".
Transferleistungen können insofern durchaus auch als korrektiv der im Produktionsprozess entstehenden Ungerechtigkeiten aufgefasst werden. Dazu kommt natürlich, dass sie einem Gemeininteresse dienen, nämlich dem Aufrechterhalten eines vergleichsweise friedlichen Miteinander unter den Bedingungen materieller Ungleichheit. D.h. wer für diejenigen zahlt, die weniger haben, erhält ggf. durchaus eine Gegenleistung in Form des Erhalts geregelter Markt- und Umgangsformen, die in Gefahr geraten können, wenn zu viele Menschen ihre Existenz nicht sichern können und deshalb zu Gewaltmitteln greifen, um sich einen Anteil am gesellschaftlichen Reichtum zu verschaffen.
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#254 Lomax

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:35

Du argumentierst damit, dass der Staat, wenn er Eigentum garantiert, dafür eine Gegenleistung verlangen kann. Wir müssen da nicht einer Meinung sein (das ist dann eine politische Wertungsfrage), gehst Du denn immerhin mit mir konform, dass das kein Automatismus sein muss, dass der Staat hierfür etwas verlangen darf?

Eigentum ist, wie der Blick in die Geschichte zeigt, zwar ein gerne geschütztes gesellschaftliches Grundrecht, aber kein Naturrecht. Dementsprechend ist es natürlich so, dass der Staat für diese Garantie "automatisch" etwas verlangen und auch die Grenzen und Reichweiten von "Eigentum" festlegen darf.
Jedes Individuum hat immer nur genau so viel Eigentum, wie die "Gruppe" ihm zubilligt. Das ist die menschheitsgeschichtliche Konstante in all den vielen "Eigentumsregelungen", die man über die Jahrtausende finden kann. Insofern steht es der Gruppe auch jederzeit zu, Eigentum neu zu definieren. Diebstahl wäre hingegen ein "Eigentumstransfer", der im Widerspruch zu den Eigentumsregeln einer Gruppe steht. Dementsprechend kann man nicht von Diebstahl reden, wenn die Gruppe - heutzutage wohl "die Gesellschaft" - an sich die Regeln ändert.
Denn das ist ja immerhin auch die Instanz, die darüber entscheidet, ob ein "Diebstahl" vorliegt. Mir wäre nicht bekannt, dass das auch nur nach unserem Rechtssystem jedes Individuum selbst festlegen darf :D
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#255 Nibor

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:39

Für Leute, die nicht nur ihre Vorurteile kundtun wollen:

Grundeinkommen in Afrika (Ein Experiment). Hier ein aktueller Artikel.


Grundeinkommen, der Film (99 Minuten). Zugrunde liegt das Modell, das beispielsweise von Götz Werner favorisiert wird. Es gibt auch andere. Hier kann man den Film kostenlos downloaden.

Bearbeitet von Nibor, 18 März 2011 - 20:08.


#256 Lomax

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Geschrieben 18 März 2011 - 12:48

Für Leute, die nicht nur ihre Vorurteile kundtun wollen:

Grundeinkommen in Afrika (Ein Experiment).

Das Problem der Vergleichbarkeit mit einem "Grundeinkommen in Afrika" liegt halt eben darin, dass wir hier keine "Dorfstruktur" haben, wo die Gemeinschaftszugehörigkeit ein Bedürfnis zur Teilhabe auch an Wirtschaftsprozessen erweckt. Dieser Faktor würde sicher auch in Deutschland dafür sorgen, dass viele Leute trotz Grundeinkommens weiterhin arbeiten oder ehrenamtlich tätig wären.
Es gibt hier aber auch in vielen Bereichen Tendenzen zur Vereinzelung oder zu Kleingruppen mit einem eher leistungshemmenden Gruppenethos, die schwer zu erreichen sind.
Und die deutsche Gesellschaft ist auch so komplex und inhomogen, dass schwer zu sagen ist, was für Dynamiken sich in welchem Umfang durchsetzen würden. Und auf dieses Problem liefern, leider, auch Experimente aus anderen Regionen keine Antwort.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#257 lapismont

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Geschrieben 18 März 2011 - 13:05

Eigentlich hat Jakob das Wesentliche zu dem Thema gesagt. Insbesondere die Antwort auf das blödsinnige Argument gegeben, dass es dem Staat Mehrkosten verursacht, wenn bisher staatlich Beschäftigte in diese Versorgung gedrängt werden - die Allgemeinheit bezahlt sie jetzt schon, wenn die Allgemeinheit ihnen also in Zukunft weniger bezahlt, tritt eine Ersparnis ein.


Das müsste man mal tatsächlich überprüfen. Allein meine Nachversicherungssumme dürfte die Soldeinsparung der nächsten Jahre auffressen. Mal von den ganzen armen Microverlagen abgesehen, denen ich keine Bücher mehr abkaufe.

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#258 Nibor

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Geschrieben 18 März 2011 - 13:12

Das Problem der Vergleichbarkeit mit einem "Grundeinkommen in Afrika" liegt halt eben darin, dass wir hier keine "Dorfstruktur" haben, wo die Gemeinschaftszugehörigkeit ein Bedürfnis zur Teilhabe auch an Wirtschaftsprozessen erweckt. Dieser Faktor würde sicher auch in Deutschland dafür sorgen, dass viele Leute trotz Grundeinkommens weiterhin arbeiten oder ehrenamtlich tätig wären.
Es gibt hier aber auch in vielen Bereichen Tendenzen zur Vereinzelung oder zu Kleingruppen mit einem eher leistungshemmenden Gruppenethos, die schwer zu erreichen sind.
Und die deutsche Gesellschaft ist auch so komplex und inhomogen, dass schwer zu sagen ist, was für Dynamiken sich in welchem Umfang durchsetzen würden. Und auf dieses Problem liefern, leider, auch Experimente aus anderen Regionen keine Antwort.

Halt einfach mal ein solches Experiment bei uns durchführen.

#259 Beverly

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Geschrieben 18 März 2011 - 13:15

Fakt ist, dass sich eine Parallelwelt, bestehend aus Wirtschaftsexperten, Juristen, Makler von whatever,etc. eingerichtet hat, die die Realwelt ausbluten lässt.


Ich definiere diese Leute längst nicht mehr politisch, weltanschaulich oder ideologisch, sondern nur noch psychologisch. Das soll keine Polemik sein, sondern man muss schlicht und einfach eine ganz spezielle psychologische Veranlangung haben, um die von diesen Leuten geschaffene Parallelwelt zu ertragen und in ihr Erfolg zu haben.
Parteipolitisch vermute ich sie bei CDU/FDP, aber mit Konservatismus haben sie schon deswegen nix am Hut, weil Konservative auf klare, ggfs. repressive Strukturen bauen und diese Leute gegen jede klare Struktur blindwütig und entschlossen Amok laufen. Liberal sind sie nur insoweit, wie Liberal Chaos bedeutet.
Von Termin zu Termin hetzen, Zeit, Papier und Strom für Drucker und Computer bei endlosen Papierkriegen zu verplempern (mein Laserdrucker rödelt hauptsächlich wegen Jobcenter und Hausverwaltung), ständig zu intrigieren resp. immerzu zum Anwalt rennen zu müssen (ich habe mittlerweile 5 Anwälte kennen gelernt) macht diesen Leuten nichts aus. Als vernunftresistente Maniker merken sie erst, was sie anrichten, wenn es zu spät ist. Wie meine Vermieterin, deren Haus seit gestern unter Zwangsverwaltung eines Anwaltes vermutlich im Auftrag ihrer Gläubiger steht.

Ich halte es nicht für zu viel verlangt, wenn man je nach Diesposition und Genügsamkeit oder Konsumlust an 2 bis 5,6 Tagen die Woche seinen Allerwertesten zur Arbeitsstelle bewegt. Aber das ist längst nicht mehr, was dank dieser Leute im Arbeitsleben stattfindet. Man wird immer wieder arbeitslos, schreibt sich die Finger bei hunderten Bewerbungen wund, gekommt Jobs aufgenötigt, von denen man nicht leben kann und jenseits der 40 ist eh Ende im Gelände. Nur sagt einem das keiner, sondern man soll sich noch bis 63 "um Arbeit bemühen" und das sich danach auf die Altersarmut und einen frühen Tod freuen.

#260 Lomax

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Geschrieben 18 März 2011 - 14:10

Allein meine Nachversicherungssumme dürfte die Soldeinsparung der nächsten Jahre auffressen.

Wie viele öffentliche Angestellte sind derzeit nicht rentenversichert? Wenn es tatsächlich die Regel wäre, dass da Nachversicherungssummen fällig werden, dann aber hallo! Die Rentenversicherung blutet ja gerade deswegen aus, weil zu viel herausgenommen wird :D.
Abgesehen von Beamten, die ja ohnehin weiterbeschäftigt werden müssen, dürften eigentlich überhaupt keine öffentlich Beschäftigten auf diese Weise der Rentenversicherung entzogen sein, und wenn doch, ist es ein Systemfehler, der im gesamtgesellschaftlichen Interesse sowieso schnellstmöglich korrigiert gehört.
Mit der Einsparung durch den Abbau überflüssig gewordener Stellen in der Arbeitsverwaltung kann man Nachversicherungsbeträge ohnehin nicht verrechnen, da die ja der Altersvorsorge dienen und dementsprechend ohnehin mit den andernfalls fälligen Ruhestandsbezügen verrechnet werden. Wenn überhaupt, müsste man eher ausrechnen, ob dadurch nicht auch langfristig Einsparungen erzielt werden.
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#261 lapismont

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Geschrieben 18 März 2011 - 15:31

Wie viele öffentliche Angestellte sind derzeit nicht rentenversichert? Wenn es tatsächlich die Regel wäre, dass da Nachversicherungssummen fällig werden, dann aber hallo! Die Rentenversicherung blutet ja gerade deswegen aus, weil zu viel herausgenommen wird :D.


Mag sein, dass es zumeist Angestellte sind. Doch dann sparst Du ja erst recht nicht ein, da sie ja aktiv in die Sozialsysteme einzahlen.
Das Thema RV ist allerdings komplexer. Hauptproblem hier ist die lange Rentenzahlzeit im Verhältnis zu den Einnahmen. Die Solidargemeinschaft krankt am mangelnden Nachwuchs.

Abgesehen von Beamten, die ja ohnehin weiterbeschäftigt werden müssen, dürften eigentlich überhaupt keine öffentlich Beschäftigten auf diese Weise der Rentenversicherung entzogen sein, und wenn doch, ist es ein Systemfehler, der im gesamtgesellschaftlichen Interesse sowieso schnellstmöglich korrigiert gehört.

Auch Angestellte wirst Du im ögffentlichen Dienst nicht so ohne Weiteres los. Personalabbau im öffentlichen Dienst bedeutet in erster Linie NICHTEINSTELLUNG.
Der normale Angestellte im öffentlichen Dienst ist rv-pflichtig.

Mit der Einsparung durch den Abbau überflüssig gewordener Stellen in der Arbeitsverwaltung kann man Nachversicherungsbeträge ohnehin nicht verrechnen, da die ja der Altersvorsorge dienen und dementsprechend ohnehin mit den andernfalls fälligen Ruhestandsbezügen verrechnet werden.

Nein.
Rente ist eine Versicherungsleistung. Pension eine Alimentierung des Dienstherrn und sollte eigentlich via Ansparung abgesichert werden. Unterschiedliche Töpfe.

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#262 simifilm

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Geschrieben 18 März 2011 - 15:54

Letztlich, liebe Leute, läuft es auf eines heraus: Es gibt Leute, die haben wenig. Es gibt Leute, die haben mehr. Und wir wollen, dass die, die mehr haben, weniger haben, damit die, die weniger haben, mehr haben.

Das nennt man dann Diebstahl. Es gibt einen Euphemismus dafür, aber für den bin ich jetzt zu müde.


Wir wissen ja alle, dass Du grosse Befriedigung daraus ziehst, immer einen Proll zu machen. Aber dieses "Argument" ist nun sogar für Deine Verhältnisse unter Niveau. Vor allem zeigst Du ja hier im Thread auch, dass Du weitaus differenzierter argumentieren kannst.

Dass es zu den grundlegenden Aufgaben des Staates gehört, jenen zu helfen, die aus eigener Kraft nicht überleben können, wird wohl kaum jemand bestreiten. Mir wäre zumindest kein halbwegs ernstzunehmendes Staatsmodell bekannt, das überhaupt keinen Umverteilungsmechanismus vorsieht.

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#263 Lomax

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Geschrieben 18 März 2011 - 16:11

Das Thema RV ist allerdings komplexer. Hauptproblem hier ist die lange Rentenzahlzeit im Verhältnis zu den Einnahmen. Die Solidargemeinschaft krankt am mangelnden Nachwuchs.

Nope. Diese Aussage ist sachlich falsch. Warum der "Nachwuchs" in der Rentendiskussion schlichtweg eine Art von "Kindermissbrauch" ist, und man in Wahrheit mehr und besser bezahlte Sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze braucht, um die Rente zu stützen, und nicht mehr Kinder, dazu habe ich in meinem Blog schon ausführlich alles dagelegt, was ich dazu zu sagen habe.
Das wiederhole ich hier nicht, sondern verlinke es nur, falls es jemand genau wissen mag: Hier entlang

Rente ist eine Versicherungsleistung. Pension eine Alimentierung des Dienstherrn und sollte eigentlich via Ansparung abgesichert werden. Unterschiedliche Töpfe.

Unterschiedliche Töpfe, in die das Geld fließt. Aber mich hat nur dieselbe Tasche interessiert, aus der das Geld kommt. Ob der Staat als Dienstherr die Altersversorgung über Alimentierung besorgt, oder ob er sie durch Einzahlungen in die Rentenkasse besorgt, das Geld kommt zunächst mal aus derselben Tasche, und damit sind die Ausgaben vergleichbar.
Für den Betrag, den der Staat also in die Nachversicherung stecken muss, spart er später Alimentierungsleistungen.

Wenn ich jetzt gerade schon mal in mein Blog verlinke, ergänze ich auch gleich noch einen anderen Artikel: Hier habe ich irgendwann mal ausgeführt, warum "Arbeitslosigkeit" kein Naturphänomen ist und auch nichts, was die Betroffenen zu verantworten haben, sondern ein selbstverständliches Produkt unseres Wirtschaftsystem.
Da wird vielleicht deutlich, warum ich die Ansicht vertrete, dass eine Umlage des Einkommens der produzierenden Bevölkerung an Arbeitslose keinesfalls "Diebstahl" ist, sondern im Gegenteil ein ethisch zwangsläufiger Anspruch. Denn da dasselbe Wirtschaftssystem, dem die Arbeitnehmer ihr Einkommen verdanken, zwangsläufig Arbeitslose hervorbringt (die es ohne das System nicht geben würde), haben diese "Opfer" des Systems natürlich auch einen Recht auf Kompensation durch die Profiteure, die ohne das System ihre Einnahmen, die man umverteilen will, überhaupt nicht hätten.
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#264 Pogopuschel

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Geschrieben 18 März 2011 - 16:12

Edit: Post bezieht sich auch Simis und Diboos Diskussion, Lomax war schneller. Man sollte sich auch mal fragen, warum es immer mehr gibt, die besonders viel haben und immer mehr die besonders wenig haben (die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer). Ich habe ja nichts gegen Reiche allgemein, aber ein großteil des Vermögens der "oberen Zehntausend" wird systembedingt auf Kosten der ärmeren Teile der Gesellschaft erwirtschaftet. Damit meine ich jetzt nicht gut verdienende Mittelschichtler wie Dirk(vermute ich mal), die ihr Geld mit harter Arbeit und Kompetenz verdienen und sich schon tierisch über ihren "Adam" freuen, sondern die, die ihre Millionen damit verdienen, indem sie auf irgendwelche Krisen(z.B. Portugals bankrott) spekulieren. Ehrlich erworbenes Vermögen verurteile ich in keinster Weise, aber immer mehr Vermögen wird durch "unsaubere" Methoden angehäuft. Das hat nichts mit Neiddebatte und "Robin Hood" zu tun, sondern mit einem systemischen Missstand. In Amerika bricht gerade die Mittelschicht weg und findet sich plötzlich obdachlos in Zeltstätten wieder. Da zeigt sich, dass freier und (beinahe) unregulierter Kapitalismus nicht zum dauerhaften Wohlstand einer Gesellschaft führt, sondern nur zum Wohl einiger weniger. Nicht, dass man mich falsch versteht, ich kann nicht das geringste mit Kommunismus, Sozialismus oder sonstigen altbackenen politischen Ideologien aus dem letzten Jahrtausend anfangen, aber eine Gesellschaft ohne Solidarität und Mitgefühl mit den schwächeren Teilen der Gesellschaft, die das Motto "Gier ist gut" trägt, führt zwangsläufig zu einer dystopischen Zukunft, wie wir sie aus so vielen SF-Geschichten kennen.

Bearbeitet von Pogopuschel, 18 März 2011 - 16:13.


#265 leibowitz

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Geschrieben 18 März 2011 - 16:13

Letztlich, liebe Leute, läuft es auf eines heraus: Es gibt Leute, die haben wenig. Es gibt Leute, die haben mehr. Und wir wollen, dass die, die mehr haben, weniger haben, damit die, die weniger haben, mehr haben.

Das nennt man dann Diebstahl. Es gibt einen Euphemismus dafür, aber für den bin ich jetzt zu müde.

Keine weiteren Kommentare.



Nein, das nennt man soziale Marktwirtschaft und ist in unserer Verfassung verankert: Art 14 Gg (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

In anderen Demokratien ist das ebenso. Und wer diesen Punkt anders sieht, ist in meinen Augen kein Demokrat.
Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben. (P.K.Dick)

#266 Pogopuschel

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Geschrieben 18 März 2011 - 16:18

Nein, das nennt man soziale Marktwirtschaft und ist in unserer Verfassung verankert: Art 14 Gg (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

In anderen Demokratien ist das ebenso. Und wer diesen Punkt anders sieht, ist in meinen Augen kein Demokrat.


Dem stimme ich zögerlich zu. Wer meint, sich mit seinem Vermögen von der Gesellschaft ohne Verpflichtungen abschotten zu können, sollte bedenken, dass es diese gesellschaftlichen Bedingungen und Strukturen waren, die es ihm ermöglicht haben, das Vermögen zu erarbeiten. Es war eben nicht nur die eigenen harte Arbeit, die Cleverness oder Glück, sondern auch die Strukturen, die die Gesellschaft, der Staat ihm bereit gestellt haben. Dazu gehören das Wirtschaftssystem, ebenso wie zum Beispiel die Bildung die er in seiner Schulzeit und an der Uni erhalten hat.

#267 simifilm

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Geschrieben 18 März 2011 - 16:20

Edit: Post bezieht sich auch Simis und Diboos Diskussion, Lomax war schneller.

Man sollte sich auch mal fragen, warum es immer mehr gibt, die besonders viel haben und immer mehr die besonders wenig haben (die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer). Ich habe ja nichts gegen Reiche allgemein, aber ein großteil des Vermögens der "oberen Zehntausend" wird systembedingt auf Kosten der ärmeren Teile der Gesellschaft erwirtschaftet. Damit meine ich jetzt nicht gut verdienende Mittelschichtler wie Dirk(vermute ich mal), die ihr Geld mit harter Arbeit und Kompetenz verdienen und sich schon tierisch über ihren "Adam" freuen, sondern die, die ihre Millionen damit verdienen, indem sie auf irgendwelche Krisen(z.B. Portugals bankrott) spekulieren.


Ich bin noch nicht einmal sicher, dass tatsächlich mehr Geld durch unehrliche Arbeit verdient wird. Tatsache ist aber, dass der individuelle Verdienst in gewissen Branchen in keinem Verhältnis zu Leistung, Kompetenz oder Ausbildung steht. Was jemand verdient, hat nur sehr begrenzt mit dessen Fähigkeiten zu tun, sondern ist in hohem Masse branchenabhängig. Wer im Investment Banking tätig ist, muss weder besonders gescheit sein, noch besonders gut ausgebildet sein - er verdient auf jeden Fall mehr, als die meisten anderen je verdienen werden.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

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#268 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 18 März 2011 - 16:36

Wenn Du den Niedriglohnsektor killst, hast Du ganz andere Konsequenzen. Reden wir doch mal über die normale gesellschaftliche Teilhabe, die Dir so am Herzen liegt:

- Du musst den Kellern deutlich über dem Mindesteinkommen bezahlen, damit er sich weiter die Hacken wundrennt. Dein Käffchen im Café, Dein Essen zum Geburtstag, Deine Einladung zum SF-Stammtisch - das wird alles teurer.

- Du musst den Zimmermädchen und Raumpflegerinnen im Hotel deutlich mehr bezaheln. Der Hotelaufenthalt wird teurer. Dein Urlaub wird teurer. Du machst Urlaub im Ausland? Auch gut, gibt ja den Mindestlohn: machen wir die Hotels dicht, denn auch die ausländischen Gäste werden die Horrorpreise irgendwann nicht mehr zahlen wollen.

- Du willst saubere Parks und Gärten? Saubere Straßen? Du willst kompetente Pflegehelferinnen und -helfer? Dann wirst du den Leuten deutlich mehr als das Minimum zahlen müssen, denn nicht alle machen diese Arbeit freiwillig.

Ich könnte die Liste noch fortsetzen, mein Argument dürfte aber klar sein: Du wirst gerade bei den für die gesellschaftliche Teilhabe zentralen Dienstleistungen massive Preisschübe auslösen. Und jetzt: wie reagierst Du darauf mit Deinem Mindesteinkommen? Du erhöhst es. Denn wenn Du das nicht tust, wäre es ja kein Einkommen mehr, das zur gesellschaftlichen Teilhabe reicht. Aber wenn Du es erhöhst, musst Du die Löhne der oben Genannten erneut erhöhen, denn usw. usw. usw.


Was ich an dieser Argumentation nicht verstehe: Wenn die von Dir aufgeführten Dienstleistungen so zentral für gesellschaftliche Teilhabe* sind, warum sollen dann Gärtner, Zimmermädchen, "Toilettenmänner- und frauen" u.a. mit einem "Minimum" auskommen?
Ich wäre durchaus bereit, mehr für Pflege, Sauberkeit, Hol- und Bringdienste zu bezahlen, wenn ich schon nicht selbst in der Lage bin, meinen eigenen Dreck wegzumachen. Und hätte ein besseres feeling, als z.B. allerorts die m.E. menschenunwürdigen Bemühungen prekarisierten Reinigungspersonals anzusehen, wie es sich bei McDon ihren grottenschlechten Zeitarbeitslohn mit der Bitte nach Almosen (Schälchen auf dem Tisch!) aufstockt .

*Wie rappt Sammy Deluxe so schön:
"Man jeder Beruf hier ist wichtig, sonst würd†™ es ihn gar nicht geben,
Man muss sich für gar nichts schämen,
Vor allem nicht Leute, die pflegen,
Und die Müllabfuhr, Putzkräfte, so genannte Drecksjobs,
Brauch dieses Land genauso gut, wie Manager an sei†™m Laptop."

Bearbeitet von UdoTascher, 18 März 2011 - 17:08.


#269 UdoTascher

UdoTascher

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Geschrieben 18 März 2011 - 17:06

Da wird vielleicht deutlich, warum ich die Ansicht vertrete, dass eine Umlage des Einkommens der produzierenden Bevölkerung an Arbeitslose keinesfalls "Diebstahl" ist, sondern im Gegenteil ein ethisch zwangsläufiger Anspruch. Denn da dasselbe Wirtschaftssystem, dem die Arbeitnehmer ihr Einkommen verdanken, zwangsläufig Arbeitslose hervorbringt (die es ohne das System nicht geben würde), haben diese "Opfer" des Systems natürlich auch einen Recht auf Kompensation durch die Profiteure, die ohne das System ihre Einnahmen, die man umverteilen will, überhaupt nicht hätten.

Dies zeigt sich m.E. auch auf der Bildungsebene, wenn man etwa an das hochselektive deutsche Schulsystem denkt, das schon ab Klasse 4 Bildungsbiografien "vorentscheidet". Auch eine Art "Umverteilung"... von Lebenschancen.

Bearbeitet von UdoTascher, 18 März 2011 - 17:07.


#270 †  a3kHH

†  a3kHH

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Geschrieben 18 März 2011 - 17:17

So gerne ich Jakob Recht geben würde, finde ich es bezeichnend, mit wie wenig Sach- und Fachkenntnissen die Befürworter eines Grundeinkommens hier argumentieren. Und wie deutlich qualifizierter die Argumentation der "Gegner" ist. Aber die Realität hat bei Ideologien schon immer irgendwie gestört ...


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