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Das Verhältnis von Utopie, SF und Alternate History


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316 Antworten in diesem Thema

#91 Ming der Grausame

Ming der Grausame

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Geschrieben 17 August 2011 - 13:35

Inwieweit ist das eine Dystopie?

Du kennst ja meine etwas andere Dystopie-Definition. Sie steht BTW in der Tradition von Negley und Patrick, die in ihrer Anthologie „The Quest for Utopia† in Bezug auf Joseph Halls 1605 erschienenes Werk feststellten: “The Mundus Alter et Idem is utopia in the sense of nowhere; but it is the opposite of eutopia, the ideal society: it is a dystopia, if it is permissible to coin a word.† Dystopie meint hier also ein literarisches Werk, das dem Genre der Utopie zwar zuzurechnen ist, aber eben einen durch und durch negative Entwicklung aufzeichnet. Und Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818 ist eben eine Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, die sich zum Negativen entwickelt hat. Vergleichbare Ansätze kann man übrigens auch bei E. T. A. Hoffmann feststellen. Fakt ist jedoch, dass Dystopie ein uneheliches Kind der industriellen Revolution ist, welche den technologischen Fortschritt und ihre Tendenzen diskreditierte. Es bezeugt eben die Grenze des Fortschrittsoptimismus der industriellen Revolution.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 17 August 2011 - 13:36.

„Weisen Sie Mittelmäßigkeit wie eine Seuche zurück, verbannen Sie sie aus ihrem Leben.“

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#92 Ming der Grausame

Ming der Grausame

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Geschrieben 17 August 2011 - 13:46

wird aber kein Gesellschaftssystem beschrieben.

Eine Dystopie muss kein Gesellschaftssystem beschreiben, um eine Dystopie zu sein. Es genügt vollkommen, dass eine soziologische Gesellschaft sich zum Negativen entwickelt - dahinter muss kein System sein. Eine durch unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und abgegrenzte Anzahl von Personen, die als soziale Akteure miteinander verknüpft leben und direkt oder indirekt interagieren genügt vollkommen.
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#93 simifilm

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Geschrieben 17 August 2011 - 14:41

Du kennst ja meine etwas andere Dystopie-Definition. Sie steht BTW in der Tradition von Negley und Patrick, die in ihrer Anthologie „The Quest for Utopia† in Bezug auf Joseph Halls 1605 erschienenes Werk feststellten: “The Mundus Alter et Idem is utopia in the sense of nowhere; but it is the opposite of eutopia, the ideal society: it is a dystopia, if it is permissible to coin a word.† Dystopie meint hier also ein literarisches Werk, das dem Genre der Utopie zwar zuzurechnen ist, aber eben einen durch und durch negative Entwicklung aufzeichnet. Und Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818 ist eben eine Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, die sich zum Negativen entwickelt hat.


Weder sehe ich in Frankenstein eine fiktive Gesellschaft, noch eine Entwicklung einer Gesellschaft zum Negativen. Die Gesellschaft ist in Frankenstein allenfalls ein Thema in der Ablehnung, die die Kreatur erfährt, aber das sind eigentlich mehr Individuen als eine Gesellschaft. Und eine Entwicklung zum Negativen sehe ich schon gar nicht. Frankensteinals Beschreibung einer "fiktiven Gesellschaft" zu bezeichnen, halte ich für ziemlich abenteuerlich. Wenn das in Deinen Augen die Beschreibung einer fiktiven Gesellschaft ist, frage ich mich, welcher Roman denn keine fiktive Gesellschaft beschreibt.

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#94 simifilm

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Geschrieben 17 August 2011 - 14:57

Eine Dystopie muss kein Gesellschaftssystem beschreiben, um eine Dystopie zu sein. Es genügt vollkommen, dass eine soziologische Gesellschaft sich zum Negativen entwickelt - dahinter muss kein System sein. Eine durch unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und abgegrenzte Anzahl von Personen, die als soziale Akteure miteinander verknüpft leben und direkt oder indirekt interagieren genügt vollkommen.


Also auf gut Deutsch: Wenn Figuren miteinander in Aktion treten, ist es eine Dystopie?

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#95 Konrad

Konrad

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Geschrieben 17 August 2011 - 15:19

Eine Dystopie muss kein Gesellschaftssystem beschreiben, um eine Dystopie zu sein. Es genügt vollkommen, dass eine soziologische Gesellschaft sich zum Negativen entwickelt - dahinter muss kein System sein. Eine durch unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und abgegrenzte Anzahl von Personen, die als soziale Akteure miteinander verknüpft leben und direkt oder indirekt interagieren genügt vollkommen.

Ich habe auch, wie simi, den Eindruck, daß hier der Unterschied zwischen einem Roman mit dystopischen Elementen und einer Dystopie verwischt wird.
Sicher kann man sich über den Begriff "Gesellschaftssystem"streiten.
Ich bin auch vorsichtig, wenn man die Dystopie auf einen Staatsroman einengen will.
Für mich macht aber eine Dystopie aus, daß eine "überindividuelle Ordnung", die man benennen kann und der die agierenden Individuen ausgeliefert sind, das Hauptthema des Romans ist.
Ob diese "Ordnung" von einem Staatssystem oder anderen Kräften gebildet wird, spielt für mich keine Rolle.
Entscheidend ist, daß die Ordnung sich im Konflikt mit den natürlichen Bedürfnissen des Individuums befindet, und der Roman sich damit auseinandersetzt.

Die phantastische Reise ist sogar noch weit älter.

Man kann gar nicht so schnell googeln, wie utopische Romane ausgebuddelt werden. :)
Kürzlich habe ich gelesen, daß man den frühesten utopischen Roman auf das 2.Jahrhundert vor Chr. datiert ("Die Reise zu den Sonneninseln" von Jambulos).
Leider kommt man als Normalsterblicher an solche Dinger nicht heran.

Bearbeitet von Konrad, 17 August 2011 - 17:49.


#96 Ming der Grausame

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Geschrieben 17 August 2011 - 18:55

Weder sehe ich in Frankenstein eine fiktive Gesellschaft, noch eine Entwicklung einer Gesellschaft zum Negativen. Die Gesellschaft ist in Frankenstein allenfalls ein Thema in der Ablehnung, die die Kreatur erfährt, aber das sind eigentlich mehr Individuen als eine Gesellschaft.

Die Gesamtheit der Verhältnisse zwischen den Menschen, also eine genau definierte Gruppierung von Personen, die räumlich vereint oder vorübergehend auf einem Raum vereint leben, nennt man in der Soziologie gemeinhin Gesellschaft. Gesellschaft ist im Sinne der Systemtheorie, laut Luhmann, schlicht alles, was durch Kommunikation füreinander erreichbar ist. Frankenstein erfährt bekanntlich eine allgemeine Ablehnung der Menschen in ihm gegenüber, welche sogar in regelrechte Jagdexpeditionen bis in die weiten Eiswüsten der Arktis gipfeln - zweifellos eine sozial geprägte Entwicklung zum Negativen. Man kann also durchaus Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818 als eine literarische Dystopie betrachten. Quod erat dromedarum. :)
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#97 Ming der Grausame

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Geschrieben 17 August 2011 - 19:02

Also auf gut Deutsch: Wenn Figuren miteinander in Aktion treten, ist es eine Dystopie?

Nein. Es bedeutet lediglich: Wenn Figuren miteinander in Aktion treten, ist es eine Gesellschaft. Wenn sich diese Gesellschaft zum Negativen entwickelt, ist es im gesellschaftstheoretischen Kontext eine Dystopie. Eigentlich ganz simpel, oder?
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#98 Ming der Grausame

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Geschrieben 17 August 2011 - 19:21

Für mich macht aber eine Dystopie aus, daß eine "überindividuelle Ordnung", die man benennen kann und der die agierenden Individuen ausgeliefert sind, das Hauptthema des Romans ist.

Worum geht es IYO in erste Linie bei der Mad-Max-Filmtrilogie von 1979 bis 1985? IMHO um das postapokalyptisch Australien in naher Zukunft. Und da nun einmal die Postapokalypse ein dystopisches Subgenre der Science-Fiction ist, kann ich daher mit Fug und Recht behaupten, dass die Mad-Max-Reihe dystopische Filme sind. Es hängt also nur vom Fokus ab, denn selbstverständlich kann man genauso gut darauf beharren, dass es sich dabei lediglich um Actionfilme handelt. Do you know what I mean?

Bearbeitet von Ming der Grausame, 17 August 2011 - 19:25.

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#99 simifilm

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Geschrieben 17 August 2011 - 21:10

Die Gesamtheit der Verhältnisse zwischen den Menschen, also eine genau definierte Gruppierung von Personen, die räumlich vereint oder vorübergehend auf einem Raum vereint leben, nennt man in der Soziologie gemeinhin Gesellschaft. Gesellschaft ist im Sinne der Systemtheorie, laut Luhmann, schlicht alles, was durch Kommunikation füreinander erreichbar ist. Frankenstein erfährt bekanntlich eine allgemeine Ablehnung der Menschen in ihm gegenüber, welche sogar in regelrechte Jagdexpeditionen bis in die weiten Eiswüsten der Arktis gipfeln - zweifellos eine sozial geprägte Entwicklung zum Negativen. Man kann also durchaus Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818 als eine literarische Dystopie betrachten. Quod erat dromedarum.


Dann tu das. Allzu viel Zustimmung wirst Du mit diesem Ansatz nicht finden.

Gemäss dieser Definition beschreibt so ziemlich jede Form von Fiktion, bei der Menschen miteinander agieren, eine Gesellschaft. Mit anderen Worten: Solange es kein reines Einpersonenstück ist, wird eine Gesellschaft beschrieben. Bereits das halte ich für eine wenig sinnvolle Definition.

Des Weiteren beschreibt Frankenstein keine fiktive Gesellschaft; im Gegensatz zu einer typischen Utopie/Dystopie beschreibt es nicht eine unbekannte Welt auf einer Insel, in der Zukunft o.ä, sondern einer Welt, die - mit Ausnahme des SF-Novums - der Gegenwart von Shelley entspricht. Es ist also nicht die Darstellung einer fiktiven Welt, sondern die fiktionale Darstellung der realen Welt (was ein grundlegender Unterschied ist).

Schliesslich unternimmt in Frankenstein nur einer eine Jagdexpedition und das ist Frankenstein selbst, der das Monster jagt. Wenn das Ausdruck einer negativen sozialen Entwicklung ist, dann ist jede Erzählung, in der Gewalt vorkommt, Ausdruck einer negativen sozialen Entwicklung.

Nein. Es bedeutet lediglich: Wenn Figuren miteinander in Aktion treten, ist es eine Gesellschaft. Wenn sich diese Gesellschaft zum Negativen entwickelt, ist es im gesellschaftstheoretischen Kontext eine Dystopie. Eigentlich ganz simpel, oder?


Ganz simpel, aber ziemlich unbrauchbar. Gemäss dieser Definition wären zB. Madame Bovary, L'Éducation sentimentale und Die Buddenbrooks alles Dystopien; in diesen Romanen werden tatsächlich Gesellschaften negativ beschrieben. Aber als Dystopien hat sie meines Wissens noch niemand bezeichnet. Aber da für Dich ja so ziemlich jede Form von Fiktion auch Beschreibung einer Gesellschaft ist, kann man ruhig noch weitergehen, denn dann wird so ziemlich jede Erzählung, in der jemand etwas Negatives macht, zur Dystopie.

Bearbeitet von simifilm, 18 August 2011 - 02:06.

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#100 Konrad

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Geschrieben 18 August 2011 - 00:07

Worum geht es IYO in erste Linie bei der Mad-Max-Filmtrilogie von 1979 bis 1985? IMHO um das postapokalyptisch Australien in naher Zukunft. Und da nun einmal die Postapokalypse ein dystopisches Subgenre der Science-Fiction ist, kann ich daher mit Fug und Recht behaupten, dass die Mad-Max-Reihe dystopische Filme sind. Es hängt also nur vom Fokus ab, denn selbstverständlich kann man genauso gut darauf beharren, dass es sich dabei lediglich um Actionfilme handelt. Do you know what I mean?

Zu Mad-Max kann ich nichts sagen, da ich die Filme niemals gesehen habe.
Zur Bewertung, ob ein dystopischer Actionfilm nun eher eine Dystopie oder nur ein Actionfilm ist, würde ich noch einen anderen Aspekt zu Rate ziehen.
Alle Autoren von Utopien oder Dystopien wollen letztlich eine politische Wirkung/Einsicht erzielen.
Wenn ich eine solche Wirkung verspüre, dann war es eine Dystopie.
Ganz einfach, nicht? :)

#101 RobRandall

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Geschrieben 18 August 2011 - 05:45

Ich habe Frankenstein (noch) nicht gelesen - ist es aber nicht so, dass ein dystopischer Roman eine Gesellschaft enhalten sollte, die so nicht existiert? [a non-existent society described in considerable detail [Sargent]]. Ansonsten wäre ja beinahe jeder Roman dystopisch - und was hat man dann noch von dem Begriff Dstopie?

#102 simifilm

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Geschrieben 18 August 2011 - 06:31

Ich habe Frankenstein (noch) nicht gelesen - ist es aber nicht so, dass ein dystopischer Roman eine Gesellschaft enhalten sollte, die so nicht existiert? [a non-existent society described in considerable detail [Sargent]]. Ansonsten wäre ja beinahe jeder Roman dystopisch - und was hat man dann noch von dem Begriff Dstopie?


Meine Rede.

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#103 simifilm

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Geschrieben 18 August 2011 - 06:38

Du kennst ja meine etwas andere Dystopie-Definition. Sie steht BTW in der Tradition von Negley und Patrick, die in ihrer Anthologie „The Quest for Utopia† in Bezug auf Joseph Halls 1605 erschienenes Werk feststellten: “The Mundus Alter et Idem is utopia in the sense of nowhere; but it is the opposite of eutopia, the ideal society: it is a dystopia, if it is permissible to coin a word.† Dystopie meint hier also ein literarisches Werk, das dem Genre der Utopie zwar zuzurechnen ist, aber eben einen durch und durch negative Entwicklung aufzeichnet. Und Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818 ist eben eine Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, die sich zum Negativen entwickelt hat. Vergleichbare Ansätze kann man übrigens auch bei E. T. A. Hoffmann feststellen. Fakt ist jedoch, dass Dystopie ein uneheliches Kind der industriellen Revolution ist, welche den technologischen Fortschritt und ihre Tendenzen diskreditierte. Es bezeugt eben die Grenze des Fortschrittsoptimismus der industriellen Revolution.


Nur noch kurz hierzu: In der zitierten Passage wird lediglich gesagt, dass die Dystopie das negative Gegenstück zur (positiven) Utopie ist. Das ist soweit ja unbestritten. Ich sehe nicht, wie man von hier aus zu Deiner Definition gelangen soll, wenn man von einem halbwegs gängigen Verständnis von Utopie ausgeht. Wie RobRandall ja ebenfalls schreibt: Im Kern steht der Beschrieb eine nicht existenten Gesellschaft(sorganisation). Wenn das wegfällt, brauchen wir den Utopiebegriff nicht mehr.

Bearbeitet von simifilm, 18 August 2011 - 07:11.

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#104 Konrad

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Geschrieben 18 August 2011 - 07:43

Die Gesamtheit der Verhältnisse zwischen den Menschen, also eine genau definierte Gruppierung von Personen, die räumlich vereint oder vorübergehend auf einem Raum vereint leben, nennt man in der Soziologie gemeinhin Gesellschaft. Gesellschaft ist im Sinne der Systemtheorie, laut Luhmann, schlicht alles, was durch Kommunikation füreinander erreichbar ist.

Das Entscheidende für eine Gesellschaft als Ordnung ist aber nicht die Kommunikation per se, sondern daß es sich um eine geregelte Kommunikation handelt.
Und diese Regeln prägen die Form.

Bearbeitet von Konrad, 19 August 2011 - 07:19.


#105 Beverly

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Geschrieben 18 August 2011 - 08:10

ZITAT(simifilm @ 01.08.2011, 16:14)
- Negative Utopien wiederum, sogenannte Dystopien, tauchen erst im 20. Jahrhundert auf. Als erste Dystopie gilt im allgemeinen Wir von Jewgeni Samjatin (1920). Dystopien sind fast alle SF; spontan fällt mir zumindest keine Dystopie ein, die nicht SF wäre. Die Idee des übermächtigen Staats, der alles kontrolliert, wird dann schnell zu einem SF-Topos, so dass man sagen kann, dass zumindest Dystopie und SF ab Mitte des 20. Jahrhunderts ganz verschmelzen.

Ich weiß natürlich nicht, wie die Literaturwissenschaft darüber denkt, aber für mich können Satiren oder Komödien, die bestimmte Ausprägungen eines realen Staatssystems übertreiben auch eine Dystopie darstellen.
Als Beispiel dafür würde ich Zuckmayers "Hauptmann von Köpenick" nennen.


Mir fallen ganz spontan "Gullivers Reisen" bzw. "Laputa" von Swift ein. Sie lassen sich als Dystopien verstehen, die gegen die Gesellschaft seiner Zeit gerichtet waren. Die war eine Mischung aus zu Ende gehender Adelsherrschaft und beginnendem Kapitalismus, dessen Diskurse Swift mit seinem "bescheidenem Vorschlag", die Kinder der Unterschicht als Schlachtvieh zu züchten, drastisch karikierte.

Im 20. Jahrhundert richteten sich Dystopien per se nicht gegen einen übermächtigen Staat, sondern gegen das Gesellschaftssystem, das ihr Verfasser damit bloßstellen wollte. Samjatin, Karin Boye (Kallocain) und Orwell waren von der Entwicklung in der Sowjetunion enttäuscht und verarbeiteten sie in ihren Dystopien.

H. G. Wells hat mit "Die Zeitmaschine" eine auf die britische Klassengesellschaft gemünzte Dystopie geschrieben - die vertierten Morlocks sind die Nachkommen der Unterschicht und die verdummten Eloi die Nachfahren der Oberschicht. "Schöne neue Welt" von Adlous Huxley ist auf die USA "nach Ford" gemünzt und John Brunner hat sich in mehreren Werken an der postmodern-globalisierten Welt abgearbeitet, die er voraussah.
Den Faden "Dystopie als übermächtigen Staat" hat widerum Herbert W. Franke in seinen Romanen aufgenommen.

Nachtrag: Dystopien müssen nicht notwendigerweise auf der Erde spielen. In vielen Space Operas kommen recht starke dystopische Elemente vor, die zeigen, dass die Menschen (oder Nichtmenschen) die Freihet, die sie durch den Aufbruch in den Weltraum gewonnen haben, auch wieder verspielen können. Mit interstellarer Raumfahrt sind Provinztyrannen, wie sie unsere Welt terrorisieren, allerdings kein extremes Problem mehr - schlimmstenfalls steigt man ins Raumschiff und flüchtet vor ihnen auf eine Welt, wo es sich besser leben lässt.
So scheint die Welt im Universum von Barrayar bei Lois McMaster Bujold zu funktionieren. Einige Herrschaftssysteme - einschließlich Barrayar selbst - sind zwar eher finster, aber lokal begrenzt. Die Möglichkeit, vor ihnen zu flüchten und die Konkurrenz zwischen ihnen setzt Prozesse in Gang, die zu einer Verbesserung der Zustände führen.

Was ist aber, wenn es im Kosmos keine besseren Welten bzw. Systemalternativen mehr gibt?

Folgerichtig haben viele im Weltraum angesiedelte Dystopien dem Wahn vom kosmischen Imperium gemeinsam, das die Milchstraße oder sogar mehrere Galaxien erobert, so dass seine Untertanen nicht vor ihm flüchten könnnen. Das "Imperium" bei Simon R. Greens Todtsteltzer-Zyklus resp. sein Gegenstück im DUNE-Universum von Frank Herbert und das "Hetos der Sieben" bei Perry Rhodan sind solche Dystopien.

Bearbeitet von Beverly, 18 August 2011 - 08:41.


#106 Beverly

Beverly

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Geschrieben 18 August 2011 - 08:28

Zur Fragestellung des Stranges fällt mir ganz spontan folgendes ein: Die beste Definition von "Science Fiction" habe ich vor Urzeiten im Vorwort zu einem Erzählband gelesen: Science Fiction stellt die Frage "was wäre, wenn ...?" und gibt die Antwort auf diese Frage in einer Geschichte, die in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft spielt. Damit sind unter "Alternative History" die Geschichten angesiedelt, bei denen die Frage gestellt wird, "was wäre, wenn die uns bekannte Geschichte anders verlaufen wäre?" (Positive) "Utopie" bedeutet für mich: man denkt sich eine Welt aus, ohne an die übermächtigen und erdrückenden Zwänge der Gegenwart oder auch der Geschichte gebunden zu sein. Da kann eine Utopie auch in einer "Alternative History" angesiedelt sein, die zu einem "besseren" / freien Verlauf der Geschichte und einer besseren Gegenwart führt. Meistens sind Utopien aber in einer Zukunft angesiedelt, in der Zwänge vergangener und gegenwärtiger Systeme nicht mehr existieren. Wie nun das Leben in einer positiven Utopie aussieht, kann man meines Erachtens nicht exakt und detailliert definieren, weil es durch so eine Festlegung keine positive Utopie mehr wäre, sondern ebenso ein Zwangssystem wie die Gesellschaften in Vergangenheit und Gegenwart. Daran sind IMHO sowohl traditionelle utopische Entwürfe in der Literatur (Thomas Morus Utopia, Campanellas Sonnenstaat ...) als auch in der Politik (Sozialismus) gescheitert. In den Utopien mögen Gedanken und Konzepte sein, die besser sind als der menschenverachtende Sozialdarwinismus unserer Tage, aber die detaillierte Festlegung macht sie letztendlich zum Graus. Mir ist z. B. klar geworden, dass ich nicht im System der Odoniten von "Planet der Habenichtse" leben möchte, weil da bei mehr als 12 Grad die Heizung abgeschaltet wird. Dass zumindest für mich zu positiven Utopien auch die Erschließung des Weltraums gehört, liegt daran, dass dort jene Räume und Ressourcen sind, die Menschen brauchen, um sich frei und ohne Zwang zu entfalten.

#107 Puh

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    Giganaut

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Geschrieben 18 August 2011 - 08:56

Die Gesamtheit der Verhältnisse zwischen den Menschen, also eine genau definierte Gruppierung von Personen, die räumlich vereint oder vorübergehend auf einem Raum vereint leben, nennt man in der Soziologie gemeinhin Gesellschaft

Autsch! Ich merke schon, ich hätte hier wirklich nicht weiter lesen sollen. Ich liefere einmal die klassische deutsche Definition: "Die Theorie der Gesellschaft konstruiert einen Kreis von Menschen, welche, wie in Gemeinschaft, auf friedliche Art nebeneinander leben, aber nicht wesentlich verbunden sind, sondern wesentlich getrennt sind, und während dort verbunden bleibend trotz aller Trennungen, hier getrennt bleiben, trotz aller Verbundenheiten." Ferdinand Tönnies (1979): Gemeinschaft und Gesellschaft, Darmstadt, 8.Auflage; Seite: 34 Passt irgendwie nicht so ganz. :(
Das Lexikon zur Soziologie bezeichnet als Gesellschaft hingegen das jeweils umfassendste System des menschlichen Zusammenlebens, welche, möchte ich dann noch hinzufügen, die jeweils zugrunde liegende Theorie dann noch so zulässt. Da gibt es immense Unterschiede. Im weitesten Sinne ist das dann das Universum samt Gott und Untergötter und Teufel usw. usf. Genau definiert, ist da nichts.

Gesellschaft ist im Sinne der Systemtheorie, laut Luhmann, schlicht alles, was durch Kommunikation füreinander erreichbar ist.

Nein! Ein ganz entschiedenes nein. Die menschliche Gesellschaft ist wie jedes andere komplexe System auch selbstreferentiell und selbsproduktiv. Diese Selbstreferentiallität und Selbstproduktivität erfolgt allerdings über Kommunikation. Das ist ein wenig was anderes. Diese Kommunikation wieder folgt binären Codierungen, die für das jeweilige Subsystem bestimmend sind: Geld oder kein Geld; Macht oder keine Macht. Auf die Art und Weise war es Luhmann möglich, zwischen System und Umwelt und diversen Subsystemen zu unterscheiden; es ist ihm allerdings nie gelungen, das Problem der diversen Grenzübertritte in seine Theorie einzubinden. Dafür hätte er dann wohl doch von der Kommunikation auf die psychischen Systeme umschalten müssen.

#108 Puh

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Geschrieben 18 August 2011 - 09:01

Das Entscheidende für eine Gesellschaft als Ordnung ist aber nicht die Kommunikation per se, sondern daß es sich um eine geregelteKommunikation handelt.
Und diese Regeln prägen die Form.

Nein. Menschliche Kommunikation schafft Ordnung. Immer. Diese Ordnung bewegt sich dann eventuell im Rahmen der weiteren Vorgaben - oder aber sie macht es eben nicht. In der Realität, bei Projekten z.B., findest Du eben sowohl Gruppen, die sich an die Vorgaben des Auftraggebers halten, wie eben auch Gruppen, die ihr eigenes Ding durchziehen und dann auf einen völlig verwirrten Auftraggeber stoßen. :(

#109 Konrad

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Geschrieben 18 August 2011 - 09:12

Nein. Menschliche Kommunikation schafft Ordnung. Immer.

Du hast keine Kinder, gell? :(

PS:
Natürlich meinte ich eine zielgerichtete Ordnung, sonst hätte ich von Negentropie gesprochen. <_<

Bearbeitet von Konrad, 18 August 2011 - 10:39.


#110 Puh

Puh

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Geschrieben 18 August 2011 - 15:47

Du hast keine Kinder, gell? :(

PS:
Natürlich meinte ich eine zielgerichtete Ordnung, sonst hätte ich von Negentropie gesprochen. <_<

Doch. Sind aber selber dabei, erwachsen zu werden; und das mit den Zielen ist ein ziemliches Problem für sich.

Bearbeitet von Puh, 18 August 2011 - 15:47.


#111 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 20:18

Gemäss dieser Definition beschreibt so ziemlich jede Form von Fiktion, bei der Menschen miteinander agieren, eine Gesellschaft. Mit anderen Worten: Solange es kein reines Einpersonenstück ist, wird eine Gesellschaft beschrieben. Bereits das halte ich für eine wenig sinnvolle Definition.

Der Begriff Gesellschaft bezeichnet eben sowohl die Menschheit als Ganzes als auch bestimmte Gruppen von Menschen, beispielsweise ein Volk, oder einen strukturierten, räumlich abgegrenzten Zusammenhang zwischen Menschen oder für ein durch die Dichte und Multiplexität sozialer Interaktionen abgegrenzten Cluster im Netzwerk der Menschheit. Daran kann ich nun einmal nichts ändern. Und der schnöde Umstand, dass eine Gesellschaft negativ beschrieben wird, macht daraus keine Dystopie. Eine Dystopie ist nämlich immer eine utopisch verkleidete Utopiekritik und weder Madame Bovary oder Die Buddenbrooks haben irgendwas Utopisches an sich.
„Weisen Sie Mittelmäßigkeit wie eine Seuche zurück, verbannen Sie sie aus ihrem Leben.“

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#112 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 20:26

Alle Autoren von Utopien oder Dystopien wollen letztlich eine politische Wirkung/Einsicht erzielen.

Ich bezweifle, ob wirklich alle Autoren so was wirklich wollen. Ich würde die Dystopie auch nicht als in narrativ-erzählerischer Weise vorgebrachte politische Kritik auffassen. Eine Dystopie ist schlicht eine utopisch verkleidete Utopiekritik und sonst eigentlich nichts.
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#113 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 20:34

Ich habe Frankenstein (noch) nicht gelesen - ist es aber nicht so, dass ein dystopischer Roman eine Gesellschaft enhalten sollte, die so nicht existiert?

Ach, willst du damit etwa andeuten, dass Viktor Frankenstein, Frankensteins Monster, Robert Walton, Elisabeth Lavenza, Alphonse Frankenstein, Wilhelm Frankenstein, Justine Moritz, Henri Clerval und Ernest Frankenstein tatsächlich existiert haben?
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#114 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 20:49

Das Entscheidende für eine Gesellschaft als Ordnung ist aber nicht die Kommunikation per se, sondern daß es sich um eine geregelteKommunikation handelt.

Nein. Kommunikation ist immer eine soziale Interaktion, die funktional nicht geregelt werden kann, weil die Komplexität und die allgemeinen Bedingungen zwischenmenschlicher Kommunikation dies bereits nicht zulassen. Selbst die polymorphe Macht eines idealen Gefangenenlagers kann die menschliche Kommunikation nicht wirklich regeln.
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#115 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 21:04

Ich liefere einmal die klassische deutsche Definition: "Die Theorie der Gesellschaft konstruiert einen Kreis von Menschen, welche, wie in Gemeinschaft, auf friedliche Art nebeneinander leben, aber nicht wesentlich verbunden sind, sondern wesentlich getrennt sind, und während dort verbunden bleibend trotz aller Trennungen, hier getrennt bleiben, trotz aller Verbundenheiten." Ferdinand Tönnies (1979): Gemeinschaft und Gesellschaft, Darmstadt, 8.Auflage; Seite: 34 Passt irgendwie nicht so ganz. :)

Weil für Tönnies eine Gesellschaft eben immer eine besondere Form gegenseitiger gewollter Bejahung von Menschen ist, die sich dieser Form als eines Mittels zur Erreichung ihrer individuellen Ziele bedienen. Und darin unterscheidet es sich z.B. von Marx, worauf ich mich ja ganz explizit bezogen habe, dass Gesellschaft eben immer nur als geschichtlichen Entwicklungsstand der ökonomischen Verhältnisse analysiert.
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#116 Konrad

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Geschrieben 18 August 2011 - 22:19

Nein. Kommunikation ist immer eine soziale Interaktion, die funktional nicht geregelt werden kann, weil die Komplexität und die allgemeinen Bedingungen zwischenmenschlicher Kommunikation dies bereits nicht zulassen. Selbst die polymorphe Macht eines idealen Gefangenenlagers kann die menschliche Kommunikation nicht wirklich regeln.

Ach so, ja dann...
Was für ein Jammer, Jahrtausende menschlicher Kulturgeschichte völlig umsonst.
Tradition, Sprache, Schrift, Musik, Kodizes, Gesetze, Verträge, Prozeduren, Forenregeln...sinnloser Tand...
Von welchem Planeten kommst du denn? :)

Bearbeitet von Konrad, 19 August 2011 - 07:16.


#117 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 22:43

Nein. Kommunikation ist immer eine soziale Interaktion, die funktional nicht geregelt werden kann, weil die Komplexität und die allgemeinen Bedingungen zwischenmenschlicher Kommunikation dies bereits nicht zulassen. Selbst die polymorphe Macht eines idealen Gefangenenlagers kann die menschliche Kommunikation nicht wirklich regeln.

Ach so, ja dann...
Was für ein Jammer, Jahrtausende menschlicher Kulturgeschichte völlig umsonst.
Tradition, Sprache, Schrift, Musik, Kodici, Gesetze, Verträge, Prozeduren, Forenregeln...sinnloser Tand...
Von welchem Planeten kommst du denn? :)

Zensur und Repression existiert selbstverständlich, aber inwieweit kann all dies die menschliche Kommunikation regeln? Natürlich ist Kommunikation nur möglich, wenn man über einen gemeinsamen Zeichenvorrat verfügt, aber das ist IMHO so trivial, dass man es eigentlich nicht noch ausdrücklich betonen muss. Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren. Kommunikation zwischen Menschen findet auf verschiedenen Ebenen immer statt und von Außen lässt sich dies weder regeln noch wirklich unterbinden.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 18 August 2011 - 22:51.

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#118 Konrad

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Geschrieben 18 August 2011 - 22:56

Ach so, ja dann...
Was für ein Jammer, Jahrtausende menschlicher Kulturgeschichte völlig umsonst.
Tradition, Sprache, Schrift, Musik, Kodici, Gesetze, Verträge, Prozeduren, Forenregeln...sinnloser Tand...
Von welchem Planeten kommst du denn? :rolleyes:Zensur und Repression existiert selbstverständlich, aber inwieweit kann all dies die menschliche Kommunikation regeln? Natürlich ist Kommunikation nur möglich, wenn man über einen gemeinsamen Zeichenvorrat verfügt, aber das ist IMHO so trivial, dass man es eigentlich nicht noch ausdrücklich betonen muss. Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren. Kommunikation zwischen Menschen findet auf verschiedenen Ebenen immer statt und von Außen lässt sich dies weder regeln noch wirklich unterbinden.

Wie wär's denn z.B. mit Vertrauensbildung, Berechenbarkeit, Selbstverpflichtung...

#119 Ming der Grausame

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Geschrieben 18 August 2011 - 23:27

Zensur und Repression existiert selbstverständlich, aber inwieweit kann all dies die menschliche Kommunikation regeln? Natürlich ist Kommunikation nur möglich, wenn man über einen gemeinsamen Zeichenvorrat verfügt, aber das ist IMHO so trivial, dass man es eigentlich nicht noch ausdrücklich betonen muss. Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren. Kommunikation zwischen Menschen findet auf verschiedenen Ebenen immer statt und von Außen lässt sich dies weder regeln noch wirklich unterbinden.

Wie wär's denn z.B. mit Vertrauensbildung, Berechenbarkeit, Selbstverpflichtung...

Probleme der Kommunikation auf der Ebene der Verständigung (das Herstellen von Kompatibilität, das Aufheben von Missverständnissen usw.) sind aber bestenfalls nur Hindernisse, sie reglen die Kommunikation jedoch nicht, vielmehr stellen sie das Kommunikationsziel dar. Sie sind sozusagen reine Probleme des Überbaus, tangieren die Basis der Kommunikation jedoch nicht. Ansonsten sind wir jetzt ziemlich Off-Topic.
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#120 Konrad

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Geschrieben 18 August 2011 - 23:37

Probleme der Kommunikation auf der Ebene der Verständigung (das Herstellen von Kompatibilität, das Aufheben von Missverständnissen usw.) sind aber bestenfalls nur Hindernisse, sie reglen die Kommunikation jedoch nicht, vielmehr stellen sie das Kommunikationsziel dar.

Aha, bei dir kann offenbar die Kommunikation kein Gegenstand der Kommunikation sein.
Das vereinfacht die Dinge natürlich. :)


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