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EXODUS Nr. 48 (07/2024)

Exodus Science Fiction Magazin 2024

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228 Antworten in diesem Thema

#31 Christian Hornstein

Christian Hornstein

    Giganaut

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Geschrieben 17 Juli 2024 - 12:06

Christian Hornstein: Grün

 

Sergej und SelFish wollen die Welt retten und dazu ein Virus unter die Menschen bringen, dass diese verändert, in der Hoffnung, dass dies dazu führt, dass der Klimawandel wirklich eingedämmt wird.

Die Idee, die Menschen besser zu machen, damit sie Probleme angehen, ist nicht neu. Die Frage, wie diese Menschen sein müssten, auch nicht. Hornstein hat dem Thema trotzdem neue Aspekte abgerungen, indem er zwei sehr schnoddrige Figuren (von denen eine auch noch selfish heißt) zu Weltenretter*innen erkoren hat. Hinzu kommt Pope, der auch nicht gerade Sympathiepunkte sammelt.

Leider kann mich der Text trotz der sprachlichen Finesse nicht wirklich packen. Mir ist die Schreibe zu gewollt, zu umständlich, die Figuren zu wenig fassbar. Auch sind viele Nebendinge scheinbar nur in den Text gequetscht, um Weltenbau zu zeigen oder Seitenhiebe auf die Jetztzeit zu verteilen. Die Handlung an sich ist recht übersichtlich und besteht fast nur aus Dialogen. Um mich zu packen, müssten sich hier die Erzählstimmen unterscheiden. Für mich klingen sie aber alle gleich. Das Ende ist offen und lässt mich mit der Frage stehen, ob das, was sie da vor haben, wohl eine gute Idee ist. Auch nicht neu. Leider.

 

 

Vielen Dank für Deine Rückmeldung. Das tut mir leid, dass der Text für Dich nicht funktioniert hat. Könntest Du mir noch konkrete Beispiele geben, damit ich Deine Kritik an mancher Stelle besser nachvollziehen kann? Also z.B.

  • Wo wirken Element des Weltenbaus auf Dich wie in den Text gequetscht?
  • Welche Passagen hast Du als Seitenhiebe aufgefasst?
  • Welche Textstellen empfindest Du als gewollt und/oder zu umständlich?


#32 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 17 Juli 2024 - 13:08

 

Vielen Dank für Deine Rückmeldung. Das tut mir leid, dass der Text für Dich nicht funktioniert hat. Könntest Du mir noch konkrete Beispiele geben, damit ich Deine Kritik an mancher Stelle besser nachvollziehen kann? Also z.B.

  • Wo wirken Element des Weltenbaus auf Dich wie in den Text gequetscht?
  • Welche Passagen hast Du als Seitenhiebe aufgefasst?
  • Welche Textstellen empfindest Du als gewollt und/oder zu umständlich?

 

 

Lass uns Autori doch besser einfach zurücklehnen und schweigen, wenn es um unsere eigenen Texte geht. Alles andere hat in der Vergangenheit häufiger zu Problemen geführt.

 

Oder, anders herum: Lass uns Autori ein Nicht-Antworten aktiv zulassen. So dass Jol (und andere Lesende) sich auch gemütlich entscheiden können, das nicht zu beantworten.

 

Ich fände es nämlich recht schwierig, zu einer Geschichte, die ich "einfach nur gelesen" habe, vor einigen Tagen und mit der ich mich nicht näher beschäftigen will (oder gar erneut lesen), diese Fragen zu beantworten. Eigentlich glaube ich sogar, die Fragen lassen sich nur beantworten, wenn die Story erneut gelesen wird und das ist schon recht viel verlangt.

Das wäre dann schon weit über einen Lesezirkel hinaus und würde eher in Richtung Lektorat gehen und das ist zeitintensiv und es gibt eine Ping-Pong-Gefahr (jemand antwortet, jemand fragt mehr usw.).

 

Ich hoffe, ich habe mich vernünftig ausgedrückt.

 

 

Sicher lesen noch mehr Leute deinen Text und sagen etwas dazu.


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#33 Uwe Hermann

Uwe Hermann

    Temponaut

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Geschrieben 17 Juli 2024 - 13:15

Kann Problem. Dieses Jahr gibt es noch mehr von mir.

Ich habe mal einen ersten Durchgang gemacht und die meisten Storys gelesen, eine sogar zweimal. Ich habe die von Uwe Post erst alleine für mich gelesen und später meinem ältesten Kind vorgelesen (auch wenn ich dabei eine Menge Worte erklären musste). Beim zweiten Lesen kam sie mir auch weniger nervös in der Mitte vor und besser, organischer. 
 
Abgesehen mal von der Post-Story hat mir auch die Story von Schneiberg wieder sehr gut gefallen, vermutlich sogar besser als Frau in der Wand aus der letzten Ausgabe. Wobei ich auch hier nach dem ersten Lesen nicht ganz sicher bin, was die Prämisse eigentlich ist. Er hat so gute Ansätze in der Story, aber so richtig greifen kann ich es noch nicht und der Anfang ist sehr, sehr konventionell, hart an der Grenze zu "zu uninteressant". Das Thema ist zurzeit auch eher präsent (Pandemie, Virus), der Text besticht für mich eher durch die sehr menschliche Sichtweise. Das haben wir zu selten, finde ich. Insofern bin ich sehr interessiert daran, weiterhin Storys von Schneiberg zu lesen. Das scheint ein Autor zu sein, für dessen Prosa ich mich nachhaltig begeistern kann.
 
Endres ist die übliche Action, einige sehr coole Welten-Ideen, toughe Protagonistin, mir fehlt aber die Tiefe, ich ich beispielsweise bei die Straße der Bienen gelesen habe. Trotzdem, sehr lesbar, durchaus spannend.
 
Grohs habe ich gelesen, obwohl ich eigentlich seine Prosa nicht mehr lesen will, da ich sicher schon locker zehn oder zwölf Storys von ihm gelesen habe und mich immer irgendwas arg störte. So auch hier, aber der Anfang war so fürchterlich interessant. Jemand lässt seinen Kopf auf einen anderen Körper transplantieren. Von diesem anderen Körper war der Kopf krank (wird auch sehr nah am Horror beschrieben) und von dem anderen der Körper.
Ich erwarte eine Geschichte, die näher an diesem Thema bleibt, bekomme aber leider etwas anderes. Und wieder etwas ableistisches, was mir jetzt bei diesem Autor schon zu oft geschehen ist. Ständig gibt es in seiner Prosa stellenweise Passagen, die kolportieren, dass das Leben als alter Mensch, als behinderter Mensch usw. viel weniger wert ist oder gleich nicht mehr lebenswert. Der Autor mag ja (zurzeit!) jung und able-bodied sein, aber wenn er Glück hat, wird auch er alt und gebrechlich und dann wird er das womöglich anders sehen. 
Ich bin schon wieder abgeschreckt und überlege, ob ich beim nächsten Mal nicht mal den ersten Satz lese.
 
Hermann, das war diesmal für mich leider nicht originell. Kann am Lesehintergrund lesen, das war einfach déja lu.
 
 
 
Bei den anderen warte ich mal ab, was ihr so sagt und den Schneiberg lese ich bestimmt auch noch mal. Das war wohl mein Highlight, vermute ich vorerst.



#34 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 17 Juli 2024 - 14:11

Ja, ich kann das jetzt wirklich nicht leisten, auch weil ich krank bin und ab morgen erstmal für einige Wochen offline. Bei Interesse kannst du mir gern eine Datei schicken, dann les ich das nochmal und merk das direkt darin an. Wie immer wäre das natürlich nur meine individuelle Meinung und Wahrnehmung und ich bin gespannt, wie andere den Text lesen.

 

Über den wieder vorkommenden Benni habe ich mich auch gefreut. Aber was ist der Clew, der mit offenbar entgangen ist? Meine Vermutung ist, dass es da was mit Zeitverschiebungen und schneller oder langsamer Altern gibt, das wäre sehr Yvonne.


Bearbeitet von Jol Rosenberg, 17 Juli 2024 - 14:12.

Ernsthafte Textarbeit gefällig? https://www.federteufel.de/

 

Science-Fiction-Buchblog: https://www.jol-rose.../de/rezensionen

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#35 Frank Lauenroth

Frank Lauenroth

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Geschrieben 17 Juli 2024 - 17:12

Aber was ist der Clew, der mit offenbar entgangen ist? Meine Vermutung ist, dass es da was mit Zeitverschiebungen und schneller oder langsamer Altern gibt, das wäre sehr Yvonne.

 

Spoiler


 In memoriam Michael Szameit / Christian Weis / Alfred Kruse / Rico Gehrke                                                          : Aktuelle Projekte und neue Veröffentlichungen :                                                'Gleich' ist der Tod des kleinen Mannes.


#36 Christian Hornstein

Christian Hornstein

    Giganaut

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Geschrieben 18 Juli 2024 - 10:38

Lass uns Autori doch besser einfach zurücklehnen und schweigen, wenn es um unsere eigenen Texte geht. Alles andere hat in der Vergangenheit häufiger zu Problemen geführt.

 

Oder, anders herum: Lass uns Autori ein Nicht-Antworten aktiv zulassen. So dass Jol (und andere Lesende) sich auch gemütlich entscheiden können, das nicht zu beantworten.

 

Ich fände es nämlich recht schwierig, zu einer Geschichte, die ich "einfach nur gelesen" habe, vor einigen Tagen und mit der ich mich nicht näher beschäftigen will (oder gar erneut lesen), diese Fragen zu beantworten. Eigentlich glaube ich sogar, die Fragen lassen sich nur beantworten, wenn die Story erneut gelesen wird und das ist schon recht viel verlangt.

Das wäre dann schon weit über einen Lesezirkel hinaus und würde eher in Richtung Lektorat gehen und das ist zeitintensiv und es gibt eine Ping-Pong-Gefahr (jemand antwortet, jemand fragt mehr usw.).

 

Ich hoffe, ich habe mich vernünftig ausgedrückt.

 

 

Sicher lesen noch mehr Leute deinen Text und sagen etwas dazu.

 
Schade, aber ist okay. Dann stelle ich meine Neugier zurück. ;)

Falls jemand Lust auf mehr hat, bin ich für Hinweise und Fragen ja gut zu erreichen, hier im Thread, per PN oder unter chrshrn@christianhornstein.de.


Ja, ich kann das jetzt wirklich nicht leisten, auch weil ich krank bin und ab morgen erstmal für einige Wochen offline. Bei Interesse kannst du mir gern eine Datei schicken, dann les ich das nochmal und merk das direkt darin an. Wie immer wäre das natürlich nur meine individuelle Meinung und Wahrnehmung und ich bin gespannt, wie andere den Text lesen.

 

Über den wieder vorkommenden Benni habe ich mich auch gefreut. Aber was ist der Clew, der mit offenbar entgangen ist? Meine Vermutung ist, dass es da was mit Zeitverschiebungen und schneller oder langsamer Altern gibt, das wäre sehr Yvonne.

 

Das ist lieb, aber lass mal gut sein. Werde erstmal wieder gesund.

Gute Besserung!


Bearbeitet von Christian Hornstein, 18 Juli 2024 - 10:38.


#37 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 18 Juli 2024 - 11:02

Ich fände es nämlich recht schwierig, zu einer Geschichte, die ich "einfach nur gelesen" habe, vor einigen Tagen und mit der ich mich nicht näher beschäftigen will (oder gar erneut lesen), diese Fragen zu beantworten. Eigentlich glaube ich sogar, die Fragen lassen sich nur beantworten, wenn die Story erneut gelesen wird und das ist schon recht viel verlangt.

Das wäre dann schon weit über einen Lesezirkel hinaus und würde eher in Richtung Lektorat gehen und das ist zeitintensiv und es gibt eine Ping-Pong-Gefahr (jemand antwortet, jemand fragt mehr usw.).

 

Mir ist gerade bewusst geworden, dass das ja dann für alle Texte gilt, nicht nur für meinen. Das war mir nicht klar. Ich werde es berücksichtigen. Mich könnt Ihr aber gerne weiterhin genauer nach meinen Kommentaren zu den Texten befragen.



#38 Charline Winter

Charline Winter

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Geschrieben 18 Juli 2024 - 19:30

Hallo zusammen, ich lese dann auch mal mit. Das ist erst meine zweite Exodus überhaupt, meine erste war die Ausgabe davor. Die Texte darin haben mich größtenteils leider nicht überzeugt, aber ich versuche es gern noch einmal.

 

Wichtig ist nur, was die Leute glauben von Christian Endres

 

Ich mag die Action, das Tempo der Erzählung und das Worldbuildung (das angesichts unserer heutigen Situation gar nicht mal so unwahrscheinlich wirkt), aber auch mir fehlt bei der Protagonistin die Tiefe. Sie wirkt austauschbar und scheint nur dazu da zu sein, um ebendieses Worldbuildung und die Handlung zu tragen. Außerdem finde ich den Trope von einer Person mit Regierungsverantwortung, die einer 'gegnerischen' Person anvertraut, dass das ganze System doch nicht so stabil ist wie sein Anschein, schon recht abgegriffen.

 

Was ich interessant finde, ist das Menschen- und Gesellschaftsbild, von dem hier ausgegangen wird. Die Regierung will also den Anschein erwecken, dass die Klimakrise noch zu bewältigen ist, denn das Wissen darüber, dass das in Wirklichkeit gar nicht mehr möglich ist, würde in der Bevölkerung Panik auslösen. An der Stelle frage ich mich: Ist das wirklich so? Schon heute ist ja bekannt, dass der Klimawandel nicht mehr gestoppt, sondern seine Folgen nur noch abgemildert werden können. Und nicht einmal dafür scheinen sich sonderlich viele Menschen zu interessieren. Chaos und Anarchie wegen dieser Erkenntnis sind erst recht nirgendwo zu sehen. Insofern sehe ich in diesem Text auch einen kleinen Alternate History-Touch.

 

Was mir noch schleierhaft ist: Warum erschießen die Einsatzkräfte der Klimaschutzbehörde im Bunker sofort Leute, wenn das sowieso nur Show sein soll und es eigentlich darum geht, die Kryptomine möglichst öffentlichkeitswirksam hochzunehmen? Einfach drauflos ballern ist ja so ziemlich das Gegenteil von öffentlichkeitswirksam. Oder will die breite Bevölkerung im Namen des Klimaschutzes mittlerweile Blut sehen? Das erscheint mir vom heutigen Standpunkt aus sehr weit hergeholt, in dem Fall hätte ich mir eine tiefere Ausarbeitung des gesellschaftlichen Wandels gewünscht.

 

Der Zähler und der Monolith von Wolf Welling

 

Der Protagonist wird auf einen Planeten geschickt, wo er zum plötzlichen Verschwinden aller Menschen aus einer Kolonie nahe einem geheimnisvollen Monolithen ermitteln soll. Ich liebe Detektivgeschichten, und auch den Protagonisten mochte ich gleich: Er ist nicht nur Volkszähler, sondern hat auch die interessante Angewohnheit, alle möglichen anderen Dinge um sich herum zu zählen. Noch dazu kann er mit menschlicher Gesellschaft nicht viel anfangen.

 

Leider war ich schnell gelangweilt, weil ich einen gewaltigen Info-Dump über mich ergehen lassen muss. So bin ich schon vor seiner Landung auf diesem Planeten bestens darüber informiert, was es mit dem Monolithen und der Siedlung auf sich hat, und ich habe auch schon erfahren, was der Protagonist in der Vergangenheit in seinem Job schon für schlimme Dinge erlebt hat. Im Gegensatz dazu wird seine zweitägige Ermittlung in der Siedlung in einem Satz abgefrühstückt. Das hätte meiner Meinung nach eleganter gelöst werden können.

 

Zum Ende hin mag ich die leichten Horror-Einschläge, aber die Geschehnisse danach sind einfach furchtbar konservativ: Die KI, die ihn die ganze Zeit begleitet hat, steht ihm plötzlich im Körper einer - natürlich - hübschen und schlanken Frau gegenüber und hat auch noch ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Der Protagonist tritt in den Monolithen hinein und findet dahinter eine paradiesgleiche Welt vor, in der er fröhlich auf den Wiesen frohlockt und gar nicht mehr das Bedürfnis hat, Dinge zu zählen.

 

Bei diesem Ende bin ich ganz bei Jol: Es stößt mir sauer auf, dass es als die ultimative Befreiung dargestellt wird, dass der Protagonist seinen 'Zähl-Zwang' jetzt los ist. Zumal er weiter vorn im Text explizit klargestellt hat, dass ihm das Zählen Freude bereitet und er schon früher eine korrigierende Behandlung abgelehnt hat. Das vermittelt für mich die Botschaft, dass man Abweichungen von einer arbiträren gesellschaftlichen Norm in der eigenen Persönlichkeit unbedingt loswerden solte - und wenn man das nicht will, eben zum eigenen 'Glück' gezwungen werden muss.

 

Außerdem finde ich es schade, dass das Rätsel um den Monolithen nicht gelöst wird - mit Ausnahme der Erkenntnis, das die Sekte vor Ort wohl Recht gehabt hat mit ihrer Vermutung, dass sich dahinter eine Art Paradies befindet. Hm, bisschen schwach. In gewisser Weise hat es mich an "Der Garten" aus der letzten Exodus erinnert, wo die Natur der fanatisch angebeteten Artefakte auch nicht geklärt wurde.



#39 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 19 Juli 2024 - 07:32

Bei diesem Ende bin ich ganz bei Jol: Es stößt mir sauer auf, dass es als die ultimative Befreiung dargestellt wird, dass der Protagonist seinen 'Zähl-Zwang' jetzt los ist. Zumal er weiter vorn im Text explizit klargestellt hat, dass ihm das Zählen Freude bereitet und er schon früher eine korrigierende Behandlung abgelehnt hat. Das vermittelt für mich die Botschaft, dass man Abweichungen von einer arbiträren gesellschaftlichen Norm in der eigenen Persönlichkeit unbedingt loswerden solte - und wenn man das nicht will, eben zum eigenen 'Glück' gezwungen werden muss.

 

Ja, ist irgendwie das Gegenteil von dem, was beispielsweise in den QW gern veröffentlicht wird. 

 

Wäre cooler gewesen, wenn die Figur auch weiterhin viel Freude am Zählen gehabt hätte, ggf. sogar noch mehr oder noch mehr zum Zählen gefunden hätte. 

Ich fand Grafzahl auch immer sehr cool und der ist nie von seinem Zählzwang "geheilt" worden. Zwar war das manchmal für ihn unhandlich, aber er hatte dauerhaft Spaß daran. Und wir Kinder auch. 


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#40 Michael Böhnhardt

Michael Böhnhardt

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Geschrieben 19 Juli 2024 - 07:48

Ja, ist irgendwie das Gegenteil von dem, was beispielsweise in den QW gern veröffentlicht wird. 

 

Wäre cooler gewesen, wenn die Figur auch weiterhin viel Freude am Zählen gehabt hätte, ggf. sogar noch mehr oder noch mehr zum Zählen gefunden hätte. 

Ich fand Grafzahl auch immer sehr cool und der ist nie von seinem Zählzwang "geheilt" worden. Zwar war das manchmal für ihn unhandlich, aber er hatte dauerhaft Spaß daran. Und wir Kinder auch. 

 

Naja, selbst ohne die Geschichte gelesen zu haben, bin ich mir doch ziemlich sicher, dass der Autor den Zählzwang als Symbol dafür genommen hat, dass die Menschheit die Angewohnheit hat, die Welt und die Natur zu zählen, zu vermessen, (um sie letztendlich zu beherrschen).

Und es wäre dann wohl durchaus wünschenswert, wenn sie von diesem Zwang geheilt wird, würde ich sagen.

 

Zudem hast du auch auf der tatsächlichen Ebene der Psychologie eine zu harmlose Vorstellung von Zwängen. Es ist meistens sehr wünschenswert, dass Patienten von Zwängen geheilt werden. So etwas kann durchaus katastrophal enden.


Bearbeitet von Michael Böhnhardt, 19 Juli 2024 - 08:52.


#41 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 19 Juli 2024 - 19:33

Der Zähler und der Monolith
von Wolf Welling


Die Geschichte wird relativ flüssig erzählt und greift den bekannten Topos der verwaisten Kolonie auf, in der mysteriöses geschehen ist. Die Darstellung der Hauptfigur wird fast gänzlich und damit recht eindimensional auf eine Eigenart reduziert: die Vorliebe für Genauigkeit und Zahlen. Sie erhält dabei zwanghafte Züge. Behauptet wird ebenfalls ein Perfektionismus. Kurz wird auch erwähnt, dass sie vereinsamt ist, was ihr aber zunächst scheinbar nichts ausmacht. Sie bietet dadurch wenig Anknüpfungspunkte für Empathie oder Identifikation. Auf recht klassische Weise begegnet die Hauptfigur einem außerirdischen Artefakt, das zuvor von den Siedlern beobachtet und angebetet wurde (den Monolithologen, die eigentlich eher Monolitheologen sind ;) ). Eine mögliche Gefahr wird angedeutet, ist aber viel zu abstrakt, um wirken zu können. Ähnlich wie in so manch anderen Fällen (man denke an den berühmtesten in Arthur C. Clarkes 2001) gelangt dann die Hauptfigur durch das Artefakt zu einer Art Erlösung, wobei impliziert wird, dass das Zählen eine Kompensation war für ein Leiden, das nun behoben wird (Absicherung gegenüber Enttäuschung und dergleichen, deswegen auch der soziale Rückzug?). Das Ganze läuft recht glatt und unspezifisch ab. Es entsteht also wenig Spannung und die Wendung ist weder besonders überraschend noch vielsagend. Ich frage mich bei solchen Texten immer, warum sie geschrieben wurden, denn um andere zu unterhalten, vor allem wenn es eine SF-affine Zielgruppe sein sollte, ist es zu wenig originell und nicht sehr spannend. Vielleicht projizieren Autori eigene Sehnsüchte hinein und/oder verarbeiten sie auf diese Weise? Ich weiß es nicht. Würde mich interessieren mehr darüber zu erfahren. :)

Kurzrezension zur Illustration von Gerd Frey
Die Illustration ist graphisch auf jeden Fall ansprechend, wenn auch sehr frei an die Geschichte angelehnt. Ich bin auch immer froh, wenn ich nicht gleich die typischen Assistenz-Anomalien sehe. Der Monolith in der Geschichte ist ein Prismaeder mit dreieckiger Grundfläche, also ein Dreiecksprisma, dessen eine Kante aus einem Felsen nach vorne ragt, während seine hintere Fläche mit dem Felsen verbunden ist. Der Monolith in der Illustration ist aber ein Quader, der nur ansatzweise wie beschrieben mit einem Felsen verbunden ist. Das ist schade, denn dadurch wird die Analogie zu Arthur C. Clarkes 2001 noch stärker.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 19 Juli 2024 - 19:36.


#42 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 19 Juli 2024 - 19:54

Nach Durchsicht Euerer kritischen Kommentare zur scheinbaren Heilung vom Zählen: Der Zähler hört ja nicht nur auf zu zählen. Er spürt zuvor eine große Ruhe und weint am Schluss auch. Warum ist unklar. Erleichterung? Oder vielleicht Trauer, weil ihm das geliebte Zählen "geraubt" wurde? Ich glaube letzteres eher nicht, denn er sagt ja, es sind andere Tränen als damals, als ihm die Erzieherinnen seine Mathematikbücher wegnahmen. Ich vermute, die Prämisse konzipiert das Zählen schon als nicht nachhaltige Kompensation für etwas anderes, also doch eher zwanghaft.

 

Grundsätzlich wäre natürlich auch ein Konzept der Liebe zu Zahlen möglich gewesen, das kein Leiden impliziert. Schließlich gibt es so etwas ja auch im realen Leben. Allerdings zählt der einsame Zähler in der Geschichte ja auch recht triviale Sachverhalte, ist rasch ungehalten über Abweichungen und wirkt dadurch eher zwanghaft und/oder autistisch. Das hätte man dann anders aufziehen müssen.

 

Zu hinterfragen fände ich es, wenn man aus einer eher problematischen Genese der Fixierung auf Zahlen etwas ausschließlich positives machen wollen würde, denn das wäre eine Verklärung. Es gibt zwar tatsächlich auch Menschen mit Zwängen, die manches Zählen oder rythmisches Agieren durchaus entlastend oder sogar befriedigend finden, manche Perfektionisten, ohne die besonders anspruchsvolle Werke nie gelungen wären. Ich habe aber noch keinen kennengelernt oder von keinem gelesen, der aufgrund einer solchen Tendenz, wenn sie extremer ausgeprägt war, nicht auch klassische Zwänge gezeigt und dann auch darunter gelitten hätte, denn klassische Zwänge sind leidvoll und in der Regel eine nicht nachhaltige Kontrollstrategie, um mit Unsicherheiten und Ängsten irgendwie zurecht zu kommen. Es ist wie mit allem: Etwas kann im rechten Maße eine Fähigkeit sein, jedoch zu einer Last werden, wenn es das rechte Maß überschreitet.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 19 Juli 2024 - 20:09.


#43 Charline Winter

Charline Winter

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Geschrieben 20 Juli 2024 - 07:36

Ja, ist irgendwie das Gegenteil von dem, was beispielsweise in den QW gern veröffentlicht wird.

 

Ich glaube, es fällt mir auf die Füße, dass ich über die Queer*Welten zur SF gefunden habe - so bin ich bei anderen Publikationen oft enttäuscht, wenn in einem so möglichkeitsoffenen Genre immer wieder auf verfestigte gegenwärtige Denkmuster zurückgegriffen wird.

 

Grundsätzlich wäre natürlich auch ein Konzept der Liebe zu Zahlen möglich gewesen, das kein Leiden impliziert. Schließlich gibt es so etwas ja auch im realen Leben. Allerdings zählt der einsame Zähler in der Geschichte ja auch recht triviale Sachverhalte, ist rasch ungehalten über Abweichungen und wirkt dadurch eher zwanghaft und/oder autistisch.

 

Ich verstehe deinen Punkt, aber deine Vermutung von Zwangsstörung und/oder Autismus bestätigt mir meine Kritik: Zwangshandlungen und -gedanken gehen mit einem erheblichen Leidensdruck einher und machen definitiv keinen Spaß, sondern bedeuten eine erhebliche Belastung, die ich hier einfach nicht sehe. Und Autismus ist nichts, was geheilt werden könnte. Alles weitere würde zu sehr in eine Grundsatzdiskussion darüber führen, was wir als Gesellschaft als krankhaft und heilungsbedürftig ansehen. Ich habe dazu eine starke Meinung, weil z.B. einige Menschen auch heute noch überzeugt sind, mir würde ein Gefallen getan werden, wenn ich von meiner sexuellen Orientierung 'geheilt' werden würde. Aber das wäre zu sehr off-topic, da lese ich schnell mal weiter ;)

 

Geisterbahn von Roland Grohs

 

Die Prämisse finde ich sehr interessant: Dem todgeweihten Protagonisten wurde das Leben gerettet, indem sein Kopf auf den Körper eines anderen Menschen transplantiert wurde. Das bringt spannende Fragen und Konflikte mit sich, zumal dem Protagonisten im Krankenhaus angekündigt wird, er bekäme bald Besuch von seiner Frau - und der Frau des Menschen, dem sein Körper vom Hals abwärts gehört. Wer ist er jetzt eigentlich, wenn das Gehirn noch sein eigenes ist, aber der Großteil seines Körpers nicht? Wie wird sein Umfeld reagieren, was wird es von ihm erwarten?

 

Leider wird auf diese spannenden Aspekte nur sehr kurz und am Rande eingegangen. Hauptsächlich geht es darum, dass der Protagonist sich jetzt für ein Monster hält, woraufhin sein Arzt ihm eine Tour durch das Krankenhaus gibt, um ihm zu zeigen, dass andere Patient*innen noch viel schlimmer aussehen als er. Dabei dienen körperliche Deformierungen dieser Menschen ausschließlich als Schock-Effekt; sie werden regelrecht zur Schau gestellt und als "Monster" und "etwas Unnatürliches" bezeichnet. Bei einer Patientin sind der Protagonist und sein Arzt sich einig, dass man sie gnädigerweise töten sollte (obwohl sie sich in einer virtuellen Welt aufhält, in der sie sich wohlfühlt) - und begründet das ironischerweise ausgerechnet mit der Menschenwürde. Ich finde es erschreckend, wie hier so unhinterfragt über den Wert von Menschenleben geurteilt wird und wie menschenverachtend und herabwürdigend der Blick auf Körper ausfällt. Schade, in der Grundidee steckte einiges an Potential.


Bearbeitet von Charline Winter, 20 Juli 2024 - 07:37.


#44 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 08:06

Besuch für die Astronautin
von Yvonne Tunnat


Bei dieser Geschichte habe ich mich an Geburtstage auf Alphasott erinnert gefühlt. Ganz ähnlich die Qualität der Prosa, die ich durchaus als kunstvoll bezeichnen würde, auch das bekannte SF-Element, das wieder ein recht trauriges Schicksal offenbart, auch wenn es diesmal zu einer erfreulicheren Zusammenkunft kommt; der Fokus auf menschliche Regungen, auf Details und Alltagsgeplänkel. Das Ganze im Plauderton einer schön charakterisierten Erzählstimme. Auch hier wird die Prämisse in ein Slice of Life verwoben, wobei ich gar nicht sicher bin, ob überhaupt eine intendiert war. Wäre interessant zu erfahren.

Nun zu ein paar Details:

Spoiler


Yvonne, Du kannst mir gerne etwas dazu schreiben, wenn Du magst, auch per PN.

 

 

Illustration von Uli Bendick

 

Uli Bendick bietet uns eine Fotomontage mit Motiven aus Yvonnes Geschichte an, die aussehen, als seien sie vor allem mit einem digitalen Posterisationsfilter verfremdet worden, der den fotografischen Effekt der Tontrennung bei gleichzeitiger Tonwertreduktion nachahmt, also eine Verringerung der Anzahl der Helligkeits- oder Farbstufen. Diese Technik war besonders in den 1960ern beliebt. Das Ergebnis ähnelt manchem Siebdruck oder Comic-Stil und wirkt dadurch graphischer, stilisierter und künstlerischer, weshalb der entsprechende Filter in vielen Bildbearbeitungsprogrammen sehr beliebt war.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 21 Juli 2024 - 08:06.


#45 Christian Hornstein

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 09:14

Ich glaube, es fällt mir auf die Füße, dass ich über die Queer*Welten zur SF gefunden habe - so bin ich bei anderen Publikationen oft enttäuscht, wenn in einem so möglichkeitsoffenen Genre immer wieder auf verfestigte gegenwärtige Denkmuster zurückgegriffen wird.

 

 

Ich verstehe deinen Punkt, aber deine Vermutung von Zwangsstörung und/oder Autismus bestätigt mir meine Kritik: Zwangshandlungen und -gedanken gehen mit einem erheblichen Leidensdruck einher und machen definitiv keinen Spaß, sondern bedeuten eine erhebliche Belastung, die ich hier einfach nicht sehe. Und Autismus ist nichts, was geheilt werden könnte. Alles weitere würde zu sehr in eine Grundsatzdiskussion darüber führen, was wir als Gesellschaft als krankhaft und heilungsbedürftig ansehen. Ich habe dazu eine starke Meinung, weil z.B. einige Menschen auch heute noch überzeugt sind, mir würde ein Gefallen getan werden, wenn ich von meiner sexuellen Orientierung 'geheilt' werden würde. Aber das wäre zu sehr off-topic, da lese ich schnell mal weiter ;)

 

Ich finde es interessant wenn Texte zu solchen Überlegungen anregen. Deswegen meinte ich ja, dass man das hätte anders aufziehen müssen. Hier stehen verschiedene Elemente im Widerspruch. Einerseits die positive Bewertung der Hauptfigur in Bezug auf ihr zwanghaft wirkendes Verhalten, dass zunächst in Bezug auf seine Ausprägung noch unter der Leidensschwelle zu liegen scheint. Dann aber der Schluss, der impliziert, dass es eine Vermeidungsstrategie war, die nur deshalb von der Hauptfigur positiv bewertet wurde, weil es einen Schutz vor etwas darstellte, womit die Hauptfigur nicht zurecht kam, was sie aber auch von etwas für sie Wesentlichem abgeschnitten hat. Wenn man ein Konzept der Liebe zu Zahlen hätte umsetzen wollen, das kein Leiden impliziert, hätte man das anders aufziehen müssen, damit es nicht zu diesen Unstimmigkeiten kommt.

 

Bei der Frage, ab wann etwas problematisch wird, muss man differenzieren. Das Autismusspektrum ist groß. Es gibt auch hier Ausprägungen, die für die Betroffenen nur bedingt leidvoll sind und nicht zwingend einer Behandlung bedürfen. Bei der sexuellen Präferenz ist das noch deutlicher. Homosexualität ist an sich überhaupt nichts leidvolles und wird fast immer erst durch unnötig problematisierende Reaktionen der sozialen Umwelt zum Problem. Bei Paraphilien sieht es schon wieder anders aus. Genderdysphorien sind nochmal anders und wesentlich komplexer.

 

Das internationale Diagnosesystem ICD-11 berücksichtigt mehr als seine Vorgänger, dass Leiden ein zentrales Kriterium dafür sein sollte, ob etwas als behandlungsbedürftig angesehen wird. Das geht so weit, dass selbst im Fall von Pädophilie keine Diagnose gestellt würde, wenn eine betroffene Person mit ihrer Neigung so umgeht, dass weder für sie noch für andere Leid entsteht (https://icd.who.int/...ms/en#517058174).

 

Ob Menschen, die Eigenschaften aus dem Autismusspektrum besitzen und die damit Probleme haben, in Zukunft besser geholfen werden kann, wird sich zeigen. Wenn unter Heilung die Beseitigung dieser Eigenschaften verstanden würde, müsste auf jeden Fall differenziert werden, welche in welcher Weise gemeint sind, da nicht jede dieser Eigenschaften problematisch sein muss, sondern sogar Vorteile bieten kann.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 21 Juli 2024 - 09:18.


#46 Sam Francisco

Sam Francisco

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 10:29

Wolf Welling - Der Zähler und der Monolith:
 
Hier handelt es sich nach meinem Geschmack um eine flüssig erzählte Geschichte, deren Schluss schon relativ früh erahnt werden kann. Den vorhandenen Infodump fand ich nicht störend, aber ich hätte mir doch irgendwie einen anderen Schluss gewünscht.
 

Spoiler

 

Ob der Prota am Ende tatsächlich von seinem Zwang, zu zählen, befreit wurde, ist für mich nicht ganz eindeutig, da es lediglich heißt, dass er seine Schritte nicht gezählt hat.

 

Insgesamt empfand ich diese Story als die bisher beste dieser Ausgabe, aber ich habe ja auch noch einige vor mir.

 

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Future ist die Zukunft!
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  • (Buch) als nächstes geplant:immer noch Alan Campbell - Scar Night (Kettenwelt 1), aber meine Planungen werden häufig über den Haufen geworfen.
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#47 Sam Francisco

Sam Francisco

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 10:32

Christian Endes - Wichtig ist nur, was die Leute glauben:

 

Eine Geschichte mit viel Action, Verfolgungsjagden, Rumgeballer und Verschwörungen. Hat mich ein wenig gelangweilt, ich steh da nicht so drauf.

 

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#48 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 18:58

Ein Stückchen Erinnerung

von Uwe Hermann

Die Topoi dieser Geschichte sind in der SF schon oft verwendet worden und es ist schade, dass ihnen oder ihrer Kombination im Text von Uwe Hermann kein neuer Aspekt entlockt wurde. Ich möchte jetzt nicht alles aufzählen was fehlt, das ansonsten eine Geschichte interessant macht. Es tut mir leid, aber dieser Text bietet nicht viele Anreize und ich kann nicht viel mehr dazu schreiben. Wie kam es nur zu diesem Text?

Kurzrezension zur Illustration von Nicole Erxleben
Handgezeichnet greift die Illustration Elemente der Geschichte auf, nämlich Erinnerungen der Hauptfigur an ihre Familie. Der Zeichenstrich ist sorgfältig, nur ist die Fertigkeit in diesem Bild noch nicht so weit entfaltet, dass sie einen eigenen Ausdruck erkennbar machen könnte.



#49 Christian Hornstein

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 19:12

»die Galerie« – Lothar Bauer

Die Grafiken von Lothar Bauer sind sicher allen mehrfach begegnet, die schon länger Deutschlands phantastischen Literaturmarkt sichten. Ihn und seine Werke auszustellen ist nur folgerichtig, wenn es um das Thema Graphik-Assistenz durch sogenannte KI geht, denn Lothar Bauer ist ein Illustrator, der deutlich auf den Einsatz von vorgefertigtem Material und Technik setzt. Er hat dies sogar von Anfang getan. Normalerweise tun dies Menschen, die wenig klassisches handwerkliches Geschick im Bereich Graphik mitbringen und eine Abkürzung suchen, um sich dennoch graphisch ausdrücken zu können. Ich weiß nicht, wie es bei Lothar Bauer war, aber seine Graphiken zeigen, dass dieses Vorgehen durchaus ästhetisch ansprechende Bilder ergeben kann.

Allerdings werden auch die Schwächen dieses Ansatzes immer wieder sichtbar, bezeichnenderweise auch bei den graphisch assistierten Bildern. Wir Menschen haben schon immer mit Hilfsmitteln gearbeitet, auch im graphischen Bereich, und es war stets sowohl eine Arbeitserleichterung als auch eine Quelle der Inspiration. Der Traum von einem Werkzeug, das unmittelbar aus unseren Gedanken ein vorzeigbares Produkt erstellen kann, scheint nun mit den KNN in greifbare Nähe gerückt zu sein.

Wie schon mit Siebdruck, Frottage, Collage und vielem anderen, danach mit den Grafikbearbeitungs- und 3D-Programmen, versuchen nun viele mit den Graphik-Assistenzen neue Inspirationen und Formen zu finden und eben auch eine Abkürzung zu nehmen. Im Exodus heißt es: „Die Technik wird irgendwann so gut sein, dass – entschuldigt die aufrichtige Wortwahl – jeder Vollpfosten eine atemberaubende Illustration erstellen kann“. Ich habe da meine Zweifel. Die entsprechenden Werke von Laien und Semiprofessionellen haben uns seit jeher gezeigt, dass es so nicht funktioniert. Der Grund liegt auf der Hand: Ein Werkzeug kann immer nur so gut sein wie die Hand, die es führt.

Natürlich können und sollen Werkzeuge nicht nur Aufwand mindern, sondern auch Schwächen der Tätigen kompensieren. Doch wenn das Ergebnis der Absicht dieser Tätigen entsprechen soll, dann müssen sie dazu präzise Vorgaben machen. Ansonsten überlassen sie die Entscheidung dem Werkzeug. Je mehr solche Aspekte bei einem Werk betroffen sind und je einflussreicher sie sind, desto mehr wird das Werk zu einem Produkt des Werkzeugs und nicht der Tätigen. Wenn es dem Werkzeug an Können im Sinne der Fähigkeit fehlt, menschliches Empfinden adäquat zu stimulieren, werden versierte Betrachter dies erkennen.

Die vage Hoffnung vieler weniger versierter Akteure ist es natürlich, möglichst versierte Werkzeuge zu bekommen. Sie realisieren oftmals erst spät oder gar nicht, dass wenn sie nur sporadisch bestimmen, das Ergebnis wenig mit ihrer Intention zu tun hat und auch nur sporadisch „ihr“ Werk ist. Daran ändert auch nichts, wenn man sich durch Versuch und Irrtum an ein Endergebnis herantastet. Dieser Endpunkt wird nicht die gewünschte Beschaffenheit besitzen, es sei denn, das Auge der Tätigen war geschult, so dass sie doch die passenden Anweisungen geben konnten. Sonst muss man auf einen gnädigen Zufall hoffen.

Das Extrem auf der Dimension der Delegation von Fertigkeiten an die Maschine ist der Wunsch, die KI möge den eigenen Kreativitätsmangel kompensieren und selbst kreieren. Das funktioniert heute noch nicht, aber falls dies jemals gelingen sollte, wären tatsächlich die Zeiten angebrochen, von denen Aldous Huxley im Zitat zu Beginn des Exodus sprach: „Die Menschen werden ihre Unterdrückung lieben und die Technologien verehren lernen, die ihre Denkfähigkeit vernichten“. Treffender kann man es kaum ausdrücken. Und nebenbei bemerkt gilt all das Gesagte in ähnlicher Form auch für KI-Assistenz beim Erzählen von Geschichten.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 21 Juli 2024 - 19:14.


#50 Maxmilian Wust

Maxmilian Wust

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Geschrieben 21 Juli 2024 - 19:57

„Die Technik wird irgendwann so gut sein, dass – entschuldigt die aufrichtige Wortwahl – jeder Vollpfosten eine atemberaubende Illustration erstellen kann“. Ich habe da meine Zweifel. Die entsprechenden Werke von Laien und Semiprofessionellen haben uns seit jeher gezeigt, dass es so nicht funktioniert. Der Grund liegt auf der Hand: Ein Werkzeug kann immer nur so gut sein wie die Hand, die es führt.

Als jemand, der das beruflich macht: Du weißt nicht, wie Recht du damit hast. Obwohl, halt, du weißt es wahrscheinlich  ;)

 

KIs, Fiverr und Filter sind nützlich, wenn etwas schnell gehen muss oder für Hintergründe. Aber für alles darüber hinaus würde ich alle drei niemals benutzen. Nebst der Tatsache, dass gerade KIs Bilder gegenständlich und nicht in Aufbau und Szenerie erstellen.


"Part Five: Boobytrap the stalemate button!"


#51 Frank Lauenroth

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Geschrieben 22 Juli 2024 - 14:08

Christian Endes - Wichtig ist nur, was die Leute glauben

 

Ich hab mir die ganze Zeit während des Lesens überlegt, ob die Story nicht sogar besser gewesen wäre, ohne das ganze Geballer und die Verfolgungsjagd.

Mit der Jagd konnte man natürlich die Zustände entlang des Weges beschreiben, klimatisch bedingte wie politisch zwangsläufig folgende.

Da ist sehr viel Zeigefinger im Text, aber angesichts der finalen Message war das genauso gewollt.

Ich bin ein wenig hin und her ... einerseits hat mich der Text unterhalten, andererseits hat er mich nicht so richtig abgeholt.

Die Straße der Bienen, die ja konzeptionell ähnlich war, hat mir besser gefallen.


 In memoriam Michael Szameit / Christian Weis / Alfred Kruse / Rico Gehrke                                                          : Aktuelle Projekte und neue Veröffentlichungen :                                                'Gleich' ist der Tod des kleinen Mannes.


#52 Christian Hornstein

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Geschrieben 23 Juli 2024 - 20:02

Als jemand, der das beruflich macht: Du weißt nicht, wie Recht du damit hast. Obwohl, halt, du weißt es wahrscheinlich  ;)

 

So ist es. Wir wissen beide, was das bedeutet. :happy:
 



#53 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 23 Juli 2024 - 20:10

Christian Endes - Wichtig ist nur, was die Leute glauben

 

Da ist sehr viel Zeigefinger im Text, aber angesichts der finalen Message war das genauso gewollt.

 

Genau. Wenn das nicht erkannt wird, sich einem der Bezug bestimmter Elemente zum Gesamten und besonders zur Prämisse nicht erschließt, wirken sie oft wie Fremdkörper oder unmotivierte Einschübe.
 



#54 Charline Winter

Charline Winter

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Geschrieben 24 Juli 2024 - 08:08

Das weiße Zelt von Michael Schneiberg

 

Das ist bisher meine Lieblingsgeschichte in dieser Ausgabe, obwohl ich sie beinahe übersprungen hätte, weil der Einstieg mich so sehr gelangweilt hat. Rückblickend macht es Sinn, dass zunächst die bürgerliche Idylle thematisiert wird, aus der der Protagonist entstammt, um das in den krassen Kontrast zu den Ereignissen zu setzen, die später noch kommen - aber das kann ich als Leserin am Anfang natürlich noch nicht wissen. Ohne die vorweggegriffene Andeutung auf den Virustod der Schwester hätte ich vermutlich nicht weitergelesen. Der Autor hat hier in meinen Augen einfach viel zu weit ausgeholt. Einen Text damit zu beginnen, die Lebensgeschichte der Eltern herunterzurattern, wirkt auf mich denkbar ungeschickt und im Angesicht der Tatsache, dass der Rest der Geschichte sehr gut geschrieben ist, auch seltsam unpassend.

 

Interessant wird es für mich erst, als die Schwester des Protagonisten, Leonie, sich nur noch mit anderen Leonies anfreunden will. Dieses Motiv mag ich; es zieht sich auch durch den gesamten Text. Und dann geht es zum Glück richtig los: Ein Virus verbreitet sich und macht auch vor der Familie des Protagonisten nicht Halt. Mir gefällt die bedrückte und apokalyptische Stimmung, die hier dargestellt wird. Sie ruft Erinnerungen an 2020 wach, erschafft aber gleichzeitig ein ganz anderes Szenario. Wenn die Covid-19-Pandemie ein Gutes hatte, dann dass SF-Autor*innen jetzt bessere und realistischere Virusgeschichten schreiben können. Besonders die Darstellung des Alltäglichen im Angesicht der Vernichtung hat mich beeindruckt: Die Familie, jetzt nicht mehr vollzählig, sitzt auf der Terrasse und isst Kuchen, aber nichts ist mehr wie vorher.

 

Besonders spannend ist ein Symptom des Virus: Die Infizierten werden von seltsamen Halluzinationen verfolgt, die ihnen etwas in einer fremden Sprache einzuflüstern scheinen. Die Art und Weise, wie das zum Ende hin den Protagonisten verfolgt, finde ich - auch sprachlich - sehr gelungen dargestellt. Was für ein bittersüßes Ende.

 

Die Illustration zu diesem Text sticht für mich auch hervor; sie ist sehr atmosphärisch, wie der Junge da im Abendlicht vor dem Quarantäne-Zelt sitzt.



#55 Rezensionsnerdista

Rezensionsnerdista

    Yvonne

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Geschrieben 24 Juli 2024 - 08:26

Das weiße Zelt von Michael Schneiberg

 

Das ist bisher meine Lieblingsgeschichte in dieser Ausgabe, obwohl ich sie beinahe übersprungen hätte, weil der Einstieg mich so sehr gelangweilt hat. Rückblickend macht es Sinn, dass zunächst die bürgerliche Idylle thematisiert wird, aus der der Protagonist entstammt, um das in den krassen Kontrast zu den Ereignissen zu setzen, die später noch kommen - aber das kann ich als Leserin am Anfang natürlich noch nicht wissen. Ohne die vorweggegriffene Andeutung auf den Virustod der Schwester hätte ich vermutlich nicht weitergelesen. Der Autor hat hier in meinen Augen einfach viel zu weit ausgeholt. Einen Text damit zu beginnen, die Lebensgeschichte der Eltern herunterzurattern, wirkt auf mich denkbar ungeschickt und im Angesicht der Tatsache, dass der Rest der Geschichte sehr gut geschrieben ist, auch seltsam unpassend.

 

Dem stimme ich zu. Ich mag diese Story auch am liebsten und auch ich fand den Anfang erstaunlich zu konventionell, langatmig und bei weitem nicht spannend genug. Außerdem habe ich mich gewundert, dass die drei Herausgeber da nicht interveniert haben: Kürzungsvorschläge und Straffungsvorschläge machen die nämlich durchaus sonst, wenn ihnen etwas für eine Kurzgeschichte zu auswalzend vorkommt.

Warum hier nicht?

 

Aber ja, nach dieser Story bin ich endgültig der Meinung, dass Schneiberg jemand ist, dessen Prosa ich definitiv weiterverfolgen möchte!


Podcast: Literatunnat

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#56 Charline Winter

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Geschrieben 24 Juli 2024 - 14:38

Besuch für die Astronautin von Yvonne Tunnat

 

Mit dieser Geschichte habe ich mich leider wieder schwergetan: Kaum hatte ich begriffen, worum es darin eigentlich geht, war sie auch schon wieder zu Ende. Erst nach und nach kann ich mir zusammenreimen, dass die Geschichte in einem Altersheim in der Zukunft spielt, und dass die Kollegin der Hauptfigur, die anfangs im Dialog noch bedeutsam erscheint, eigentlich gar nicht wichtig ist. Vielmehr geht es um eine Bewohnerin, "die Astronautin" genannt, die unerwarteten Besuch von einer jungen Frau bekommt. Ich mag es, wie die Hauptfigur aus diesem Anlass über die körperliche Nähe zu ihrer eigenen Mutter reflektiert, mir blieb es allerdings ein Rätsel, wer diese junge Besucherin eigentlich ist, die die Astronautin plötzlich mit nach Hause nehmen will. Erst, nachdem ich die zweite Hälfte der Geschichte noch einmal gelesen habe, hat es bei mir Klick gemacht:

 

Spoiler

 

Worüber ich mich aber gefreut habe, war das kleine Easter Egg des Bennie - ein artifizielles Kind, das ich schon in Yvonnes Geschichte Eis auf Raten (aus der Queer*Welten 12) sehr interessant fand.

 

 

Ein Stückchen Erinnerung von Uwe Hermann

 

Diese Geschichte konnte mich auch wieder nicht überzeugen, obwohl die Prämisse ganz spannend ist: Ein Astronaut findet sich in seinem Raumanzug allein im All wieder und versucht, gedanklich zu rekonstruieren, wer er ist und was passiert ist.

 

Dennoch erscheint mir die Geschichte so "glatt", dass ich sie nach der nächsten bestimmt wieder vergessen habe. Ich kann nich mal genau in Worte fassen, warum - ich glaube, es hat etwas mit dem Schreibstil zu tun, der keine wirkliche Spannung überträgt. Die Gedanken des Protagonisten wirken gestellt und sehr durchkonstruiert, vor allem in Bezug auf seine Familie. Es scheint dem Text und dem Protagonisten wichtiger zu sein, dass er eine hat, um eine Motivation zum Weiterkämpfen zu haben, als darüber nachzudenken, wer seine Frau und seine Kinder eigentlich sind und was sie ihm bedeuten. Besonders auffällig: Er erinnert sich nicht direkt an seine Familie, ihm kommt nur ein Bild einer Frau und zweier schaukelnder Kinder im Garten in den Sinn, und daraus schließt er, dass das wohl seine Familie ist. Das wirkt alles recht platt.

 

Außerdem bin ich ganz am Anfang über einen Denkfehler gestolpert: Der Protagonist erwacht also ohne Erinnerungen in völliger Dunkelheit. Woher weiß er dann, dass eine durchsichtige Hülle seinen Kopf umschließt? Das kann er doch gar nicht sehen.

 

Der Twist am Ende macht das Szenario zumindest noch etwas interessanter, aber auch da frage ich mich, was das Ganze eigentlich soll. Weder zu den Figuren noch zu ihrer Mission habe ich eine tiefere Bindung, ebenso wenig wie zum Protagonisten. Die Tatsache, dass er nach seinem Tod in einer Art Endlosschleife des Sterbens gefangen ist, lässt mich deshalb auch ziemlich kalt.

 

 

Edit: Kann mir jemand sagen, wie man Spoiler-Tags setzt? :ph34r:


Bearbeitet von Charline Winter, 24 Juli 2024 - 18:12.


#57 Gerd

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Geschrieben 24 Juli 2024 - 16:54

[ spoiler]zu verbergender Text[ /spoiler]

 

Jeweils ohne Leerzeichen in der eckigen Klammer.


Sudden moroseness. One hop too far.

#58 Charline Winter

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Geschrieben 24 Juli 2024 - 18:12

Danke!



#59 Christian Hornstein

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Geschrieben 25 Juli 2024 - 10:29

Slide Machine
von Maria Orlovskaja


Das alte Gedankenexperiment, wer wir hätten unter anderen Umständen sein und welches Leben wir hätten führen können, wird hier wieder auf Basis einer Deutung der Quantentheorie angestrengt, aus der die Existenz von Paralleluniversen gefolgert wird, und zwar so viele, dass in manchen von ihnen eine fast identische Kopie unserer Welt existieren könnte. In Slide Machine geht es um das alte Problem, möglicherweise eine lebensentscheidende Chance verpasst zu haben, in diesem Fall im klassischen romantischen Sinne, und ein Trick, wie man sie doch nochmal bekommen könnte. Natürlich geht das nicht so einfach, weil man nicht alle Variablen kennt und weil man nicht vor sich selbst fliehen kann, und zum Schluss

Spoiler
Es ist schade, dass in diesem Text nicht mehr Anreize eingeflochten wurden, denn in Bezug auf neue Anregungen finde ich weder in der aufgeworfenen Frage, dem verwendete Topos noch in den angebotenen Antworten für mich etwas passendes.

 

 

 

Kurzrezension zu den Illustrationen von Jan Hoffmann

Jan Hoffmann hat sich für Montagen entschieden, die Elemente der Geschichte aufgreifen und ziemlich stark überblendend kombinieren, in der zweiten sogar mit so stark verfremdeten (Polarisationsfilter?) und aufgehellten Bereichen, dass es mir schwerfällt, etwas zu erkennen. Entsprechend diffus wirken die Illustrationen auf mich.


Bearbeitet von Christian Hornstein, 25 Juli 2024 - 10:29.


#60 Charline Winter

Charline Winter

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Geschrieben 25 Juli 2024 - 18:19

Slide Maschine von Maria Orlovskaya

 

Diese Geschichte dreht sich um eine Reise in ein Paralleluniversum. Sie beginnt recht kryptisch, erst nach und nach setzen sich die Umstände der Figuren zusammen und füllen die Leerstellen, die anfangs (vermutlich bewusst) gesetzt wurden. Es ist einer dieser Texte, die man wahrscheinlich ein zweites oder drittes Mal lesen muss, um sie vollständig zu verstehen. Eigentlich mag ich das auch, das Entdecken und Zusammenführen von Details und die Aha-Momente. Aber so langsam ist für mich bei dieser Ausgabe echt die Luft raus und ich habe keine Lust darauf. Dafür finde ich die Figuren und ihre Beziehungen einfach nicht interessant genug.

 

Da bleibe ich lieber erst mal mit meinen ungelösten Fragen zurück, die sich nach dem ersten Lesen ergeben haben. Zum Beispiel, woher Jesse überhaupt weiß, dass sie in der Parallelwelt mit Alec zusammen ist. Oder, wenn es mehrere Parallelwelten gibt, wie sie diejenige gefunden hat, in der das der Fall ist.

 

Was mir aber gut gefallen hat, ist der Moment, in dem Jesse eine zentrale Erkenntnis über ihr neues Parallelwelt-Leben hat:

 

Spoiler

 

Vielleicht habe ich das auch falsch verstanden und ein nochmaliges Lesen würde das klären, aber darauf habe ich, wie gesagt, keine Lust. Deshalb möchte ich mir zu dieser Geschichte auch kein abschließendes Urteil erlauben. Vielleicht irgendwann später mal.

 

 

37er und 42er von Olaf Lahayne

 

Die bisher langweiligste Geschichte hier. Der erste Teil besteht im Grunde nur aus der Beschreibung von Räumen und Maschinen und daraus, dass zwei Figuren sich Worldbuilding-Infodump und Fachsimpelei um die Ohren hauen (natürlich so aufbereitet, dass die Lesenden perfekt abgeholt werden), im zweiten Teil verkommt eine Figur zu einem comichaften Bösewicht. Da hilft es auch nicht, dass sie die Klischeehaftigkeit der Situation selbst erkennt und ironisch kommentiert.

 

Die Grundidee von Menschen, die in Anpassung an den Klimawandel künstlich genetisch verändert werden, sodass sie eine höhere Körpertemperatur haben, finde ich schon interessant. Ebenso die potentiellen Konflikte mit Menschen, die diese Genmanipulation nicht durchlaufen haben und damit andere physische Anforderungen an ihre Umwelt haben. Die Umsetzung ist leider schwach.

 

Außerdem ist mir ein stilistischer Schnitzer aufgefallen, den ich eigentlich nur bei Schreibanfänger*innen sehe, die unbedingt Namen und Personalpronomen vermeiden wollen: Die Protagonistin Lilith wird mitten im Text immer mal wieder als "die Frau" oder "die Kontrolleurin" bezeichnet. Das ist hier sehr bezeichnend für ihre Austauschbarkeit als Figur. Sie ist lediglich ein Vehikel zum Transport von Worldbuilding und Handlung.





Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: Exodus, Science Fiction, Magazin, 2024

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