leibowitz schrieb am 06.05.2011, 16:21:
Da stimme ich nicht mit überein. Die Verstrickungen der Wehrmacht in die Verbrechen des NS sind dermaßen lückenlos historisch nachgewiesen, dass die Verbreitung des Humbugs von der "sauberen" Wehrmacht nur noch mit ideologischer Verblendung erklärt werden kann.
Keine Frage. Offen bleibt jedoch, ob der Landser dies verbreitet, oder anders gefragt, wie "sauber" die Wehrmacht dort heute (!) dargestellt wird. Wird lediglich darauf verzichtet, Verbrechen der Wehrmacht explizit darzustellen, oder werden bei nachweisliche Verbrechen schöngeredet oder gar verneint, dass sie passierten?
Wenn ich das richtig sehe, behandelte der Landser konkrete militärhistorische Situationen, teils aus fiktiven oder (semi-) biographischen persönlichen Blickwinkeln erzählt udn mit dem Ziel, die Wehrmacht zu rehabilitieren. Wie hier inzwischen erklärt wurde, gab es damals durchaus Bemühungen - und daher mutmaßlich auch gute Gründe - für Indizierungen. Die Frage wäre, ob die heute aufgelegten Landser-Hefte rational Grund zu Beanstandung aufgrund ideologischer Tendenzen bieten, oder ob da eher eine vormals wohlbegründete Antipathie weiter gepflegt bzw. persönliche Abneigungen gegen Militär-Gedöns per se kultiviert werden, während die Reihe sich womöglich inzwischen auf ideologisch unverfänglichen, wenn auch womöglich nach wie vor nicht geschmackssicheren Pfaden bewegt.
Ich erinnere an den Ausgangspunkt der Debatte: Darf man Autoren vorwerfen, für einen Verlag zu schreiben, der nationalsozialistisch verbrämt ist, während man selbst für einen tätig wird, der in dieser Hinsicht nicht lupenrein dasteht. Und das will erst einmal belegt sein. Zu sagen, da wird "Der Landser" verlegt und der war damals ganz schlimm, wie ich gehört/gelesen habe, reicht einfach nicht.
Die Rattenschwanz-Diskussion, wie man sich als Bürger dieses Landes fühlen darf/muss/kann, haben wir ja schon. Und da hier die Verstrickungen erwähnt werden, sollte man nicht ausklammern, dass auch die Verstrickungen der Wirtschaft, der Polizei, der Kulturschaffenden etc. p.p. in die Machenschaften der Nationalsozialisten hinreichend belegt sind, aber sich deshalb beispielsweise heute auch niemand schlecht fühlen soll, Produkte von Firmen zu kaufen, die damals die Kriegsmaschinerie fertigten und am Laufen hielten und sogar das Gas für die Vernichtungslager lieferten. Aber die Frage, ob der Vater/Großvater/Urgroßvater, der in der Wehrmacht diente, ein Verbrecher war, die muss man sich stets stellen und die muss auch in jeder Publikation - und sei es ein flaches Abenteuerheftchen - thematisiert werden? Für diese Art der Relativierung habe ich kein Verständnis.
Ich habe hingegen genug Abstraktionsvermögen, mir Krieg als Abenteuer vorstellen zu können, auch wenn ich ihn nicht so sehe. Nichts anders machen unzählige Filme, Serien, Romane und Computerspiele. Die Mühe, das jeweils auf Recht und Unrecht abzuklopfen, macht sich kaum jemand - außer natürlich, es hat etwas mit dem Nationalsozialismus zu tun und erhebt auch nur ansatzweise den Anspruch, historisch zu sein.
Letztens lief doch wieder so ein Streifen über den letzten Irakkrieg, und da wurden doch tatsächlich weder die Massenvernichtungswaffen-Lüge noch Abu Ghuraib thematisiert. So eine Sauerei.