Wir haben die Bedeutung der Stelle mit der Ostindienkompanie leider erst nach dem Druck erkannt. Wir werden dazu in der nächsten Ausgabe eine entsprechende Stellungnahme abgeben.
Future Fiction Magazine (Deutsche Ausgabe) Nr. 6
#61
Geschrieben 23 Mai 2024 - 14:53
#62
Geschrieben 23 Mai 2024 - 15:18
Danke. Ich hab auch in meiner Umgebung rumgefragt, weil mir das sofort klar war, ich mir aber nicht sicher war, ob das Allgemeinwissen ist. Von sechs befragten Leuten kannten nur zwei die Ostindische Kompagnie. Die beiden, die sie kannten, verwechselten sie aber mit dem englischen Unternehmen ähnlichen Namens. Dass das Wissen über unsere koloniale Vergangenheit so wenig verbreitet ist, war mir nicht bewusst. Mal wieder ein Bereich, in dem ich Spezialwissen habe, ohne es bemerkt zu haben ...
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#63
Geschrieben 23 Mai 2024 - 19:04
„Ziltpunk: großartige Science-Fiction-Ideen gemischt mit unverfälschter holländischer Herrlichkeit und dem Handelsinstinkt der alten Vereinigten Ostindischen Kompanie.“
Als ich das las, musste ich mich erst einmal setzen.
Über diesen Satz bin auch ich gestolpert, habe mich dann aber dafür entschieden anzunehmen, dass Tais Teng und seine Mitstreiter blauäugig und nationalstolz eine verklärte Sicht auf die Angelegenheit haben. Diese Handelsgesellschaft war während ihrer gesamten Lebenszeit übrigens nur ein paar Jahre niederländisch. Du legst den Finger in die Wunde, denn wenn man den Hintergrund bedenkt, ist der Satz von Tais Teng eigentlich peinlich.
Bearbeitet von Christian Hornstein, 23 Mai 2024 - 19:04.
#64
Geschrieben 23 Mai 2024 - 19:07
Über das Thema Qualität der Einsendungen, oder Einhaltung des Scope habe ich gerade heute mit Uwe in der neuen Podcast-Folge gesprochen. Ich denke, die kommt wahrscheinlich morgen raus oder schlimmstenfalls nächste Woche. Und ja, ich teile deine Auffassung da, Christian.
Es bleibt schwierig, aber auch Lösungen sind angedacht.
Da bin ich aber gespannt.
#65
Geschrieben 23 Mai 2024 - 21:13
Bettina Wurche: Future Food. Wie realistisch sind Speisen der Zukunft in Science Fiction-Szenarien? (Essay)
Dieser Essay wirkt auf mich zusammengestückelt: Er benennt verschiedene Science-Fiction-Szenarien, vor allem Filmwelten, und was dort gegessen wird. Die in der Überschrift gestellte Frage nach der Tragfähigkeit der gezeigten Ernährung wird jedoch nicht beantwortet. Interessant sind für mich die Überlegungen zu Ernährung und Essen als Kulturinhalt, diese sind aber wenig ausgeführt.
Future Fiction Talk: Essen für die Zukunft. Dr. Rita Grünbein im Gespräch
Ein Gespräch über Möglichkeiten, Nahrung zu produzieren. Inhaltlich brachte mir das kaum Neues, ich bin in dem Thema aber auch ziemlich drin. Aquakulturen spielen beispielsweise im zweiten Band vom Geflecht, an dem ich gerade schreibe, eine große Rolle, darum hatte ich dazu recherchiert.
Darüber, dass man Quallen essen kann, wusste ich nichts, das fand ich spannend. Schade ist, dass das Interview holprig zu lesen ist und die Themen alle recht knapp abgehandelt werden.
Aiki Mira: Glitch im Rapid
Auf diesen Text hatte ich mich gefreut, denn ich mag Aikis Kurzgeschichten meist recht gern. Aber in diese hier kam ich einfach nicht hinein: Die Sprache holperte, die Einführung der Figuren wirkte auf mich so wenig organisch und hölzern, dass ich das Gefühl hatte, ihre Diversität sei ihnen künstlich aufgedrückt. Das erstaunt mich, ist es doch so gar nicht Aiki-like. Ebenso wie mich erstaunt, dass keine der Figuren für mich lebendig wurde: Obwohl (oder weil?) sie alle nacheinander schematisch beschrieben wurden, bleiben sie für mich unlebendig. Jene sprachliche Intimität, die Aiki so meisterhaft beherrscht, fehlt hier völlig. Auch die eigenwilligen lyrischen Beschreibungen fehlen. Hätte da nicht Aiki Mira drübergestanden, ich hätte gedacht, da habe sich jemand unbeholfen bei deren Wortneuschöpfungen bedient.
Der Plot ist sehr überschaubar: In einem Zug kontrolliert ein Roboter die Reisenden. Eine Gruppe muslimischer Personen trifft auf eine PoC, die der Roboter nicht kontrollieren kann und sie daher des Zuges verweist. Eine blinde Muslima findet eine Möglichkeit der Hilfe, bei der sie ihren Hijab verwendet.
Es geht hier also um strukturellen Rassismus, aber das Thema ist so aufdringlich präsentiert, dass es mich nicht überzeugt, ebenso wie die Blindheit, die mir mehrfach unter die Nase gerieben wird. Desweiteren würde ich doch hoffen, dass derartige Rassismen in der Zukunft wenigstens etwas überwunden sind: Die Reisenden haben alle starke Vorurteile und ordnen sich jeweils verschiedenen Gruppen zu, die die anderen ablehnen. Und für die Diskriminierung bei der Kontrolle muss eine individuelle Lösung gefunden werden. Das finde ich eher dystopisch als utopisch. Diskriminierungsfreiheit sollte nicht an der Zivilcourage Einzelner hängen.
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#66
Geschrieben 24 Mai 2024 - 05:45
Mir ist die VOC eigentlich nur aus Seeabenteuern meiner Jugend bekannt, da waren sie immer Feinde, aber vermutlich eher aus Konkurrenzgründen, da es meist französische oder englische Bücher waren. In niederländischen Geschichten ging es meist um den Kampf gegen Spanien.
Ein wirklich nicht sehr präsentes Thema.
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#67
Geschrieben 24 Mai 2024 - 07:30
Ein wirklich nicht sehr präsentes Thema.
Noch weniger bekannt dürfte die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie (BAC) (gegründet 1682, später Brandenburgisch-Afrikanische-Amerikanische Compagnie (BAAC) ), die brandenburgisch-preußische Entsprechung dazu sein.
Auch kein Ruhmesblatt der Geschichte.
Bearbeitet von Michael Böhnhardt, 24 Mai 2024 - 07:32.
#68
Geschrieben 24 Mai 2024 - 08:03
Nein, wahrlich nicht. Dass die europäische und insbesondere die deutsche Kolonialgeschichte so verschwiegen wird, halte ich für ein großes Problem.
Über diesen Satz bin auch ich gestolpert, habe mich dann aber dafür entschieden anzunehmen, dass Tais Teng und seine Mitstreiter blauäugig und nationalstolz eine verklärte Sicht auf die Angelegenheit haben. Diese Handelsgesellschaft war während ihrer gesamten Lebenszeit übrigens nur ein paar Jahre niederländisch. Du legst den Finger in die Wunde, denn wenn man den Hintergrund bedenkt, ist der Satz von Tais Teng eigentlich peinlich.
Da hast du andere Informationen als ich, was das "nur ein paar Jahre niederländisch" angeht. Falls du erklären magst, wäre ich dankbar.
Ansonsten finde ich das nicht peinlich sondern schmerzlich. Und gehe leider nicht von einem Versehen von Tais Teng aus. Wer in Deutschland schreibt denn von "unverfälschter deutscher Herrlichkeit"? Niemand wird aus Versehen zum Nationalist. Und dass jemand ein Manifest für ein neues Genre schreibt und nicht weiß, auf was er sich da bezieht, glaube ich auch nicht.
Modupe H. Ayine: Die Mauern von Benin City
Dieser Text ist der erste in diesem Magazin, den ich sehr mochte: berührend, sprachlich ansprechend und spannend. Eine der letzten Überlebenden der Menschheit kämpft sich durch eine Wüste auf Benin City, die legendäre Stadt, zu und wird von einer Rettungsbronze aufgelesen. Ich mag die Idee, die historischen Beninbronzen als Roboter in die Zukunft zu projizieren, wie es hier geschieht. Die wachsende Beziehung zwischen der Hauptfigur und der Bronze wird einfühlsam geschildert, die Dialoge sind interessant und persönlich. In den Gedanken der menschlichen Hauptfigur und den Aussagen der Bronze ist eine Menge enthalten, wenn man die Debatte um die Rückgabe der während der Kolonialzeit gestohlenen Bronzen kennt, von denen auch einige im ethnologischen Museum in Berlin stehen.
Was mich an dieser Veröffentlichung gestört hat, sind die Illustrationen. Sie zeigen Bronzefiguren, aber diese wirken wie ägyptische Soldaten und nicht wie die Beninbronzen oder die im Text beschriebenen floral ornamentierten Figuren. Vor dem Hintergrund, dass es in dem Text auch um Kolonialismus und die Beziehungen zwischen Europa und Westafrika geht (wenn auch nur implizit), finde ich es schwierig, ihn mit unpassenden Figuren zu bebildern, die so wirken, als habe die illustrierende Person sich nicht die Mühe gemacht, zwischen verschiedenen afrikanischen Kunsttraditionen zu unterscheiden.
Toll ist, dass hier zwar ein postapokalyptisches Szenario gemalt wird – die Menschheit ist durch Reaper (Mass Effect lässt grüßen) dezimiert worden – dass aber auch ein positiver Ausblick gewährt wird. Daher passt der Text meiner Meinung nach zur Ausrichtung des Magazins.
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#69
Geschrieben 24 Mai 2024 - 08:29
Nein, wahrlich nicht. Dass die europäische und insbesondere die deutsche Kolonialgeschichte so verschwiegen wird, halte ich für ein großes Problem.
Naja, wird ja nun nicht wirklich "verschwiegen". Die wenigsten Leute interessieren sich dafür. Das gilt aber auch nicht nur für Kolonialgeschichte.
#70
Geschrieben 24 Mai 2024 - 10:26
Das sehe ich anders. Welche Geschichtsinhalte mit Denkmälern im Gedächtnis erhalten werden und welche nicht, welche in Museen aufbereitet werden und welche nicht, welche Schulstoff sind und welche nicht -- das ist alles kein Zufall. Am Beispiel der Beninbronzen lässt sich das gut illustrieren: Erst als der Druck der Nachfahren der Beraupten so groß wurde und die weiße europäische Mehrheit begann, ihnen zuzuhören, kam Bewegung in die Sache und die Idee, die Kunstwerke zurückzugeben, wurde ernsthaft diskutiert. Erst jetzt gibt es zumindest in einigen Museen (das Humboldtforum ist da ein gutes Beispiel) ansatzweise Texte dazu, wie die Ausstellungsstücke an diesen Ort geraten sind. Aber eben nur, wenn es Druck von außen gibt. Im Humboldtforum, das ja sehr neu eingerichtet wurde, fehlen diese Einordnungen immer noch an zu vielen Stellen. Sie sind nur dort vorhanden, wo sich Einzelpersonen oder Gruppen dafür eingesetzt haben.
Ein anderes Beispiel sind Straßennamen. Berlin ist nicht die einzige Stadt, in der eine Lüderitzstraße noch bis 2022 so heißen durfte. Die Umbenennung in Cornelius-Fredericks-Straße (nach einem Widerstandskämpfer der namibischen !Aman) war alles andere als konflikfrei. An wen erinnert wird und wer verschwiegen wird - das hat System. Dass sich niemand dafür interessiere, verschweigt mal wieder die vielen Afrodeutschen, die sich sehr wohl dafür interessieren. Und das nicht erst seit zwanzig Jahren oder so.
Alles in allem ist bezeichnend, dass die Redaktion übersehen konnte, wofür die VOC steht.
Aber zurück zum FFM:
Future Fiction Talk: Modupe H. Ayinde
Dieses Interview enthält einige Hintergründe zu „Die Mauern von Benin City“ und macht einige meiner Vermutungen explizit. Es enthält außerdem Hinweise zu den Romanen der Autorin, die ab 2025 erscheinen werden. Ich fand es leicht lesbar, hätte mir aber auch hier einige Vertiefungen gewünscht.
Kelsea Yu: Ein Mangel an Haien (Amerika)
Sprachlich spricht mich dieser Text sehr an: Einfühlsam und mit eigenen Formulierungen wird beschrieben, wie sich die Hauptfigur weißen Haien nähert, eine in der Zukunft fast ausgestorbene Tierart, der sich ein Forschendenteam auf eigenwillige Art nähert. Sie bauen einen künstlichen Hai, den sie in die Art eines letzten illegal gejagten Hais einnähen. In diesem kann die Hauptfigur sich aufhalten und nach den letzten Haien suchen.
Insgesamt fällt mein Fazit für diese Ausgabe also sehr durchwachsen aus. Selbst wenn ich nur auf die Texte schaue, fällt doch sehr auf, dass nur ein einziger wirklich zur selbstgesetzten Ausrichtung des Magazins passt. Zwei Texte gefallen mir, auch keine so gute Quote. Aber auch keine ganz schlechte. Die Interviews behandeln interessante Themen, aber hier fehlt mir der Tiefgang. Das Interview mit Tais Teng ist für mich klar ein NoGo, da bin ich auf die Stellungnahme gespannt.
Nachdem ich bislang jede Ausgabe des FFM gekauft habe, frage ich mich, ob sich das weiter mit meinen Werten vereinbaren lässt. Aber angesichts der Reaktion hier gebe ich die Hoffnung noch nicht auf.
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#71
Geschrieben 24 Mai 2024 - 11:30
Danke für euer Feedback, das ich mit Interesse verfolge.
Hier der Link zum gestrigen Gespräch von Uwe und mir, in dem wir hauptsächlich über den Scope sprechen:
https://www.literatu...h-mit-uwe-post/
Podcast: Literatunnat
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#72
Geschrieben 25 Mai 2024 - 10:41
Da hast du andere Informationen als ich, was das "nur ein paar Jahre niederländisch" angeht. Falls du erklären magst, wäre ich dankbar.
Ansonsten finde ich das nicht peinlich sondern schmerzlich. Und gehe leider nicht von einem Versehen von Tais Teng aus. Wer in Deutschland schreibt denn von "unverfälschter deutscher Herrlichkeit"? Niemand wird aus Versehen zum Nationalist. Und dass jemand ein Manifest für ein neues Genre schreibt und nicht weiß, auf was er sich da bezieht, glaube ich auch nicht.
Du hast recht. Ich habe nachgelesen und hatte das falsch in Erinnerung.
Bei Deiner Annahme zu Tai Tengs Gesinnung weiß ich nicht recht. Wir in Deutschland sind ja sensibilisiert wegen des Dritten Reiches. Nationalstolz ist bei uns rasch mit faschistischen Tendenzen konnotiert. Ich glaube, es gibt auch Nationalstolz, der nicht diese Tendenzen aufweist. Dennoch ist es natürlich schief, wenn man sich dabei explizit auf die VOC bezieht. Wie gesagt, will ich mal davon ausgehen, dass den Autori das nicht so recht klar war.
#73
Geschrieben 25 Mai 2024 - 10:54
Das sehe ich anders. Welche Geschichtsinhalte mit Denkmälern im Gedächtnis erhalten werden und welche nicht, welche in Museen aufbereitet werden und welche nicht, welche Schulstoff sind und welche nicht -- das ist alles kein Zufall. Am Beispiel der Beninbronzen lässt sich das gut illustrieren: Erst als der Druck der Nachfahren der Beraupten so groß wurde und die weiße europäische Mehrheit begann, ihnen zuzuhören, kam Bewegung in die Sache und die Idee, die Kunstwerke zurückzugeben, wurde ernsthaft diskutiert. Erst jetzt gibt es zumindest in einigen Museen (das Humboldtforum ist da ein gutes Beispiel) ansatzweise Texte dazu, wie die Ausstellungsstücke an diesen Ort geraten sind. Aber eben nur, wenn es Druck von außen gibt. Im Humboldtforum, das ja sehr neu eingerichtet wurde, fehlen diese Einordnungen immer noch an zu vielen Stellen. Sie sind nur dort vorhanden, wo sich Einzelpersonen oder Gruppen dafür eingesetzt haben.
Ein anderes Beispiel sind Straßennamen. Berlin ist nicht die einzige Stadt, in der eine Lüderitzstraße noch bis 2022 so heißen durfte. Die Umbenennung in Cornelius-Fredericks-Straße (nach einem Widerstandskämpfer der namibischen !Aman) war alles andere als konflikfrei. An wen erinnert wird und wer verschwiegen wird - das hat System. Dass sich niemand dafür interessiere, verschweigt mal wieder die vielen Afrodeutschen, die sich sehr wohl dafür interessieren. Und das nicht erst seit zwanzig Jahren oder so.
Das sehe ich ähnlich. Womit wir unsere Umgebung ausstatten, sollte bewusst gewählt werden und wird es wohl meist auch. So wie mit anderen Dingen auch, drücken wir damit aus, was uns wichtig ist und wofür wir stehen.
#74
Geschrieben 25 Mai 2024 - 10:57
@Jol
Interessant wieder die Überschneidungen und manche Differenz zwischen unseren Textwahrnehmungen.
#75
Geschrieben 25 Mai 2024 - 11:40
Bettina Wurche: Future Food. Wie realistisch sind Speisen der Zukunft in Science Fiction-Szenarien? (Essay)
Dieser Essay wirkt auf mich zusammengestückelt: Er benennt verschiedene Science-Fiction-Szenarien, vor allem Filmwelten, und was dort gegessen wird. Die in der Überschrift gestellte Frage nach der Tragfähigkeit der gezeigten Ernährung wird jedoch nicht beantwortet. Interessant sind für mich die Überlegungen zu Ernährung und Essen als Kulturinhalt, diese sind aber wenig ausgeführt.
Future Fiction Talk: Essen für die Zukunft. Dr. Rita Grünbein im Gespräch
Ein Gespräch über Möglichkeiten, Nahrung zu produzieren. Inhaltlich brachte mir das kaum Neues, ich bin in dem Thema aber auch ziemlich drin. Aquakulturen spielen beispielsweise im zweiten Band vom Geflecht, an dem ich gerade schreibe, eine große Rolle, darum hatte ich dazu recherchiert.
Darüber, dass man Quallen essen kann, wusste ich nichts, das fand ich spannend. Schade ist, dass das Interview holprig zu lesen ist und die Themen alle recht knapp abgehandelt werden.
Mich haben die beiden Beiträge auch nicht begeistert. Eine nette Bestandsaufnahmen, aber auch der Beweis, in der Fantasyliteratur wird dem Thema Nahrung einfach mehr Raum und auch mehr Genuss entgegen gebracht.
#76
Geschrieben 25 Mai 2024 - 11:59
Das sehe ich anders. Welche Geschichtsinhalte mit Denkmälern im Gedächtnis erhalten werden und welche nicht, welche in Museen aufbereitet werden und welche nicht, welche Schulstoff sind und welche nicht -- das ist alles kein Zufall. Am Beispiel der Beninbronzen lässt sich das gut illustrieren: Erst als der Druck der Nachfahren der Beraupten so groß wurde und die weiße europäische Mehrheit begann, ihnen zuzuhören, kam Bewegung in die Sache und die Idee, die Kunstwerke zurückzugeben, wurde ernsthaft diskutiert. Erst jetzt gibt es zumindest in einigen Museen (das Humboldtforum ist da ein gutes Beispiel) ansatzweise Texte dazu, wie die Ausstellungsstücke an diesen Ort geraten sind. Aber eben nur, wenn es Druck von außen gibt. Im Humboldtforum, das ja sehr neu eingerichtet wurde, fehlen diese Einordnungen immer noch an zu vielen Stellen. Sie sind nur dort vorhanden, wo sich Einzelpersonen oder Gruppen dafür eingesetzt haben.
Ein anderes Beispiel sind Straßennamen. Berlin ist nicht die einzige Stadt, in der eine Lüderitzstraße noch bis 2022 so heißen durfte. Die Umbenennung in Cornelius-Fredericks-Straße (nach einem Widerstandskämpfer der namibischen !Aman) war alles andere als konflikfrei. An wen erinnert wird und wer verschwiegen wird - das hat System. Dass sich niemand dafür interessiere, verschweigt mal wieder die vielen Afrodeutschen, die sich sehr wohl dafür interessieren. Und das nicht erst seit zwanzig Jahren oder so.
Das der Schwerpunkt der deutschen Erinnerungsgeschichte sich auf den 2. Weltkrieg und die Zeit davor konzentriert, kannst du aber nicht bestreiten. Dadurch bleibt naturgemäß wenig Raum für anderes in der Wahrnehmung, Entsprechend konzentrieren sich darauf Filme und Bücher und die werden ja nicht umsonst für diverse Preise berücksichtigt.
Ich finde auch Steampunk ist da ein gutes Thema. Gefühlt ist das für mich eine Verklärung der guten alten Zeit, ohne das Potenzial, sich mit den damaligen Missständen auseinanderzusetzen, auszunutzen. Aber vielleicht habe ich da auch die falschen Geschichten gelesen.
Generell wäre es halt zur Beurteilung des Ziltpunk zu sehen, wie dieser Handelsinstinkt in der Geschichte umgesetzt wird. Fandest du den "holländischen Aspekt" der Geschichte jetzt negativ umgesetzt?
Ich überlege gerade, wie eine deutsche Variante aussehen würde...käme vielleicht drauf an aus welcher auch zeitlichen Sicht man die deutsche Besonderheit aufgreifen würde. Den abergläubigen obrigkeitshörigen Bauern des 18. Jahrhunderts, des uniformierten Preußenmilitärs oder dem linksversifften Wohstandsjüngling?
#77
Geschrieben 26 Mai 2024 - 08:52
Mich haben die beiden Beiträge auch nicht begeistert. Eine nette Bestandsaufnahmen, aber auch der Beweis, in der Fantasyliteratur wird dem Thema Nahrung einfach mehr Raum und auch mehr Genuss entgegen gebracht.
Da habe ich gar nicht dran gedacht, aber spontan würde ich dem zustimmen. Eine interessante Anregung. Das einzige Beispiel, das mir bei SF gerade einfällt, in dem genussvoll verzehrt wird, ist im Film Soylent Green, nachdem der alte Sol aus mühsam herbeigeschafften "natürlichen" Nahrungsmitteln ein schmackhaftes Mahl gezaubert hat. Ausgerechnet in diesem Film, auch als Kontrast zum unappetittlichen kulinarischen Umfeld dort.
Bearbeitet von Christian Hornstein, 26 Mai 2024 - 08:56.
#78
Geschrieben 26 Mai 2024 - 11:12
Das ist ja erstmal nur anekdotisch. Ich wäre mir nicht so sicher, dass das stimmt. So nimmt z.B. Essensbeschaffung, Zubereitung und Verzehr eine zentrale Rolle in vielen Robinsonaden ein, so etwa in "Der Marsianer", "We are Bob", aber auch "Delicatessen", "Love and Monsters" (völlig willkürliche Auswahl aus dem Gedächtnis).Da habe ich gar nicht dran gedacht, aber spontan würde ich dem zustimmen. Eine interessante Anregung. Das einzige Beispiel, das mir bei SF gerade einfällt, in dem genussvoll verzehrt wird, ist im Film Soylent Green, nachdem der alte Sol aus mühsam herbeigeschafften "natürlichen" Nahrungsmitteln ein schmackhaftes Mahl gezaubert hat. Ausgerechnet in diesem Film, auch als Kontrast zum unappetittlichen kulinarischen Umfeld dort.
#79
Geschrieben 26 Mai 2024 - 16:14
Danke für euer Feedback, das ich mit Interesse verfolge.
Hier der Link zum gestrigen Gespräch von Uwe und mir, in dem wir hauptsächlich über den Scope sprechen:
Ich habe dem Interview mit Interesse gelauscht. Uwes Begeisterung ist ja richtig ansteckend. Das fand ich schön. Ich habe jedenfalls viel erfahren darüber, was Ihr sucht und was nicht, und glaube, die zuletzt veröffentlichten Geschichten werden dem nicht so ganz gerecht. Leider habt Ihr zur Lösung des Problems, zu wenig Brauchbares angeboten zu bekommen, nichts gesagt.
Interessant fand ich auch, dass im nächsten FFM Solarpunk eine größere Rolle spielen soll. Zufällig wird ja im nächsten Exodus eine Geschichte von mir erscheinen, die ich als edgy Solarpunk bezeichnen würde. In die FFM hätte diese Geschichte streng genommen nicht gepasst, weil sie dafür zu satirisch scharfzüngig ist, zu sehr auf dem Zaun hockt und zwiespältig statt vorbehaltlos optimistisch ist.
Zwei Äußerungen haben mich etwas verwirrt.
Uwe erwähnt, dass Lokalkolorit eine Erzählung interessant mache, was natürlich zutrifft, wenn es gut gemacht ist. Yvonne fällt dazu Glitch im Rapid von Aiki Mira ein und Uwe stimmt zu. Wer mal auf dem Bahnsteig des kölner Haupfbahnhofs gewesen sei, erkenne ihn im Text wieder. Das hat mich überrascht, denn in Aiki Miras Geschichte wird der kölner Haupfbahnhof gar nicht beschrieben, sondern nur kurz mit "Kölner Bahnhofshalle" erwähnt. Die Bahnsteigszene besteht aus folgendem Satz: "Samstagmorgen, Menschen und Bots strömen in den Rhein-Ruhr-Rapid." Da ist kein Lokalkolorit. Selbst der Zug wird nicht beschrieben, sondern nur benannt als "Rhein-Ruhr-Rapid". Ein paar Sätze später heißt es noch: "Von magnetischen Kräften in der Schwebe gehalten, gleitet der Rapid geräuschlos aus der Kölner Bahnhofshalle." Auch hier gibt es kein Lokalkolorit.
Lokalkolorit würde z.B. so aussehen: Samstagmorgen. Tief unterhalb des verglasten Hallendachs des Kölner Hauptbahnhofs wimmeln die dicht bevölkerten Bahnsteige. Im Schattenmuster der alles überragenden Stahlkonstruktion strömen Menschen und Bots in den Rhein-Ruhr-Rapid. Aus dem allgemeinen Gebrabbel heraus quäckt in Endlosschleife die Warnansage zur Gepäckaufsicht, stets endend mit einem jovialen "Pass op dich op!". Eli, Jazz und Jojo schieben sich an einem goldfarbenen Bierglasholo vorbei mit dem Schriftzug "Lecker Kölsch" und reihen sich in den Strom ein, der in den Zug fließt. Kaum an Bord beginnen sie sofort mit der Suche nach ihrem Abteil.
Yvonne, Du meinst, der Topos der zwei engen Freunde, die später zu Feinden werden, sei klassisch für die chinesische Erzähltradition, aber für westlich geprägte Menschen recht neu. Hmmm. Was ist denn mit Ben Hur (Judah Ben-Hur und Messala), Macbeth (Macbeth und Banquo), Le Comte de Monte-Cristo (Edmond Dantès und Fernand Mondego), The Lord of the Rings (Saruman und Gandalf), The Godfather Part II (Michael Corleone und Fredo Corleone), The Prestige (Robert Angier und Alfred Borden), Star Wars (Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi), Frozen (Elsa und Anna), X-Men (Charles Xavier und Erik Lehnsherr), The Amazing Spider-Man (Peter Parker und Harry Osborn), Thor (Thor und Loki) oder Smallville (Clark Kent und Lex Luthor)?
Bearbeitet von Christian Hornstein, 26 Mai 2024 - 16:15.
#80
Geschrieben 26 Mai 2024 - 16:26
Ich beantworte mal die Frage, die direkt an mich gestellt wurde: Das hat Ken Liu gesagt und ich habe es nachgeplappert. Ich glaube, in der chinesischen Erzähltradition hat es einen anderen Stellenwert und schon viel, viel länger. Also nicht sowas relativ neues wie HdR und andere Prosa aus dem 20. Jahrhundert und auch eher seit der Kindheit befreundete Menschen.
Ich müsste raussuchen, wo er das gesagt hat, das war nämlich schriftlich und müsste gut zu finden sein. Was ich aber von dem Roman, in dem er das verarbeitet hat, gelesen habe, hat dann doch einen krasseren Stellenwert als die von dir genannten Beispiele. Vor allem, was die gemeinsame Mission betrifft, die fehlt mir bei den meisten deiner Beispiele (womöglich habe ich das im Podcast nicht gut genug formuliert, also, der geht auf mich, sorry).
Bei Glitch im Rapid kann es auch sein, dass etwas den Kürzungen zum Opfer fiel, in der eingereichten Version war noch mehr Beschreibung ... (Ich war diesen Monat zweimal in Köln und ja, mit dem Zug, seufz.)
Podcast: Literatunnat
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#81
Geschrieben 27 Mai 2024 - 19:25
Die westliche Kultur bot auch schon vor über zweitausend Jahren solche Geschichten an, z.B. mit Eteokles und Polyneikes, Brüder und Söhne von Ödipus, die zunächst eine enge Beziehung haben, aber nach dem Tod ihres Vaters zu Feinden werden, als sie um die Herrschaft über Theben kämpfen und sich gegenseitig töten. Oder die Zwillinge Romulus und Remus, die erst gemeinsam aufwachsen und später Amulius stürzen, der sie hatte aussetzen lassen. Danach jedoch, bei der Gründung von Rom, tötet Romulus seinen Bruder Remus, der ihm bei der Namensgebung der Stadt unterlag.
Aber ich verstehe Dich so, dass eine ganz spezielle Variante dieses Topos gemeint gewesen ist, die noch viel mehr und dramatischer auf die Entwicklung von Bündnis und Zerwürfnis eingeht, und die chinesische Kultur ist ja auch etwas älter als die abendländische.
Warum Ihr das Lokalkolorit aus Aiki Miras Text gestrichen habt, obwohl Ihr es so gut fandet, leuchtet mir nicht ein.
Bearbeitet von Christian Hornstein, 28 Mai 2024 - 08:48.
#82
Geschrieben 29 Mai 2024 - 20:10
Das der Schwerpunkt der deutschen Erinnerungsgeschichte sich auf den 2. Weltkrieg und die Zeit davor konzentriert, kannst du aber nicht bestreiten. Dadurch bleibt naturgemäß wenig Raum für anderes in der Wahrnehmung, Entsprechend konzentrieren sich darauf Filme und Bücher und die werden ja nicht umsonst für diverse Preise berücksichtigt.
Ich finde auch Steampunk ist da ein gutes Thema. Gefühlt ist das für mich eine Verklärung der guten alten Zeit, ohne das Potenzial, sich mit den damaligen Missständen auseinanderzusetzen, auszunutzen. Aber vielleicht habe ich da auch die falschen Geschichten gelesen.
Generell wäre es halt zur Beurteilung des Ziltpunk zu sehen, wie dieser Handelsinstinkt in der Geschichte umgesetzt wird. Fandest du den "holländischen Aspekt" der Geschichte jetzt negativ umgesetzt?
Ich überlege gerade, wie eine deutsche Variante aussehen würde...käme vielleicht drauf an aus welcher auch zeitlichen Sicht man die deutsche Besonderheit aufgreifen würde. Den abergläubigen obrigkeitshörigen Bauern des 18. Jahrhunderts, des uniformierten Preußenmilitärs oder dem linksversifften Wohstandsjüngling?
Ich glaube nicht, dass da wenig Raum bleibt. Beim Wandern und Flanieren achte ich ja gern auch Kunst und Denkmäler und da gibt es alle möglichen Kriege von den Schwedenkriegen oder napoleanische Schlachten, deutsch-französischer Krieg usw usf. Straßennamen las Möglichkeit der Erinnerung habe ich ja bereits benannt. Daneben gibt es Museen über alle möglichen Epochen, von der Steinzeit bis jetzt ... Ich kenne zwar diverse Afrikahäuser und verschiedenen Städten, aber kein einziges, das ich bislang besucht habe, hat die deutsche Kolonialgeschichte ins Zentrum gestellt. Oft wurde sie nicht einmal am Rande erwähnt und das, wo die Museen oft Folge von Ortsansässigen sind, die als Missionare oder Kolonisatoren auf dem afrikanischen Kontintent tätig waren. Besonders präsent ist mir gerade das Afrikahaus in Sebnitz, aber ich war schon in einigen derartigen Museen. Meist wird ein weißer Mann und dessen Arbeit in Afrika ins Zentrum gestellt, ohne die grundlegende Frage anzureißen, was er da eigentlich gemacht hat. Und warum und in welcher Zeit ...
Dann sind natürlich Lehrstoff an Schulen und Lehrbücher zu nennen. Du kannst mir nicht erzählen, dass heute in Geschichte von der sechsten bist zur 13. Klasse nur zweiter Weltkrieg behandelt wird.
Und zum Text. Hmm. Ich fand da wenig Niederländisches drin. Es gab halt Deiche und Deichgrafen, aber die gibt bzw. gab es an Nord- und Ostsee auch. Ansonsten fielen mir die Islam-Klischees im Text negativ auf. Ich habe aber weder von den Niederlanden noch von modernem Islam genug Ahnung, um mich da fundiert äußern zu können. Ich habe versucht, auf die Schnelle ein bissel was zu Nationalismus und rechtsnationalen Strömungen in den Niederlanden zu recherchieren, bin da aber gescheitert. Insofern: keine Ahnung. Aber ich gehe davon aus. dass jemand, der ein neues Genre begründet und dafür ein Manifest verbreitet, schon überlegt, was er da von sich gibt.
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#83
Geschrieben 29 Mai 2024 - 21:56
Ist das nicht bei allen Manifeste so, dass man da nach gemeinsamen Nenner sucht?
Bei dem Schwerpunkt der Erinnerungsgeschichte scheinst du mich absichtlich miss zu verstehen, ist aber auch egal.
Phantastische Literatur, die sich mit deutscher Kolonialgeschichte auseinander setzt, gibt es definitiv. Da fällt mir zuerst ein Roman von Kai Meyer ein, aber auch in Zwielicht gab es eine Kurzgeschichte, die in Togo spielt und das behandelte. Aber da gibt es bestimmt noch mehr.
Geschichten die von den zwei Weltkriegen handeln bzw. der Zeit dazwischen gibt es aber definitiv mehr und da sind einige bekannt. Da sieht man schon den Schwerpunkt.
#84
Geschrieben 30 Mai 2024 - 08:49
Bei dem Schwerpunkt der Erinnerungsgeschichte scheinst du mich absichtlich miss zu verstehen, ist aber auch egal.
Das finde ich eine unschöne Unterstellung. Sie stimmt auch nicht. Ich weiß nicht einmal, an welcher Stelle ich dich missverstehe (und du mich, so nehme ich an, sonst kämst du nicht zu dieser Annahme).
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#85
Geschrieben 30 Mai 2024 - 09:02
Das finde ich eine unschöne Unterstellung. Sie stimmt auch nicht. Ich weiß nicht einmal, an welcher Stelle ich dich missverstehe (und du mich, so nehme ich an, sonst kämst du nicht zu dieser Annahme).
Na, der Satz:
Dann sind natürlich Lehrstoff an Schulen und Lehrbücher zu nennen. Du kannst mir nicht erzählen, dass heute in Geschichte von der sechsten bist zur 13. Klasse nur zweiter Weltkrieg behandelt wird.
Das Gegenteil habe ich nicht behauptet.
#86
Geschrieben 30 Mai 2024 - 09:14
Nein, du hast behauptet, es gebe wenig Raum in der Wahrnehmung. Und ich fand, dass das nicht ganz stimmt und habe Schulstoff als Beispiel benannt (neben vielen anderen). Dabei habe ich etwas zugespitzt, um deutlich zu machen, was ich meine. Damit wollte ich dir aber nichts unterstellen, die Zuspitzung ist völlig meine.
Aber auch wenn man nur auf Filme und Bücher schaut: Raum gäbe es für die Auseinandersetzung mit Kolonalismus. Er wird nur leider - aus welchen Gründen auch immer - wenig gefüllt. Du hast ja recht: Niemand heute könnte sowas wie "in der Tradition der KZ-Inspektion" schreiben, weil das sofort auf Gegenwehr stoßen würde. Wieso das bei Organisationen, die massiv an kolonialistischen Verbrechen beteiligt waren, anders ist, hat etwas mit mangelnder Sichtbarkeit und Aufklärung zu tun. Nur finde ich schwierig, das mit zu wenig Raum zu begründen, weil das für mich wie eine Entschuldigung klingt.
Bearbeitet von Jol Rosenberg, 30 Mai 2024 - 09:52.
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#87
Geschrieben 30 Mai 2024 - 10:28
Ich glaube, uns allen ist klar, dass Tais Tengs Berufung auf den Handelsinstinkt der VOC ein Fauxpas war. Falls er sich der Schattenseiten dieses Handels bewusst gewesen sein und sie als vernachlässigbar empfunden haben sollte, dann wäre das etwas bedenklich und nicht mehr nur peinlich. Ich bin gespannt, was die Herausgeberi dazu in Erfahrung bringen werden. Es ist für uns SF-Fans ja höchst relevant, denn es geht um die Bewertung eines neuen Subgenres, dem Ziltpunk.
#88
Geschrieben 30 Mai 2024 - 11:46
Nein, du hast behauptet, es gebe wenig Raum in der Wahrnehmung. Und ich fand, dass das nicht ganz stimmt und habe Schulstoff als Beispiel benannt (neben vielen anderen). Dabei habe ich etwas zugespitzt, um deutlich zu machen, was ich meine. Damit wollte ich dir aber nichts unterstellen, die Zuspitzung ist völlig meine.
Ich habe das hier geschrieben:
Das der Schwerpunkt der deutschen Erinnerungsgeschichte sich auf den 2. Weltkrieg und die Zeit davor konzentriert, kannst du aber nicht bestreiten. Dadurch bleibt naturgemäß wenig Raum für anderes in der Wahrnehmung, Entsprechend konzentrieren sich darauf Filme und Bücher und die werden ja nicht umsonst für diverse Preise berücksichtigt.
Und was hat das jetzt damit zu tun, das der Schulunterricht sich nicht nur mit dem 2. Weltkrieg beschäftigt?
Verstehe ich nicht, das ist auch keine Zuspitzung, damit stellt man mich in die lächerliche Ecke.
#89
Geschrieben 30 Mai 2024 - 12:33
Es tut mir leid, wenn du dich dadurch lächerlich gemacht siehst, das war nicht meine Absicht. Ich habe versucht, einen Sinn in deiner Aussage zu sehen. "Der zweite Weltkrieg und die Zeit davor" ist in meiner Wahrnehmung sehr eng mit dem Niedergang des Kolonialismus verbunden. Du machst aber die Aussage, dass die Beschäftigung damit wenig Raum für Kolonialismus bietet, was sich in sich widerspricht. Also denkst du, so nahm ich an, der Kolonialismus und der zweite Weltkrieg und dessen Ursachen seien unabhängig voneinander zu betrachten. Ich bin dieser Hypothese mal kurz gedanklich gefolgt -- und kam dann dabei an, dass der zweite Weltkrieg in meiner Schulzeit zwar sehr viel Raum einnahm, das Mittelalter aber auch. Und der erste Weltkrieg. Und der deutsch-französische Krieg. Und die Schlacht im Teutoburger Wald. Du meintest, ein Verschweigen sei nicht beobachten (was ich auch anders sehe), also muss es irgendwie anders sein. Und dann dachte ich "hmm, das geht alles nicht zusammen, selbst wenn ich deiner für mich zweifelhaften Grundannahme folge".
Denn was ist Erinnerungsgeschichte? Für mich ist das ein Zusammenspiel aus pädagogischer Arbeit (in Schulen, Gedenkstätten, Museen, VHS ...), kulturell-künstlerischer Arbeit (Literatur, Theater, Filme, Musik und auch Architektur) und der Frage der Benennung und Gestaltung öffentlicher Räume. Also hat der Schulunterricht natürlich auch mit deutscher Erinnerungsgeschichte zu tun. Oder siehst du das anders?
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#90
Geschrieben 30 Mai 2024 - 12:49
Ich wollte was schreiben aber ich lass es. Es hat keinen Zweck. Eine gestörte Kommunikation sollte man nicht endlos weiterführen.
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