Ich bin auch gespannt. Ich konnte die Entwertungen des Wirts kaum lesen, das fand ich so unangenehm, vor allem, weil es mir schien, dass das witzig sein sollte. Bis zur zweiten Rettung bin ich gar nicht gekommen. Interessant finde ich, dass wir da offenbar auch stilistisch zu ganz anderen Einschätzungen kommen. Vielleicht lohnt sich ja bei Edenhofer die mühe für dich auch nicht.
Lesezirkel: "In andere Welten" [Anthologie]
#151
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 09:00
Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/
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#152
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 09:27
Janne Reuel: Menschgemacht
Aus der Perspektive der Frau wird von einem Paar berichtet, das sich das perfekte Baby aussuchen möchte. Gelungen wird Weltenbau eingeflochten, in dem man sich anpassen lassen muss, weil medizinische Hilfe kaum noch verfügbar ist.
Ich mochte diesen Text sehr. Ich finde ihn stilistisch gelungen, angenehm phrasenarm und nah an den Figuren. Ein Wermutstropfen ist, dass bei den äußeren Attributen des Kindes die Hautfarbe ausgeschlossen wird, ich habe mich da erstmal verlesen und angenommen, es werde ein Kind mit hellbrauner Haut ausgesucht - bis ich dann stolperte und merkte, dass es immer nur um die Haarfarbe geht und Hautfarbe als Thema völlig ausgeblendet wird.
Leider ist wie so oft das Ende für mich enttäuschend, denn hier wird im Zeitraffer ein Blick in die Zukunft gewagt. Ich habe dieses Ende mehrfach gelesen und versucht, die Hauptaspekte des Textes darin wiederzufinden. Es ist mir nicht gelungen. Meines Erachtens sind sie nicht enthalten, was das Ende enttäuschend macht. Schade. Dieser Text fing wirklich grandios an!
Bearbeitet von Jol Rosenberg, 12 Dezember 2023 - 10:30.
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#153
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 10:40
Ich bin auch gespannt. Ich konnte die Entwertungen des Wirts kaum lesen, das fand ich so unangenehm, vor allem, weil es mir schien, dass das witzig sein sollte. Bis zur zweiten Rettung bin ich gar nicht gekommen. Interessant finde ich, dass wir da offenbar auch stilistisch zu ganz anderen Einschätzungen kommen. Vielleicht lohnt sich ja bei Edenhofer die mühe für dich auch nicht.
Mich hat das zuerst irritiert, da ich nicht wusste, wer das denkt/sagt. Das hatte ich bei den Formalien kritisiert. Die Gedanken des Wirts waren da ziemlich drastisch. Da haben wir ein ähnliches Problem wie bei der Story von Hagen. Nur hier wird die Figur, die das denkt/sagt hierfür kritisiert (vom Alien) und es bleibt nicht unkommentiert, weshalb ich das aushalten konnte. Die Story bezieht klar Stellung gegen die Vorurteile und Gemeinheiten des Wirts.
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#154
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 13:01
Edit: Ich habe keine Probleme damit, wenn ein Text mitten in der Action anfängt, im Gegenteil! Meine Probleme mit diesem Text sind anders gelagert, es gab einfach keinen Anker für mich
Ach so. Ich bin mir unsicher, ob ich Dich richtig verstehe. Was meinst Du genau mit Anker?
#155
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 13:19
Ich denke, etwas wo ich mich als Leserx andocke. Einen Referenzpunkt. Der fehlte mir in dem Text auch. Du kommst hier in die Dynamik zu verteidigen, warum du es so gemacht hast. Verstehe ich, passiert mir auch immer wieder. Ich habe nur das Gefühl, dass es verhindert, dass du die Rückmeldungen auf- und annimmst. Und das ist letztlich schade, denn solche fundierten Rückmeldungen sind ja ein Geschenk.
Bei meinem Text denke ich, dass ich, falls ich zu dem Thema noch einen Anlauf wage, auf lebendigere und ausgearbeitetere Figuren setze und nicht aus der Sicht des Bots erzähle. Sondern mir wirklich die Mühe mache, mich in ein Familienmitglied reinzudenken. Indem ich G3E gewählt habe, habe ich zur Familie und deren Leid eine gewisse Distanz gewahrt, die zwar mich in meiner Überforderung geschützt, dem Text aber nicht wirklich gut getan hat.
Bearbeitet von Jol Rosenberg, 12 Dezember 2023 - 13:20.
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#156
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 13:44
Ja, was Jol gesagt hat ,das meine ich.
Ich nehme mal ein konkretes Beispiel, einfacherheitshalber aus deinem Exodus-Text. Da kam der Anker recht spät, das war die Beziehung zwischen Dirac und Yuge. Die war interessant für mich, da wollte ich gern wissen, wie es weitergeht. Das bliebt dann auch interessant und hat mich bis zum Ende getragen.
Ich habe nichts dagegen, wenn so ein Anker gleich im ersten Satz kommt, halte aber auch ein paar Absätze durch.
Bei Helge war es übrigens das sprechende Pferd ... Bei Sarahs kam es auch spät, da war es die Idee, dass das Alien nach Frankreich reist.
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#157
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 14:52
Ja, was Jol gesagt hat ,das meine ich.
Ich nehme mal ein konkretes Beispiel, einfacherheitshalber aus deinem Exodus-Text. Da kam der Anker recht spät, das war die Beziehung zwischen Dirac und Yuge. Die war interessant für mich, da wollte ich gern wissen, wie es weitergeht. Das bliebt dann auch interessant und hat mich bis zum Ende getragen.
Ich habe nichts dagegen, wenn so ein Anker gleich im ersten Satz kommt, halte aber auch ein paar Absätze durch.
Bei Helge war es übrigens das sprechende Pferd ... Bei Sarahs kam es auch spät, da war es die Idee, dass das Alien nach Frankreich reist.
Ich habe mir schon gedacht, dass Du so etwas meinst. Du hast es früher auch schon mal beschrieben. Ja, klar, wir brauchen etwas, das unser Interesse weckt, sei es die Sprache, eine Figur, eine Beziehung oder etwas anderes. Da war also am Anfang zu wenig für Dich dabei.
#158
Geschrieben 12 Dezember 2023 - 20:05
Ich denke, etwas wo ich mich als Leserx andocke. Einen Referenzpunkt. Der fehlte mir in dem Text auch. Du kommst hier in die Dynamik zu verteidigen, warum du es so gemacht hast. Verstehe ich, passiert mir auch immer wieder. Ich habe nur das Gefühl, dass es verhindert, dass du die Rückmeldungen auf- und annimmst. Und das ist letztlich schade, denn solche fundierten Rückmeldungen sind ja ein Geschenk.
Bei meinem Text denke ich, dass ich, falls ich zu dem Thema noch einen Anlauf wage, auf lebendigere und ausgearbeitetere Figuren setze und nicht aus der Sicht des Bots erzähle. Sondern mir wirklich die Mühe mache, mich in ein Familienmitglied reinzudenken. Indem ich G3E gewählt habe, habe ich zur Familie und deren Leid eine gewisse Distanz gewahrt, die zwar mich in meiner Überforderung geschützt, dem Text aber nicht wirklich gut getan hat.
Ich vermute mit verteidigen meinst Du den Fall, wenn jemand gegen eine Kritik argumentiert, weil die Person Kritik als solche nicht zulassen möchte. Das ist bei mir nicht so. Kritik an einem Text kann zutreffen, auf einem Irrtum beruhen und/oder einer Präferenz entspringen.
Im vorliegenden Fall ist es für mich so:
Deine Feststellung, dass in dem Text wenig szenisch erzählt wird, ist insofern zutreffend, dass es nur Schlaglichter auf Szenen gibt. Deine Einschätzung, der Text wäre durch mehr szenische Erzählung attraktiver, ist für Dich und einige andere ebenfalls zutreffend, aber, beim vorliegenden Text zumindest, nicht zwingend für die meisten Leseri. Das liegt auch an seiner Beschaffenheit. Diese Einschätzung ist deshalb Ausdruck einer Präferenz. Mein Fazit daraus ist: Besser mehr szenisch erzählen, um auch Menschen wie Dich mitzunehmen. Ich nehme Deine Rückmeldung also durchaus an. Meine Erklärung, warum ich das in diesem Text anders gemacht habe, dient nur dem Austausch und soll Deine Feststellung und Deine Einschätzung keinesfalls invalidieren.
Ähnliches gilt für die Nähe zur Hauptfigur und das Ausmalen der Beziehungen. Für die Hilfsverben ist es etwas anders. Vom Einsatz Letzterer wird in Stilfibeln immer wieder abgeraten, hauptsächlich aber zur Vermeidung unnötiger Passiv- und Konjunktiv-Konstruktionen. Im vorliegenden Text haben die Hilfsverben jedoch eine ganz andere, wichtige Funktion und erfüllen sie im Rahmen des Perfekts. Auch wenn ich Deine Präferenz gerne berücksichtigen würde, könnte ich es an dieser Stelle nicht, weil die Aussage der Sätze eine andere würde, die nicht passend wäre.
Bearbeitet von Christian Hornstein, 12 Dezember 2023 - 20:07.
#159
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 07:00
Christian, wenn du einen Text nicht szenisch erzählt, brauchst du eine andere Textgüte. Ich vermute, dass dieser Lesezirkel noch einige Lesende mehr ziehen wird (zumindest hatten sich mehr angekündigt), dabei kannst du vielleicht noch keine handfeste Statistik erstellen, ich hoffe aber doch, dass du am Ende ein halbes bis ein ganzes Dutzend Feedbackschnipsel zu deiner Story haben wirst.
Szenisch und nah an den Figuren zu bleiben ist die sichere Art, mit der man die meisten Lesenden kriegt, aber es ist auch die handwerklich einfachste Art, aus meiner Sicht eine Art zu erzählen, die statistisch gesehen mehr Schreibende hinkriegen. An anderen Arten scheitern ... viele. Ich bin unsicher, wer das in unserer Szene überhaupt drauf hat (vermutlich MKI, aber selbst da werfen ihm dann einige Lesende Längen vor). Tote Russen und Bernhard Schlink haben das drauf, Alice Munro kann das auch machen. Ich habe auch schon beobachtet, dass Stephen King das ganz gut hingekriegt hat.
Wenn du das jetzt wagst, begibst du dich in handwerkliche Bereiche, die schwierig sind. Und jetzt ein interessanter Gedanke von mir (zumindest finde ich den Gedanken interessant): Was, wenn es dir tatsächlich gelingt, eine gute Story zu machen, weil du dem handwerklich gewachsen bist, die Lesenden dir aber nicht genug vertrauen und die Story abbrechen, weil sie nicht lang genug durchhalten, um zu merken, dass die Story gut ist bzw. noch gut wird?
Dann brauchst du einen frühen Anker, jedenfalls bevor du dir dieses Vertrauen bei uns erarbeitet hast.
Wenn etwas öde anfängt, neigen nämlich einige von uns zu Fluchtreaktionen. Ich habe ja immer Angst, dass ich dann was verpasse, was vielleicht noch gut geworden wäre, weshalb ich das seltener wage als ich vielleicht sollte. Aber in solchen Lesezirkeln würde ich es sonst vielleicht tun und die Rezensionen abwarten, ich kann eine Story ja immer noch nachholen.
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#160
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 11:56
https://noosphaere.de
#161
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 12:03
Ich bin Quai von Ralph Edenhofer
Eine KI wird gebootet und entwickelt ein eigenes Bewusstsein. Der Autor bemüht sich, den ganzen Anfang, bis das Bewusstsein der KI und die Verbindung zur Außenwelt gestartet ist, ganz korrekt abstrakt-logisch und von der umgebenden Realität losgelöst zu erzählen, was ihm auch recht gut gelingt - nur liest sich das ungefähr so spannend wie der Quelltext irgendeiner Software. Dann kommt die KI schließlich dahin, sich Gedanken über sich selbst und die Welt zu machen, die so sehr intelligent nun auch wieder nicht sind (naja, das Ding läuft auf einem Notebook). Im Endeffekt ist die ganze Story so etwas wie ein nerdiger Ingenieurswitz, der mehr als 10 Seiten zur Vorbereitung einer mäßigen Pointe braucht.
Macawrongs von Sarah Jahed
Schon das Wortspiel im Titel deutet es an: Die Story ist eine Komödie, eine schräge Komödie über ein Alien, das die Erde besucht und auf der Suche nach gutem Essen ist. Die ganze Handlung ist schräg, schrill und absurd, und die Autorin bemüht sich auch gar nicht um Glaubwürdigkeit und Logik, was völlig in Ordnung ist. Die Komödie folgt ihren eigenen Regeln, ist spaßig und unterhaltsam zu lesen und bietet am Ende sogar noch eine Überraschung. Eindeutig eine der guten Stories der Anthologie!
#162 Gast_fancy_*
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 12:16
So, mit Verspätung komme ich nun auch dazu.
Wie schon gesagt wurde, fühlt sich das matte Cover gut an. Auch das Bild gefällt mir gut und wird als passend empfunden. Was mich auf Anhieb störte, war der Text auf der Cover Innenseite, der so voller Löcher war, dass ich nur hoffen konnte, dass sich das im Buch nicht fortsetzen würde. (Tat es erfreulicherweise nicht.)
Das Ende des Suchraums - Sarah Mann
Zum Abbau von Nützlichem wurden künstliche Termiten, Ameisen, Käfer usw. ins All geschickt, aber die scheinen nicht mehr zu funktionieren. Brule, ein Arti, soll mit mehreren Andys nach dem Rechten sehen.
Die Einleitung fand ich umständlich, pseudoprosaisch und überflüssig. Zudem mag ich es nicht, wenn inzestuöse Beziehungen - und sei es unter Planeten - romantisiert werden. Die Story selbst war mir zu techniklastig und auch umständlich. Warum die Andys alle menschliche Züge haben, wird nicht erklärt.
Andys sind Androiden und Brule ist ein Wesen, dass aussieht wie ein Mensch, speziell gezüchtet wurde, aber keiner ist. Er kann Menschen nicht leiden, es wird aber nicht gesagt warum. Aus dieser Figur hätte man mehr herausholen können.
Hat mich insgesamt nicht begeistert, obwohl die Idee, dass der Mensch Wesen schafft, die ihm die Arbeit abnehmen, das aber nicht zu Ende denkt und diese Wesen sich schließlich ihrer Natur, bzw. Programmierung entsprechend verhalten, nicht schlecht ist. Ich hätte mir auf jeden Fall als Einstieg in die Anthologie einen stärkeren Text gewünscht.
#163
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 12:44
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#164
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 13:31
Da ich nun auch das Vergnügen habe, im Besitz der Anthologie zu sein, zirkele ich mich mal hier rein und würde gerne mitmachen, wenn ich darf.
https://noosphaere.de
Klar!
Herzlich Willkommen!
Ich bin Quai von Ralph Edenhofer
Eine KI wird gebootet und entwickelt ein eigenes Bewusstsein. Der Autor bemüht sich, den ganzen Anfang, bis das Bewusstsein der KI und die Verbindung zur Außenwelt gestartet ist, ganz korrekt abstrakt-logisch und von der umgebenden Realität losgelöst zu erzählen, was ihm auch recht gut gelingt - nur liest sich das ungefähr so spannend wie der Quelltext irgendeiner Software. Dann kommt die KI schließlich dahin, sich Gedanken über sich selbst und die Welt zu machen, die so sehr intelligent nun auch wieder nicht sind (naja, das Ding läuft auf einem Notebook). Im Endeffekt ist die ganze Story so etwas wie ein nerdiger Ingenieurswitz, der mehr als 10 Seiten zur Vorbereitung einer mäßigen Pointe braucht.
Macawrongs von Sarah Jahed
Schon das Wortspiel im Titel deutet es an: Die Story ist eine Komödie, eine schräge Komödie über ein Alien, das die Erde besucht und auf der Suche nach gutem Essen ist. Die ganze Handlung ist schräg, schrill und absurd, und die Autorin bemüht sich auch gar nicht um Glaubwürdigkeit und Logik, was völlig in Ordnung ist. Die Komödie folgt ihren eigenen Regeln, ist spaßig und unterhaltsam zu lesen und bietet am Ende sogar noch eine Überraschung. Eindeutig eine der guten Stories der Anthologie!
Diesmal sind wir wieder nahe beieinander, interessant, das so zu beobachten
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#165
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 13:49
Christian, wenn du einen Text nicht szenisch erzählt, brauchst du eine andere Textgüte. Ich vermute, dass dieser Lesezirkel noch einige Lesende mehr ziehen wird (zumindest hatten sich mehr angekündigt), dabei kannst du vielleicht noch keine handfeste Statistik erstellen, ich hoffe aber doch, dass du am Ende ein halbes bis ein ganzes Dutzend Feedbackschnipsel zu deiner Story haben wirst.
Szenisch und nah an den Figuren zu bleiben ist die sichere Art, mit der man die meisten Lesenden kriegt, aber es ist auch die handwerklich einfachste Art, aus meiner Sicht eine Art zu erzählen, die statistisch gesehen mehr Schreibende hinkriegen. An anderen Arten scheitern ... viele. Ich bin unsicher, er das in unserer Szene überhaupt drauf hat (vermutlich MKI, aber selbst da werfen ihm dann einige Lesende Längen vor). Tote Russen und Bernhard Schlink haben das drauf, Alice Munro kann das auch machen. Ich habe auch schon beobachtet, dass Stephen King das ganz gut hingekriegt hat.
Wenn du das jetzt wagst, begibst du dich in handwerkliche Bereiche, die schwierig sind. Und jetzt ein interessanter Gedanke von mir (zumindest finde ich den Gedanken interessant): Was, wenn es dir tatsächlich gelingt, eine gute Story zu machen, weil du dem handwerklich gewachsen bist, die Lesenden dir aber nicht genug vertrauen und die Story abbrechen, weil sie nicht lang genug durchhalten, um zu merken, dass die Story gut ist bzw. noch gut wird?
Dann brauchst du einen frühen Anker, jedenfalls bevor du dir dieses Vertrauen bei uns erarbeitet hast.
Wenn etwas öde anfängt, neigen nämlich einige von uns zu Fluchtreaktionen. Ich habe ja immer Angst, dass ich dann was verpasse, was vielleicht noch gut geworden wäre, weshalb ich das seltener wage als ich vielleicht sollte. Aber in solchen Lesezirkeln würde ich es sonst vielleicht tun und die Rezensionen abwarten, ich kann eine Story ja immer noch nachholen.
Vielen Dank, liebe Yvonne! Das sind ein paar glasklare und überzeugende Argumente. Das bestärkt mich darin, diese Aspekte so zu berücksichtigen.
#166
Geschrieben 13 Dezember 2023 - 14:21
@Christian Hornstein:
Sowas ist auch schlicht Geschmacks- und Ermessenssache. Ich z.B. mag Noah Gordon und Jonas Jonasson sehr gerne, die fast gar nicht szenisch und meist nur erzählerisch schreiben. Andersherum gab es auch viele Romane, die für mich lahm wurden, weil einfach jeder Moment durchgekaut werden musste, der auch mit zwei Zeilen erzählt werden hätte können, ohne dass Charaktertiefe oder so verloren gegangen wären.
Mein absoluter Favorit sind sowas wie die Myst-Romane, "Der ewige Krieg" oder die Hyperion-Gesänge, wo einfach beides sehr gut geplant und nahtlos aufeinander trifft. Szenen werden von flüssigen Erzählungen abgelöst oder diese wiederum durch gute Momentaufnahmen gebremst. Schlussendlich will ich ja auch einen Roman und kein Drehbuch lesen. Und joa, gerade die Romane ab 2020 fühlen sich aus meiner Sicht meist eher wie Filme zum Lesen an ...
Bei Kurzgeschichten ist das natürlich etwas anderes. Die funktionieren nur selten mit Transferphasen, also ist es meist besser, sich entweder für ein Medium zu entscheiden: also Erzählung oder Szenen. Umso mehr bin ich gerade auf deine Kurzgeschichte in der Sammlung gespannt :-)
Aber wie gesagt, das ist Geschmackssache. Ansonsten muss ich, rein logistisch-handwerklich, Yvonne zustimmen.
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#167
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 06:26
Janne Reuel: Menschgemacht
Aus der Perspektive der Frau wird von einem Paar berichtet, das sich das perfekte Baby aussuchen möchte. Gelungen wird Weltenbau eingeflochten, in dem man sich anpassen lassen muss, weil medizinische Hilfe kaum noch verfügbar ist.
[...]
Ich mochte diesen Text sehr. Ich finde ihn stilistisch gelungen, angenehm phrasenarm und nah an den Figuren. Ein Wermutstropfen ist, dass bei den äußeren Attributen des Kindes die Hautfarbe ausgeschlossen wird, ich habe mich da erstmal verlesen und angenommen, es werde ein Kind mit hellbrauner Haut ausgesucht - bis ich dann stolperte und merkte, dass es immer nur um die Haarfarbe geht und Hautfarbe als Thema völlig ausgeblendet wird.
Leider ist wie so oft das Ende für mich enttäuschend, denn hier wird im Zeitraffer ein Blick in die Zukunft gewagt. Ich habe dieses Ende mehrfach gelesen und versucht, die Hauptaspekte des Textes darin wiederzufinden. Es ist mir nicht gelungen. Meines Erachtens sind sie nicht enthalten, was das Ende enttäuschend macht. Schade. Dieser Text fing wirklich grandios an!
Janne Reuel: Menschgemacht
Ich bin da übrigens nah bei Jol, bis auf wenige abweichende Kleinigkeiten.
Es ist das Gattaca-Thema und wie immer bei solchen Texten ist es schwierig, noch mal eine dermaßen gute Geschichte zu erzählen wie dort. Eigentlich finde ich ja, bei dem Thema muss immer noch was anderes kommen, etwas neues, und sei es eine Non-Sf-Komponente menschlicher Art, die mich begeistert.
Nun gut - der Text ist super geschrieben und die Perspektive ist sehr einfühlsam gewählt, wenn auch hauptsächlich zu Beginn und am Ende, in der Mitte verliert sich der Text ein wenig in den vielen Möglichkeiten und ich würde der Autorin am liebsten zurufen: Es geht nicht um die Features des Babys! Es geht um die Menschen!
A propos Features: Gut, sie haben den "Hauttyp" gewählt, das ist womöglich nicht die Hautfarbe? "Mischtyp". Hm, etwas zwischen trockener und fettiger Haut? Zwischen großporig und feinporig? Ganz genau weiß ich es nicht. Aber ich habe schon den Eindruck, dass hier einfach als default weiß als Hautfarbe gedacht wurde (weil blond auch eine Option ist) und das ist etwas tunnelblickig, ja.
Hier hätte man das zumindest mal erwähnen können, ein Wort würde ja reichen.
Beim Schluss bin ich unsicher. Den habe ich jetzt gestern Abend und heute Morgen auch mehrmals gelesen.
Wenn ich den Schluss richtig interpretiere (und da bin ich unsicher), ist das ein verdammt guter Text, der eben doch einen Gedanken denkt, den die anderen mir bekannten Texte zum groben Thema Gattaca nicht denken. In dem Fall würde ich dann nur sagen, dass der Text in der Mitte ein wenig hängt (aber nicht zu sehr) und ansonsten würde ich ihn zu den Highlights gleich neben Helges Der Reiter einreihen.
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#168 Gast_fancy_*
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 11:18
Das Geheimnis der Quelle - Sabine Frambach
Eine Reporterin will mit ihrer Kamerafrau den Blautopf erkunden und einen Artikel dazu verfassen. Muriel, die Kamerafrau, liebt es zu tauchen, die Ich-Erzählerin kann nicht einmal den Kopf unter Wasser halten. Für den Artikel erkundigt sie sich nach alten Sagen und Legenden und erfährt, dass im Laufe der Jahre immer wieder Menschen der Seejungfrau Lou geopfert worden sind. Sie hält das für einen guten Aufhänger für ihre Story. Damit die Ich-Erzählerin sehen kann, was Muriel unter Wasser sieht, trägt diese eine EyeCam. (Das Ding, das sich mit Fühlern am Auge festkrallt - gruselig.) Weil das Höhlensystem sehr umfangreich und in großer Tiefe ist, ist es nur mit Führer gestattet zu tauchen. Beim nächsten Tauchgang ist Miriam mit von der Partie. Als der Tauchgang zu Ende ist, fehlt Miriam. Sie hat das Halteseil mit dem Messer durchschnitten, dass ihr die Ich-Erzählerin geschenkt hat.
Bis zum letzten Absatz gefiel mir die Story sehr gut, auch wenn ich mich gefragt habe, ob das überhaupt SF ist. Das Ende passt für mich nicht zum Rest der Story. Die Erzählerin hat die ganze Zeit über rational-vernünftig berichtet. Gut, es gab einen Einschub, der wohl auf das Ende vorbereiten sollte, aber mich hat die Ausführung nicht überzeugt. Wenn ich vom Ende aus gehe, hätte die Person die ganze Zeit über anders sprechen müssen. Ich hielt die Wendung für unglaubwürdig und hätte mir ein anderes Ende gewünscht. Mir kam es ein wenig so vor, als hätte zum Ende hin unbedingt noch der Wisch hin in Richtung SF stattfinden müssen. Ich fand es schade, dass der "drangeklatsche" Schluss die bis dahin gute Story ein wenig ruiniert hat.
Aber immerhin haben wir den SF-Faktor in der Vita: Ein Preis, den sie 2029 gewinnen wird.
(Ja, man sollte auch Vitae prüfen und ggf. korrigieren.)
#169
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 11:21
Da musste ich glatt mal nachschauen, ja, da ist ein Typo in der Vita :-) (2029 statt vermutlich 2019)
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#170
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 12:44
Bin ab jetzt auch dabei.
Cover
Das Cover ist schick, sehr plakativ und dann auch noch mit klarer Vision und Fokus gemacht. Mir gefällt, dass der Schatten nicht einfach nur als negativer Kontrast über die Bodentextur gelegt, sondern mit Gefühl illustriert wurde, ebenso, dass der Astronaut nicht in eine Galaxie oder einen KI-generierten Vortex, sondern einen Light Fog starrt. Jo, für den Laien ist das unerheblich, für uns Grafiker aber eine angenehme Abwechslung Der Pendel (der Planet) über dem Astronauten ist gut und mir gefällt auch sehr, dass sich bei der Gestaltung offensichtlich Zeit gelassen wurde. Kein Element stört und sie konkurrieren auch null miteinander. Zudem war es eine wirklich gute Idee, ein "empherales", sphärisches Bildkonzept für eine Space Opera-Anthologie zu entwerfen.
Desweiteren liebe ich es, wenn als Titelschrift eine Eigeninterpretation oder wenigstens eine Erweiterung verwendet wird. Sowas zeigt mir, dass es nicht bloß eine Routine-Auftragsarbeit war, die "halt hingeklatscht wurde", sondern man durchaus eine eigene IP, eine eigene Aussage gesucht hat. Man soll zwar kein Buch nach dem Einband beurteilen, aber ein gutes Cover ist für mich einfach ein klares Zeichen dafür, dass man ein Projekt ernstgenommen hat.
Kleine Mimimi-Bemäkelung: Schon wieder scheinen die Sterne durch einen Himmelskörper (oben links). Ich weiß, ich weiß, man kann sie auch als Partikeleffekte sehen, aber das hätte man doch auch mit ein bisschen Lichtnebel und einem Rauschfilter lösen können. Außerdem hätte ich mir noch ein kleines Erratic gewünscht, vielleicht einen beleuchteten Stein oder einen Fleck in anderer Farbe. Irgendwas, das mich "nagen" und mich nach der Z-Abtastung bremsen lässt. Aber ja, das ist Meckern auf hohem Niveau.
Eine Idee, falls sie nicht zu vermessen ist @Joshua: Vielleicht solltet ihr für euer Logo eine Mindeststrichgröße in die CI definieren, also dass z.B. 1,2 pt nicht unterschritten werden dürfen, ganz gleich, wie klein das Logo wird. Der Blitz auf dem Shuttle geht etwas zu sehr unter und wirkt auf dem ersten Blick eher wie ein Cockpitfenster. Auch werden die Outlines fast vom dunklen, aber doch sehr aktiven Hintergrund verschluckt. Das hat zumindest bei mir ein leicht diskursives Gefühl erzeugt.
Layout
Hier hat man sich klar nach dem US-amerikanischem Vorbild orientiert ... und es verstanden: Oben stehen stets Autoren und Titel in einer linearen Schrift, der Fließtext ist humanistisch, aber dafür kompakt. 2.500 Zeichen (mit Leerzeichen) werden statt den gewohnten 1.800 auf eine Seite gepresst, was für den deutschen Raum meiner Erfahrung nach eher ungewöhnlich ist. Und die, die normalerweise von den Textsetzern aus der USA nachmachen, beachten dann aber meist keine Folgeregeln aus dem Buchsatz, wodurch oft unerträgliche Letterwüsten entstehen. Das ist oft ein Problem des stur-deutschen Imitationismus. Nicht aber in dieser Anthologie.
Hierbei muss ich A7L-Books loben, dass sie eine Garamond-Schrift verwendeten (ist keine Adobe Garamond Pro, wenn ich mir das kleine e so ansehe, aber ich bin gerade zu faul, meinen Typo-Atlas auszupacken). Die ausgeprägten Serifen und die schwungvollen Bäuche machen es leicht, den Text trotz geringem Zeilenabstand und leicht reduzierter Laufweite zu lesen.
Auch hier: Respekt geht raus auch euch, Joshua! Ihr habt euch da die richtigen Leute gesucht.
Vorwort / Nachwort:
Ich weiß, die Anthologie ist zu hochwertig, um ein bisschen über die Strenge schlagen zu dürfen ;-) Hier gibt es aus meiner Sicht nichts zu bemängeln oder zu erwähnen.
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#171
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 12:50
Maximilian Wust: Ophion
Ui. Hmm. Ich brauchte etwas, um in diesen Text hereinzukommen, das schien mir alles zu kryptisch. Viele, nicht gut eingeführte Leute, die nie wieder auftauchen, und eine unklare Funktion des Ich-Erzählers (der Ich-Erzählerin?). Ich nahm zunächst an, der Text handele von einer Crew, die sich unerwartet in Legomännchen verwandelt hat (coole Idee!), sie leidet unter "Doll Morbus". Nun, meines Erachtens muss es "Morbus Doll" heißen. Und es geht gar nicht darum. Schade.
Die wirkliche Handlung ist ganz einfach: Auf einem Planeten ist eine Fuhre Menschen abhandengekommen, deren Schiff kam leer zurück. Eine neue Fuhre Menschen soll nachsehen, was passiert ist. Damit die keinen Mist machen, fährt jemand vom Geheimdienst mit, wobei unklar bleibt, wie die Person irgendwas ausrichten soll. Es ist also erstmal eine Kriminalstory, in der ein alter Fall (nicht) aufgeklärt wird. Und wie so oft bei solchen Storys, wird die neue Crew auch Opfer. Deren Schiff fliegt auch leer zurück. Mehr als eine vage Idee, wieso, hatte ich nicht.
Dieser Text ließ mich enorm ambivalent zurück. Ich finde die Figuren sämtlichst blass. Das liegt vor allem daran, dass ganz viel behauptet, aber nicht gezeigt wird. Dabei ist manches davon echt schön, wie der jeweilige erste Satz jeder Szene, der meist eine Zustandsbeschreibung enthält. Das ist dann sowas wie "Ich bin angewidert." Das könnte genial sein, wenn es dann aufgegriffen würde. Wird es aber fast nie.
Es gibt zu viele Figuren und der Versuch, eine diverse Crew zu beschreiben, ist gründlich in die Hose gegangen. Beispielsweise in dem der Autor nur bei Nicht-Weißen Figuren deren Hautfarbe beschreibt und sich dabei so klar rassistischer Termine wie "Mischling" bedient. Ich finde es total super, dass eine kleinwüchsige Person vorkommt, aber wenn dann beschrieben wird, er "glüht geradezu vor small dick energy" dann ist das nicht nur geschmacklos, sondern auch ableistisch. Autsch. Es gibt noch ein paar andere sexistische Beschreibungen, diesmal meist die Männer abwertend ("Alphamännchen"), und alle bleiben sie als Behauptung stehen, ohne dass uns das jeweilige Attribut gezeigt wird.
In der Mitte ist der Text richtig spannend und an einigen Stellen sprachlich sehr schön. Dann kommen wieder so Dinge wie "Tunnels" als Mehrzahl von Tunnel, wo ich mich frage, was das Korrektorat gemacht hat. Und dann gibt es ein gerüttelt Maß an Bodyhorror, was den Text wirklich gelungen widerlich macht. Dann das enttäuschende Ende und jede Menge Szenen, in denen ich mich frage "wer war denn das nun wieder?" Alles in allem leider ein enttäuschender, für mich an manchen Stellen richtig ärgerlicher Text, der aber seine Momente hat.
Bin ich jetzt plötzlich schnellstes Lesery? Was ist los?
Bearbeitet von Jol Rosenberg, 14 Dezember 2023 - 12:53.
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#172
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 12:53
Menschgemacht von Janne Reuel
Es geht um das Wunschkind aus dem Baukasten von Gentechnikfirmen. Auch wenn man es eigentlich nicht will, ist die Welt mittlerweile so eingerichtet, dass einem kaum noch etwas anderes übrigbleibt. Wieder einmal hat das Prinzip einer imperialistischen Wirtschaft zugeschlagen, Menschen kostenlos Verfügbares wegzunehmen, um es ihnen teuer zu verkaufen. Dabei halten sich die Auswahlmöglichkeiten des Paares mit Kinderwunsch in Grenzen, weil letztlich die Durchschnittlichkeit und der Massengeschmack regiert, ergänzt durch staatliche Vorgaben, die zu befolgen sind. (Sogar das heutzutage von Gift triefende Wort "Ethikkommission" kommt vor!) Was aber alles nicht heißt, dass das Verfahren nicht genauso wie eine natürliche Zeugung auch mal schiefgehen kann, und dann gibt es "ungeplante Mangelware".
Eine bitterböse Dystopie, an der das Schlimmste ist, dass den Menschen nicht einmal bewusst ist, in welchem Horror sie leben. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass die fast nur aus Gesprächen, Gedanken und Erklärungen bestehende Story so langweilig daherkommt, dass ich mich größtenteils wirklich durchkämpfen musste.
#173
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 12:56
Aber immerhin haben wir den SF-Faktor in der Vita: Ein Preis, den sie 2029 gewinnen wird.
Das nenne ich Optimismus.
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#174
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 13:01
@yvonne: Ich stelle mir die im Spoiler formulierten Fragen auch. Den Schluss habe ich mehrfach gelesen, ohne zu einer klaren Interpretation zu kommen. Was ich wirklich schade finde.
Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/
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#175
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 13:02
Vorweg: Was die Geschichten selbst angeht, bin ich vorsichtig. Mir wurde von mehreren Seiten deutlich gemacht, mich niemals gegen meine Anthologiegeschwister zu wenden (ich mag hierbei den Begriff "Toc-Mates"), vor allem nicht als Underdog oder Anfänger, also werde ich mich vor allem auch auf die Dinge konzentrieren, die mir gefallen haben oder aus denen ich lernen konnte. Meine Rezensionen könnten also für einige zu positiv wirken. Das will ich damit sagen.
Das Ende des Suchraums
von Sarah Mann
Die an Stephen Baxters Schreibstil orientierte Geschichte war für mich eine Gemischte Tüte. Sie begann sehr interessant, als sie sozusagen vom Großen ins Kleine ging, hatte aber immer wieder kleine Probleme auf dem Weg zum Ziel. Die Charaktere waren für mich einfach nicht nahbar und nachvollziehbar. Mir ist bewusst, dass das Absicht gewesen ist, zumal beide ja Maschinen (bzw. Maschine und Replikant) sein sollen, allerdings wirkten sie mir dann doch wieder zu menschlich. Die Wendungen waren eigentlich auch gut geplant, haben mich aber nicht so mitgerissen, wie sie vermutlich sollten. Auch hier: Ich war irgendwie nicht gut genug "in den Charakteren".
Dennoch: Mir gefiel, dass die Geschichte nicht nur das philosophische Konzept der Nekroevolution aufgriff, sondern auch gute Erklärungen geliefert hat, wie eigentlich ein Roboterschwarm funktioniert bzw. funktionieren könnte. Auch sonst hat Sarah in vielen Details, gerade was die Technik betraf, ihre Hausaufgaben gemacht und das weiß ich zu schätzen.
Grundlegend bin ich mir jedoch nicht sicher, ob ich exakt diese Geschichte als Eröffnung verwendet hätte.
Bearbeitet von Maxmilian Wust, 14 Dezember 2023 - 14:29.
"Part Five: Boobytrap the stalemate button!"
#176
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 14:02
Cool ist, dass Helge, Jol und ich ungefähr gleich weit sind. Ich frage mich nur, wann ich die 45-Minuten-Story von Wust lesen sollte ... in die Mittagspause passt sie nicht rein und heute habe ich versehentlich gar keine gemacht
Podcast: Literatunnat
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• (Film) gerade gesehen: The Whale, Everything everywhere at once, Zurück in die Zukunft III
#177
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 14:25
Cool ist, dass Helge, Jol und ich ungefähr gleich weit sind. Ich frage mich nur, wann ich die 45-Minuten-Story von Wust lesen sollte ... in die Mittagspause passt sie nicht rein und heute habe ich versehentlich gar keine gemacht
So lange braucht die? Uff. Zu meiner Verteidigung: Ich habe den Epos so gut es ging neuinterpretiert. Ich hatte durchaus manchmal das Gefühl, ich könne vielleicht kürzen oder Charaktere streichen, aber dann hätte den mir selbst auferlegten Auftrag nicht erfüllt :-(
Auf Mittagspausen verzichte ich aber auch ständig. Das passiert oft so schnell.
"Part Five: Boobytrap the stalemate button!"
#178
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 14:28
Ich habe sie über zwei Tage verteilt gelesen. Und um was für einen Epos geht es? Und ist dir eine selbstgewählte Aufgabe wichtiger als ein stimmiges Gesamtwerk? Ich grübele grad, ob ich das von mir kenne. Bin gespannt, wie es anderen mit dem Text ging.
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#179
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 14:48
@Jol:
Ich bedaure natürlich, dass er dir nicht so gefallen hat. Ich hoffe, ein nächster Text wird dir mehr zusagen.
Und ja, ist es. Ich kann bei sowas wirklich stur sein, weil ich sozusagen für etwas arbeite, das größer ist, als ich selbst. Klingt jetzt pathetisch, ich weiß.
Grundlegend ging es um den Epos von Ophion und Eurynome, wobei allein die Aussage so breit gefächert ist, als würde man sagen, man wolle Star Wars neuinterpretieren. Es gibt vermutlich weit mehr Interpretationen, als den allermeisten Historikern bekannt ist (u.a. das Videospiel "Returnal", wie ich vor kurzem erfahren habe) und das zu einem fast unbekannten Epos, der nicht einmal einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat, wie ich gerade sehe. Die Auslegung auf die ich mich jedenfalls konzentriert habe, stammte (soweit ich weiß) von Eusebius von Ceasarea, einem bzw. DEM christlichen Kanoniker im 4. Jh., der den Blickwinkel vom Kapitän auf den verachtungs- und hasserfüllten Vertreters des Königs gewechselt hat, also sozusagen aus der Sicht des Antagonisten. Das hat schon Marion Zimmer Bradley gut gekonnt und fand ich daher stark. Allerdings sehe ich mich weder im Recht noch habe ich die Fähigkeiten, um sagen zu können, dass ich es besser könnte. Daher habe ich so gut es ging reproduziert, was ich in diesem uralten Buch meiner Urgroßmutter (keine Übertreibung) gelesen habe ... damals als 12-jähriger. Die Gender und Race Swaps habe ich zudem nur gemacht, weil es sonst nur Männer gewesen wären. Ich dachte mir aber schon, dass sie nicht gut ankommen werden.
Das Allertraurigste daran aber ist: Ich finde das Original nicht mehr. Nachdem das Haus aufgelöst wurde, hat mein Vater einiges weggeworfen, darunter wohl auch die Theaterstücke und Epen. Was es noch bitterer macht.
"Part Five: Boobytrap the stalemate button!"
#180
Geschrieben 14 Dezember 2023 - 14:55
Die Gender und Race Swaps habe ich zudem nur gemacht, weil es sonst nur Männer gewesen wären. Ich dachte mir aber schon, dass sie nicht gut ankommen werden.
Warum dachtest du das?
Ansonsten passt deine Erklärung zu der Art, wie der Text auf mich wirkt: als wäre der Fokus unklar. Dass deine Hauptfigur antagonistisch wirkt, habe ich nicht so gelesen.
Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/
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