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Was macht eine gute SF-Kurzgeschichte (oder Erzählung) aus


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96 Antworten in diesem Thema

#1 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 08 November 2023 - 11:34

Hallo zusammen,

 

angeregt durch den Biokalypse-Lesezirkel und einige private Unterhaltungen möchte ich gern mal in die Runde fragen.

 

Was macht für euch ein gutes SF-Kurzprosastück aus?

 

Ich merke nämlich, dass die Meinungen da stark auseinandergehen und würde gern für eine Art "kleiner gemeinsamer Nenner" sammeln. 

 

Auch, um zu wissen, was ich zukünftig definitiv ablehnen sollte oder lektorieren sollte - und was ggf. zwar nicht meinem Geschmack entspricht, aber prinzipiell erstmal sein Publikum finden wird.

 

Danke!

 

Viele Grüße, Yvonne


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#2 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 08 November 2023 - 11:49

Das ist naturgemäß stark vom Rezipienten abhängig. Bei mir:

Interessantes (möglichst neues, zeitgemäßes) Thema

Hauptfigur, die mich emotional mitnimmt und spürbare Charaktereigenschaften hat

Titel muss neugierig machen

Erste 2-3 Sätze müssen mich sofort reinziehen (also Spannung erzeugen)

Sprachlich und erzählerisch komprimiert auf das, was nötig ist

Rundes, offenes oder überraschendes Ende


Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#3 Helge

Helge

    Cybernaut

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Geschrieben 08 November 2023 - 12:00

Grundsätzlich muss die Story als solche funktionieren und eine abgeschlossene Handlung haben; nichts finde ich enttäuschender, als wenn der Text plötzlich aufhört und ich mit einem "Hä? Ja, und nun?" zurückbleibe. Mir ist dann noch Originalität wichtig, denn was ich schon ein paar Mal gelesen habe, brauche ich nicht noch einmal zu lesen. Glaubhafte Charaktere sind auch ganz gut. Letztere können in Kurzgeschichten natürlich nicht ausführlich beschrieben werden, aber ich muss sie als in sich stimmig empfinden können.



#4 J. A. Hagen

J. A. Hagen

    Cybernaut

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Geschrieben 08 November 2023 - 12:07

Ich lege Wert darauf, dass eine Handlung sich für mich nachvollziehbar von A nach B nach C entwickelt.

 

Das Ende sollte konsequent sein, selbst wenn es offen ist. Also kein abrupter Schluss, der mich glauben lässt, dem Autoren oder der Autorin seien die Ideen ausgegangen.

 

Der Einstieg in den zentralen Konflikt bzw. das zentrale Thema sollte schnell erfolgen.

Der Stil sollte sauber sein: wenige Füllworte oder Wiederholungen. Variation der Satzlängen. "Und", "aber" und "also" an Satzanfängen sparsam verwenden. Adjektive und Adverbien sparsam einsetzen.


Zwei Negativbeispiele aus Werken von Bestsellerautoren:

"Er weiß etwas, und er weiß, dass ich es weiß, und er weiß, dass ich es weiß, dass er es weiß." (Harlan Coben, In deinem Namen. Lesenswert, falls man wissen möchte, wie man Dialoge nicht schreiben sollte.)

 

"Meine Frau meint, ich habe mich verändert. Vielleicht habe ich mich verändert. Habe ich mich verändert, Jack?" (Michael Crichton, Beute)


Bearbeitet von J. A. Hagen, 08 November 2023 - 12:11.

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#5 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 08 November 2023 - 12:17

Im Wesentlichen sehe ich bei dem, was Uwe schrieb, die gemeinsamen Nenner.
Der „Raum“, den eine Story braucht, sehe ich variabel - solange nicht nennenswert gestrichen werden könnte.

Kurzgeschichten, die mich nachhaltig beeindruckt haben, erfüllen diese Kriterien:

- „Blumen für Algernon“ (Daniel Keyes)*
- „Nächtliche Begegnung“ (Ray Bradbury)
- „Her Smoke rose up Forever“ (James Tiptree jr.) (danke für den Tipp, MKI :))
- „Lastwagen“ (Stephen King) (Ja, keine SF)
- „Tod im dritten Stock“ (Agatha Christie) (Ja, erst recht keine SF)
(Chiangs „Story of your life“ nimmt sich zwar Raum, aber keinen unnötigen)

Aus „unserer“ Ecke der letzten Jahre:

- „Wagner Stimme“ (Carsten Schmitt)
- „Vorsicht, synthetisches Leben“ (Aiki Mira)
- „Fast Forward“ (C. M. Dyrnberg)

*ich bleibe dabei: Die Romanerweiterung von Algernon hätte es nicht gebraucht.
„Alien Contagium: Erstkontakt-Geschichten“: https://eridanusverlag.de | "En passant - Die Reisen des Sherlock Holmes": https://burgenweltverlag.de<p>Kostenloses SF/Fantasy-Literatur-Webzine: https://weltenportalmagazin.de
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#6 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 08 November 2023 - 12:20

Ein Nebengedanke noch zu Adverbien und Adjektiven:

 

Ich mag beschreibende Adjektive wie "glitschig", "flüssig", "rotschwarz" oder so, was ich gern selten bis gar nicht lesen möchte, sind labelnde Adjektive wie "wütend", "traurig" oder "unwillig". Es sei denn, im Dialog.

 

 

 

Helge, deine Zusammenfassung könnte ich so unterschreiben!


Im Wesentlichen sehe ich bei dem, was Uwe schrieb, die gemeinsamen Nenner.
Der „Raum“, den eine Story braucht, sehe ich variabel - solange nicht nennenswert gestrichen werden könnte.

Kurzgeschichten, die mich nachhaltig beeindruckt haben, erfüllen diese Kriterien:

- „Blumen für Algernon“ (Daniel Keyes)*
- „Nächtliche Begegnung“ (Ray Bradbury)
- „Her Smoke rose up Forever“ (James Tiptree jr.) (danke für den Tipp, MKI :))
- „Lastwagen“ (Stephen King) (Ja, keine SF)
- „Tod im dritten Stock“ (Agatha Christie) (Ja, erst recht keine SF)
(Chiangs „Story of your life“ nimmt sich zwar Raum, aber keinen unnötigen)

Aus „unserer“ Ecke der letzten Jahre:

- „Wagner Stimme“ (Carsten Schmitt)
- „Vorsicht, synthetisches Leben“ (Aiki Mira)
- „Fast Forward“ (C. M. Dyrnberg)

*ich bleibe dabei: Die Romanerweiterung von Algernon hätte es nicht gebraucht.

 

 

Blumen für Algernon ist definitiv eine der besten SF-Kurzgeschichten aller Zeiten, dasselbe gilt für Her smoke roses up forever und für Travel von Stephen King (was durchaus Horror und SF verbindet) und noch einige andere.

 

 

Bei den deutschsprachigen Kurzgeschichten gehe ich auch voll mit dir mit und ich kann mich immer noch nicht darüber beruhigen, WIE GUT ich Wagners Stimme auch Jahre später noch immer finde.


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#7 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 08 November 2023 - 13:03

 

"Er weiß etwas, und er weiß, dass ich es weiß, und er weiß, dass ich es weiß, dass er es weiß." (Harlan Coben, In deinem Namen. Lesenswert, falls man wissen möchte, wie man Dialoge nicht schreiben sollte.)

 

"Meine Frau meint, ich habe mich verändert. Vielleicht habe ich mich verändert. Habe ich mich verändert, Jack?" (Michael Crichton, Beute)

Das sind ja vermutlich absichtliche Wiederholungen als sprachliches Mittel (hatten wir mal vor 40 Jahren im Deutschunterricht), ob einem das gefällt, ist natürlich eine andere Frage  :happy:


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#8 lapismont

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Geschrieben 08 November 2023 - 13:16

Mir ist die Sprache sehr wichtig. Ein einfacher Stil kann zu einer bestimmten Geschichte passen, ebenso lyrisches oder gedrechseltes Erzählen. Wenn ich aber das Gefühl bekomme, der Text ist einfach nur so runter geschrieben worden, kann die Idee noch so gut sein, für mich ist es nicht gut.

 

Desweiteren lass ich mich gern überraschen. Nichts ist öder, als wenn ich einen Text lese, der auf einen Twist hinstrebt, den ich von Anfang vorhersehen konnte. Trotzdem sollte sich die Wendung aus dem Plot ergeben. Deus ex machina oder die erwähnten Fragezeichen-Enden mag ich auch nicht.

 

Wenn Weltenbau notwendig ist, sollte er in die Handlung integriert werden. Infodumps sind in den meisten Fällen ein Hinweis auf mangelnde Kreativität oder Fantasie, die notwendige Wissensvermittlung erzählerisch rüber zu bringen. Warum muss die Figur gerade allen erklären, wie ihre Figurenwirklichkeit funktioniert oder welche geschichtlichen Ereignisse in den letzten dreißig Jahren eine Rolle spielten?

 

Mit Figuren will ich mitfühlen und ihre Motivation verstehen können. Ich muss nicht unbedingt wissen, wie groß und schwer sie sind, außer die Story verlangt es. Aber mich interessiert, warum sie etwas tut.

 

Und eine SF-Geschichte im Besonderen sollte ein entsprechendes Thema beackern. Sei es technischer, gesellschaftlicher, ethischer oder psychologischer Art. Eine Story wird nicht dadurch zu SF, weil anfangs als Handlungsort ein Raumschiff erwähnt wird und das ansonsten nicht von belang ist.


Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

Moderator im Unterforum Fantasyguide
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#9 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 08 November 2023 - 13:32

Ralf, ich unterschreibe fast alles (nur du bist sogar strenger als ich, ich dachte fast nicht, dass das überhaupt möglich ist!) und vor allem dein letzter Kommentar ist sehr interessant. Ich würde tatsächlich "einfach nur eine gute Story" gelten lassen, frage mich aber, ob das, was ich als "eine gute Story" empfinde, nicht eigentlich immer eines jener Themen beackert, die du in deinem Posting genannt hast. Da müsste ich mal drüber nachdenken und vielleicht meine Bestenliste durchgehen.


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#10 J. A. Hagen

J. A. Hagen

    Cybernaut

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Geschrieben 08 November 2023 - 13:48

Das sind ja vermutlich absichtliche Wiederholungen als sprachliches Mittel (hatten wir mal vor 40 Jahren im Deutschunterricht), ob einem das gefällt, ist natürlich eine andere Frage  :happy:

 

Mir nicht, wobei die Dosis das Gift macht. In den beiden Romane, die ich genannt habe, werden Wiederholungen jedoch inflationär verwendet, vor allem bei Dialogen. Von einem Schriftsteller, egal welchen Geschlechts, erwarte ich jeodch einen gewissen Wortschatz. Das muss keine Hochsprache sein, in der Begriffe wie "degoutant" oder "prätentiös" vorkommen. John Updike zum Beispiel schreibt relativ schlicht, aber präzise.


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#11 Frank Lauenroth

Frank Lauenroth

    Quadruplenominaut

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Geschrieben 08 November 2023 - 15:34

Das Beispiel von Harlan Coben ist in der Tat unnötig kompliziert formuliert.

 

Michael Crichtons "Beute" gehört definitiv zu seinen schwächeren Werken und ich glaube, er hat bereits auch hier auf eine Verfilmung geschielt. Vieles in dem Buch klingt nach direkter Drehbuchvorlage. So auch dieser Monolog-Dialog-Teil.

"Meine Frau meint, ich habe mich verändert", sinnierte er unerwartet tiefgründig. "Vielleicht habe ich mich verändert. Was meinst du, Jack?" <- Besser?

Und vielleicht ist es auch der Übersetzung geschuldet, Wer weiß.

 

Aber ich gehe da mit. Elegant ist anders!

 

-> Ansonsten stimme ich ziemlich genau mit den Kriterien von Uwe überein.


Bearbeitet von Frank Lauenroth, 08 November 2023 - 15:36.

 In memoriam Michael Szameit / Christian Weis / Alfred Kruse / Rico Gehrke                                                          : Aktuelle Projekte und neue Veröffentlichungen :                                                Meine Story KADAVER - for free - lesen, drucken, downloaden!.


#12 Udo Klotz

Udo Klotz

    Yoginaut

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Geschrieben 08 November 2023 - 17:08

Ich kann mit fast allem mitgehen, was bislang geantwortet wurde, und es freut mich, dass man in diesem Thread so anspruchsvoll ist. Schade, dass viele Herausgeber hierzulande das nicht sind und reihenweise SF-Geschichten veröffentlchen, die diesem Anspruch nicht genügen.

 

Wenn ich eine Anthologie oder ein Magazin komplett lesen will, stolpere ich immer wieder über "Rausschmeißer", also Faktoren, Elemente oder Aspekte, die mich veranlassen, die Lektüre abzubrechen:

  • sprachliche Fehler
  • sachliche Fehler (Details, die nicht recherchiert wurden und schlicht falsch sind)
  • schiefe oder nicht funktionierende Sprachbilder
  • Hölzerne Dialoge, meist komplexes Schriftdeutsch, das kein Mensch so formulieren würde
  • schmaler Wortschatz, der zu Wortwiederholungen führt
  • überflüssige Phrasen
  • extreme Distanz zur erzählenden Figur
  • Figuren, die scheinbar willkürlich agieren, weil deren Motivation nicht erkennbar ist
  • keine stilistische Anpassung an die Handlung
  • zu viele Klischees oder falsche Klischees (z.B. wenn das Klischee von einem Beruf so gar nicht der Realität entspricht)
  • nur funktionale Nebenfiguren
  • Infodump in jeglicher Form
  • kein Abschluss, kein Ausstieg aus der Geschichte

Solche Geschichten interpretiere ich als Rohfassung, aber nicht als lektorierte und zur Veröffentlichung freigegebene Version. Leider ist die SF-Szene voll davon.

 

SF-Storys, die solche Stolpersteine nicht enthalten, betrachte ich erst einmal nur als "lesbar": Damit sie auch "gut oder herausragend" sind, fehlt noch einiges. Mindestens eines, besser noch mehrere Elemente der folgenden Liste:

  • ein neues Element, das ich so noch nicht gelesen habe (Setting, Situation, Gimmick, Person, Twist, Prämisse)
  • wenn nichts Neues, dann zumindest interessant und fesselnd geschrieben
  • ein Spannungsbogen, und wenn es nur langsam ansteigt, damit ich Lust zum Weiterlesen beim Umblättern habe
  • eine erzählende Figur, die so eingeführt wird, dass sie mich zumindest interessiert, im besten Falle aber mich mitfiebern oder mitleiden lässt
  • ein Plot, den ich nicht in jedem Schritt vorhersehen kann, nur weil ich schon seit Jahrzehnten lese
  • ein Element, an das ich mich erinnern kann, sei es der Twist am Ende, das ungewöhnliche Setting, eine neue Perspektive auf ein Thema, ein gelungener Dialog

Natürlich sollte der Storytitel passen und neugierig sein.

Und natürlich unterscheiden sich Storys von Novellen und Romanen auch dadurch, dass sie keine überflüssigen Sätze enthalten. Wenn ein Satz nicht wichig für die Handlung ist, dann sollter er zum Weltenbau, zur Charakterisierung der Figur, zur Erzeugung der Atmosphäre/Stimmung beitragen. Anders gesagt, wenn es dem Text nicht schadet, wenn man den Satz weglässt, ist er überflüssig.

Bei den SF-Elementen sehe ich es ähnlich: Wenn ich diese oder den Weltenbau durch heutige Pendants ersetzen kann, und die Story funktioniert noch immer, dann ist es keine echte, sondern nur eine aufgesetze SF-Story.

 

Das alles überschneidet sich in vielem, was vorher gesagt wurde. Aber da Yvonne nach einem Kriterienkatalog gesucht hat, ist dies der Versuch, eine Negativ- und eine Positiv-Liste zu erstellen. Das Ganze ist bewusst frei von Vorlieben gehalten, was Inhalt und Plot angeht, Erzählperspektive oder Stil, Ideenstory oder szenarischer Einblick. Es ist aber kein Zufall, dass meine Negativliste länger ist als die Positivliste, das spiegelt nur die aktuelle Situation wieder, dass man derzeit nur wenige SF-Storys findet, die wirklich gut oder herausragend sind. Meist ist man ja schon froh, wenn es lesbar ist.


Udo

#13 Naut

Naut

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Geschrieben 08 November 2023 - 17:08

Ich finde, dass jede Regel, die hier genannt wurde, ihre Berechtigung hat. Genauso denke ich aber, dass jede davon bei Bedarf gebrochen werden darf.

Mein Prinzip lautet daher: Konsistenz
Jedes sprachlich Mittel ist erlaubt, solange für mich erkennbar ist, warum es eingesetzt wurde. Sprachliche Einfachheit zum Beispiel mag ich, wenn damit komplizierte Welten erklärt werden können, denn eine blumige Sprache wäre vielleicht dann zuviel. Um Alltag zu beschreiben, wäre sie vielleicht zu wenig, da kommt dann evtl. Langeweile auf (es sei denn, du heißt Cormack McCarthy).
Alles, wirklich alles, was die Sprache bietet, kann in einer phantastischen Kurzgeschichte eine Funktion haben. Sogar schlimme "Romance"-Kitsch-Sprache: Nimm an, Deine Protagonistin ist in einen Rosamunde-Pilcher-Roman teleportiert worden.
Handlungslogik, Charakterzeichnung, Sprache, Grammatik, Syntax,Interpunktion (Arno Schmidt!): Alles kann und darf der Erzählabsicht geopfert werden. Und die Phantastik ist das ideale Experimentierfeld dazu - ich habe mal eine KG-Serie geschrieben über ein Raumschiff, das den Informationsraum bereist. Die Crew erlebt dort z.B. Phänomene, bei denen Wörter ihre Bedeutung ändern oder verlieren, was im Text dann genau so passiert.

Schlimm wird es für mich aber, wenn ich keine Absicht erkenne (oder wenn ich zu dumm bin). Ja, es ist ein schmaler Grat. Okay, manche Autorei verlieren mich auf diesem Weg, und ich verliere manche Lesende. So ist das dann wohl.

Um es kurz zu fassen: Gute Geschichte, wenn der Urheber weiß, was er oder sie tut,schlecht, wenn nicht.

Bearbeitet von Naut, 08 November 2023 - 17:13.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#14 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 08 November 2023 - 17:13

Naut, per se hast du Recht, aber ich kenne nur zwei bis vier Personen in unserer Szene, die sowas im Griff haben ...

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#15 Naut

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Geschrieben 08 November 2023 - 17:17

Naut, per se hast du Recht, aber ich kenne nur zwei bis vier Personen in unserer Szene, die sowas im Griff haben ...

Ja, nee. ;) Es gibt schon einige, die genau wissen, was sie können und das auch durchziehen. Aber andererseits eben zu viele, die weit außerhalb ihrer Fähigkeiten zu schreiben versuchen.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#16 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 08 November 2023 - 19:10

Ich kann mit fast allem mitgehen, was bislang geantwortet wurde, und es freut mich, dass man in diesem Thread so anspruchsvoll ist. Schade, dass viele Herausgeber hierzulande das nicht sind und reihenweise SF-Geschichten veröffentlchen, die diesem Anspruch nicht genügen.
 
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Bei den SF-Elementen sehe ich es ähnlich: Wenn ich diese oder den Weltenbau durch heutige Pendants ersetzen kann, und die Story funktioniert noch immer, dann ist es keine echte, sondern nur eine aufgesetze SF-Story.
 
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Danke!

Tolle Analyse

Da gehe ich sehe mit (leider)

Als eine Art Gegengift höre ich gerade Kehlmann (danke an Dyrnberg für den Tipp) und lese McBride (danke an Christian Endres für den Tipp).


Ist zwar irgendwie keine SF, aber Kurzprosa.

Mir ist bewusst, dass nichtphantastische Literatur viele Dinge nicht leisten muss (wie Weltenbau), aber trotzdem sehe ich nicht ein, warum unsere SF Kurzprosa odtbso wenig literarisch ist.

Zumal es ja immer wieder Gegenbeispiele gibt!

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#17 Dyrnberg

Dyrnberg

    Giganaut

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Geschrieben 08 November 2023 - 19:29

Wenn erlaubt, würde ich gerne Yvonnes Posting aus dem anderen Thread hier zitieren, weil ich es ähnlich sehe: Ein Hauptproblem für mich als Leser ist es, wenn mir zu viel über die Welt berichtet wird, weil dies von den Autor:innen als Detailgenauigkeit oder Fantasie und Ideenreichtum missverstanden wird. Zugespitzt: Mir ist Eure Welt egal, ich will Eure Story hören/lesen. (Die Story muss für mich als Leser dabei aber nicht unbedingt szenisch sein. Gerne auch ein Monolog einer Figur, die einfach nur irgendwo sitzt. Aber dann möchte ich die Figur kennen lernen. Und erst über die Figur die Welt, in der sie lebt.)

 

 

.

Bei SF Kurzprosa habe ich fast immer das Gefühl: Viel zu viel Infodump zum Weltenbau.

Und, viel wichtiger: Fast alles davon unnötig!

 

(...)

 

Ich plädiere dafür, sich wesentlich mehr auf die Storys zu konzentrieren und von der Welt jene Stücke zu zeigen, die wichtig für die Handlung sind.

 

(...)

 

IHR müsst das natürlich über eure Welten wissen, schreibt das gern irgendwohin, aber nicht in die Storys.

Darf ich dazu jene Anekdote in freien Worten wiedergeben, die Daniel Kehlmann* vor kurzem in einem Interview erzählte? Als er "Die Vermessung der Welt" schrieb, fuhren die Figuren natürlich immer wieder Kutschen. Also hat sich Kehlmann eingelesen: Wie war das eigentlich damals, als ein Humboldt Kutsche fuhr? Wie sahen die Kutschen aus? Wie fühlte es sich an? Wie lief der Verkehr? Aber irgendwann stellte sich Kehlmann die Frage, ob das alles eigentlich nur für ihn relevant sei - oder auch für seine Figur? Für seine Figur war eine Kutschenfahrt ja völlig normal. Würde er, Kehlmann, auch eine Autofahrt so detailreich beschreiben? Also mündete seine gesamte Recherche in den Satz: "Er fuhr mit der Kutsche." ; )

 

 

* Dringende Empfehlung: Kehlmanns neuer Roman "Lichtspiel". Vielleicht als Hörbuch sogar noch besser, weil Ulrich Noethen unfassbar gut liest. Für mich ein Meistwerk.


Bearbeitet von Dyrnberg, 08 November 2023 - 19:31.


#18 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 08 November 2023 - 20:18

Noethen liest echt Klasse! Bin bei Geschichte 2. Toll auch, dass die Kurzgeschichten offenbar miteinander verwoben sind
/offtopicEnde

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#19 ChristophGrimm

ChristophGrimm

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Geschrieben 08 November 2023 - 20:54

Ein ähnliches Erlebnis, wie es Kehlmann beschrieb, hatte ich beim Schreiben meines Sherlock-Holmes-Pastiche. Ich habe Londoner Straßenkarten studiert, die Verbindungswege zu den Vororten geprüft, die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit mit einer Droschke recherchiert. Und wofür?

„Wir werden sicher eine gute halbe Stunde nach Hampstead unterwegs sein.“ :D

Letztendlich gaben mir meine Recherchen schlicht Sicherheit, keinen Blödsinn zu erzählen.

Btw. Kehlmanns Episodenroman „Ruhm“ ist ebenfalls ein gutes Beispiel für erstklassige Ausarbeitung von Kurzprosa.
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#20 Naut

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Geschrieben 08 November 2023 - 21:55

Was passieren kann, wenn Autoren nicht beteit sind, ihre Recherchen auch einfach mal wegzulassen, ist gut bei Frank Schätzing zu sehen. ;) Aber hier geht es um Kurzgeschichten und da gilt das sicher doppelt: Wenn ein Element, und sei es auch noch so gut recherchiert oder erdacht, keine Funktion erfüllt, muss es leider draußen bleiben.

Ich hatte das, während ich "Emukalypse" schrieb: Eigentlich gab es so einige Spiele, die ich unterbringen wollte, z.B. "Parallax" oder "Wizball", aber die erfüllten einfach keinen irgendwie gearteten Zweck.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#21 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 09 November 2023 - 06:33

Leichtes Off-Topic (aber ihr sprecht eh gerade darüber), aber ich hatte das mal krass bei einer Non-SF-Story. In der Geschichte sollte eine Pilotin auf ihrem letzten Flug vor der Rente (Annie) die Ich-Erzählerin (ihren ersten Offizier, allgemein auch Co-Pilot genannt) davon überzeugen, eine Fassrolle mit der Boeing 747-8 machen zu können, ohne dass die Passagiere es mitkriegen (sofern niemand aus dem Fenster guckt), also keine Veränderung in der Schwerkraft.

Ich musste 1) rauskriegen, ob das möglich ist und was für eine Art Pilotin Annie hierfür sein muss und 2) die Lesenden davon überzeugen, ohne den ganzen Infodump vor ihre Füße zu kippen.

Dazu hatte ich einen fachlichen Berater, meinen Onkel, der pensionierter Pilot ist, allerdings nur Englisch spricht (weshalb es von der Story auch eine englische Übersetzung gibt und zwar in jedem Überarbeitungsstadium). 

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Ist nicht komplett gelungen. Dinge, über die die beiden Pilotinnen nie laut reden würden, konnte ich nicht einbauen und nicht alle Lesenden haben das mit der Fassrolle "gekauft". Aber der Twist war gut genug, dass es verziehen wurde. 

Und es hat großen Spaß gemacht, all diese Dinge von meinem Onkel übers Fliegen zu lernen. Da er selbst inzwischen Prosa schreibt, war er ein toller Testleser. 

 

 

 

 

Wieder zum Thema: Eben habe ich eigentlich eine großartige Idee in einer Story in der Anthologie Biokalypse gelesen, leider ist phasenweise jeder dritte Satz Infodump. Nachdem ich den Twist kenne, weiß ich, wie viel davon für die Handlung unnötig gewesen wäre.

 

Und Dyrnberg, ich bin arg versucht, etwas aus deinem Posting als Titel für meinen nächsten Kurzgeschichtenrückblick zu klauen. Von wegen "Ich will eure Storys, nicht eure Weltbeschreibungen!". Muss ich noch feinschleifen. Wäre das okay? 

Nach der nächsten Exodus werde ich alle Storys aus 2023 gelesen haben, die ich dafür lesen wollte und müsste mal anfangen, mir über den Artikel Gedanken zu machen.


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#22 lapismont

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Geschrieben 09 November 2023 - 07:05

Finde es sehr angenehm, dass hier etwas Bewegung in die Betrachtung der SF-Kurzgeschichten gekommen zu sein scheint. Wenn wir Lesenden unseren Blick schärfen und mit unserer sachlichen Kritik besser werden, hat das vielleicht Einfluss auf die Herausgebenden.


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#23 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 09 November 2023 - 07:51

Zumal eine Ablehnung die einzige Sprache ist die wir Autor:innen verstehen. Schkechte Kritiken lassen sich leichter ignorieren

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#24 Naut

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Geschrieben 09 November 2023 - 08:35

Leichtes Off-Topic (aber ihr sprecht eh gerade darüber), aber ich hatte das mal krass bei einer Non-SF-Story. In der Geschichte sollte eine Pilotin auf ihrem letzten Flug vor der Rente (Annie) die Ich-Erzählerin (ihren ersten Offizier, allgemein auch Co-Pilot genannt) davon überzeugen, eine Fassrolle mit der Boeing 747-8 machen zu können, ohne dass die Passagiere es mitkriegen (sofern niemand aus dem Fenster guckt), also keine Veränderung in der Schwerkraft.

Ich musste 1) rauskriegen, ob das möglich ist und was für eine Art Pilotin Annie hierfür sein muss und 2) die Lesenden davon überzeugen, ohne den ganzen Infodump vor ihre Füße zu kippen.

Dazu hatte ich einen fachlichen Berater, meinen Onkel, der pensionierter Pilot ist, allerdings nur Englisch spricht (weshalb es von der Story auch eine englische Übersetzung gibt und zwar in jedem Überarbeitungsstadium). 

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Ist nicht komplett gelungen. Dinge, über die die beiden Pilotinnen nie laut reden würden, konnte ich nicht einbauen und nicht alle Lesenden haben das mit der Fassrolle "gekauft". Aber der Twist war gut genug, dass es verziehen wurde. 

Und es hat großen Spaß gemacht, all diese Dinge von meinem Onkel übers Fliegen zu lernen. Da er selbst inzwischen Prosa schreibt, war er ein toller Testleser.

Ich bin zwar selbst kein Pilot aber arbeite ja in einer ähnlichen Branche. Da eine 747 keine symmetrischen Flügelprofile (wie ein Kunstflieger) hat, würde ich davon ausgehen, dass so bei 120° Bank irgendwann die Strömung abreißt. Aber ich bin eben kein Aerodynamiker. Was meinte denn Dein Onkel dazu?

Ob die Passagiere das merken oder nicht hängt ja nur von der Rollrate ab: Die muss immer so passen, dass sich der Kraftwinkel (d.h. die Summe aus Gravitationsvektor und Zentripetalvektor) nicht zu sehr verändert - schwierig, aber möglich. Allerdings wage ich auch hier zu bezweifeln, dass eine 747 (Strich 8 oder nicht, egal) das von der Dynamik mitmacht. Aus meinen wenigen Simulatorflügen kommt mir die eher träge vor, d.h. sie würde zwar gut rollen, aber immer mehr oder weniger gleich schnell. Du müsstest aber gegen 90° Bank schneller rollen, um den Gravitationsvektor auszugleichen.

 

Sorry für den Exkurs, konnte nicht widerstehen!


Bearbeitet von Naut, 09 November 2023 - 08:35.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#25 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 09 November 2023 - 08:52

Naut, du illustrierst aber gut das Problem:

Die Lesenden müssen mir den Plot eben abkaufen. Und das haben nicht alle. Glücklicherweise wurde die Faßrolle in der Story nicht gemacht, auch nicht danach im Off, das hatte die ältere Pilotin auch nie vor, sie musste aber die jüngere Pilotin davon überzeugen, dass es möglich wäre.

Ja, mein Onkel war sicher, dass es möglich wäre. Allerdings nicht mit jeder Maschine und nicht von jedem Piloten, nicht unter allen Bedingungen etc.. 

Ist jetzt drei Jahre her, ich konnte von all meinem Wissen auch letztendlich nicht alles in die Story einbauen.

 

 

 

Ich will nur illustrieren: Wir Autor:innen müssen echt irre viel wissen zum Hintergrund, manchmal. Siehe das Beispiel von Christoph. Manchmal ist es nachher nur ein Satz, der auch noch banal und alltäglich wirkt, aber wir haben dafür stundenlang recherchiert und mit Expert:innen gesprochen. Ich verstehe auch den Impuls, das alles in die Story zu packen, aber bitte tut das nicht! Ich will's nicht lesen!

Man kann ja, wenn man plötzlich Experte ist, einen Essay schreiben. Habe ich getan, als ich extrem viel zum Thema "SF und Gefängnis" recherchiert hatte. Den Essay kennen jetzt mehr als die Story, für die ich recherchiert hatte. 


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#26 Mammut

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Geschrieben 09 November 2023 - 08:55

Ich will nur illustrieren: Wir Autor:innen müssen echt irre viel wissen zum Hintergrund, manchmal. Siehe das Beispiel von Christoph. Manchmal ist es nachher nur ein Satz, der auch noch banal und alltäglich wirkt, aber wir haben dafür stundenlang recherchiert und mit Expert:innen gesprochen. Ich verstehe auch den Impuls, das alles in die Story zu packen, aber bitte tut das nicht! Ich will's nicht lesen!

Man kann ja, wenn man plötzlich Experte ist, einen Essay schreiben. Habe ich getan, als ich extrem viel zum Thema "SF und Gefängnis" recherchiert hatte. Den Essay kennen jetzt mehr als die Story, für die ich recherchiert hatte. 

 

Das war die Geschichte aus "Jenseits der Traumgrenze"? Wo ist der Artikel erschienen?



#27 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 09 November 2023 - 08:59

Genau, der Spielplatz aus Jenseits der Traumgrenze (hier vollständige Lesung).

 

Der Artikel war in der !Time Machine (die hatte einfach wesentlich mehr Lesende als die Anthologie Jenseits der Traumgrenze), der Artikel hieß: Zuchthäuser der Zukunft: Geschlossener Vollzug in der Science Fiction


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#28 J. A. Hagen

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Geschrieben 09 November 2023 - 09:27

Zumal eine Ablehnung die einzige Sprache ist, die wir Autor:innen verstehen. Schlechte Kritiken lassen sich leichter ignorieren.

 

Ich widerspreche bzw. ergänze: begründete Ablehnung. Nur dann kann sie einen Lerneffekt haben.

 

Soweit es mich angeht, ist mir eine schlechte Kritik lieber als gar keine. Aus Kritik kann ich ggf. lernen, aus Schweigen nicht.


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#29 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 09 November 2023 - 09:34

Okay, da müssen wir uns wohl einigen, uns nicht ganz einig zu sein: Eine reine Ablehnung reicht. Wenn meine Prosa überall abgelehnt ist, werde ich schon merken, dass da noch Luft nach oben ist. Da braucht es keine Begründung.

Da lerne ich dann auch aus Schweigen, im Ernstfall eben, dass ich mir eine andere Beschäftigung suchen sollte oder nur noch für mich selbst schreibe.

 

 

Begründete Ablehnungen habe ich auch schon gemacht (bei der NOVA), meistens dann, wenn ich die Story schon irgendwie ganz gut fand, aber es nicht ganz gereicht hat. Dann war es mir ein Bedürfnis, der Person mit auf den Weg zu geben, woran es gelegen hat.

 

Ich selbst habe bisher eine begründete Ablehnung nur vom Zwielicht erhalten und da würde ich inzwischen total mitgehen, plus: Die Story war einfach langweilig :-) (Aber das sage ich dann mit zwei, drei Jahren Abstand zu der Story.)


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#30 Uwe Post

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Geschrieben 09 November 2023 - 09:56

Tja, sie werden aber nicht abgelehnt (die mittelmäßigen Geschichten, die zig der hier im Thread aufgeführten Kriterien fahrlässig [←Wort für Naut eingefügt] missachten), sie werden gedruckt. Siehe z.B. hier. Und dann wundert man sich auch noch über miese Verkaufszahlen von Anthologien  :bigcry:

 

Lösungsansatz: Ab in die Schreibwerkstatt.


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