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[Diskussion] Chimären leben bereits unter uns und das ist gut so!

diskussion chimäre mischwesen diskussionsthread H.G. Wells Insel des Dr. Moreau

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5 Antworten in diesem Thema

#1 Jannis

Jannis

    Der Fantastische Buchladen Moderator

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Geschrieben Gestern, 14:09

Im Rahmen der jährlichen "zwischen den Jahren Diskussion" geht es diesmal darum, ob wir die Gesamtheit der menschlichen Gene bewußt an/von anderen Lebenwesen anpsassen sollten?

 

In dem frühen (1896!) phantastischen Roman "Die Insel des Dr. Moreau" von H.G. Wells (1) erzeugt der namensgebende Dr. Moreau Chimären, d.h. Mischwesen aus Tieren und Menschen. Wells hat damit wieder einmal einen Klassiker der Phantastik erzeugt und die moderne Welt vorweggenommen.  Aber gibt es wirklich (jetzt bereits schon?) Chimären und was bedeutet das für unser Leben als Menschen?

 

Zur Definition "Chimäre"

 

Chimäre nennt man in Medizin und Biologie einen Organismus, der aus genetisch unterschiedlichen Zellen bzw. Geweben aufgebaut ist und dennoch ein einheitliches Individuum darstellt (2, 3). D.h. auch dass ein natürlich geborener Mensch eine (sehr sehr sehr seltene Blut-) Chimäre sein kann, wenn er/sie nicht aus einer einzigen befruchteten Eizelle stammt (4). Die Definitionen sind sich nämlich gar nicht einig, ob die unterschiedlichen Zelllinien aus zwei unterschiedlichen Spezies stammen müssen.  

 

Ist das überhaupt erlaubt? Ja, z.B. erlaubt in UK seit 2028:  "Pro-Chimären-Gesetz UK" :https://web.archive....ft/1198545.html, 2019 in Japan: https://www.deutschl...t-und-100.html, etc...

 

Ist das ethisch/moralisch sinnvoll? Schwere Frage, zum einen hat sich Wissenschaft noch nie davon abgehalten "Menschenexperimente" durchzuführen (5). Andersseits liegt in den Chimären die Hoffnung von Millionen von Menschen, die auf Spender-Blut oder -Organe warten (6).

 

Zeitskala:

Meine Prämissen:

  1. Chimären sind heutzutage bereits technisch möglich
  2. Chimären geben der Menschheit neue Eigenschaften, die sie im Rahmen der Klimakatastrophe und Ressourcenknappheit noch benötigen werden: die "neue Menschheit"
  3. "normale" Menschen werden dann zu einer Minderheit, die mehr Ressourcen beanspruchen wird, als die neue Menschheit
  4. die normale Menschheit wird relativ schnell aussterben, wenn sich die neue Menschheit natürlich ausbreiten kann/wird

Frohes Diskutieren :) 

 

Literatur:

1: https://de.wikipedia..._des_Dr._Moreau
2: https://www.drze.de/...odule/chimaeren
3: https://de.wikipedia...imäre_(Genetik)
4: https://www.nejm.org...56/NEJMoa013452
5: https://www.aerzte-g...ich-verwerflich
6: https://www.philosop...0-08-03-schmidt


Meistens gut gelaunt, offen für sehr viel und immer für eine angeregte Diskussion zu haben!

  • • (Buch) gerade am lesen:Esther S. Schmidt: Rho

#2 Helge

Helge

    Cybernaut

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Geschrieben Gestern, 15:28

Dass solche Entwicklungen im Kommen sind, sehe ich tatsächlich auch so. Wie das laufen wird, kann man sich aber recht gut aus der Gegenwart und Vergangenheit erschließen. Wenn Tierarten vom Menschen gezüchtet wurden, ging es immer ausschließlich um die Entwicklung einzelner Spezialeigenschaften: Hunde oder Pferde, die schneller oder ausdauernder sind, Kühe, die mehr Milch geben und allerlei Streicheltiere, die der jeweilige Zeitgeist gerade als schöner oder niedlicher empfindet. Eine allgemeine Verbesserung der Art war niemals das Ziel; im besten Fall sind die Tiere fähig, frei lebende Populationen zu bilden; mir ist aber kein einziges Beispiel bekannt, bei dem eine Zuchtform ihrer natürlichen Ausgangsform so überlegen war, dass sie sie verdrängte. Bei Kulturpflanzen sieht es ähnlich aus; die schönen großblütigen Teerosen werden z.B. niemals die Heckenrosensträucher verdrängen.

Wird man nun bei der Erschaffung von Chimären alles komplett anders machen als bisher? Warum sollte man?

Wie sieht es aus, wenn Menschen involviert sind? Dass die Krankheitsindustrie zwar an langlebigen, aber nicht an gesunden Menschen interessiert ist, ist allgemein bekannt, denn an gesunden Menschen verdient sie nichts. Wird man also bei der Erschaffung von Chimären Wert darauf legen, dass diese möglichst gesund sind und so selten wie möglich Medikamente oder medizinische Behandlungen brauchen? Selbstverständlich nicht.

Bei Prämisse 1 bin ich dabei, aber bei den übrigen dreien sehe ich das komplett anders.

Selbst wenn irgendein Mensch mit sehr viel Geld und ehrlich guten Absichten das Beste versucht, verstehen wir von der Sache bisher einfach so wenig, dass man in den nächsten hundert Jahren froh sein kann, wenn die geschaffenen Chimären überhaupt imstande sind, ein lebenswertes Leben zu führen.


Bearbeitet von Helge, Gestern, 15:28.


#3 Fermentarius

Fermentarius

    Infonaut

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Geschrieben Heute, 10:37

Es ist zwar möglich, Chimären zu erschaffen, aber das ist bisher eher eine wissenschaftliche Leistung, die für die Organismen keine Vorteile bringt. Warum sollte ein Tier, das Zellen von zwei Tierarten enthält dadurch einen Vorteil haben? Normalerweise sind bei Tieren die Zellen und Gewebe für eine bestimmte Umgebung optimiert. Die Körpertemperatur ist bei allen Tieren etwas unterschiedlich, ebenso der Blutzuckerwert oder der pH des Bluts und der Gewebeflüssigkeiten. Die Zellverbände würden also nicht in ihrem Optimum arbeiten. Menschen mit Geweben anderer Arten würden also nicht unbedingt Vorteile haben. Man könnte ihnen zum Beispiel die Riechzellen von Hunden einsetzen. Aber dann bleibt das Problem der Anbindung an das Gehirn. Das menschliche Riechhirn ist nicht für die feine Unterscheidung von tausenden Gerüchen ausgelegt, und wäre vermutlich überfordert, was für die Betroffenen mindestens extremen Stress bedeutet. Anderes Beispiel: Ein Schimpanse bringt pro Muskelquerschnitt die vierfache Kraft auf wie ein Mensch. Wie wäre es also mit einer Chimäre aus Mensch und Schimpanse, mit dem Gehirn eines Menschen und den Muskeln eines Schimpansen? Bei genauer Überlegung wäre das keine gute Idee. Der Bewegungsapparat besteht nicht nur aus Muskeln, auch die Knochen und Sehnen müssen die Kraft aufnehmen. Eine solche Chimäre hätte also ständig mit Sehnenabrissen zu kämpfen. Außerdem haben Menschen mehr Ausdauer. Eine Mensch mit Schimpansenmuskeln würde schnell ermüden.

Oder mal ganz drastisch gesagt: Wenn ich Bauteile eines Ferrari in einem Fiat 500 einsetze, bekomme ich auch keinen Super-Fiat, sondern bestenfalls ein Auto, das überhaupt fährt.

Zum Schluss bleibt noch das Problem der Fortpflanzung. Die Gonadenzellen sind gehören entweder zu der einen Spezies oder zu der anderen. Eine natürliche Fortpflanzung von Chimären mit allen Eigenschaften der Eltern ist nicht möglich, Chimären sind immer Unfälle der Natur oder künstlich erzeugte Wesen.

Ich sehe deshalb nicht, dass Menschen von überlegenen Chimären in absehbarer Zeit verdrängt werden können.



#4 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben Heute, 14:14

Ich hab jetzt nicht alle Verweise durchgesehen! Aber: Zu den letzten 3 Prämissen...

  •  
  • Chimären geben der Menschheit neue Eigenschaften, die sie im Rahmen der Klimakatastrophe und Ressourcenknappheit noch benötigen werden: die "neue Menschheit"
  • "normale" Menschen werden dann zu einer Minderheit, die mehr Ressourcen beanspruchen wird, als die neue Menschheit
  • die normale Menschheit wird relativ schnell aussterben, wenn sich die neue Menschheit natürlich ausbreiten kann/wird

Bei der ersten fehlt mir relativ komplett die Bedeutung der jahrtausendjährigen "Schmiede" der Evolution; ob großeingriffige genetische Änderungen letztendlich v.a. Vorteile bergen, ist unklar. Fehlentwicklungen sind ja durchs tausendfache Testen der Evolution nicht ausgemerzt worden... Bis zum Komma stimmt die Prämisse, obwohl "Menschheit" m.E. ein wenig weit gegriffen ist.

 

Das mit der Minderheit (mittleres Item) wird sich hinziehen... Bzw. verhindert, denn "Normale" können verdammt konservativ werden, wenn Neuerungen ihren Status Quo bedrohen - sieht man ja gerade bei ca. jedem 4. deutschen Wähler (u.a. in der wutbürgerlichen Reaktion aufs "Heizungsgesetz").

 

Zum letzten Item... s. vorherigen Absatz. Natürliche Ausbreitung wird mit Sicherheit aggressiv "gesteuert" werden, also eher nicht natürlich verlaufen.

 

P.S.: Cordwainer Smith liebte Chimären und hat sich in seinen Zukunftsvisionen (Norstrilia usw.) durchaus mit möglichen Folge-Entwicklungen auseinander gesetzt! :thumbup:


Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, Heute, 20:44.

/KB

Yay! KI-generiertes SF-Zitat Ende November...
"In the sprawling city forums of the galaxy, where chaos reigns and time flows differently, true power is found not in dominance, but in moderation. The wise use their influence to temper ambition with reason, and chaos with order."

(auf Bing.de generierter Monolog von der Copilot-S/W - die ich hiermit NICHT bewerbe! - nach Aufforderung nach einem "s.f. quote" mit einem bestimmten Wort darin; ich ersetzte nur das 4. Wort mit "city forums")


#5 Helge

Helge

    Cybernaut

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Geschrieben Heute, 14:26


Zum Schluss bleibt noch das Problem der Fortpflanzung. Die Gonadenzellen sind gehören entweder zu der einen Spezies oder zu der anderen. Eine natürliche Fortpflanzung von Chimären mit allen Eigenschaften der Eltern ist nicht möglich, Chimären sind immer Unfälle der Natur oder künstlich erzeugte Wesen.

Ich sehe deshalb nicht, dass Menschen von überlegenen Chimären in absehbarer Zeit verdrängt werden können.

Stimmt, die Fortpflanzung ist dabei natürlich noch ein komplett ungeklärtes Problem. Klar, es gibt ja auch Kreuzungen zwischen verschiedenen Arten, die auf natürlichem Weg entstehen, was erstaunlich weit gehen kann, z.B. Schaf und Ziege, obwohl die unterschiedliche Chromosomenzahlen haben. (Zählen solche Kreuzungen eigentlich auch schon unter Chimären?) Aber die sind dann eben nicht mehr fortpflanzungsfähig.

Grundsätzlich denke ich, dass man das irgendwann hinbekommen wird, weil Chimären eine der ältesten Fantasien der Menschheit überhaupt sind und die Menschheit langfristig gesehen nun mal dazu neigt, ihre Fantasien zu verwirklichen. Aber da liegt die Betonung ganz klar auf langfristig. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit Animal Uplift schneller zu größeren Erfolgen kommen könnte.



#6 Fermentarius

Fermentarius

    Infonaut

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Geschrieben Heute, 17:49

Stimmt, die Fortpflanzung ist dabei natürlich noch ein komplett ungeklärtes Problem. Klar, es gibt ja auch Kreuzungen zwischen verschiedenen Arten, die auf natürlichem Weg entstehen, was erstaunlich weit gehen kann, z.B. Schaf und Ziege, obwohl die unterschiedliche Chromosomenzahlen haben. (Zählen solche Kreuzungen eigentlich auch schon unter Chimären?) Aber die sind dann eben nicht mehr fortpflanzungsfähig.

Grundsätzlich denke ich, dass man das irgendwann hinbekommen wird, weil Chimären eine der ältesten Fantasien der Menschheit überhaupt sind und die Menschheit langfristig gesehen nun mal dazu neigt, ihre Fantasien zu verwirklichen. Aber da liegt die Betonung ganz klar auf langfristig. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit Animal Uplift schneller zu größeren Erfolgen kommen könnte.

 

Ja, Chimären gehören zu den ältesten Fantasien der Menschen. Es gibt eine altsteinzeitliche Skulptur aus Mammutelfenbein, die einen Löwenmenschen darstellt, also einen Menschen mit Löwenkopf, quasi das Äquivalent der Sphinx, die ja einen Menschenkopf auf einem Löwenkörper zeigt. Trotzdem glaube ich nicht, dass wie so schnell Chimären sehen werden, und wenn, dann werden es höchstens Gewebe oder Organe sein, wie zum Beispiel Allotransplanationen, bei deinen z.B. ein Schweineherz transplantiert wird. Auch die Zucht von Chimären halte ich nicht für möglich. Bei Chimären hast du ein Mosaik von Zellen, die jeweils verschiedene Chromosomensätze haben. Das ist zum Beispiel von manchen Trisomien bekannt. Einige Zellen haben ein dreifaches Chromosom, andere nicht. Bei der Fortpflanzung gehören die Gameten von Chimären entweder zur einen Art oder zur anderen. Das unterscheidet sie von Hybriden, bei denen alle Zellen einen einheitlichen Chromosomensatz haben. Hybriden müssen auch nicht zwangsläufig steril sein, wie z.B. Maultiere und Maulesel. Dann können sie tatsächlich eine neue Art begründen.





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