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SF-Literaturpreise nicht fĂĽr PERRY RHODAN ? (AN 280 & SOL 109)


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196 Antworten in diesem Thema

#121 J R

J R

    Hauptsachenaut

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Geschrieben 31 Mai 2023 - 17:16

Moin,

in SOL 110 der PRFZ (heute bei mir im Briefkasten gelandet) sind zu dem Thema erschienen:

  • "Jetzt seid Ihr als Fans gefragt"; von Jörg Ritter und Martin Stricker (S. 52)
  • "Der DSFP und die Endlosserien"; von Yvonne Tunnat, Franz Hardt und dem DSFP-Preiskomitee (S. 54)
  • "Endlosserien - Ein Ăśberblick"; von Norbert Fiks (S. 55)
  • "Der Sieger muĂź wirklich ĂĽberzeugen"; ein Leserbrief von Sabine Seyfarth (S. 56)

Die ersten drei Beiträge werden auch in den Andromeda Nachrichten Nr. 281 erscheinen, die derzeit im Druck sind und die man (nach Versand) hier herunterladen kann.

 

Sowohl in der Sol als auch in AN 281 wird auf diese Diskussion hier verwiesen. Ich bin dann mal gespannt.

Viele GrĂĽĂźe aus der Stadt der (mehr als zwei) TĂĽrme

Jörg


Anmerkungen + Bilder zu SF&F (und allem anderen) finden sich hier:
https://www.facebook.com/joerg.ritter


#122 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 31 Mai 2023 - 17:33

Ich hatte mich schon gewundert, warum ich das Magazin bekomme, aber beim Durchblättern wurde es mir dann klar ;-)

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#123 MHH

MHH

    Ufonaut

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Geschrieben 02 Juni 2023 - 17:49

Welches Heft aus 2022 war noch mal das Heft, mit der Deiner Meinung nach preiswürig herausragenden literarischen Qualität?

Ich sehe dies erst jetzt, sodass meine Beispiele vielleicht etwas zu spät kommen.

 

Der erste PR-Roman im Jahre 2022 war Band 3151, wie befinden uns also in der zweiten Hälfte des "Chaotarchen"-Zyklus. Auch die ersten drei Bände des "Fragmente"-Zyklus wurden in 2022 publiziert.

 

Heute Nachmittag habe ich Band 3166 "Der genetische Algorithmus" von Oliver Fröhlich dem Komitee gemeldet. Auch ein hier bekannter Forist namens "Bernard" hält große Stücke auf diesen Roman, falls das irgendeine Bedeutung hat B-). Oliver Fröhlich ist übrigens hauptberuflich Finanzbeamter.

 

Weitere herausragende Romane in 2022, die auch alleine gelesen werden können (aber mit etwas mehr Einschränkungen als Band 3166), in chronologischer Reihenfolge, natürlich völlig nach meinem Geschmacksempfinden

 

- Band 3153 "Blitzreiterin" von Verena Themsen, hauptberuflich in einem Maschinenbaubetrieb tätig: Die Geschichte der Siganesin Farkunda Washington, die in einem Spezialraumschiff Informationen zwischen Andromeda und der Milchstraße übermitteln muss, dabei fast im Leerraum strandet und es mit Geschick und Hilfe eigentlich feindlich gesinnter Bewohner eines Habitats es trotzdem schafft.

 

- Band 3156 "Die Wandlungen des Ossan Bak" von Leo Lukas, hauptberuflich Kabarettist: Die Geschichte eines Gestaltwandlers, der im Laufe seines Lebens die Seiten wechselt. Ein Roman, in dem auch aktuelle gesellschaftliche Ereignisse auf die Schippe genommen werden, wie bei Leo Lukas oft der Fall.

 

- Band 3161 "Fremde in Zeit und Raum" von Susan Schwartz (Uschi Zietsch): Die Geschichte von Reginald Bull, Perry Rhodans ältester Freund und Weggefährte, und seinem Versuch, sich endgültig von einem "Gast" zu befreien, der ihn für einen leitenden Job auf dem "Chaoporter" FENERIK gewinnen will. Die Handlung findet auf einem Planeten statt, aus dem aus hier nicht ausführbaren Gründen nur Frauen leben, von einer Forschungsstation abgesehen.

 

- Band 3162 "Der Kammerpage der Kosmokratin" von Christian Montillon: Die Geschichte des "Kammerpagen" Erantoar, der trotz großer Macht an seiner Aufgabe als Bote und Bevollmächtigter der Kosmokratin Mu Sargai nahezu verzweifelt.

 

- Band 3168 "Haus der Maghane" von Wim Vandemaan, hauptberuflich Lehrer: Die (besser: eine) Geschichte der Soynte Abil vor 20.000 Jahren das "schöne Gesicht" der Diktatur der "Meister der Insel" in Andromeda, mit der sie das "Bordgehirn" (KI) des Kosmokratenraumschiffs LEUCHTKRAFT überzeugt, sie als Kommandantin zu akzeptieren. Motto des Romans: "Alle Geschichten sind wahr."

 

- Band 3176 "Das schwarze Verwehen" von Michelle Stern: Die Geschichte von Alaska Saedelaere und Gry O'Shannon, die vom Quintarchen Farbaud in die Domäne des "Rostlands" des Chaoporter entführt wurden, weil Farbaud sie für seine Zwecke einsetzen möchte. Starker Fantasy bzw. Steampunk-Einschlag, der sich in den "Folgeromanen fortsetzt, die ich hier aber nicht aufliste.

 

- Band 3180 "Das extemporale Gefecht" von Oliver Fröhlich: Die Geschichte der Anzu Gotjian, geboren in einem "Paralleluniversum", als Doppelagentin in den Chaoporter geschickt, wird dort zur "Sextadim-Kanonierin" ausgebildet, und darf in einer "extemporalen Enklave" ihre außerordentlichen Fähigkeiten üben. Dabei geht sie fast drauf, weil sie an einen Gegner kommt, dessen Geschichte parallel in diesem Roman erzählt wird. Hier schließt sich auch ein langer Handlungsbogen um die Person Anzu Gotjian, aus dem Vorgängerzyklus, der vielleicht nur von den kontinuierlichen Lesern gewürdigt werden kann. Aber das ist nur "sugar on top".

 

- Band 3184 "Die Advokatin Bukk" von Kai Hirdt: Die Geschichte der titelgebenden Advokatin Bukk, die in einem sehr kuriosen Rechtssystem versucht, nach einem Karriereknick wieder auf die Füße zu kommen, und dabei sehr robust vorgeht. Parallel dazu holt Gry O'Shannon die Eisen aus dem Feuer, während der klassische Held Alaska Saedelaere schwer verletzt darnieder liegt in einem Roman im "Helterskelter"-Stil.

 

- Band 3186 "Alraska" (kein Tippfehler) vom Gastautor Marc A. Herren, hauptberuflich tätig in einer Justizvollzugsanstalt in der Schweiz, nebenberuflich Zauberkünstler: Zugebenermaßen ist das ein Roman, der für Nichtkenner der Serie und der Figur Alaska Saedelaere (ursprunglich eine Art alter ego des 1984 verstorbenen William Voltz) schwer zu würdigen ist. Der Roman erzählt parallel die aktuelle Geschichte Alaskas der Zyklushandlung und die eines Doppelgängers in einem Parallelunivsersum, das in den Romane Anfang der 70er Jahren eine Rolle spielte. Dort folgt jener Alaska dem zur damaligen Handlungszeit gestorbenen Perry Rhodan und führt die Menschheit in autokratischer Weise bis in die jetzige Handlungszeit. Gemeinsam wehren die beiden Alaskas gegen eine der Herrscherinnen des Chaoporters, und töten sie.

 

- Band 3192 "Unter dem Nabel von Zou Skost" von Christian Montillon und Michael Marcus Thurner: In zwei parallel gefĂĽhrten Geschichten lesen wir einerseits ĂĽber die Zustände auf dem Planeten Odhners Welt,  eine sozialkritische Studie von Ausbeutung und interkulturellen Schwierigkeiten. Andererseits wird die Rahmenhandlung vorangetrieben, wenn Reginald Bull den Chaotarchen Zou Skost trifft und von ihm offizielle zum "Quintarchen" geweiht wird (das ist wohl der passende Ausdruck). Der Roman endet in einer Katastrophe, als die Demonstration eines Machtmittels (Chaofaktum), das von Anzu Gotjian in ihrer Funktion als Sextadim-Kanonierin verschossen macht, sich völlig unerwartet verhält und Odhners Welt  vernichtet.

 

- Band 3199 "Die Gordische Konstellation" von Andreas Eschbach: Die Geschichte von drei Versuchungen (Macht, Wissen, Glück), mit denen der Quintarch Addanc versucht, Perry Rhodan zu verführen und so aus dem Spiel zu nehmen, während Perry Rhodan gleichzeitig versucht, den "versunkenen" Chaoporter Fenetay Rik zu wecken, um die katastrophe Kollission des Chaoporters mit einem kosmokratischen Objekt zu verhindern. Normalerweise wäre der letzte Band eines Zyklus maximal ungeeignet für einen Leser, der Perry Rhodan nicht oder wenig kennt. Aber dieser Roman ist die Ausnahme von der Regel. Als Leser erfährt man viel über die Besonderheiten der Figur des Perry Rhodan zu aktuellen Handlungszeit. In gewisser Weise ist der Roman ein Komplement zur Biografie des jungen Perry Rhodan, die Andreas Eschbach in "Perry Rhodan - Das größte Abenteuer" niedergeschrieben hat.

 

Ich hätte auch noch etliche andere Romane erwähnen können, bspw. auch Band 3187 "Lockruf der scharzen Lohe" von Robert Corvus, aber jener Roman knüpft zu unmittelbar an Band 3186 an, um ihn alleinstehend würdigen zu können. Gemeinsam mit Band 3186 kann man ihn besser verstehen.

 

Ich meine, die hier genannten Romane geben ein angemessenes Bild der Breite und Tiefe der Inhalte und Stile der aktuellen PERRY RHODAN-Serie.

 

GruĂź, Matthias



#124 MHH

MHH

    Ufonaut

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Geschrieben 02 Juni 2023 - 17:55

Noch zur Frage "Lesen PERRY RHODAN-Leser noch andere SF?"

 

Ich kann nur für mich sprechen, und die Antwort ist Jein. Als Jugendlicher und Twen habe ich sehr viel gelesen, sehr viel SF, sehr viel andere Literatur. Während eines langen Auslandsaufenthalts in den 90er Jahren stellte ich das PR-Lesen ein, las immer noch viel Literatur, aber schon deutlich weniger SF. Nach Rückkehr nach Deutschland nahm ich PR begeistert wieder auf, las aber aus zeitlichen Gründen (Beruf) viel weniger als in den jungen Jahren. Erst in den letzten Jahren schaffe ich es, mal wieder über den Tellerrand hinauszublicken. Ich nehme an, dass in 15 Jahren in Rente ich wieder viel mehr und breiter gestreut lesen werde wie heute.



#125 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 02 Juni 2023 - 19:00

Tiefschläge waren für mich Hefte von Ernst Ellert, den ich als LKS-Onkel sehr mochte und von Christian Montillon, deren Prosa fand ich damals unterirdisch.

Sehe ich gerade. Arndt Ellmer war der LKS-Onkel. Etwas ähnlich, Ellert und Ellmer, nicht wahr?

#126 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 10 Juli 2023 - 13:07

Ich hatte ja zugesagt, dass ich das Experiment wage und ich habe es getan. Hier das Ergebnis: https://www.jol-rose...rry-rhodan-3195

 

Sagen wir mal so: Ich habe mich schwergetan.


Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#127 Naut

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Geschrieben 10 Juli 2023 - 16:51

Vielen Dank, Jol, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, Deine Lesereindrücke so ausführlich mit uns zu teilen. Mir hat Deine Analyse große Freude beim Lesen bereitet, auch wenn es Dir mit der Primärquelle ganz anders erging. Nochmals danke!
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#128 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

    Temponaut

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Geschrieben 10 Juli 2023 - 17:12

Vielen Dank. Das bedeutet mir viel.


Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#129 Bernard

Bernard

    Giganaut

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Geschrieben 10 Juli 2023 - 18:34

Besten Dank fĂĽr die ausfĂĽhrliche Besprechung.

Für diejenigen, die sich noch stärker für die Rezeption des Romans interessieren, empfehle ich den Diskussionsfaden dazu im Perry-Rhodan-Forum - mit aktuell 185 Diskussionsbeiträgen, die verschiedene Aspekte mal euphorisch, mal skeptisch beleuchten.


www.bernardcraw.net
www.robertcorvus.net
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#130 lapismont

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Geschrieben 11 Juli 2023 - 18:58

TiefschĂĽrfende Rezi, Jol! Denke, dass sich damit das Nachfragen nach Nominierungen trotzdem nicht erledigt hat.  :aliensmile:


Ăśberlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.
Fantasyguide
Saramee
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#131 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 11:06

Hallo zusammen,

 

ich kehre einmal zum Ursprungsthema zurĂĽck.
 
Ich sehe tatsächlich fĂĽr die Preisbewertung  ein groĂźes Problem im Seriencharakter der Einzelromane.
Wenn ein meisterlich konzipierter und handwerklich herausstechend geschriebener Roman einen Rucksack an Vorwissen braucht, um zu funktionieren. Sei es aus der laufenden Zyklushandlung oder aus dem Wissensfundus von über sechs Jahrzehnten fortlaufenden Geschichten-Erzählens. Und das sehe ich bei nahezu jedem PR-Roman.
Aber das erklärt mir trotzdem nicht, warum NIE ein PR-Roman auf einer Shortlist auftaucht.
Wie auch immer, das Problem Seriencharakter ist gegeben, und zweifellos schwerwiegend.
Schlechte Karten fĂĽr einen KLP oder DSFP.
Ist so, wird so bleiben.
 
Wird die PR-Serie von den groĂźen deutschen SF-Preisen also fair wahrgenommen und behandelt?
 
Das Argument, dass die generell mangelnde literarische Qualität der Grund dafür sei, ist in meinen Augen nicht schlüssig:
Da schreiben eine erkleckliche Zahl handverlesener Autor*innen seit Jahrzehnten ambitioniert an diesem Mammutprojekt, was schon Aufgrund der individuellen Backgrounds und persönlichen Ambitionen für eine gewisse Diversität an Thematiken und gerade auch literarischer Qualität sorgen MUSS. Sie tun das in einem hochprofessionellen redaktionellen Rahmen, mit einem technisch-fachlichen Unterstützerstab und, wie Bernard ja betont, in einem von den Autor*innen so wahrgenommenen optimalen Umfeld.
Alleine wenn man die Stammserie betrachtet, werden so im Jahr 52 neue Erzählungen geschaffen. Dazu die NEO Serie mit weiteren 26 Publikationen, Miniserien, KGs usw. usf.
Wenn ich das nur statistisch durchdenke, muss man nicht schon zwangsläufig davon ausgehen, dass da in jedem Jahr das eine oder andere überdurchschnittliche, bemerkenswerte Werk entsteht?
Das spiegelt sich aber nicht ansatzweise im Umfeld von KLP und DSFP wieder. Das lässt sich meines Erachtens kaum wegdiskutieren.
 
Es gibt beim KLP die Preiskategorie "Beste Grafik".
Perry Rhodan sucht man darin nahezu vergeblich (zur einzigen Ausnahme komme ich gleich).
Wie kann das sein, wo ein Marketingapparat hinter der Serie steckt, der professionell auch an der optischen Gestaltung der Publikationen arbeitet?
Bei der Tatsache, dass die Grafiken durchweg einem hohen handwerklichen Grundstandard genügen müssen und in Hinblick auf das quantitativ enorme jährliche VÖ-Volumen, sollte auch hier außer Frage stehen, dass sich in einem Jahrgang eigentlich immer eine herausragende Arbeit finden sollte.
Im letzten halben Jahr wurde mein persönlicher Geschmack zweimal voll getroffen. Das waren Artworks, die herausstachen, die ich mir sofort als Original zu Hause an die Wand hängen würde. Es werden noch rund 25 weitere Grafiken dieses Jahr folgen. Allein nur in der Stammserie.
Ich bin stichprobenartig durch die Jahre der KLP-Shortlist im Bereich "Beste Grafik" gegangen: Nicht einmal habe ich eine Grafik aus der PR-Redaktion in der Shortlist gefunden.
Was steckt da dahinter, frage ich mich?
 
Beim KLP 2023 dann die Revolution:
Der Grafiker Arndt Drechsler erscheint fĂĽr seine Arbeit fĂĽr die Rhodan-Miniserie "Atlantis 2" in der Shortlist der Kategorie "Beste Grafik" und landet respektabel auf Platz Zwei.
Ein erfreulicher Fortschritt, nur: Arndt Drechsler steht nicht zum ersten Mal auf der Shortlist, aber seine Arbeit für PR wurde bisher als nicht preiswürdig erachtet, obwohl er hier meines Wissens seinen größten Output hat.
Und, für den zweiten Platz musste es dann schon ein Projekt mit 12 Grafiken sein. Die Qualität einer Einzelgrafik war wohl nicht ausreichend? Das schmeckt dann schon etwas bitter.
 
Ich gebe weiterhin zu bedenken:
Perry Rhodan ist das quantitativ größte literarische Werk der Menschheit. Nachprüfbar.
Perry Rhodan ist immer noch die größte deutschstämmige SF-Publikation außerhalb Deutschlands und sorgt nicht unerheblich dafür, dass deutsche SF überhaupt im Ausland wahrgenommen wird.
Perry Rhodan ist eine deutsche SF-Publikation auf einem derart professionellen Niveau, wie kaum eine Zweite im Land.
Namhafte deutsche SF-Autoren beziehen sich immer wieder auf PR, stellen sich immer wieder an die Seite von PR, benennen die Rhodan-Serie als eine ihrer Wurzeln (Eschbach, Brandhorst, um nur zwei zu nennen ... wie ist das eigentlich möglich, wo sich PR-Leser ja gar nicht fĂĽr andere SF interessieren? :bighlaugh: ).
 
Warum spiegelt das die deutsche SF-Literaturpreis-Landschaft nicht ansatzweise, auch und gerade in Kategorien, die die literarische Qualität nicht bewerten (müssen)?
Die Kategorie "Sonderpreis" des KLP bietet zum Beispiel eine wunderbare Gelegenheit, die zweifellos bemerkenswerte jahrelange Arbeit des Verlages und der Redaktion hinter der PR-Serie zu wĂĽrdigen.
In 43 Anlaufen ist das dem KLP nicht geglĂĽckt. Eine Unterlassung, nach meinem Empfinden.
Ja, es finden sich in der Kategorie mit Walter Ernsting und Ernst Vlcek zwei ehemalige Rhodan-Autoren. Sie wurden mit dem Preis aber nicht explizit wegen dieser Tätigkeit geehrt, sondern für ihr Lebenswerk. Bei Ernsting wird die Serie gar nicht (mehr?) benannt, obwohl er einer der beiden geistigen Väter ist. Bei Vlcek findet man dazu wenigstens ein paar Worte in der Laudatio.
 
Ja, Rhodan und die SF-Preise, das ist ein altes und hochkomplexes Thema.
Fakt ist doch offenkundig (fragt mal die Betroffenen), dass die Köpfe hinter den Preisen es nicht geschafft haben die PR-Macher und -Fangemeinde mit abzuholen. Im Gegenteil fĂĽhlen sich viele ausgegrenzt und das wohl nicht ganz zu unrecht.  Warum ist das passiert? Was sind die GrĂĽnde?
Das ist angesichts des Alleinstellungsmerkmals, den Perry Rhodan nun einmal fĂĽr deutsche SF immer noch darstellt, schon bemerkenswert. PR ist da und PR ist erfolgreich.
Das mag einem individuell nicht liegen und gefallen, aber die erbrachte Leistung ist da und sollte nicht ignoriert werden.
 
Beste GrĂĽĂźe - Frank (seit Nr. 3000 wieder Stammleser.)

Bearbeitet von diffusSchall, 12 Juli 2023 - 11:09.

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"All I know is, if you want it all my dear... go out and get it." - Coheed and Cambria

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#132 Mammut

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 11:37

Hallo Frank,

 

sehr interessante AusfĂĽhrung.

Bei den Grafiken muss ich ehrlich zusagen, sind meine Favoriten meistens auch nicht auf der Nominierungsliste des KLP. Ich habe hier und da schon mal einen Blick auf die erschienen Bilder der EA geschielt und das ein oder andere zur Nominierung vorgeschlagen, aber am Ende hat es dann nicht gereicht. Ich finde allerdings, die Cover ähneln sich doch recht sehr. Wenn man die Hefte liest und vor sich hat, empfindet man das vielleicht anders und findet eines großartig, auch im Vergleich anderer erschienen SF Grafiken. Hast du für 2023 vielleicht ein PR Bild, das du für besonders gelungen hälst und kannst es verlinken?

Beim Sonderpreis ist es ja so, es sind viele Autoren, gerade auch Perry Rhodan Autoren, fĂĽr den KLP nominierungsberechtigt. Frag die mal, warum die da bisher keinen Einsatz gezeigt haben.

Ich für mich persönlich wüsste nicht, warum ich eine Serie mit Höhen und Tiefen, der ich seit1500 Ausgaben nicht mehr folge und die es schon seit 1962 gibt, für den Sonderpreis abstimmen sollte.

 

Zu den Romanen: Hast du mal welche der DSFP bzw. KLP nominierten bzw. Gewinner gelesen und einen Vergleich zu dem für dich herausragenden Perry Rhodan Roman der EA gezogen? Wie ist da dein Fazit? Wo siehst du die Unterschiede in den Stärken bzw. Schwächen?


Bearbeitet von Mammut, 12 Juli 2023 - 11:39.

JahresrĂĽckblick 2023
http://defms.blogspo...blick-2023.html

#133 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 11:52

Nur zur Erinnerung: Der KLP, das sind wir. Wir mĂĽssen es nominieren, sonst geschieht nichts. 


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#134 Bernard

Bernard

    Giganaut

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 11:56

Schade, dass auf Basis der ausführlichen Besprechung von Der Überläufer keine Diskussion in Gang kommt …
 
Nun ja, dann werfe ich mal ein paar Gedanken dazu in den Raum.
 
Zunächst einmal: Es wird deutlich, dass sich Jol intensiv mit dem Text auseinandergesetzt hat. Das geht über das »habe ihn vollständig gelesen« hinaus, das Voraussetzung für eine fundierte Kritik ist. Da wurde gründlich gelesen, passagenweise auch mehrfach, das Drumherum (Glossar, Vorspanntext) wurde einbezogen, es wurde sogar ein wenig im Internet (Perrypedia) recherchiert. Das ist eine sehr solide Basis für eine Beurteilung.
 
Meine Überzeugung ist nach wie vor, dass sich nahezu jeder Rhodan-Heftroman als eigenständiges Werk lesen lässt – und dabei auch nicht mehr Fragen offen bleiben als beispielsweise bei Pulsarnacht von Dietmar Dath (ein herausragendes Werk, das den KLP gewann und beim DSFP Platz 2 erhielt). Diese These zu überprüfen war ja die Motivation von Jol Rosenbergs Leseexperiment; deswegen werde ich mich im Folgenden auf den Roman Der Überläufer fokussieren und den Serienkontext nur sporadisch anspielen.
 
Ich folge der Gliederung der Besprechung.
 
Ă„uĂźere Wirkung und Aufmachung
 
Die Titelbilder der Serie werden in eigenen Diskussionsfäden im Perry-Rhodan-Forum diskutiert, hier der für das Titelbild zu Der Überläufer.
Wie man sieht, wurde es überwiegend mit »Gut« bewertet; da es Jols Geschmack nicht trifft, ist die Annahme berechtigt, dass das wohl auch für den generellen Stil der Rhodan-Titelbilder gelten wird. Wo es analoge Originale gibt (also die Bilder nicht direkt am Computer entstanden), werden sie auf dem Kunstmarkt mindestens vierstellig gehandelt - auch außerhalb des deutschen Sprachraums, wich ich dieses Jahr erfahren durfte.
Positiv zu vermerken ist, dass die Titelbilder in aller Regel einen engen Bezug zum Romaninhalt haben, so auch hier. Wie Jol richtig erkennt, ist hier eine Hauptfigur, der Laichkange Hookadar, abgebildet. Eine Unschärfe – oder künstlerische Freiheit des Zeichners – ist die Anzahl der Finger. Dass der Außerirdische entgegen den Sitten seiner Kultur (wie im Glossar ausgeführt) nicht barfuß unterwegs ist, sondern Stiefel trägt, entspricht dagegen dem im Roman geschilderten Kontext (Einsatz in Raumschiffen mit Transfers durch den Weltraum); ähnlich wie ein Sikh auf einer Baustelle den traditionellen Turban gegen einen Sicherheitshelm austauschen oder zumindest einen Helm integrieren wird. Schon im dritten Absatz des Romans wird dieser Umstand adressiert:
Der Laichkange lauschte mit den Füßen, deren breite Ledersohlen die Vibrationen im schwarzblauen Metall des Bodens aufnahmen. Die Stiefel des Schutzanzugs waren darauf ausgelegt, feinste Erschütterungen zu übertragen, als wäre er barfüßig.

 

 

Hookadar trägt also zwar einen Schutzanzug – aber es ist eine Spezialanfertigung, die auf die Eigenheit der Laichkangen, über die Fußsohlen zu hören, Rücksicht nimmt. Eben jene Eigenheit, die im Glossareintrag ausgeführt wird. Für mich machen solche Details ein SF-Szenario stimmig, weswegen ich es auch jederzeit wieder so schreiben würde.
(Eine kleine Unschärfe in der Beschreibung innerhalb der Besprechung: Das Alien hat nicht vier Zweierpaare von Armen, sondern vier Arme, die in zwei Zweierpaaren angeordnet sind. Da das Titelbild im Blogbeitrag abgebildet ist, wird das aber jeder Leser erkennen.)
Zusätzlich zum Alien ist auch das Interieur des Raumschiffs PAALVAGUR (Gänge mit sechseckigem Querschnitt, Rauch) korrekt auf dem Bild wiedergegeben.
Hier ein "Leckerli" für die literarisch-sprachlich Interessierten: Die PAALVAGUR gehört als Schiff zum chaotarchischen »Kulturverbund«, wie auch im Roman (und später in der Besprechung) adressiert wird. Also zu Kulturen, für die »das Chaos« als Urprinzip positiv belegt ist. »Chaos« verbinden wir zumeist mit »Unordnung«, was auch tatsächlich ein Prinzip ist, dem man in diesem Kulturverbund folgt. Das Wort hat aber mehrere Nebenbedeutungen, insbesondere »Kluft« (deswegen reisen die chaotarchischen Schiffe durch ein Kontinuum, das »Kluft« genannt wird – ähnlich wie der Hyperraum, der in vielen Franchises und auch bei Rhodan existiert) und, als weitere Nebenbedeutung, »Rauch«. Der in der PAALVAGUR allgegenwärtige und auf dem Titelbild zu sehende Rauch ist also eine metatextuelle Anspielung, die die Bedeutungsvielfalt des Begriffs »Chaos« aufnimmt. Muss man das wissen, um der Serie oder dem Roman folgen zu können? Sicher nicht. Aber wenn man es weiß, schmunzelt mal vielleicht bei der Lektüre.
Was Papier und (zweispaltigen) Druck angeht, stimme ich dem Eindruck zu, dass es sich hier nicht um eine High-End-Verarbeitung handelt; der Innenteil erinnert an eine Zeitung. Bei der Beurteilung des Preises (aktuell erhöht auf 2,70 Euro, bei Der Überläufer aber noch 2,50 Euro) kann man sogar fragen, ob das wirklich besonders preiswert ist. Das einzelne Heft – sicher. Aber umgerechnet auf ein Taschenbuch-Layout bekommt man etwa 100 Seiten für 2,50 Euro; man müsste also den Preis von etwa 4 Heftromanen dem eines durchschnittlichen Taschenbuchs gegenüberstellen und käme dann auf 10 Euro, was als Taschenbuchpreis zwar im unteren Bereich, aber nicht außergewöhnlich niedrig ist. Allerdings bekommt man bei Rhodan für diesen Preis auch vier Titelbilder und einige Extras (wöchentlich wechselnde Einheftungen).
Erwähnt wird auch die Leserkontaktseite (LKS), die tatsächlich auffällig ist und in einigen literaturwissenschaftlichen Arbeiten als einer der Erfolgsfaktoren der Serie identifiziert wurde (eingebettet in die auch sonst engen Bindung zwischen Machern und Leserschaft).
 
Abschnitt »mein Einstieg«
 
Über die Sinnhaftigkeit des Glossars kann man sicher geteilter Meinung sein … Andererseits trifft man immer wieder Leute, die eben nicht Internet-affin sind und mit Online-Lexika wie der Perrypedia (übrigens ein Fan-, kein Verlagsprojekt) nichts anfangen können.
 
Dass man bei der KI »keine Persönlichkeit wahrnehmen konnte«, überrascht vor dem Hintergrund, dass sich diese aus einem Rachemotiv heraus den Instruktionen eigentlich autorisierter Bediener widersetzt. Sie denkt also nicht nur über ihre ursprüngliche Programmierung hinaus, sondern wird entscheidend durch Emotionen motiviert. Wenn das keine Persönlichkeit ist – was dann?
 
Ebenfalls überrascht (mich) die Erwartungshaltung, Rhodan sei Hard SF. Gemeint ist vermutlich »technikorientierte SF«, denn dass überlichtschnelle Raumfahrt als ein den Naturwissenschaften widersprechendes Prinzip, das in der Hard SF nicht vorkommt, bei Rhodan ein zentraler Faktor ist, wird auch jemand wissen, der das Thema nur gestreift hat. Der Vergleich mit Star Trek (ebenfalls schwerlich Hard SF) bestätigt meine Vermutung, dass technikorientierte SF gemeint ist.
Mit Fokus auf Der Überläufer ist das zu verneinen, da stimme ich der Besprechung zu. Es gibt andere Rhodan-Heftromane, in denen Naturwissenschaft und Technik im Zentrum stehen, aber sie sind selten. Insgesamt bildet die Serie im Wesentlichen die Gesamtheit der Far-Future-Science-Fiction ab – da gibt es kaum etwas, das es nicht gibt (außer exzessive Gewalt und Erotik).
Auch hat mich überrascht, dass unbekannt war, dass Rhodan eine durchgängige Handlung hat – wird doch das Label »längste fortlaufende Erzählung seit Erfindung der Schrift« gern angebracht und auch außerhalb der SF-Bubble, in allgemeinen Literaturkreisen, mit Rhodan verbunden. Gerade für die SF-Preise wurde ja auch häufig die Annahme geäußert, ein Rhodan könne nicht für sich genommen verstanden werden. Wenn man aber nicht von einer durchgängigen Handlung, sondern von eigenständigen Einzelepisoden ausging - worin gründete dann diese Kontaktscheu?
Dass Der Überläufer hier die teils unzutreffende Erwartungshaltung dazu, was die größte SF-Serie der Welt ausmacht, durch eine Real-Life-Experience ersetzen konnte, ist ja schon mal positiv – so reden wir alle über Fakten statt über Annahmen.
 
In der Besprechung folgen nun Spekulationen zum Serienkontext. Die finde ich manchmal treffend, manchmal nicht. Ob ein solcher Kontext abschreckend oder im Gegenteil anziehend wirkt, ist individuell verschieden. Wenn man mit Leserinnen und Lesern spricht, sind diese oft gerade deswegen zu Rhodan gekommen und bei Rhodan geblieben, weil die Serie sie Woche für Woche begleitet und ein komplexes Serienuniversum immer weiter ausdetailliert. Andere wird es tatsächlich abschrecken, diese Annahme halte ich für plausibel. Kann man mögen – muss man aber nicht. Geschenkt.
 
Weiter im Text.
»Warum die Personen zwar Geheimräume erstellen, in diesen aber keine Übertragungen kontrollieren können, bleibt unklar.«
Da bleibt mir unklar, wo das Verständnisproblem liegt.
Die PAALVAGUR ist ein Schiff, das vom Feind, den Chaotarchen, erbeutet wurde und inzwischen auf dem Tender MAGELLAN transportiert wird.
Man möchte aber ins Flaggschiff des Feinds vordringen, FENERIK.
Dazu versucht man eine List: Man spielt einem hochrangigen Gefangenen, Farbaud, vor, er könne entkommen. Und zwar mithilfe der PAALVAGUR, die von der verbauten Technik her in der Lage ist, dieses Ziel zu erreichen. Der Plan sieht vor, dass er dann mit der PAALVAGUR zu FENERIK fliegt und dabei ein Infiltrationskommando mitnimmt. Dieses Infiltrationskommando hält sich logischerweise verborgen – »versteckte Räume«, speziell zu diesem Zweck konstruiert. Die Konstruktion dieser Räume (Prototypen) ist eine primär technische, keine militärische Aufgabe – was die Anwesenheit der beiden Techniker/Wissenschaftler Yashuru D’a und Lato notwendig macht.
Da sich diese Räume innerhalb des Schiffs befinden, das als trojanisches Pferd dienen soll, kann man von dort aus den Funkverkehr mithören, der in diesem Schiff stattfindet.
Dass diese Zusammenhänge erfasst wurden, lese ich aus der Besprechung heraus.
Was ist nun unklar? Wieso man den Funkverkehr des Feindes mithört, statt einfach abzuschalten? Weil man eben ein Infiltrationskommando ist und in einer solchen Situation auf dem Laufenden bleiben will, was im umgebenden Schiff geschieht. Da macht man sich nicht selbst blind und taub.
 
Die Wertung von Atlans Handlungsweise als »Konglomerat aus Geschlechtsrollenklischees und patriarchaler Anmaßung« steht, wie jede Wertung, im Ermessen jeder Leserin und jedes Lesers, erscheint mir aber zumindest seltsam und stark geprägt von einer besonderen Leseperspektive. Atlan ist zwar ein Mann, aber er ist auch der Kommandant des Infiltrationsteams und ein extrem erfahrener Verantwortungsträger (jahrtausendealt; weitere Qualifikationen sind zwar vorhanden, im Roman aber nicht genannt, weswegen ich sie hier weglasse). Dass die beiden letztgenannten Eigenschaften viel stärker motivieren, dass er bei vermutetem Fehlverhalten im Team eingreift, als der Umstand, dass er ein Mann ist, erscheint mir offensichtlich; Letzteres wäre allenfalls bei ansonsten ranggleichen Teammitgliedern zu vermuten. Zudem werden im Roman – wie in der Besprechung thematisiert – auch mehrere Frauen in Führungspositionen vorgestellt, insbesondere Mirabelle Eden als Kommandantin der MAGELLAN, die ebenfalls einen Trupp Soldaten ins Gefecht führt. Wie man in einer solchen Konstellation Geschlechterrollenklischees und partiarchale Anmaßung vermuten kann, ist mir ein Rätsel – aber jede Leserin und jeder Leser mag herauslesen, was sie oder er will …
 
Abschnitt »Sprache und Welt«
 
Auch hier fällt es mir oft schwer, nachzuvollziehen, wo die Verständnisprobleme liegen.
Wenn Raumschiffnamen besonders gekennzeichnet werden – bei Rhodan mittels Großbuchstaben, in anderen Texten oft kursiv – sollte das eigentlich das Verständnis erleichtern, weil ein einordnendes Signal gesetzt wird: »Das hier ist jetzt ein Raumschiff.«
Von einer »Sonardusche« lese ich in vielen SF-Texten, nicht nur bei Rhodan – man reinigt sich mittels Schallwellen, nicht mit Wasser, was im Weltraum oft eine gute Idee ist.
Wie man in einem Raumschiff geheime Räume schaffen kann … Wieso nicht, wenn das Raumschiff so groß ist wie eine Stadt und überdies in weiten Teilen zerstört? »Kann man in einer ausgebombten Stadt einen geheimen Keller anlegen?« wäre eine äquivalente Frage, die ich bejahen würde.
Die »Kupferroboter« wurden in diesem Roman eingeführt: Roboter mit kupferfarbener Oberfläche.
»Kelchraumer« ist in dieser Aufzählung vermutlich der einzige Begriff, der sich nicht aus dem Kontext erschließt. Da wird man als jemand, der nur diesen Roman kennt (was ja die Versuchsanordnung ist) wohl ein Fragezeichen im Kopf haben und es mit »irgendeine Raumschiffklasse« beantworten. Das reicht für die Handlung dieses Romans auch aus. (Kelchraumer sind besonders große Raumschiffe, die ihre Bezeichnung daher haben, dass sie wie Kelche/ Trichter geformt sind. Eine Spezialität der arkonidischen Kultur. So, wie »Kugelraumer« kugelförmig sind.)
Interessant finde ich, dass die Besprechung anlässlich des längeren Zitats die Frage stellt: »Wie kann eine Maschine erkranken?« Denn das ist genau eine der Fragen, von denen ich als Autor möchte, dass man sie sich bei der Lektüre an dieser Stelle stellt. Die Antwort darauf liegt darin, dass die Sextatronik eben nicht einfach nur eine Maschine ist, sondern die KI so weit getrieben wurde, dass sich eine echte Persönlichkeit entwickelt hat – die auch wahnsinnig werden kann. Das Thema »echte Persönlichkeit« speziell bei dieser KI tauchte ja schon zu Beginn der Besprechung auf … Auch die Folgefragen sind interessant und genau richtig, etwa danach, wieso bei einer solchen KI nur ein Teil dem Wahnsinn verfällt und andere nicht. Das wird auch im Roman thematisiert: (Programm-, Speicher-)Module werden zugeschaltet oder isoliert etc. – Möglichkeiten, über die eine künstliche im Gegensatz zu einer biologischen Intelligenz verfügt und die ich in der Science-Fiction gern diskutiert sehe. Eine KI kann ihre eigenen Denkweisen (Algorithmen) und Erinnerungen (Speicherinhalte) viel weitgehender kontrollieren und manipulieren als ein Mensch. Und dennoch verfällt die Sextatronik dem Wahnsinn - wie ein Rechnerverbund mit Virenbefall ...
 
Schade, dass kein Beispiel für die Perspektivfehler aufgeführt wurde. Ich glaube, es gibt sie nicht …
 
Exkurs zur Genderqueerness in PR
 
Hier wird richtig erfasst, dass die Szene aus Atlans Perspektive geschildert wird. Es ist daher nur konsequent, dass Atlan im Vorübergehen die primären Geschlechtsorgane (männlich und weiblich) sieht und einordnet. Dass dieser Blick auf einen unbekleideten Körper im Vorübergehen als »voyeuristisch« empfunden wird, lässt mich nur mit dem Kopf schütteln. Eine Erotisierung liegt hier nun wirklich nicht vor.
Auch wird der Begriff »Hermaphrodit« hier nicht abwertend, sondern beschreibend verwendet.
Dass Mulholland sich selbst als sächlich wahrnimmt, ist seine Entscheidung. Es lebt in einer Welt (oder zumindest Kultur), in der das akzeptiert wird und nicht zu einer Stigmatisierung führt.
An dieser Stelle ist angebracht, die Figur über den vorliegenden Roman hinaus zu beleuchten. Iwán/Iwa Mulholland wird in anderen Romanen der Serie im Erzähltext – entsprechend der Eigenwahrnehmung – mit »es« referenziert. Dass ich das in Der Überläufer nicht getan habe, liegt an der Atlan-Perspektive. Atlan nimmt Mulholland männlich wahr, referenziert Mulholland daher auch mit der männlichen Form. Gerade deswegen ist es in-character, wenn er durch den Anblick der doppelten Geschlechtsorgane darüber nachdenkt, dass diese Referenzierung unvollständig ist, und auch darüber, wie Mulholland sich selbst wahrnimmt. In anderen Romanen wird Mulholland auch aus der Perspektive von weiblichen Figuren gesehen (und dann feminin referenziert) oder aus der von Maschinenintelligenzen (die bei der Zuordnung zu keinem Ergebnis kommen).
Unabhängig davon, ob man diesen Umgang mit der Doppelgeschlechtlichkeit mag oder nicht, ob man ihn selbst in vergleichbarer Situation wählen würde oder nicht, bleibt festzuhalten: Mulholland hat ihn für sich gewählt, und er lebt in einer Gesellschaft, in der nach Charakter und Leistung beurteilt wird, nicht nach Geschlechtsmerkmalen. In der Männer, Frauen, Nonbinäre und exotische Ausprägungen (bspw. bei einigen außerirdischen Kulturen anzutreffen) in funktionalen Teams zusammenarbeiten. In der der Begriff »Leben« auch über die Biologie hinaus auf technische Konstrukte anzuwenden ist (wie bei der Sextratronik gezeigt).
In diesem Aspekt steht Der Überläufer in der Tradition der positiven Utopie, die Rhodan im Grundstrom immer geboten hat. Schon in den 1960ern waren Männer, Frauen, Menschen aller Hautfarben und Nationalitäten in Heldenrollen dargestellt. Ich nehme auch an, dass dieser integrative Faktor wesentlich zum Erfolg der Serie über Jahrzehnte hinweg beiträgt.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Serie wirklich - wie in der Besprechung angenommen - in alten, teils ĂĽberkommenen Traditionen verhaftet ist. Die fĂĽr uns Gegenwärtige kaum zu unterscheidende Gegenannahme wäre, dass sie ihrer Zeit ein paar Jahrzehnte voraus wäre; so hat es sich bislang immer erwiesen. Wir werden es sehen, wenn wir in zehn oder zwanzig Jahren die dann aktuelle SF lesen werden.  :)
 
Zum Fazit:
 
Offensichtlich wurde der Text gründlich gelesen und es fand eine ernsthafte Auseinandersetzung damit statt; dass ich teils eine andere Sicht habe, ändert nichts daran, dass das Fazit schlüssig aus dem Leseeindruck folgt.
Das Fazit extrapoliert auch aus dem Roman auf die gesamte Serie, wozu ich zwei Zusatzinformationen biete:
Die Schlachten und Kämpfe sind mein Markenzeichen, da stelle ich innerhalb des Autorenteams ein Extrem dar. Wo Robert Corvus draufsteht, wird man diese Handlungselemente in der Regel finden; bei den Kolleginnen und Kollegen tendenziell weniger.
Die Einschätzung als »konservative SF« lässt mich schmunzeln. Schon seit den 1970ern ist die Serie in der Rezeption gleichzeitig »rechtsradikal« und »links-grün versifft« (oder was die jeweils gängigen Begriffe in den jeweiligen Jahrzehnten gewesen sind). Da Literatur generell (auch) dazu da ist, die Denkweisen des Lesepublikums infrage zu stellen und in diesem Sinne ein wenig zu provozieren, finde ich: In dieser Hinsicht haben wir alles richtig gemacht – und tun es offenbar noch immer.
 
In jedem Fall lässt sich ĂĽber Perry Rhodan trefflich diskutieren.  :)

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#135 Bernard

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 12:04

 

Hallo zusammen,

 

ich kehre einmal zum Ursprungsthema zurĂĽck.
 
...

 

Vielen Dank fĂĽr Deinen Beitrag, dem ich vollinhaltlich zustimme.

Dazu, warum Rhodan beim KLP nicht zum Zuge kommt, habe ich mich schon ausführlicher geäußert; im Grunde sind es zwei Punkte:

1) Streuung - gerade wegen der Vielzahl der Werke/ Leistungen/ Publikationen verteilen sich (laut Treuhänder) die jedes Jahr eingehenden Rhodan-Nominierungsvorschläge so breit, dass es für jeden einzelnen Vorschlag nicht reicht.

2) Mentalität der Rhodan-Macher, die den KLP entweder als Hobby-Preis sehen, bei dem man als Profi nicht antreten solle, oder die es als stillos empfinden, Werke aus einem Franchise vorzuschlagen, an dem sie selbst mitarbeiten.

Ich arbeite an beiden Punkten ...


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#136 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 12:23

Hast du für 2023 vielleicht ein PR Bild, das du für besonders gelungen hälst und kannst es verlinken?

 

Sehr gerne, dies sind die beiden oben erwähnten Grafiken, die ich persönlich ausgesprochen gelungen finde:
 
 
 
Und hier sind alle Grafiken des laufenden Zykluses zu finden:
 
 
Die Grafik zu Band 3202 ist die erste 2023 erschienene.
 
 
Warum man heute fĂĽr einen Sonderpreis in Sachen PR votieren sollte?
Nun, das SF-Phänomen Perry Rhodan wächst und wächst und wächst. Und damit wächst vielleicht auch ein Grund, das Gesamtwerk zu würdigen?
 
Ich habe einige der Preisträger gelesen, hatte mir irgendwann sogar eine To-Do-Liste genau dazu erstellt.
Ich sehe tatsächlich kein Gefälle in der Qualität. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder Rhodan-Romane gelesen, die hochwertig und gefühlt auf auf Augenhöhe mit so manchem KLP-/DSFP-Sieger waren. Sie wurden mitreißend erzählt, lieferten reinsten Sense Of Wonder, zeigten ganz wundervolle Charakterstudien.
 
Ich sehe jedoch ein echtes Problem in der Vergleichbarkeit:
Den PR-Autoren wird nicht unerheblich viel Arbeit im Bereich Weltenbau abgenommen, dadurch, dass sie Exposé-Vorgaben umsetzen und ihnen das existierende PR-Universum zur Verfügung steht. Das engt sie sicherlich auch ein, eben weil sie nicht immer so frei gestalten können, wie sie gerne möchten. Unterm Strich wird es immer schwer fallen hier die Eigenleistung des Autoren zu bestimmen.
Bei OMNI von Andreas Brandhorst weiß ich, dass der enorme Weltenbau aus seinem Kopf für dieses Werk entstanden ist. Das mit der Leistung eines PR-Autors bei einem spezifischen Roman zu vergleichen, fällt schwer. Das betrifft natürlich auch andere Aspekte, wie Plotgestaltung, Charakterentwicklung usw.
Wo fängt die Eigenleistung des Autors bei PR an? Das zu bestimmen ist tricky. Und das macht die Bewertung seines Werkes im Rahmen eines Literaturpreises vielleicht sogar unmöglich.

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#137 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 12:28

Nur zur Erinnerung: Der KLP, das sind wir. Wir mĂĽssen es nominieren, sonst geschieht nichts. 

 

Hallo Yvonne,

 

und die Shortlists generieren sich aus der reinen Anzahl der Nennungen?

 

(Entschuldige, dass ich so frage. Ich weiĂź, das wurde hier schon zu oft diskutiert und gefragt und ich sollte mir das andern Ortens anlesen. Ich habe mich mit dem Thema in der Vergangenheit einfach nicht beschäftigt und frag praktischerweise jetzt hier direkt.   :) )

 

Beste GrĂĽĂźe - Frank


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#138 Bernard

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 12:34

Ich sehe jedoch ein echtes Problem in der Vergleichbarkeit:

Den PR-Autoren wird nicht unerheblich viel Arbeit im Bereich Weltenbau abgenommen, dadurch, dass sie Exposé-Vorgaben umsetzen und ihnen das existierende PR-Universum zur Verfügung steht. Das engt sie sicherlich auch ein, eben weil sie nicht immer so frei gestalten können, wie sie gerne möchten. Unterm Strich wird es immer schwer fallen hier die Eigenleistung des Autoren zu bestimmen.
Bei OMNI von Andreas Brandhorst weiß ich, dass der enorme Weltenbau aus seinem Kopf für dieses Werk entstanden ist. Das mit der Leistung eines PR-Autors bei einem spezifischen Roman zu vergleichen, fällt schwer. Das betrifft natürlich auch andere Aspekte, wie Plotgestaltung, Charakterentwicklung usw.
Wo fängt die Eigenleistung des Autors bei PR an? Das zu bestimmen ist tricky. Und das macht die Bewertung seines Werkes im Rahmen eines Literaturpreises vielleicht sogar unmöglich.

 

Das hängt davon ab, ob das Werk oder der Autor/ die Autorin ausgezeichnet werden sollen.

Geht es um das Werk, ist vollkommen egal, wer welche Anteile daran erbracht hat; ob das Exposé von jemand anderem stammt als das Manuskript; ob mehrere Leute am Manuskript geschrieben haben oder nur einer; ob es ein mehr-, ein einstufiges oder gar kein Lektorat gab. Wird das Werk prämiert ("bester Roman", "beste Grafik", "beste Erzählung") zählt nur das Ergebnis.

Anders wäre es, wenn eine Person ausgezeichnet würde - "best writer" zum Beispiel. In dem Fall wäre umgekehrt egal, ob ein, zwei oder zehn Werke dieser Person im Bewertungszeitraum erschienen sind - man würde die Gesamtleistung in den Blick nehmen.
Auch im allgemeinen Literaturbetrieb (den ich ja auch aus der Innenperspektive kenne) ist es nicht immer zutreffend, wenn man von einem Namen auf dem Cover auf eine alleinige Verfasserschaft schlieĂźt ... Das ist schlicht ohne Insiderwissen nicht zu beurteilen.


und die Shortlists generieren sich aus der reinen Anzahl der Nennungen?

 

Beim KLP obliegt es dem Treuhänder, zu entscheiden, welche ungefähre Anzahl an Positionen auf dem Stimmzettel sinnvoll ist.

Er geht dann die Nominierungsvorschläge beginnend vom Meistgenannten so lange durch, bis diese Anzahl erreicht ist. Deswegen reichen in manchen Jahren weniger Nennungen als in anderen aus.
Es gibt noch eine Kontrolle dahingehend, dass es sich wirklich um SF handelt, das Erscheinungsjahr in den Bewertungszeitraum fällt etc. Das sind aber im weiteren Sinne Formalprüfungen.

Außerdem kann ein Fachgremium noch korrigierend eingreifen, was aber laut Treuhänder in den meisten Jahren nicht vorkommt.


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#139 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 12:49

Das hängt davon ab, ob das Werk oder der Autor/ die Autorin ausgezeichnet werden sollen.

Geht es um das Werk, ist vollkommen egal, wer welche Anteile daran erbracht hat; ob das Exposé von jemand anderem stammt als das Manuskript; ob mehrere Leute am Manuskript geschrieben haben oder nur einer; ob es ein mehr-, ein einstufiges oder gar kein Lektorat gab. Wird das Werk prämiert ("bester Roman", "beste Grafik", "beste Erzählung") zählt nur das Ergebnis.

 

Einleuchtend. Letztlich ist da maĂźgeblich, welche Grenzen der Preis selbst definiert.

Ich bin gespannt, ob diese Regeln eine Anpassung erfahren, wenn die KI-Technologie so weit ist qualitativ höchstwertige Texte zu verfassen. Aber das ist ein völlig anderes Thema.

 

Vielen Dank fĂĽr die Einsichten in die KLP-Mechanismen. ich muss mich da wirklich dringend einlesen.

 

Zu Jol Rosenbergs Rezension:

Ihre Analyse von Mulhollands Darstellung hat mich sehr nachdenklich gemacht. Dass ausgerechnet dieser Charakter als einzige Figur im Roman nackt dargestellt und daher vorgefĂĽhrt wird. Das Argument hat was fĂĽr sich.

Ist das ein kluger Umgang mit dem Komplex Genderqueerness? Wäre eine beiläufigere, weniger exponierte Darstellung nicht die bessere Wahl gewesen? 


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#140 Naut

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 13:35

Zu Jol Rosenbergs Rezension:

Ihre Analyse von Mulhollands Darstellung hat mich sehr nachdenklich gemacht. Dass ausgerechnet dieser Charakter als einzige Figur im Roman nackt dargestellt und daher vorgefĂĽhrt wird. Das Argument hat was fĂĽr sich.

Ist das ein kluger Umgang mit dem Komplex Genderqueerness? Wäre eine beiläufigere, weniger exponierte Darstellung nicht die bessere Wahl gewesen? 

Das ist eine erfreuliche Reaktion auf die Rezension. Denn es lag sicher nicht in Roberts Absicht, hier Queerness in irgendeiner Weise vorzuführen, eher im Gegenteil, als positiven Umgang herauszustellen. Er hat ja auch gut erklärt, worum es ihm dabei ging. Aber solche Darstellungen unterliegen einem Wandel: So war es vielleicht vor 100 Jahren noch progressiv, in einem Theater eine PoC-Nebenrolle überhaupt zu schreiben, auch wenn sie dann mittels "blackfacing" durch einen weißen Darsteller besetzt wurde. Aus unserer heutigen Sicht wäre so etwas sehr fragwürdig. Kunst verändert sich eben im Dialog mit Gesellschaft.

In diesem spezieleln Fall kann ich tatsächlich die Interpretation nachvollziehen, dass in dieser beschriebenen Gesellschaft Identitäten, die außerhalb des binären Schemas liegen, effektiv "unsichtbar" werden, wenn die betreffende Spezies nicht sowieso schon nichbinäre biologische Grundlagen hat. Anders formuliert: Sichtbare Queerness gibt es da wohl nur für Aliens und Maschinen.

Zugegeben, eine zunächst mal radikal erscheinende Interpretation, aber, wie ich sehe, durchaus belegbar.

 

Daher finde ich die Auseinandersetzung mit dieser Szene extrem wichtig: Für mich als Autor muss ich hinterfragen, ob das, was ich durch eine Szene ausdrücken will, tatsächlich von allen Lesenden so wahrgenommen werden kann, oder ob ich hier einfach meiner eigenen Gewöhnung auf den Leim gehe. Ich habe daraufhin eine sehr ähnlich gelagerte Szene in einem meiner Romane überprüft, und bin einigermaßen erleichtert, dass ich sie nach fast 10 Jahren immer noch okay finde. (Trotzdem würde ich mich vermutlich nicht trauen, sie Jol lesen zu lassen. ;) )


Bearbeitet von Naut, 12 Juli 2023 - 13:35.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#141 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 13:54

Ich kann mich noch an den Roman erinnern und auch daran, dass mir diese Szene in keiner Weise aufgefallen ist. Ich habe darĂĽber gelesen und es als Teil der Charakterdarstellung mitgenommen.

Ich hoffe, dass es für mich spricht, dass ich da keinen Unterschied gemacht hätte, ob da alternativ ein Mann oder eine Frau oder ein Alien beschrieben worden wäre.

Wobei bei Letzterem dieses Vorführen ja noch insofern in Ordnung wäre, weil Atlan stellvertretend für alle Menschen und damit alle Leser*innen geschaut und bewertet hätte. Was das über seinen Charakter sagt, lass ich mal außen vor.

Aber bei Mulholland haben wir den Fall, dass man einem solchen Menschen tatsächlich begegnen kann/wird und da stellt sich direkt die Frage des Umgangs damit. Gerade auch wenn es eine Romanfigur ist, die man handled. Abgesehen davon, dass jemand den Text lesen könnte, der guten Grund hat die Szene mit Mulhollands Augen zu sehen.

Mich hat Jol erwischt, weil mir selbst diese Sensibilität als Autor abgegangen ist. Mir wurde der Spiegel vorgehalten und auf meine eigenen blinden Flecken verwiesen.

Unangenehm. Und lehrreich, hoffentlich...


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#142 Bernard

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 15:47

Ich kann mich noch an den Roman erinnern und auch daran, dass mir diese Szene in keiner Weise aufgefallen ist. Ich habe darĂĽber gelesen und es als Teil der Charakterdarstellung mitgenommen.

Ich hoffe, dass es für mich spricht, dass ich da keinen Unterschied gemacht hätte, ob da alternativ ein Mann oder eine Frau oder ein Alien beschrieben worden wäre.

Tut es, und die Botschaft der Szene ist ja auch unbestritten: Egal, wer oder was du sonst bist - in der Zukunft von Perry Rhodan wirst du (im terranischen Kulturkreis) nach Charakter und Leistung beurteilt.

 

Ansonsten kann ich nur davon abraten, so schreiben zu wollen, dass man niemanden verletzen kann - insbesondere bei einem Massenphänomen wie Rhodan ist das schlicht unmöglich:

Nur Mulhollands Körper wird beschrieben. - O nein, da wird ein Nonbinärer angegafft! (Mal abgesehen davon, dass im Text niemand gafft, sondern schlicht eine Tatsache optisch zur Kenntnis genommen wird - das Gaffen ist also ggf. eine Projektion des/der Lesenden.)

Mulholland gerät gemeinsam mit einem nackten Mann ins Blickfeld. - O nein, die Körperlichkeit von Frauen wird totgeschwiegen, als sei sie schmutzig und skandalös und dürfe nicht geschildert werden!

Mulholland und eine nackte Frau geraten gemeinsam ins Blickfeld. - O nein, nur Personen mit weiblichen Geschlechtsorganen werden dargestellt/ bloĂźgestellt!

Mulholland, eine nackte Frau und ein nackter Mann kommen gemeinsam ins Blickfeld. - Sind denn alle ständig nackt während eines Einsatzes? Es werden ja ständig Nackte dargestellt! Eine gesunde Schamhaftigkeit wird negiert!

Es gibt keine Nacktszenen. - O nein, der Autor ist prüde! Nackte Körper werden aus jeder Schilderung ausgespart, das fördert Komplexe und Bodyshaming, als sei Nacktheit unnatürlich!

 

Das führt zu genau gar nichts und rollt mir außerdem mit Blick auf Artikel 5 Abs. 3 GG die Zehnägel hoch: Kunstfreiheit kann auch dann verschwinden, wenn sie aus der Angst, bei irgendwem anzuecken, nicht mehr ausgeübt wird.

Selbstverständlich gilt auch Artikel 5 Abs. 1 GG: Jeder darf die präsentierte Kunst doof/ uninspirierend/ schlecht gemacht finden und diese Meinung frei äußern, was in Bezug auf diese Passage in der Besprechung ja auch getan wird.

Beide Rechte sind wertvoll und sollten meines Erachtens nicht - auch nicht in vorauseilendem Gehorsam oder dem ohnehin aussichtslosen Versuch, es allen recht machen zu wollen - kompromittiert werden. Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen "so etwas lese ich nicht gern" (so habe ich die Besprechung verstanden, und das ist vollkommen in Ordnung) und "so etwas sollte man nicht schreiben/ schreiben dĂĽrfen" (inakzeptabel).


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#143 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 16:45

@Bernard

Da bin ich in allen Punkten bei dir.

In letzter Instanz muss ich einzig vor mir selber bestehen können.

 

Ich weiß nicht, mit welchem Bewusstsein du die Szene geschrieben hast. Ich hätte sie so geschrieben, wie ich sie gelesen habe. Für mich „normal“, aber eben doch unreflektiert. Das ist eine Projektion von mir und hat mit deiner Intension nichts zu tun.

In diesem Gedankenspiel bleibend, hätte mir Jols Analyse den Aspekt des Vorführens von Mulholland vor Augen geführt und ich fürchte, damit hätte sie mich ertappt. Ich hätte das nicht gesehen, kann aber der Argumentation absolut folgen und würde das auch wollen. Mit dem entsprechenden Lerneffekt.

Denn ich weiĂź, dass ich aufgrund meiner privilegierten Stellung blinde Flecken habe. Und an denen kann man arbeiten.

 

Das hat nichts damit zu tun, dass man es allen recht machen möchte. Und auch nicht, dass man sich besser nicht aus der Komfortzone bewegen sollte. Ich habe bei meinem aktuellen Projekt eine prominent platzierten Charakter mit Autismus-Spektrum-Störung, der mit dem Leser Schlittenfahren wird. Ein mir persönlich fremdes Thema, dass ich aber mit der entsprechenden Umsicht behandeln will.

 

Die Umsicht hätte mir bei der Mulholland-Szene gefehlt, fürchte ich. Mein persönliches Ding.

 

 


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#144 Naut

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 16:50

Das übliche Totschlagargument der vorgeblichen Zensur der Kunstfreiheit: Darum geht es hier natürlich nicht. Niemand will ein Buch lesen, das so harmlos ist, dass es niemandem missfallen könnte. Das ist übrigens auch bei Jols eigenem Roman nicht so: "Das Geflecht" wurde speziell dafür kritisiert, einer misogynen Figur zu viel Raum eingeräumt zu haben.
Es geht schlicht darum, dass du dir vorstellst, einen unglaublich toleranten und weltoffenen Roman geschrieben zu haben, das aber gar nicht unbedingt so sein muss. Es könnte auch eine Illusion deiner relativ begrenzten Peer-Group sein. Es ist eine Frage, wie bestimmte Aspekte dargestellt werden und wie ich (oder du) mich als Autor dazu positioniere. Hochgelobte Bücher, gerade aus dem feministischen und queer-feministischen Umfeld enthalten jede Menge Szenen, die oft nur schwer zu ertragen sind und zurecht mit Triggerwarnungen versehen werden müssen. Es geht aber darum, wie sich die Erzählung dazu stellt.

Noch ein Beispiel: In dem gemeinhin als Klassiker wahrgenommenen Roman "Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest" wird die Anagonistin am Schluss durch den Helden einer mutmaßlichen Vergewaltigung durch Matrosen ausgeliefert. Dies wird als gerechte Strafe für ihr Verhalten dargestellt. Aus heutiger Perspektive ist so etwas absolut inakzeptabel, obwohl es damals (50er, 60er Jahre) keine ungewöhnliche Szene gewesen ist. Die Gesellschaft hat sich einfach weiterentwickelt.

Ob das bei deinem Buch konkret so ähnlich ist, kann ich nicht beurteilen. Jols Beschreibung lässt mich vermuten, dass dem nicht so ist. Allerdings wirkt Atlan hier auf mich schon ziemlich arrogant, eben wie der typische Boomer-Boss, der er ja irgendwie auch ist. ;) Okay, was wäre die Alternative? Schwer zu sagen. Ich bin ja immer dafür, dass Menschen möglichst wenig nackt herumlatschen, es sei denn, es muss absolut sein. (Fun Fact: Mir wurde vorgeworfen, dass meine Bücher diesbezüglich auch zu viel Sex/Nacktheit enthielten ... Ich sollte wohl mal lieber praktizieren, was ich predige.) Es schadet ja nicht, mal darüber nachzudenken.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#145 diffusSchall

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 17:03

Passt doch: Atlan gilt doch sowieso als der Serien-Chauvi.   :wink2:


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#146 Naut

Naut

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Geschrieben 12 Juli 2023 - 17:11

Passt doch: Atlan gilt doch sowieso als der Serien-Chauvi. :wink2:

Denke ich auch.
Vielleicht fĂĽhrt es auch in die Irre, wenn ich mich an Einzelszenen festbeiĂźe, denn die Ausgangsfrage war ja, warum PR nicht fĂĽr den DSFP oder KLP nominiert wird.

Ich denke, die Diskussion bis hier hat alle Argumente ausgebreitet. Manche Punkte lassen sich beheben, etwa indem sich das PR-Umfeld stärker beim KLP engagiert. Andere Hürden erscheinen mir höher, z.B. die Einstiegshürde: Es scheint, als wäre es wirklich schwer, einen Heftroman "einfach so" zu lesen. PR hat da schon eine sehr umfangreiche eigene Mythologie etabliert, die Gelegenheitsleser einfach aussperrt.

Bearbeitet von Naut, 12 Juli 2023 - 17:12.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#147 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 13 Juli 2023 - 05:46

Ich bin hier ganz nah bei Naut und diffusSchall. Zudem bin ich nicht der Meinung, "man dürfe heutzutage ja nichts mehr schreiben". Ganz im Gegenteil. Natürlich sehe ich das nun in der Hauptsache aus Sicht einer Vielleserin und stehe daher nur vor der Aufgabe, mir guten Lesestoff zu suchen. Das gelingt mir tatsächlich aus der neueren Zeit viel besser, weil mir die Art zu schreiben, nennen wir das gern mal aufgeklärt, divers, woke, besser gefällt.

 

Vielleicht kann ich euch sogar den Grund erklären:

Wenn jemand einseitig schreibt, beispielsweise aus Sicht eines Erzählers, der weiĂź, westlich und männlich ist und alle heldenhaften Hauptfiguren sind ebenfalls männlich, weiĂź und aus der westlichen Kultur, während die Frauen nur bibbernd dastehen und sich retten lassen mĂĽssen, ist das nicht nur aus meinem persönlichen Empfinden sexistisch, es ist auch aus meiner Sicht schlechte Literatur. Aus dem Grund, weil der Autor hier die weiblichen Nebenfiguren eindimensional und flach belassen hat, ihnen (bis auf: ich will ĂĽberleben) keine eigene Agenda verpasst hat. 

Sofern die einzige queere Figur der witzig schillernde beste Freund ist, der bei schwulen Klischees bleibt und nur bunte Kleidung trägt und gern mit abgespreiztem Finger Getränke zu sich nimmt, ist das eindimensional und langweilig. Hat aber der beste Freund darĂĽber hinaus (gern auch inklusive bunter Kleidung und abspreizende Finger) noch mehrere andere Schichten, die sich in dem Roman nach und nach zeigen, wird es fĂĽr mich schon wieder interessant und möglicherweise gute Literatur mit authentischen Figuren. 

 

Ich denke also keineswegs, dass man heute irgendwas nicht mehr schreiben darf (wer das denkt, sollte mal Der letzte Sessellift von John Irving lesen, absolut geil und der hat sich sicher nicht gebremst, aber eben gut geschrieben und einfühlsam den vielen behinderten und queeren Figuren gegenüber). Ich empfinde die Wokeness als Bereicherung für unsere Literatur. Dass (zumindest in meinen Blasen) dazu animiert wird, sich an neue Figuren zu wagen, Sensitivity Reading zu organisieren und mehr zu lesen, das von anderen Menschen als immer nur von Männern, weiß, westlich und oft auch 50+ kommt, finde ich erfrischend. Nicht jeder Roman einer zwanzigjährigen nonbinären Person begeistert, aber das merke ich in der Regel ja schon an der Leseprobe und sofern ich mich nicht auf Deutschland beschränke, habe ich ja massig Auswahl. (Plus, ich lese ja auch etablierte Herren wie John Irving trotzdem weiter :-) )

 

Was meine beiden Vorredner schon schrieben, es bedarf einer gewissen Umsicht. Die Welt ist eben viel größer als die eigene Sicht darauf. Man kann sich einen größeren Teil davon erobern, aber man wird nie die ganze Welt begreifen und jede Perspektive. Als schreibende Person ist es nun gut, wenn man sich dessen bewusst wird. 

Ich hatte mal ein Sensitivity Reading und habe währenddessen bemerkt, dass ich, obwohl ich mich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt hatte, in meinem Kopf noch ein komplett falsches Bild von taubblinden Menschen hatte. Ich stellte sie mir anders vor. Durch den Kontakt und auch durch die Videos habe ich bemerkt, dass sie ein anderes Leben fĂĽhren als das, was ich ĂĽber sie im Kopf hatte. Plus, ich hatte natĂĽrlich auch ihre Persönlichkeiten auf die Taubblindheit konzentriert und dabei so ziemlich ĂĽbersehen, dass sie ja nicht nur durch ihre Behinderung definiert sind. Eine ziemlich verständliche Falle, da in meinem Umfeld keine taubblinden Menschen leben, ich in diesem Leben erst zwei blinden Personen und einer gehörlosen begegnet bin. Meine Welt ist da ziemlich klein. Ich konnte sie durch diesen Text und den Kontakt zu Tils taubblinder Gruppe etwas größer machen. 

Mir hat natĂĽrlich nicht alles gepasst und gefallen, was die Gruppe zu meinem Text gesagt hat, es gab durchaus Reibung. Doch so konnte ich eine informierte Entscheidung treffen, was ich so lasse und was besser nicht. 

 

However, ich glaube, es lohnt sich sehr, Menschen zuzuhören, auch wenn ich nun gerade keinen zweigeschlechtlichen Alien zur Hand habe; und ja, die wären dann natĂĽrlich nicht alle gleich. 


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#148 Peter-in-Space

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Geschrieben 13 Juli 2023 - 06:02

nochmal: die Kategorien im DSFP sind Kurzgeschichten und Romane. Wir vergeben in keiner anderen Kategorie.

 

Zur Behandlung von Serienromanen im Allgemeinen und PR im Besonderen haben wir uns auf einen modus operandi geeinigt, der fĂĽr jeden Interessierten frei einsehbar ist.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

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#149 Bernard

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Geschrieben 13 Juli 2023 - 06:34

Es ist ja nun nicht so, dass nichtweiße, nichtheterosexuelle, nichtmännliche Hauptfiguren neu wären ...

Joe Haldemann beschrieb schon in einer der Episoden von Der Ewige Krieg eine Gesellschaft auf der zukünftigen Erde, in der Homosexualität als Norm angesehen und gefördert wurde.

Isaac Asimov beschrieb mit dem Maultier im Foundation-Zyklus einen asexuellen Gegenspieler, der ein Sternenimperium regiert.

Dass sich bei StarTrek erstmals gemischtethnisch im Fernsehen gekĂĽsst wurde, wird immer wieder kolportiert und wird zumindest fĂĽr die groĂźen Fernsehformate wohl auch stimmen.

Perry Rhodan hatte schon im ersten Heft eine Raumschiffkommandantin und in den ersten Heften sowohl Frauen als auch Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft in Rhodans Elite-Einheit, dem "Mutantenkorps" (ein bisschen vergleichbar mit Marvels Superhelden).

In meinem ersten BattleTech-Roman habe ich eine Majorin zu einer der Hauptfiguren gemacht, die stottert. Sie ist eine knallharte Soldatenfigur. Ich habe ihr die Eigenschaft "Stottern" gegeben, weil ich eine Dokumentation der Reihe 37° gesehen hatte, in der eine stotternde, junge Frau erzählte, dass sie sich nicht vorstellen könnte, von einem Helden zu lesen, der (wie sie) stottert. Ob sie Military Science Fiction liest, weiß ich nicht - aber wenn, dann kann sie nun einen solchen Roman finden (und vermutlich weitere, die ich nicht kenne).

Nicht alles, was als neu und innovativ hochgejazzt ist, ist es auch.

 

Was Der Überläufer angeht, so ist die doppelgeschlechtliche Figur Teil eines Infiltrationsteams. Nicht, weil sie doppelgeschlechtlich ist, sondern weil sie über zwei parapsychische Gaben verfügt, die für diesen Einsatz wichtig sind: besondere Formen von Teleportation und Telepathie; beides wird im Roman geschildert. Übrigens ist diese doppelgeschlechtliche Figur diejenige, die die Rettungsaktion für die Kameradin erfolgreich ausführt (Atlan befielt sie lediglich). Zudem muss diese Figur umständehalber in ein Feld hineinwachsen, das ihr eigentlich fremd ist: in eine militärische Auseinandersetzung als kämpfender Soldat. Dies gelingt ihr.

Ich denke, der Anspruch, dass diese Figur eine Rolle ĂĽber das reine "ich bin da und atme" ausfĂĽllt, ist erfĂĽllt.  :) Ăśber den Roman hinaus kann ich berichten, dass solche Figuren in der Rhodan-Fanbase ebenso rezipiert und akzeptiert werden, wie andere auch. Manchen Fans gefällt Iwán/Iwa Mulholland nicht, anderen schon - in derselben Verteilung, wie das bei anderen Figuren mit vergleichbarem Gewicht in der Serie der Fall ist. Ob das Rhodan-Fandom mit dieser unaufgeregten Normalität dem allgemeinen Lesepublikum voraus ist, weiĂź ich nicht, muss ich aber beinahe vermuten, wenn ich die Klagen in diesem und anderen Foren lese ...

 

Zu den Frauenfiguren:

Auch die Figur Yashuru D’a bringt eine im Team einmalige Qualifikation ein: Nur sie versteht die versteckten Räume im Detail, weil dafĂĽr dimensiologische Effekte zu nutzen sind, die sie erforscht hat.

Eine andere wesentliche weibliche Figur ist Mirabelle Eden, die das größte Schiff in der Geschichte kommandiert und ein militärisches Rettungskommando in den Kampf führt.

Auch hier haben wir also Figuren, die etwas Eigenständiges einbringen - sie haben nicht nur die Funktion, gerettet zu werden (im Gegenteil ist Mirabelle Eden sogar der rettende Part).

 

Trotz alledem halte ich es fĂĽr einen Irrweg, zu glauben, eine Geschichte werde besser, wenn sie diverser wird. Es gibt gute und schlechte Geschichten mit diversem Cast, ebenso wie es gute und schlechte Geschichten ohne einen solchen gibt.

Autoren haben meines Erachtens primär die Aufgabe, gute Geschichten zu schreiben. Das bemisst sich primär daran, welche Konflikte sie ins Zentrum ihrer Handlung stellen und wie diese gelöst werden, an Charakterisierung und Milieuschilderung sowie an ihrem Sprachgebrauch.

Das Predigen und Erziehen sind ehrenhafte Tätigkeiten, aber anderen Berufsgruppen vorbehalten, und wenn ich das Gefühl habe, ich soll durch ein Buch angepredigt oder erzogen werden, stehen die Chancen gut, dass ich es gar nicht erst lesen werde. Aber das mag jeder halten, wie er mag. Sollte der Predigt-/Erziehungsgehalt bei einer Preisvergabe allerdings eine Rolle spielen, dann sollte das transparent gemacht werden (insbesondere auch, in welche Richtung der Predigt und Erziehung positiv bewertet wurde).


nochmal: die Kategorien im DSFP sind Kurzgeschichten und Romane. Wir vergeben in keiner anderen Kategorie.

Das hat doch auch niemand bestritten?

Der Ausgangspunkt des Diskussionsfadens ist aber eine Betrachtung von DSFP und KLP, und Letzteren hat diffusSchall adressiert.


www.bernardcraw.net
www.robertcorvus.net
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#150 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 13 Juli 2023 - 07:11

Eine Geschichte wird fĂĽr mich dann besser, wenn die Figuren vieldimensional und interessant sind, wenn sie authentisch sind und ich mit ihnen mitfĂĽhle. Sie bleiben idR fĂĽr mich uninteressant, wenn sie flach sind. Das kann ich durchaus transparent machen, solche Werke haben bei mir schwere Chancen, nominiert zu werden, egal wo. 


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