Film- & Serien-DB des SFN bald nicht mehr offline!
#91
Geschrieben 30 September 2009 - 10:59
Es gibt SF-Filme, die gänzlich ohne teure Spezialeffekte auskommen und trotzdem ein Thema der nahen Zukunft souverän in Szene setzen. Final Cut, das Werk des jordanischen Filmemachers Omar Naim gehört zweifellos in diese Gruppe ambitionierter Filmwerke. Seine Helfer im spielerischen Bereich sind keine Unbekannten: Robin Williams und James Caviezel gehören unumstritten zur ersten Garde von Schauspielern. Was allerdings den Film zu einem sehenswertem Erlebnis macht, ist die ungewöhnliche Atmosphäre, die durch das phantastische Set aus Art Deco und moderner Technik eindrucksvoll unterstützt wird. Trotz eines im Rahmen heutiger Produktionen eher bescheidenen Budgets, wurde durch das Zusammenspiel von Drehbuch und Handlungsumgebung ein SF-Thriller geschaffen, der ein wenig länger in Erinnerung bleibt und zur einen oder anderen Diskussion im engeren Freundeskreis animiert.
Die Story basiert auf der Möglichkeit, das eigene Leben mit Hilfe eines Speicherchips aufzunehmen und im Falle des Todes den Angehörigen diese Erinnerungen zu vermachen. Natürlich geht es in keinem Leben reibungslos zu und es gibt Erinnerungen an Taten und Momente, die nie an das Licht der Öffentlichkeit dürfen. Deshalb ist eine Aufarbeitung der Erinnerungen unerlässlich, um den Hinterbliebenen eine wohlgefällige Kurz-Version anzubieten. Diese Aufgabe übernehmen die Cutter, Spezialisten für das Suchen und Zusammenschneiden der Szenen, die ein heiles Bild des Verstorbenen ergeben. Natürlich sehen die Cutter das ganze Leben der Person, die sie auf Kurzfassung aufbereiten; gräßliche Erlebnisse und schockierende Taten. Damit diese Informationen nie an das Licht der Öffentlichkeit gelangen, werden sie aus dem Chip gelöscht. Cutter selbst dürfen keinen Chip implantiert haben, da dieser die gesehenen Information speichern würden.
Die aufzeichnenden Speicher im Kopf werden aber nicht von der gesamten Bevölkerung akzeptiert. Proteste von Gegnern dieser Chips werden immer intensiver und stören zuweilen auch die eine oder andere Trauerfeier, um auf den alleinigen Besitz der Gedanken und Erfahrungen über den Tod hinaus hinzuweisen.
Alan Hackman, gespielt von einem ausgezeichnet agierenden Robin Williams, ist ein Cutter der Extraklasse und in seinem Beruf äußerst erfolgreich. Seine bescheidene und introvertierte Art hat ihm die Türen zu den Reichen und Mächtigen geöffnet, die seine Dienste gerne in Anspruch nehmen und auf seine Verschwiegenheit vertrauen.
Als ein Unternehmer, der zu den mächtigsten Vertretern seiner Branche gehört, stirbt, wird Hackman beauftragt, das Leben des Verstorbenen zusammenzufassen und ein ReMemory für die Trauerfeier zu schneiden. Schnell wird ihm klar, daß hinter der schönen Fassade ein Mensch mit mehr als zweifelhaftem Charakter stand.
Seine Arbeit wird auch noch durch die Tatsache erschwert, daß ein ehemaliger Cutter, der auf die Seite der Chipgegner gewechselt ist, von ihm die Herausgabe der Rohdaten des Industriellen verlangt.
Als Hackman auf den aufgezeichneten Erinnerungen einen Mann erkennt, der mit seinem eigenen Schicksal eng verbunden war, ermittelt er in eine Richtung, die von seiner eigentlichen Aufgabe abweicht†¦ und kommt schließlich einem Geheimnis auf die Spur, die sein Leben für immer verändern wird.
Es ist in weiten Bereichen eine sehr ruhige und leise Geschichte geworden, die Regisseur Naim auf Zelluloid gebannt hat. Obwohl die Thematik, Erinnerungen und gesehene Ereignisse auf Speicherchips zu bannen, geradezu nach Effekten und Action schreit, ist es dem Autor gelungen, die wesentliche Botschaft des Films in den Vordergrund zu stellen: das dezimierte soziale Umfeld, das einem Mann, der jedes Geheimnis eines anderen Menschen kennt, zum Leben bleibt.
Robin Williams, der mit seinem melancholischen Mienenspiel seine Rolle exzellent interpretiert, hat mit diesem Film endgültig sein Image als nimmermüder Komödiendarsteller ad acta gelegt. In seinem Gesicht kann der Zuschauer die Verzweiflung und den Schmerz bei der Durchsicht schrecklicher Szenen in den Erinnerungen nicht nur sehen - sondern fast fühlbar nachvollziehen. War Williams Können im Bereich Drama schon im Film One Hour Photo beeindruckend, wird es in Final Cut zu einem tragenden Element.
Die Rolle seines Gegenspielers Fletcher spielt James Caviezel, der zwar mittlerweile in der gleichen Liga gutbezahlter Akteure spielt, aber darstellerisch zu keinem Zeitpunkt an Williams heran reicht. Eher mühsam setzt er seinen Part in der Geschichte um. Die weiteren Schauspieler machen ihre Sache recht ordentlich, wobei Leanne Adachi als Nathalie und Mira Sorvino als Delila ihre Fähigkeiten im positiven Sinne ausreizen.
Ein wirklich bemerkenswerten Part haben in diesem Film die Ausstatter geleistet. Die Verbindung von Art Deco aus den Zwanzigern und Dreißigern des letzten Jahrhunderts und der Technik, die den Cuttern zur Verfügung steht, ergibt ein unwirkliches, aber ungewöhnlich zeitnahes Bild einer möglichen Zukunft. Hier wurde mit feiner Hand gearbeitet und die daraus resultierende Handlungsumgebung lädt bei einigen Szenen zum Träumen ein.
The Final Cut ist ein Kunststück geworden - beeindruckende Bilder unterstützen einen gut aufgelegten Hauptdarsteller in einer hervorragenden Story. Viele Szenen bleiben auch nach Filmende im Kopf des Zuschauers hängen und spuken wie ungewollte Echos im Bewusstsein herum. Diese besondere Fähigkeit, einen Zuschauer länger an das Gesehene zu binden, zeichnet einen guten Film aus.
Ein cineastisches Werk, dem man seine Empfehlung aussprechen kann.
#92
Geschrieben 30 September 2009 - 11:00
Hannon Fuller, Software-Spezialist und Konstrukteur einer virtuellen Welt in einem Computer, wird ermordet aufgefunden. In Verdacht gerät Douglas Hall, der zusammen mit seinem Freund Withney als Mitarbeiter von Fuller ebenfalls an dem System gearbeitet hat. Alle Indizien sprechen gegen ihn, aber Hall kann sich einfach nicht an die Tat erinnern. Die Lösung könnte in der virtuellen Welt liegen, aber dazu muß er seinen Geist in den Computer laden. Nachdem der Versuch erfolgreich verläuft, lernt er in der Computer-Realität die Tochter von Fuller kennen, eine äusserst mysteriöse Angelegenheit, denn Fuller hatte nie eine Tochter. Je länger sich Hall in dieser Welt aufhält, desto mehr vermischen sich die Realitätsebenen und langsam beginnt er zu begreifen, daß er nicht mehr Herr der Simulation ist†¦
Daniel F. Galouyes Klassiker Simulacron³ aus dem Jahre 1964 war schon einmal Vorlage für einen Film. Rainer Werner Faßbinder drehte 1972 die zweiteilige Fernsehproduktion Welt am Draht mit der damaligen Avantgarde deutscher Schauspieler. Das dieses Buch erneut als Vorlage auserwählt wurde, liegt an der populären Thematik der verschiedenen Realitätsebenen, deren sich auch der Kassenknüller Matrix bediente.
Ist Matrix ein Beispiel für die funktionierende Symbiose verschiedener Genre, beschränkt sich Josef Ruznak mit The 13. Floor auf das Zusammenspiel von Krimi und Science-Fiction. Das funktioniert, dank kontrolliertem Einsatz von SF-Handlungselementen ausgesprochen gut und der Storyverlauf konzentriert sich auf das kriminalistische Element. Die Frage, warum ein Täter sich nicht an einen Mord erinnern kann, wird in den Mittelpunkt gestellt. Intensiv wird die Atmosphäre bei den Szenen aus den dreissiger Jahren, der zweiten Handlungsebene des Films. Hier wurde ausstattungstechnisch aus dem Vollem geschöpft, denn die Bilder erzeugen eine beeindruckende Authenzität. Der Übergang der Realitätsebenen ist fliessend und die Schnitttechnik trägt nicht unerheblich zu einem unterhaltsamen Filmabend bei.
Die Schauspieler agieren recht ordentlich, echte Ausrutscher in der Besetzungsliste tauchen nicht auf. Armin Müller-Stahl und Gretchen Mol spielen ihre Rollen überzeugend und Vincent D´Onofrio, bekannt aus der TV-Serie Criminal Intent nutzt die Möglichkeit, etwas mehr seines schauspielerischen Könnens zu präsentieren.
Fazit
Regisseur Josef Ruznak und Produzent Roland Emmerich haben den 40 Jahre alten Romanstoff zeitgemäß umgesetzt. The 13. Floor wirkt wesentlich moderner als sein mehr als 30 Jahre älterer Vorgänger Welt am Draht und auch wenn Ruznaks Handschrift nicht mit der eines Kult-Regisseurs wie Faßbinder mithalten kann, ist ihm doch ein intelligenter und unterhaltsamer Film gelungen. Empfehlenswert.
#93
Geschrieben 30 September 2009 - 11:02
Egal, was die Brüder Andy und Larry Wachowski vorhatten, den unglaublichen Erfolg von Matrix hatten sie allenfalls erhofft, aber nie erwartet. Laut ihren eigenen Aussagen wollten sie "mal einfach die Sau rauslassen" und alles in einen Film reinpacken, von dem sie selbst begeisterte Anhänger sind. Asiatische Kampfsportarten, Action bis zum Abwinken und ein Sience-Fiction Szenario, daß seinen Comic-verwandten Charakter nicht verleugnen kann. Aber auch eine philosophische Botschaft, ein Anspruch, der dem Action-Kino meist konträr gegenübersteht, wollten sie unterbringen. Heraus kam eine Mischung, die nicht nur visuell ungewöhnlich ist, sondern dem Kino in vielen Bereichen neue Impulse gab.
Die Grundidee des Plots ist eine Symbiose aus fernöstlichem Action-Kino und der Philosophie, daß nichts ist, wie es scheint. Die Aufteilung der Handlung in zwei Realitätsebenen bildet die dritte und für den späteren Verlauf der Geschichte wichtigste Komponente. Erzählt wird die Geschichte von Neo, einem durchschnittlichen Menschen, der feststellen muß, daß alles, was er Zeit seines Lebens für die reale Welt gehalten hat, nur eine virtuelle Projektion ist. Irgendetwas in seinem Inneren hatte ihn schon immer auf der Suche nach der Wahrheit begeben lassen, aber als er sie in aller Konsequenz vorgeführt bekommt, erkennt er, daß sie um vieles absurder ist, als er sich je vorstellen konnte. Vor die Wahl gestellt, entscheidet sich Neo für das reale Leben, eine Realität, die durch den Kampf des Menschen gegen die Maschinen beherrscht wird. Neo unternimmt den Schritt und steigt aus der Matrix aus, nicht ahnend, daß es nur ein Abschied auf Zeit war.
In einem U-Boot wacht er auf und muß feststellen, daß man ihm nicht die ganze Wahrheit erzählt hat. Das Leben in der Wirklichkeit kennt kaum Annehmlichkeiten und zu allem Überfluß sehen einige Menschen in ihm den Retter der übrig gebliebenen Menschheit†¦
Das Wechselspiel der Realitätsebenen gelingt ausgesprochen gut, sie vermischen sich nicht untereinander und sorgen für ein gutes Verständnis der Geschichte. Das dabei die Gegenwart zur virtuellen Welt wird, ist in der Aussage nicht neu und wurde in Faßbinders Verfilmung des Romans von Daniel F. Galouye, Simulachron³ , schon umgesetzt. Neu ist aber die Konsequenz des Handels in der virtuellen Realität. Die Geschehnisse innerhalb der Matrix haben durchaus Auswirkungen in der realen Welt. Der Kampf Mensch gegen Maschine, oder genauer ausgedrückt, menschliches Bewusstsein gegen KI-erzeugte Programme, wird zum Katz und Maus Spiel, die eine Zerstörung der Matrix herbeiführen soll.
Die Regisseure planten diese Interaktion der Ebenen gezielt ein, dienen sie doch als Argument für reichlich Action und Kampfszenen innerhalb der Handlung. Die ganze Genialität, die hinter dieser Idee steckt wird deutlich, wenn im virtuellen Handlungsstrang Bewegungen und Aktionen unter Mißachtung der physikalischen Gesetze von Raum und Zeit erfolgen. Hier bestimmt die Programmierung das Tempo bzw. das Bewusstsein manipuliert den Datenfluß der Matrix.
Ist der Plot an sich schon sehenswert, wird die Qualität durch die mitwirkenden Schauspieler nochmals gesteigert. Bis auf zwei, drei Ausnahmen sind alle Rollen ausgezeichnet besetzt, wobei mit Keanu Reeves ein im SF-Genre erfahrener Schauspieler alle Register seines Könnens zieht. In den weiteren Hauptrollen agieren Carrie Ann Moss und Lawrence Fishburne mehr als ordentlich, während Hugo Weaving als (Software)Agent Smith seine Rolle phänomenal und überzeugend interpretiert.
Im Bereich der Ausstattung setzen die Wachowskis nicht durchgängig auf High-Tech Style, sondern vermischen aktuelle Technik mit veralteten Gerätschaften wie Wählscheiben-Telefon oder wunderschön in Szene gesetzter Mechanik. Das wiederum erzeugt ein unwirkliches, anachronistisches Ambiente und trägt zur besonderen Atmosphäre der Handlungsumgebung bei.
Wie 1968 Kubricks Film-Epos 2001 hat auch Matrix den Bereich des Science-Fiction Film neu definiert. Spektakuläre Handlung und bildgewaltige Umsetzung der Thematik setzten Maßstäbe im Genre, sorgten aber auch für ein besseres Verständnis einer virtuellen Realität. Alles zusammen, eine intelligente und interessante Story, eine ausgezeichnete Regie und gut aufgelegte Schauspieler machen Matrix zu einem Filmerlebnis, daß einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.
Es ist Unterhaltungskino, aber von hoher Qualität. Sehenswert !
Die Frage, ob der Film dem Genre Cyberpunk zugeordnet werden kann, ist schwierig zu beantworten. Reduziert man Cyberpunk auf die Elemente der virtuellen Realität und den Bereich des Mensch/Maschinen Interface, würde es passen. Allerdings ist der Plot der Geschichte so andersartig, daß eine Einordnung in den Bereich Science-Fiction sinnvoller erscheint.
#94
Geschrieben 30 September 2009 - 11:03
Douglas Trumbull ist ein prominenter Name in der amerikanischen SF-Film-Industrie. Seine oscarpremierten Effekte im SF-Klassiker 2001 - Odysee im Weltraum sind genauso bekannt, wie die Effekte aus Spielbergs Unheimliche Begegnung der dritten Art oder Ridley Scotts Blade Runner. Die Mitarbeit an Crichtons Andromeda wird in der Architektur des Labors mehr als deutlich.
Sein Film Lautlos im Weltraum genießt in SF-Kreisen Kultstatus und die Near Future Fiktion Projekt Brainstorm wurde im Nachhinein zum Klassiker.
Story
Den Wissenschaftlern Reynolds und Brace gelingt es, ein Gerät zu kontruieren, das Gedanken, Gefühle und Erlebnisse aufzeichnet. Als die herzkranke Projektleiterin Reynolds einen Anfall bekommt, schließt sie sich an das Gerät an, um ihren eigenen Tod zu dokumentieren. Brace soll daraus wissentschaftliche Erkenntnisse über das Geschehen während und nach dem Tod gewinnen. Vorsichtig tastet sich Brace an die Daten heran, nicht ahnend, daß sein Geldgeber die Forschungsunterlagen und das Aufzeichnungsgerät längst an das Militär verkauft hat. Dort soll es anderen Zwecken zugeführt werden. Brace verweigert man plötzlich den Zutritt zu seinem Labor und damit auch auf das Band von Reynolds. Verzweifelt sucht er nach einer Möglichkeit, die Daten zu bekommen†¦
Anfang der achtziger Jahre visualisierte Douglas Trumbull erstmalig die Idee der Erlebnis und Erinnerungsspeicherung, ein Element, das später bei Gibsons und anderen Autoren als SimStim-Verfahren in den Geschichten Einzug hielt. Wer hier wen beinflusst hat, ist kaum noch zu ermitteln, aber wie so oft war der Wizzard des SFX seiner Zeit weit voraus. Das er nicht nur als Special-Effects-Specialist tätig war, sondern auch ein feines Gespür für Dramatik hat, beweisen seine Filme Lautlos im Weltraum und das vorliegende Werk Projekt Brainstorm.
Trumbull beherrscht das Handwerk der Regie, was eigentlich kein Wunder ist, hat er doch mit den größten Filmemachern und Autoren der phantastischen Film und Autoren-Szene zusammengearbeitet. Obwohl seine Filme an den Kinokassen floppten, gehören sie seit Jahren in jede gut sotierte SF-Videosammlung.
Projekt Brainstorm überzeugt mit einen schlüssigen Plot, der durch gute schauspielerische Leistungen der Akteure unterstützt wird. Christopher Walken läuft zur Höchstform auf und Louise Fletcher macht ihrem Ruf, Rollen ein wenig schräg zu interpretieren, alle Ehre. Natalie Wood, die in diesem Film letzmalig auf der Leinwand zu sehen ist, agiert ein wenig distanziert, was aber durchaus in das thematische Geschehen passt.
Die Handlungsumgebung ist, Trumbull-typisch, trotz schmalen Budget glaubhaft umgesetzt und besitzt auch noch 20 Jahre nach Erstveröffentlichung die notwendige Authentizität. Weder der gut konstruierte Spannungsbogen noch das Tempo geben Anlaß zur Kritik, insgesamt ein spannendes und fesselndes Stück Kino.
Unbedingt ansehen !
#95
Geschrieben 30 September 2009 - 11:05
Ash ist süchtig nach Avalon. Wie viele andere taucht sie jeden Tag aufs Neue in die Welt des berüchtigten, aber illegalen Computer-Games ein. Sie ist eine der härtesten Profi-Spieler, denn sie gibt niemals auf, ehe auch nicht der letzte Gegnerauf den simulierten Kriegsschauplätzen ausgeschaltet wurde. Doch auf eine Ebene drang Ash bis lang noch nicht vor: der "Special Class A Level" von Avalon steht nur einer kleinen, elitären Gruppe von Spielern offen. So wie ihrem Freund Murphy, der seit kurzem jedoch völlig apathisch in einem Wachkoma dahinvegitiert. Ash kann nicht fassen, dass sein Zustand irgend etwas mit Avalon zu tun haben könnte. Als sie nun die Chance erhält, selbst auf Level A aufzusteigen, zögert sie keine Sekunde. Doch Ashhat keine Ahnung, dass sie damit das riskanteste Spiel ihres Lebens Spielt. Von Level A kehrte bislang niemand wieder zurück†¦
Rezension
Avalon - oder wieviel Anspruch darf´s denn sein ?
Die Cyberpunkgemeinde ist sich weitgehend einig; die Hollywood-Generation auch und das allgemeine (Kino)Publikum glänzt durch Abwesenheit. Während die "Matrix-Fraktion" von einer billigen Kopie spricht und Genre-Liebhaber über beeindruckende und kunstvolle Bilder diskutieren, wurde Mamoru Oshii´s Werk "Avalon" vom allgemeinen Kinopublikum überhaupt nicht wahrgenommen. Lediglich in einigen Programm- und Off-Kinos aufgeführt, fehlte anscheinend die typische Werbemaschinerie, um den Film einem breiten Publikum vorzustellen. Dabei bleibt die Frage offen, ob denn Werbung in diesem Falle geholfen hätte; unterscheidet sich Oshii´s Film doch stark vom Hollywood-Einheitsbrei.
Das fängt schon bei der Location an†¦ Oshii entschied sich für Polen als Drehort und der Logik folgend natürlich auch für polnische Schauspieler. Dabei stand ihm das Glück in der Besetzung nur teilweise zur Seite. Während die Hauptrolle der in Deutschland relativ unbekannten Malgorzata Foremniak praktisch "auf den Leib" geschrieben wurde, sind die Rollen von Murphy (Jerzy Gudejko) und Bishop (Dariusz Biskupski) eher der Amateurebene zuzuordnen. Ein weiterer Grund, dieses Land als Drehort zu benutzen waren sicherlich die schon vorhandene industriellen Bauten, deren verwarloster und verfallener Zustand den optimalen Hintergrund für die Story bietet.
Low Budget ist der erste Gedanke, wenn man die Auswahl von Drehort und Schauspielern betrachtet. Diese Feststellung ist sicher nicht falsch, doch selbst in Hollywood sind kleine Kunstwerke wie THX1138 (George Lukas), Duell (Stephen Spielberg) oder Dark Star von John Carpenter entstanden. Auch der erste "Terminator" von James Cameron, ist eine echte Low-Budget-Produktion. Und wer sich noch an Roland Emmerichs Das Arche Noah Prinzip erinnert, weiß, mit wie wenig Geld ein wirklich guter Film zu machen ist. Low Budget als Qualitätskriterium zu benutzen, scheidet also aus†¦ und damit wären wir bei der Story.
Kein geringerer als Nail Gaiman (American Gods) hat das Drehbuch zusammen mit Kazunori Ito für diese Geschichte geschrieben.
Die ist sicherlich, wenn man den ganzen Film betrachtet, ein wenig zu kurz gekommen und man wird den Gedanken nicht los, daß einige Umgereimtheiten im Drehbuch als künstlerische Freiheit mißgedeutet werden (sollen).
Inhalt
Ash, eine Spielerin im VR-Game Avalon, ist so erfolgreich, daß sie davon leben kann. Je höher der Level und schwieriger die Missionen, um so mehr Geld bekommt man für die erfolgreiche Lösung der Aufgabe.
Als Ash von ihrem Freund Bishop erfährt, daß es einen geheimen Level in diesem Spiel gibt, das bisher nur von einem anderen Spieler erreicht worden ist, wird sie neugierig.
Der Freund berichtet weiter, daß der andere Spieler, der es geschafft hat, zu ihrem früheren Team in einem anderen Game gehörte und ihr als Murphy bekannt ist.
Leider hat der Aufstieg in das Level eine im Falle von Murphy unangenehme Begleiterscheinung†¦ der reale Körper vegitiert als hirntote Masse in einem Krankenhaus vor sich hin.
Ash macht sich auf die Suche nach dem Geheimnis von Avalon und muß erkennen, das sich die Grenzen der Wirklichkeit und der virtuellen Spielumgebung längst verschoben haben.
Kritik
Versteht es der Regiesseur (oder Künstler), Bilder zu erzeugen, die sich nachhaltig ins Gedächtnis verankern, dann hat er seine Aufgabe hervorragend gemeistert. Im Falle von Avalon gelang Oshii die Symbiose von Ästhetik und Dystopie so beeindruckend, daß man an einigen Stellen den Begriff kunstvoll durchaus benutzen kann. Der Einsatz von Farbfiltern im fast gesamten Film erzeugt eine Art von Unwirklichkeit, die das Thema nachhaltig unterstützt.
Die technischen Effekte sind schlicht gehalten, verfehlen aber niemals ihre Wirkung und sind hervorragend in Szene gesetzt. Hier wird auch deutlich, daß ein inflationärer Einsatz von Technik niemals das schöpferische Potential ersetzen kann. Der neueste Grafikcomputer ersetzt nun einmal keine gute Ideen und in Avalon bekommt der Fan von FX-Szenen einige wirklich gute Einfälle präsentiert.
Das Werk ist eine Symbiose aus Computerspiel und dem französischen Film Noir. Einige zu lang geratene Kameraeinstellungen wechseln sich ab mit schnellen Schnitten von Kampfszenen, die während des Spiels stattfinden. Eine durchaus gelungene Mischung, verstärken sie doch anfangs das Gefühl, zwischen Ralität und Spiel unterscheiden zu können. Das wird aber im Laufe des Films zunehmend schwieriger und gegen Ende ist der Zweifel groß, ob man es nun von der virtuellen in die reale Welt geschafft hat oder umgekehrt. Der Regiesseur gibt keine Antwort auf diese Frage und überlässt es dem Zuschauer, die Dinge zu ordnen†¦ Kubrick lässt grüßen.
Ein Filmkritiker sagte einmal: Mainstream ist, wenn das Publikum befriedigt aus einem Film herauskommt und zwei Minuten später mit der Planung der nächsten Aktivitäten beschäftigt ist; Kunst ist, wenn das Publikum noch lange nach Filmschluß das Gesehene verarbeitet.
Ob man diese Meinung teilt, ist Ansichtssache - Tatsache ist aber†¦ wenn der Vorhang fällt bzw. der Abspann läuft, sind meist schon die Kinobesucher verschwunden, unterhalten sich ausgiebig und lautstark über Inhalte, Effekte, Schauspieler und einzelne Szenen. Anders bei Avalon†¦ der Zuschauer bleibt mit einigen Fragen allein, der traumhafte Soundtrack lässt ihn ausharren, bis der letzte Ton verklingt. Viele Bilder haben sich nahezu ins Gehirn gebrannt und es bedarf einer längeren gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Gesehenen, um ein Urteil zu diesem Film zu finden.
Fazit:
Cyberpunk einmal anders†¦ ohne die Martial-Arts Kampfszenen und ohne aufwendige Post-Produktion. Beeindruckende Bilder, die sich langer im Gedächtnis einnisten; eine düstere Umgebung, deren Trostlosigkeit neue Maßstäbe in der Darstellung setzt und technische Effekte, die den Charme des "Selbstgemachten" besitzen, aber in ihrer Ausführung überzeugen.
Ein ungewöhnliches Erlebnis†¦ sehenswert !
#96
Geschrieben 18 Oktober 2009 - 19:29
Dass Tiere sprechen können, ist in Hollywood nichts Ungewöhnliches. Dass drei Meerschweinchen als FBI-Agenten in den Einsatz gehen, schon eher. Mit den Mitteln des modernen Animationsfilms (hier allerdings vermischt mit Realfilmszenen) und dann auch noch in 3D ließe sich daraus vermutlich schon ein buntes Abenteuer machen - allerdings nicht, wenn man das Thema so lieblos angeht wie Regie-Debütant Hoyt Yeatman in „G-Force - Agenten mit Biss“. Der hat sich in seinem bisherigen Schaffen hauptsächlich um Spezialeffekte (für „Abyss“ gab†™s 1989 einen Oscar) gekümmert - und genau darauf liegt auch in seinem ersten eigenen Film sein Augenmerk. Die Optik stimmt, während die Handlung und andere Kleinigkeiten leider außen vor bleiben.
Die drei Meerschweinchen („Guinea Pig“ auf englisch, deshalb „G-Force“) Darwin, Blaster und Suarez wurden von Wissenschaftler Ben (Zach Galifinakis) als Agenten ausgebildet und ausgerüstet. Er schickt sie zusammen mit Maulwurf Speckles und Stubenfliege Mooch in den Einsatz, um das Geheimnis von Haushaltswaren-Hersteller Leonard Saber (Bill Nighy) zu enträtseln. Seine Vorgesetzten sind davon alles andere als begeistert, da sie befürchten, dass Saber nun auf ihre bereits seit Jahren andauernde Überwachung aufmerksam wird. Prompt muss die G-Force flüchten, wird von FBI-Agenten gejagt und versucht gleichzeitig, Sabers unheilvolle Pläne zu stoppen.
Nach gutem Auftakt - der Einbruch der Meerschweinchen in Sabers Haus ist schon prima gemacht - verflacht „G-Force“ leider völlig. Das Drehbuch scheint sich nicht so recht zwischen Action-Thriller und liebenswerter Tier-Komödie entscheiden zu können, die Mischung aus beidem geht dann auch prompt daneben. Die Handlung macht dementsprechend einen ebenso wirren wie unausgegorenen Eindruck und lässt keinerlei Spannung entstehen. Die menschlichen Darsteller bleiben extrem blass, aber auch der Witz der animierten Figuren verbraucht sich rasch. Da helfen auch die teils spektakulären 3D-Szenen nicht - „G-Force“ macht insgesamt betrachtet einfach keinen Spaß.
2 Punkte
(P.S.: Falls jetzt jemand fragt, ob das ein phantastischer Film ist - na ja, die Meerschweinchen können sprechen, und es gibt einen Schurken, der nach der Weltherrschaft strebt. Darüber hinaus ist das alles sehr unphantastisch ...)
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#97
Geschrieben 18 Oktober 2009 - 19:42
Dann schon lieber alle Staffeln von »Der Pinky und der Brain", obwohl die Serie ohne Realfilmszenen auskommt †¦ (Erinnert sich jemand an die Folge: »Die dritte Maus«?)(P.S.: Falls jetzt jemand fragt, ob das ein phantastischer Film ist - na ja, die Meerschweinchen können sprechen, und es gibt einen Schurken, der nach der Weltherrschaft strebt. Darüber hinaus ist das alles sehr unphantastisch ...)
You, especially, I like. Passionate, sincere†¦ †¦goofball. (Three to Tango)
#98
Geschrieben 15 November 2009 - 20:47
Glaubt man den Weltuntergangspropheten ist es am 21. Dezember 2012 (wieder einmal) so weit. Dann endet nicht nur der Kalender der Maya, sondern auch mit der Welt soll es zu Ende gehen. Ein Thema, das wie geschaffen für Regisseur Roland Emmerich scheint, der ganz gerne mal allerlei Dinge so richtig kaputt macht, ob nun in „Independence Day“, „Godzilla“ oder „The Day After Tomorrow“. In „2012“ kann er sich vollkommen austoben, was zu einer Flut spektakulärer Bilder führt, um die - es war zu erwarten - mühsam eine weitgehend hanebüchene Handlung herumgestrickt wird.
Geologe Adrian Helmsley (Chiwetel Ejiofor) wird auf die Vorzeichen für den anstehenden Weltuntergang aufmerksam. Er informiert Carl Anheuser (Oliver Platt), einer der wichtigsten Berater von US-Präsident Wilson (Danny Glover). Helmsley wird ernst genommen, was einen gigantischen Rettungsplan in die Gänge setzt. Davon weiß der erfolglose Schriftsteller Jackson Curtis (John Cusack) nichts, als es ihn mit seinen beiden Kindern Noah (Liam James) und Lilly (Morgan Lily) zum Zelten in den Yellowstone-Park zieht. Ein verschwundener See, Sperrzäune, die Anwesenheit des Militärs und ein schräger Typ namens Charlie Frost (Woody Harrelson), der seine Verschwörungstheorien per Guerilla-Radio unter die Leute bringt, lassen ihn in der Summe aber misstrauisch werden. Das sorgt letztlich dafür, dass Curtis nicht nur sich selbst, sondern auch seine Kinder, seine Exfrau Kate (Amanda Peet) und ihren neuen Mann Gordon (Thomas McCarthy) vorerst retten kann. Die Flucht vor dem Weltuntergang führt sie schließlich um die ganze Welt.
Die Bilder sind stellenweise fulminant: Die Flucht per Auto aus Los Angeles oder die diversen Flugzeugstarts vor den Kulissen einer Umgebung, die im wahrsten Sinne des Wortes in sich zusammenstürzt, kann man wohl kaum spektakulärer filmerisch in Szene setzen, als Regisseur Emmerich dies in „2012“ tut. Fast schon bieder kommt im direkten Vergleich der immer noch gewaltige Ausbruch des gigantischen unterirdischen Vulkans, der sich unter dem Yellowstone Nationalpark verbirgt, daher. Natürlich sollte man diese Materialschlachten mit einem Augenzwinkern konsumieren; dass die Logik nicht zu den Stärken Emmerichscher Geschichten gehört, zeigt sich auch hier wieder an vielen, vielen Stellen.
Das lässt sich allerdings noch weitaus eher verschmerzen als die wieder einmal schwach gezeichneten Figuren: Es werden nicht nur zu viele in den Film gezwängt, sie sind auch einmal mehr lieblos aus allerlei Klischees zusammengekleistert. Auch moralische Fragen - wer hat es denn nun verdient, vor dem Weltuntergang gerettet zu werden? - dienen letztlich nur der Zier, ohne dass wirklich die Absicht besteht, sich angemessen mit ihnen zu beschäftigen. Wer es dann aber wiederum schafft, diese offensichtlichen Schwächen auszublenden und sich allein der Bilderflut zu überlassen, der wird wohl bestens unterhalten.
6 Punkte? Vielleicht auch nur 5 ...
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#99
Geschrieben 02 Dezember 2009 - 14:28
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#100
Geschrieben 12 Dezember 2009 - 08:53
Die gute Nachricht für die etwas zarter besaiteten Kinobesucher: Unappetitlicher als schon im Vorspann wird „Zombieland“ eigentlich nicht; nur lustiger. Wer nicht allzu empfindlich ist, wird dafür belohnt: mit einer schrägen Zombie-Komödie, die ziemlich kompromisslos zahlreiche originelle Einfälle und witzige Dialoge auffährt. Das Horrorelement tritt klar in den Hintergrund, die Schockmomente lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Stattdessen gibt es ein aberwitziges Road-Movie zu sehen, das munter aus der Filmgeschichte und Popkultur zitiert, ein von Anfang an flottes Tempo vorlegt, dieses überraschend über die ganze Länge beibehalten kann und damit bestens unterhält.
Ein Virus hat die USA in „Zombieland“ verwandelt: Zu den wenigen Menschen, die sich nicht in Zombies verwandelt haben, gehört ein junger Student (Jesse Eisenberg), dem nach seinem Heimatort der knallharte Zombie-Killer Tallahassee (Woody Harrelson) den Spitznamen Columbus verpasst. Die beiden werden von den gewieften Schwestern Wichita (Emma Stone) und Little Rock (Abigail Breslin) um ihr Auto und ihre Waffen erleichtert, verfolgen die Diebinnen und erleben gleich das nächste Fiasko. Schließlich rauft man sich aber doch zusammen: Auf dem Weg in einen kalifornischen Vergnügungspark, der angeblich eine zombiefreie Zone sein soll, machen sie nur noch schnell in Beverly Hills Halt - im Haus von Bill Murray.
Der sprichwörtliche Knaller ist der Gastauftritt von Bill Murray, der zunächst zahlreiche spaßige Ghostbusters-Referenzen mit sich bringt und dann auf unerwartet trockene Art und Weise wieder beendet wird. Allein diese Einlage lohnt den Kinobesuch, aber auch sonst macht Regie-Debütant Ruben Fleischer (nomen est omen) eine ganze Menge richtig und praktisch nichts falsch: Ohne Hemmungen inszeniert er ein abgedrehtes Spektakel, das eine vollauf gelungene Mischung aus skurrilen Ideen und immer witzigen Dialogen bietet und keine Sekunde langweilt.
8 Sternchen
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#101
Geschrieben 12 Dezember 2009 - 08:55
Eine Weihnachtsgeschichte
Dem Gefühl nach ist es noch ein bisschen früh für Weihnachten. Aber andererseits ist Charles Dickens†™ „Weihnachtsgeschichte“ inzwischen so alt, dass sie wohl schon als zeitlos durchgeht. Zumal die Botschaft der 1843 veröffentlichten Erzählung auch heute noch und zu jeder Zeit des Jahres ihre Bedeutung hat. Das Besondere an der neusten Version des schon oft verfilmten Stoffs ist dann auch die Machart: Regisseur Robert Zemeckis hat reale Schauspieler vor der Kamera agieren lassen und dann ihre Bewegungsabläufe und Gesichtsausdrücke am Computer auf animierte Figuren übertragen. So hatte Zemeckis („Zurück in die Zukunft“, „Forrest Gump“) das zuletzt auch bei „Die Legende von Beowulf“ (2007) versucht, einem Film, der zwar optisch beeindruckend, wegen seiner banalen Handlung und der eindimensionalen Charaktere letztlich aber doch eine Enttäuschung war. Daraus hat der Regisseur inzwischen offensichtlich gelernt.
Ebenezer Scrooge (Jim Carrey) ist ein hartherziger Geizhals. Weder sein Neffe Fred (Colin Firth) noch sein Angestellter Bob Cratchit (Gary Oldman) dürfen selbst über die Weihnachtstage auch nur mit einem einzigen freundlichen Wort rechnen. Das rächt sich: Scrooge erscheint zunächst der Geist seines verstorbenen Geschäftspartners Marley (auch Gary Oldman) und dann die sattsam bekannten Geister der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht (jeweils Jim Carrey). Die zeigen dem verbitterten, alten Mann noch einmal auf, wo er in seinem Leben Fehler gemacht hat und was daraus wird.
Wer angesichts des Hauptdarstellers Jim Carrey hier die übliche Grimassenschneiderei samt alberner Blödeleien erwartet, irrt sich. „Eine Weihnachtsgeschichte“, obwohl aus dem Hause Disney, ist auch kein Kinderfilm geworden, ganz im Gegenteil: Einige Szenen sind richtiggehend gruselig, der Humor (wie er etwa die bekannte Verfilmung „Die Geister, die ich rief“ prägt) ist hier bestenfalls Nebensache. Zemeckis†™ „Weihnachtsgeschichte“ ist ein verblüffend ernsthafter Film geworden, der sich eng an die literarische Vorlage hält und den Nachteil einer jedermann gegenwärtigen Handlung durch überzeugende Bilder ausgleicht. Gerade was die Gesichter der Darsteller und die dadurch vermittelten Emotionen angeht, hat das sogenannte „Performance Capture“ seit „Beowulf“ offensichtlich einen ordentlichen Schritt nach vorn gemacht. In Verbindung mit der 3D-Technik ist das Ergebnis überraschend sehenswert. Kleinere Schwächen verzeiht man deshalb gern.
7 Punkte
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#102
Geschrieben 12 Dezember 2009 - 08:57
Paranormal Activity
Das ist wirklich einmal eine schöne Geschichte: Mit einem Mini-Budget von lediglich 15.000 US-Dollar hat Regisseur Oren Peli innerhalb nur einer Woche seinen Spielfilm „Paranormal Activity“ gedreht. Zwar dauerte es zwei Jahre, bis der Gruselstreifen den Sprung in die Kinos schaffte - erst fand sich kein Verleih, dann sollte ein professionelleres Remake gedreht werden, schließlich kam doch die Billigfassung auf die Leinwand. Und damit waren die Irrungen und Wirrungen dann beendet. Inzwischen soll „Paranormal Activity“ weltweit schon mehr als 100 Millionen Dollar eingespielt haben.
Katie (Katie Featherston) wird seit ihrem achten Lebensjahr von merkwürdigen Erscheinungen verfolgt, mal harmlos, mal bedrohlicher. Seit sie mit ihrem Freund Micah (Micah Sloat) zusammengezogen ist, werden die Phänomene stärker. Micah kauft eine Kamera, um dem „Geist“ auf die Spur zu kommen. Katie bittet einen Parapsychologen (Mark Fredrichs) um Rat: Der behauptet, dass sie von einem Dämon verfolgt wird, und empfiehlt, einen Exorzisten zu Rate zu ziehen. Micah, dessen Kamera erstaunliche Bilder liefert, möchte das Probleme dagegen auf eigene Faust lösen.
Die Machart ist gewöhnungsbedürftig: Der Zuschauer verfolgt das Geschehen den ganzen Film über durch Micas Kamera. Das wirkt dann oft auch so billig, wie es gedreht worden ist, wie auch die Dialoge zwischen Katie und Micah stellenweise wenig ausgefeilt scheinen. Ausgeglichen wird das jedoch durch die intelligente Art und Weise, wie Regisseur Peli für Grusel-Atmosphäre sorgt. Er verzichtet auf die üblichen Schockeffekte, sondern geht ganz simpel vor. Ein paar Geräusche und der eine oder andere Luftzug reichen ihm über weite Strecken, um dem Zuschauer tatsächlich Angst zu machen - das funktioniert sehr gut. Erst am Ende werden schärfere Geschütze aufgefahren, was dann wiederum auch nur teilweise überzeugt. Wer leicht zu erschrecken ist, sollte den Film trotzdem eher meiden.
6 Punkte
Jetzt sind wir wieder auf dem Laufenden ...
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#103
Geschrieben 20 Dezember 2009 - 16:44
James Cameron hat sich rar gemacht, seit er mit „Titanic“ (1997) fast unglaubliche Erfolge feierte. Jetzt kehrt er mit einem aufsehenerregenden Film zu seinen Wurzeln zurück: Mit den Science-Fiction-Filmen „Terminator“ (1984) und „Aliens - Die Rückkehr“ (1986) schaffte der Regisseur einst den Durchbruch. Und auch heute noch gelingt es ihm, Maßstäbe zu setzen. „Avatar - Aufbruch nach Pandora“, ein lange geplantes Projekt, nutzt die aktuellsten technischen Möglichkeiten und wird so zu einem wahrlich grandiosen Erlebnis für den Zuschauer.
Ex-Soldat Jake Sully (Sam Worthington) wird trotz seiner Querschnittslähmung für einen Einsatz auf dem Planeten Pandora rekrutiert. Sein verstorbener Zwillingsbruder hätte dort den nachgezüchteten Körper eines der großgewachsenen, blauhäutigen Eingeborenen - einen sogenannten Avatar - steuern sollen. Chefwissenschaftlerin Dr. Grace Augustine (Sigourney Weaver) würde den aus ihrer Sicht ungeeigneten Jake am liebsten zurückschicken, der militärische Leiter der menschlichen Basis, Colonel Quaritch (Stephen Lang), stiftet ihn dazu an, die Na†™vi, wie sich die Eingeborenen nennen, zu infiltrieren. Denn unter ihrem „Heimatbaum“ befindet sich ein riesiges Vorkommen wertvollster Ressourcen - der eigentliche Grund, warum Menschen nach Pandora gekommen sind. Jake überrascht alle: Er wird von den Na†™vi aufgenommen, obwohl sie wissen, dass es sich bei ihm um einen Menschen handelt. Neytiri (Zoe Saldana) weist ihn in die Sitten und Gebräuche ihres Volkes ein. Daraus entwickelt sich eine auch für den Kinozuschauer fantastische Reise, die ihm alle Eigenheiten der Welt Pandora vor Augen führt - vom Dschungel bis zu den fliegenden Bergen; liebevoll wird Detail an Detail gefügt und macht die fremde Welt lebendig. Das ist sehr beeindruckend.
Verglichen mit der optischen Wucht, die das Publikum auf Pandora überfällt und kaum mehr loslässt, ist die Handlung dann aber leider doch sehr simpel. Im Prinzip ist es die alte Geschichte von den weißen Siedlern, die die Indianer auslöschen, in die sich zeitkritische Töne mit Bezug auf die US-Militäraktionen in Afghanistan oder zuvor im Irak mischen. Die Vorhersehbarkeit des Geschehens, die sich auch daraus ergibt, ist in der Momentaufnahme nicht weiter tragisch, da die grandiosen Schauwerte die wenig inspirierte Geschichte mehr als nur ausgleichen. Entwickelt sich die Technik allerdings weiter so rasant fort, wird „Avatar“ nur noch ein Film unter vielen und irgendwann vielleicht sogar vergessen sein. Das wäre angesichts der jetzt vermittelten Faszination doch sehr schade.
9 Sternchen (volle Punktzahl, trotz der Mäkeleien)
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#104
Geschrieben 09 Januar 2010 - 16:14
Terry Gilliam ist kein Regisseur, der allzu gerne den Mainstream bedient. Selbst seine massenkompatibleren Filme wie „Twelve Monkeys“ (1995) oder „Der König der Fischer“ (1991) vereinen mehr ebenso skurrile wie interessante Einfälle als die restliche Jahresproduktion Hollywoods. Gilliam, ehemals Mitglied der legendären britischen Komikertruppe Monty Python, hat längst seine eigene unverwechselbare Handschrift entwickelt - dazu gehört, dass es ihm oft schwerfällt, seine überschäumende Phantasie zu kanalisieren. Das werden ganz besonders die Zuschauer bemerken, die sich von den Namen des verstorbenen Heath Ledger („The Dark Knight“) oder des Models Lily Cole in Gilliams neusten Film locken lassen.
Doktor Parnassus (Christopher Plummer) ist einen Pakt mit dem Teufel (Tom Waits) eingegangen. Jetzt geht es ans Bezahlen: Preis ist Parnassus†™ Tochter Valentina (Lily Cole), die er an ihrem 16. Geburtstag dem Teufel übergeben muss. Kurz bevor es so weit ist, entdeckt Anton (Andrew Garfield), Mitarbeiter in Parnassus†™ Wandertheater, zu dem auch noch der kleinwüchsige Percy (Verne Troyer) gehört, den an einer Brücke erhängten Tony (Heath Ledger) - der wundersamerweise noch lebt, sich angeblich an nichts erinnern kann, in Valentina verliebt und einen Plan für ihre Rettung hat.
Dass Heath Ledger während der Dreharbeiten zu „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ verstorben ist, kaschiert Terry Gilliam durch einen cleveren Trick: Wenn Tony in der Gedankenwelt des Doktors bizarre Abenteuer erlebt, wird er nicht mehr von Ledger, sondern nacheinander von Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell verkörpert. Auch sonst kann der Regisseur eine ganze Reihe bemerkenswerter Einfälle im Film unterbringen, die zwar nicht unbedingt für eine stringente Handlung, jedoch immer wieder für Staunen sorgen. Gelegentlich geht der Gaul mit ihm durch, dann wird es vielleicht einen Tick zu sonderbar - aber das ist angesichts eines insgesamt sehr überzeugenden Films leicht zu verzeihen.
8 Sternchen
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#105
Geschrieben 27 Januar 2010 - 20:54
Wie schade: Natürlich ist die Idee nicht wirklich neu, die dem Film „Surrogates - Mein zweites Ich“ zugrundeliegt. Und auch die Art und Weise, wie der Hintergrund der Filmwelt und die Motivation für die Handlung konstruiert sind, darf man guten Gewissens als wenig originell bezeichnen. Und dennoch steckt in einem Film, in dem sich die Menschen nicht mehr vor die Türe trauen, sondern stattdessen fast rund um die Uhr Roboter-Stellvertreter für sich agieren lassen, deutlich mehr Potenzial, als es „Surrogates“ offenbart. So ist das Ergebnis des Films von Regisseur Jonathan Mostow („Terminator 3“), der auf der gleichnamigen fünfteiligen Graphic Novel von Robert Venditti und Brett Weldele basiert, erschreckend unbefriedigend.
Ursprünglich entwickelt, um Behinderte und Kranke mit neuen Körpern auszustatten, haben sich die „Surrogates“ längst überall verbreitet: Von einigen wenigen Uneinsichtigen abgesehen, hat weltweit fast jeder Mensch einen solchen Ersatz-Körper, den man bequem von zu Hause aus steuern kann. Angenehmer Nebeneffekt: Es gibt fast keine Kriminalität mehr. Daher denken auch die FBI-Agenten Tom Greer (Bruce Willis) und Jennifer Peters (Radha Mitchell) zunächst an einen Routinefall, als vor einem Nachtclub zwei zerstörte Roboter-Körper gefunden werden - bis sich herausstellt, dass auch die Menschen, die sie gesteuert haben, tot sind. Einer der beiden ist ausgerechnet der Sohn von Dr. Lionel Canter (James Cromwell), dem Erfinder der Surrogates, dem der Angriff eigentlich galt. Greer ermittelt weiter, bis auch sein Ersatzkörper zerstört wird und er plötzlich leibhaftig eingreifen muss - was er seit vielen, vielen Jahren nicht mehr getan hat.
Die sterile Optik der bunten Plastikwelt, in der sich die maskenhaft starren Traumkörper bewegen, ist ein erster Stolperstein für den Film. Das wirkt mehr wie ein Hochglanz-Marionettentheater, als dass es die gewünschte Atmosphäre schafft. Sobald Bruce Willis erst einmal seinen Surrogate (und damit auch die grausam schreckliche Frisur) los ist, kommt wenigstens ein bisschen mehr Leben in die Handlung, zumal der Action-Held keine drei Szenen braucht, um so auszusehen wie in „Stirb langsam“ eins bis vier. Das reicht aber immer noch nicht für einen guten Film: Dafür müssten die Handlung weniger durchsichtig, die Logiklöcher nicht ganz so groß und die Figuren weit weniger schablonenhaft gezeichnet sein. Typisch amerikanische Einfälle - schon sieben Jahre nach der Erfindung der „Surrogates“ haben sich 98 Prozent der Weltbevölkerung (!) einen zugelegt - sind da leider nur die Spitze eines Eisbergs, den man besser schnell ins Vergessen versenkt.
4 Sternchen
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#106
Geschrieben 07 März 2010 - 21:46
Was soll man davon halten? Das angebliche Sachbuch „The Men who stare at Goats“ berichtet über Programme des US-amerikanischen Militärs, die sich unter anderem mit übersinnlichen Fähigkeiten beschäftigen. Eine hervorragende Reaktion kommt von Regie-Debütant Grant Heslov: Der legt den sehr amüsanten Film „Männer die auf Ziegen starren“ vor, der sehr lose auf der Vorlage basiert, dank einer ganzen Reihe bizarrer Einfälle und gleich mehrerer hervorragender Darsteller bestens unterhält.
Journalist Bob Wilton (Ewan McGregor) wurde von seiner Frau verlassen und will sich jetzt beweisen: als Kriegsberichterstatter im Irak. Dort trifft er auf Lyn Cassady (George Clooney), der in geheimer Mission unterwegs ist. Einst war er Mitglied einer obskuren Militäreinheit, die sich unter der Leitung des Hippies Bill Django (Jeff Bridges) vor allem mit der Erforschung übersinnlicher Fähigkeiten beschäftigt hat. Cassady bezeichnet sich als „Jedi-Krieger“ und „Supersoldat“, Wilton wittert eine Story und begleitet ihn auf dem Weg durch die Wüste. Unterwegs erfährt er Cassadys Geschichte, der erzählt, wie Brigadegeneral Hopgood (Stephen Lang) die Abteilung „New Earth Army“ ins Leben gerufen hat und wie schließlich Larry Hooper (Kevin Spacey) dafür gesorgt hat, dass sie wieder aufgelöst wurde. Und nach allerlei skurrilen Ereignissen kommt Wilton so langsam darauf, was Cassady wirklich will.
Wer den Werbe-Trailer für „Männer die auf Ziegen starren“ gesehen hat, sollte nicht erwarten, dass der komplette Film ähnlich turbulent ist. Zwischen den vielen, vielen wirklich urkomischen Szenen schleicht sich immer mal wieder Leerlauf ein. Das ist bedauerlich, wird dann aber durch den nächsten großartigen Einfall und vor allem die glänzend aufgelegten Schauspieler kompensiert. Erst gegen Ende geht dem Film etwas die Puste aus: War zuvor die Handlung eher Nebensache, muss nun doch plötzlich noch ein halbwegs sinnvolles Ende her, so der Eindruck. Das ist eher weniger gelungen, der Film insgesamt aber trotzdem ein riesiges Vergnügen.
8 Sterne
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#107
Geschrieben 05 April 2010 - 19:59
Story
Die kleine Emma wird von ihrem Papa vernachlässigt, seitdem er Aktienfonds-Manager geworden ist. Als die Mutter nach einem Unfall stirbt, wird daher das Kind vom Jugendamt den Großeltern in Pflege gegeben. Da taucht eines Nachts aus der Welt der Traumgeber der wilde Ink auf, überwindet die Geberin, die Emma gerade im Schlafzimmer einen guten Schlaf beschert, und entführt Emma in seine Welt, denn er will endlich auch ein Geber werden, allerdings einer der alptraumgebenden Variante...
Kritik
Die Story des großen Download-Hits, die Independentfilmer Winans und seine Crew sich ausgedacht haben, ist eher einfach gestrickt; das Interessante an ihr ist, dass sie aus der Sicht unserer "realen" Welt ins Fantasy-Genre gehören würde, vielleicht getextet von Neil Gaiman o.ä., aber aus der Sicht der Traumgeberwelt ist es Science Fiction, mit "Assembler-Codes" und "Zugangs-Portal-Bomben". Vielleicht ist ja unsere Welt nur eine Simulation aus der Traumgeberwelt? Aber das herausragend Besondere an Ink ist die audiovisuelle Kreation: Großartige Kamerafahrten, fantastisches Spiel mit Licht und Schatten, insbesonders Letzterem: Selten ist ein derart sattes Schwarz in so vielen Szenen der phantastische Rahmen für die Handlung. Angenehm auch, dass alle Akteure eher unbekannt sind; am besten gefielen die ausdrucksvollen Augen von Ink (Chris Kelly) und das ganze Mädchen (Quinn Hunchar). Nicht nur für Sandmännchen-Fans: Sehenswert!
(7 von 9 Sternchen; Plakatbild "geholt" vom engl. Wikipedia-Beitrag zum Film)
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#108
Geschrieben 09 April 2010 - 21:07
Die Titanen sind das älteste Göttergeschlecht der griechischen Mythologie. Sieht man davon ab, dass Zeus, Poseidon und Hades, die Söhne des Titanen-Paars Kronos und Rhea, die Herrschaft über die Erde unter sich aufgeteilt haben, spielen sie im Film „Kampf der Titanen“ keine Rolle. Das macht allerdings nichts, nimmt es der Film von Regisseur Louis Leterrier doch ohnehin mit den Sagen der alten Griechen nicht sonderlich genau, sondern mischt sie kunterbunt durcheinander; ebenso frei interpretiert das Remake sein Original aus dem Jahr 1981 - zwar gibt es zahlreiche Anklänge, die Geschichte wird jedoch grundlegend neu erzählt. Das Ergebnis ist dennoch (oder vielleicht auch gerade deshalb) erstaunlich unterhaltsam.
Perseus (Sam Worthington) ahnt lange nicht, dass er ein Sohn von Zeus (Liam Neeson) und damit ein Halbgott ist. Das erfährt er erst, als seine Pflegeeltern sterben und er von Soldaten mit nach Argos genommen wird. Die Menschen dort lehnen sich gegen die Herrschaft der Götter auf, Königin Cassiopeia (Polly Walker) hat deren Zorn noch angestachelt, indem sie die Schönheit ihrer Tochter Andromeda (Alexa Davalos) über die der Götter erhebt. Mit Zustimmung von Zeus stellt Hades (Ralph Fiennes) den Bewohnern von Argos ein Ultimatum: Entweder sie opfern Andromeda den Göttern, um Buße zu tun, oder er wird den furchtbaren Kraken wecken, um die Stadt zu zerstören. Perseus, verbittert wegen des Tods seiner Pflegeeltern, macht sich auf, den Göttern das Handwerk zu legen. Begleitet von Halbgöttin Io (Gemma Arterton), Draco (Mads Mikkelsen) und einigen Kriegern begibt er sich auf eine abenteuerliche Reise.
„Kampf der Titanen“ bietet bunte, recht simpel gestrickte Unterhaltung, die von einer geschickten Aneinanderreihung spektakulärer Szenen lebt. Die Dialoge sind einfach, die Handlung klar strukturiert - im Ergebnis funktioniert der Film, weil er nur wenige Fehler macht. Dazu gehören die 3D-Effekte, die dem eigentlich fertigen Streifen wohl wegen des großen Erfolgs von „Avatar“ spät aufgepropft wurden und genauso wirken. Besser wäre es gewesen, ganz darauf zu verzichten. Immerhin ergibt sich so ein guter Vergleich zum Original von 1981 - damals hatten die Spezialeffekte des Stop-Motion-Pioniers Ray Harryhausen bereits ausgedient. Heute versuchen die Macher dagegen zu viel des Guten. Dass es Leterriers Film am Humor der ersten Fassung mangelt, ist dagegen nicht unbedingt ein Schaden: Der vom Schicksal gebeutelte Perseus hat durchaus seine Reize und wird von Sam Worthington („Avatar“) auch überzeugend gespielt, während sich beispielsweise ein Ralph Fiennes hinter dem mächtigen Bart des Hades verstecken muss, statt noch mehr von seiner Klasse ausspielen zu dürfen. Und trotzdem: „Kampf der Titanen“ ist ein unterhaltsames Fantasy-Spektakel, bei dem die guten Momente deutlich überwiegen.
7 Sternchen
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#109
Geschrieben 08 Mai 2010 - 07:36
2008 feierte „Iron Man“ sein beeindruckendes Debüt auf der Kinoleinwand. Der bis dato nicht gar so bekannte Comicheld - verglichen mit weitaus präsenteren Kollegen wie Superman, Batman oder Spider-Man - aus dem Hause Marvel, 1963 erschaffen, war zuvor lediglich Held einer TV-Zeichentrickserie in den neunziger Jahren gewesen. Die Realverfilmung glänzte gleich in mehrfacher Hinsicht: Sie löste sich geschickt von der etwas angestaubten Comicvorlage, bot eine spannende Handlung, wohldosierte Action und vor allem einen grandiosen Hauptdarsteller: Robert Downey Jr. glänzte in der Rolle des Tony Stark, eines exzentrischen Multimilliardärs und selbstverliebten Playboys, der zum Superhelden „Iron Man“ wird.
In der Fortsetzung, erneut unter der Regie von Jon Favreau, wird Tony Stark nun mit einem ganzen Bündel von Problemen konfrontiert: Seine Assistentin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow) möchte, dass er sich mehr um seine Firma kümmert. Senator Stern (Garry Shandling) fordert die Iron-Man-Technologie für die Regierung ein. Colonel James Rhodes (Don Cheadle), eigentlich Starks Freund, stiehlt einen der Superhelden-Anzüge. Starks Konkurrent Justin Hammer (Sam Rockwell) versucht inzwischen, eigene Varianten der allseits begehrten Technik zu kreieren. Aus Russland taucht Bösewicht Ivan „Whiplash“ Vanko (Mickey Rourke) auf, der mit Iron Man noch eine Rechnung offen hat und sich mit ihm heiße Duelle liefert.
„Iron Man 2“ macht beinahe genauso viel Spaß wie sein Vorgänger. Dem erneut herausragenden Hauptdarsteller wird mit Mickey Rourke ein ebenbürtiger Widerpart gegenübergestellt, der auch als richtig fieser Typ jede Menge Pluspunkte beim Publikum sammelt - Sam Rockwell gelingt das in seiner etwas undankbareren Rolle längst nicht so gut. Weitere Vergleiche zum ersten Teil sind legitim: Der Film lebt von seinen Charakteren, ist spannend gemacht und beschränkt die Action aufs Notwendige; dafür kracht es dann im Finale mal so richtig. Eher störend ist der „Werbeblock“: Da 2012 die Marvel-Superhelden „The Avengers“ ins Kino kommen sollen, erhalten Nick Fury (Samuel L. Jackson) und Natasha Romanoff/Black Widow (Scarlett Johansson) schon jetzt einen Gastauftritt. Das ist leider ziemlich unnötig, der Film insgesamt überzeugt aber dennoch.
(7 oder 8 Sternchen, ich bin mir noch nicht sicher ...)
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#110
Geschrieben 09 Mai 2010 - 17:48
Selten hat mich eine Comicverfilmung derart genervt wie diese! Geht es noch hohler?
Die guten (Seiten-) Effekte zuerst: Pepper Potts hat eine weit weniger weinerliche Rolle als beim 1. Film; leider hält sie diese nicht ganz bis zum Ende durch. Die Schwarze Witwe, Natalie Romanowa, kommt dafür ein wenig zu stark/perfekt an; sieht aber verdammt gut aus! Der weniger-talentierte Kontrahent, Hammer, ist eine der wenigen Rollen, die halbwegs ausgefüllt, und glaubhaft, dargestellt werden. Nick Furys kurze Auftritte waren alle sehenswert, haupts. weil er Tony Stark jedes Mal ausschimpfen durfte.
Zum Kotzen fand ich: Downeys ewiges "geistreiches" Geschnatter - hiermit an die Drehbuchschreiber eine Anmerkung, dass es nicht reicht, wenn eine Rolle immer wieder wiederholt, sie wisse genau was sie tue. Es fehlt außerdem jegliche Plotentwicklung, die ein Beyond-Teenager-Gemüt interessieren könnte. Statt dessen werden ständig Zuschauerverdummungen angeboten, die jedes Billig-Comic seit mindestens 3 Jahrzehnten vermeidet: Ein neues physikalisches Element wird mal eben kreiert, der Spruch "Technologie kann alle Probleme lösen" wird ständig und unwidersprochen wiederholt...
Verschärfend für den Comic-Fan kommt hinzu, dass viele interessante Entwicklungen im IM-Comic mal eben mit einem Satz oder einem Schulterzucken "abgehakt" werden: Starks Alkoholismus; das Angebot an ihn, Verteidigungsminister zu werden; Rhodeys Eifersucht aufs IM-Sein. Und der Titanium-Man-Subplot wurde so sehr verwurschtelt und motivationstechnisch entleert, dass der Name gar nicht erst vorkommt. Ärgerlich!
4 Sternchen von 9, und ich kann sie auch benennen: Paltrow, Johansson, Rockwell, Cheadle. (Ansonsten: Back to the drawing-board, Marvel!)
/KB
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#111
Geschrieben 23 Mai 2010 - 21:49
„Prince of Persia“ ist ein Computerspiel, das, seit es im Jahr 1989 auf den Markt kam, schon die unterschiedlichsten Inkarnationen erlebt hat - ein Ende ist nicht abzusehen. Nun kommt auch noch eine Verfilmung hinzu. Die großen Namen - Produzent ist Jerry Bruckheimer („Fluch der Karibik“), Regisseur Mike Newell („Harry Potter und der Feuerkelch“), in den Hauptrollen agieren Jake Gyllenhaal („The Day after Tomorrow“) und Gemma Arterton („James Bond - Ein Quantum Trost“) - versprechen aber leider mehr, als der Film tatsächlich zu bieten hat. Der erfüllt weitaus eher das Klischee der typischen Computerspiel-Verfilmung: Durchaus spektakuläre Bilder werden mit oberflächlichen Charakteren und einer unausgegorenen Story verquickt.
Dastan (Jake Gyllenhaal), Adoptivsohn des Königs von Persien, wird Opfer eines Komplotts. Nachdem er eben noch entscheidend dazu beigetragen hat, die heilige Stadt Alamut einzunehmen, steht er plötzlich als vermeintlicher Mörder von König Sharaman (Ronald Pickup) da. Dastan kann zwar zusammen mit Prinzessin Tamina (Gemma Arterton) fliehen, wird aber von den leiblichen Söhnen des Königs, Tus (Richard Coyle) und Garsiv (Toby Kebbell), und dessen Bruder Nizam (Ben Kingsley) erbittert gejagt. Auch die Prinzessin begleitet ihn nicht uneigennützig: Sie möchte einen Dolch zurückhaben, den sich Dastan angeeignet hat. Mit diesem hat es eine besondere Bewandtnis: Wird ein spezieller Sand in den Griff des Dolchs gefüllt, kann sein Besitzer mit ihm rückwärts durch die Zeit reisen.
Optisch muss sich „Prince of Persia - Der Sand der Zeit“ kaum Vorwürfe machen lassen. Zu eindrucksvollen Bildern, in denen das alte Persien prachtvoll aufersteht (nur manchmal sieht es dann doch künstlich aus), gesellen sich weitestgehend überzeugende Actionszenen - erst das Finale wird dann regelrecht mit Effekten überladen. Die Charaktere sind leider mit deutlich weniger Liebe zum Detail angelegt. Der von Alfred Molina („Spider-Man 2“) verkörperte charmant-schlitzohrige Scheich Amar ist die löbliche Ausnahme, alle anderen Figuren werden für den Zuschauer nicht wirklich lebendig. Dazu passt, dass die Filmstory zwar genügend Ansätze für eine Geschichte enthält, die auch emotional mitreißen könnte, diese aber ziemlich konsequent ignoriert und stattdessen sehr geradlinig - und damit auch wenig spannend - auf ein schnell absehbares Ziel zusteuert. So bleibt am Ende durchschnittliche Abenteuer-Action-Kost mit einer Menge an verschenktem Potenzial.
5 Sternchen
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#112
Geschrieben 29 Mai 2010 - 13:57
Das sehe ich anders: Der Film liefert eher eine derartige Attacke auf sein Thema "Kann man alles wissen? Und wenn man es täte, was würde es bringen?", dass das "aufgeklärte" Menschen wie unsereiner ein wenig auf die Palme bringt. Aber was wäre, wenn man sich ein wenig auf die biblische Prämisse des Films einlässt? (Und sich auf eine unerhörte Prämisse einlassen sollte ein wenig der Auftrag von Phantastikbegeisterten sein, finde ich.)Knowing
:
Der Film hat zahlreiche Schwächen: Die Handlung kommt nur schleppend in die Gänge und wird nie richtig spannend. Die Effekte sind mäßig - weder Flugzeugabsturz noch U-Bahnkatastrophe wirken „echt“. Die Darsteller bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau. Das schauderhaft aberwitzige Finale scheint zwar einerseits konsequent, ruft aber andererseits vor allem Kopfschütteln hervor, macht es doch alles bis dahin Geschehene ziemlich überflüssig. So ist „Knowing“ vor allem eins: misslungen.
In der Schule hatten wir oft Gedichte zu besprechen, die wirr oder gekünstelt oder einfach komisch formuliert klangen. Die Frage damals war ähnlich: Was will mir der Autor sagen? In welcher Welt lebt(e) sie/er? Inwiefern lasse ich mich auf diese Welt ein, wenn ich das Kunstwerk analysiere.
Ich finde Knowing ist ein sehr amerikanischer Film, gezielt losgelassen auf die Leute, die vor 20 Jahren noch Comics wie "Lady Death" lasen, und danach auf der Okkultismus-im-Alltag-Welle ritten, die danach u.a. im US-TV (z.B. Buffy, obwohl sich Whedon ja öfter darüber eher lustig machte) anschwemmte. Dieser Film ist eher ein später Ausläufer davon.
Mal abgesehen davon, dass Proyas und seine Macher hier größtenteils eine zutiefst pessimistische Vision präsentieren, ist der optimistische (um nicht zu sagen himmlische) Dreh am Ende eigentlich eine ziemlich klevere Extrapolation der biblischen Eden-Geschichte. Der erste europäische Reflex ist nach der letzten Abblende schallend zu lachen, aber, ich denke, viele nicht zu alte, christlich getaufte aber nicht christlich praktizierende, SF & (am liebsten okkulte) Fantasy seit Jahrzehnten konsumierende, amerikanische Zuschauer haben ehrfurchtsvoll gestaunt.
Ich schließe also dass Regisseur und Drehbuchautorenteam ihre Zielgruppe ziemlich gut und konsequent versorgt haben, und nicht vor einer gigantomanen Konsequenz zum Ende des Plots zurückschraken. Ich gehöre nicht zu dieser Zielgruppe, und fand dieses Gigantomane, und die ein oder andere Sentimentalität, übertrieben, und würde daher normalerweise 5 Sternchen vergeben für Konzepttreue und konsequente "mood" des Streifens (FX waren mir nicht so wichtig).
Aber ich habe mich auch sehr gefreut darüber, dass wir hier unter all den förchterlichen Apockalippse-Werken zzt. mal eine nicht-CO2-basierte Erklärung fürs Ultimum angeboten bekommen, und vergebe gerne dafür noch ein Bonus-Sternchen.
Also: 6 von 9.
P.S.: Nachdem ich Obiges schrieb, stieß ich via RottenTomatoes.com auf einen Blog-Eintrag von US-Filmkritik-Papst Roger Ebert, der sich konkret mit den philosophischen Konsequenzen der Prämisse des Films auseinandersetzt! Ebert fand den Film übrigens einen der "besten SF-Filme", den er je gesehen hat...
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Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
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wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
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#113
Geschrieben 29 Mai 2010 - 20:27
Jetzt hatte ich diesen Film so lange gemieden wg. den schlechten Noten, die er von allen Seiten bekam, und nun...
Das sehe ich anders: Der Film liefert eher eine derartige Attacke auf sein Thema "Kann man alles wissen? Und wenn man es täte, was würde es bringen?", dass das "aufgeklärte" Menschen wie unsereiner ein wenig auf die Palme bringt. Aber was wäre, wenn man sich ein wenig auf die biblische Prämisse des Films einlässt? (Und sich auf eine unerhörte Prämisse einlassen sollte ein wenig der Auftrag von Phantastikbegeisterten sein, finde ich.)
Sehen wir mal von dem ganzen pseudoreligiösen Kitsch ab, hat «Knowing» genug Logikfehler und dramaturgische Schwächen, dass es für fünf Filme reicht. Da muss man gar kein pseudophilosophisches Geschütz auffahren. Eine kleine - aber sehr typische - Kostprobe: Zu Beginn verschwindet plötzlich das Mädchen, das den ominösen Weissagungszettel geschrieben hat, in der Schule - eine hektische Suche beginnt, man hetzt mit Taschenlampen durch das finstere Schulgebäude. Bloss: Warum kommen da überhaupt Taschenlampen zum Einsatz, warum stellt man nicht einfach das Licht an - wahrscheunlich weil dann die Szene gar nichts hergeben würde. Ein zugegebenermassen belangloses, für den Film aber sehr charakteristisches Beispiel, wie jede Logik ausgehebelt wird, bloss um aus uninteressanten Szenen ein bisschen Action rauszuquetschen.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
- • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
- • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
-
• (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
-
• (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!
#114
Geschrieben 29 Mai 2010 - 21:41
Ach, und vielen Dank für das doppelte "pseudo" ohne Begründung!
/KB
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[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#115
Geschrieben 29 Mai 2010 - 21:44
(Das hier ist der Thread für zukünftige Beiträge zu einer zukünftigen Film-DB. Bitte geb also zumindest eine 0-9-Bewertung ab. Ansonsten kann ich auch gerne einen Knowing-Diskussions-Thread starten. Das kannst du natürlich auch, wie immer. /Mod)
Ach, und vielen Dank für das doppelte "pseudo" ohne Begründung!
Sowohl Regisseur Alex Proyas als auch Hauptdarsteller Nicolas Cage haben früher einmal interessante Filme gemacht - tempi passati.
In Alex Proyas†™ neuem Mystery-Thriller - eine Bezeichnung, die interessanterweise nur im Deutschen existiert - geht es um eine Weissagung: Anlässlich des 50. Jubiläums der Grundschule von Lexington holt man die Zeitkapsel aus der Tiefe hervor, die seinerzeit bei der Einweihung vergraben wurde. In ihr haben die Schüler von damals ihre Sicht der Zukunft festgehalten. Zufälligerweise - oder doch nicht? - kriegt der Sohn des Astrophysikers John Koestler (Nicolas Cage) einen Zettel mit einer scheinbar sinnlosen Zahlenreihe. Diese entpuppt sich allerdings als äusserst sinn- um nicht zu sagen verhängnisvoll, werden in ihr doch alle Katastrophen der letzten fünf Jahrzehnte vorausgesagt.
Diese Prophezeiung reichert das Drehbuch nun mit Ausserirdischen, einem Weltuntergangsszenario, seltsamen hageren Gestalten in langen Ledermänteln und grossäugigen Kindern, die Stimmen hören, an. «Knowing» türmt munter ein Klischee aufs andere und verbindet diese mit einer ganzen Kaskade von Logikfehlern. Und mittendrin Cage als alleinerziehender Vater, der dumm aus der Wäsche schaut und dem plötzlich einfällt, dass er eigentlich schon lange wusste, dass die Erde untergehen wird. Ein faszinierend dummer Film.
1 Punkt.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
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#116
Geschrieben 03 Juli 2010 - 14:01
2001 feierte der grünhäutige und großmäulige Oger Shrek sein Debüt auf der Kinoleinwand. Jetzt steht er - mit seinem vierten Film - kurz vor der Rente. Das ist einerseits schade, haben die Abenteuer mit den zahllosen Fabelwesen längst nicht nur den jüngeren Zuschauern eine Menge Vergnügen bereitet. Andererseits aber ist es nur konsequent: Schon „Shrek der Dritte“ hatte Mühe in Sachen Spaß-Faktor mit seinen Vorgängern mitzuhalten, „Für immer Shrek“ muss sich jetzt gar des beliebten Kunstgriffs eines Quasi-Neustarts bedienen, um der eigentlich schon erschöpfend erzählten Geschichte noch neue Facetten abzugewinnen. Immerhin: Das funktioniert, der Film erreicht sein Ziel und unterhält.
Shrek ist genervt. Das Leben mit Gattin Fiona und den drei Kindern droht inklusive der ständigen Besuche von Esel, Drachendame und gestiefeltem Kater in einer endlosen Routine zu erstarren. Da kommt ihm das Angebot Rumpelstilzchens gerade recht: Shrek unterzeichnet den heimtückischen Vertrag, der ihm erlaubt, einen Tag lang wieder der schreckliche und gefürchtete Oger früherer Tage zu sein - dafür muss er lediglich einen Tag aus seiner Vergangenheit opfern. Was er nicht weiß: Rumpelstilzchen möchte sich das Königreich unter den Nagel reißen. Genau das ermöglicht ihm nun Shrek, der plötzlich eine ganz andere Welt kennenlernt - in der ihn Fiona nicht kennt und Rumpelstilzchen König ist. Um sein altes Leben zurückzubekommen, muss er sich beeilen.
Auch beim vierten Shrek-Abenteuer liegen die Stärken klar auf der Hand: Slapstick und freche Dialoge sorgen für flotte Unterhaltung. Die simple Geschichte wird dadurch aufgewogen, dass der Zuschauer noch einmal allen vertrauten Charakteren begegnet, die auch die eine oder andere Überraschung anzubieten haben. Das ist alles längst nicht so verblüffend gut wie damals in Teil eins, aber immer noch lustig genug, um sich den Film guten Gewissens anschauen zu können.
6 Sternchen
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#117
Geschrieben 17 Juli 2010 - 09:17
Möglicherweise hat Duncan Jones einfach nur Pech gehabt. Sein Regiedebüt „Moon“ wurde bereits im Januar 2009 auf dem Sundance Film Festival uraufgeführt. Eigentlich gab es jede Menge sehr guter Voraussetzungen für einen großen Erfolg: Doch obwohl Jones der Sohn von Sänger David Bowie ist, die Hauptrolle seines Science-Fiction-Films mit Sam Rockwell (zuletzt in „Iron Man 2“ zu sehen) hervorragend besetzt ist und „Moon“ eine Flut positiver Reaktionen erntete, wurde dieser nur sehr zögerlich dem Publikum präsentiert - ab Juni 2009 in Kinos in den USA, ab November auf DVD in Großbritannien und jetzt, nach anderthalb Jahren, endlich auch auf der großen Leinwand in Deutschland. Darüber darf man sich ehrlich freuen.
Sam Bell (Sam Rockwell) ist ganz allein auf einer Basis, die sich auf dem irdischen Mond befindet. Hier ist dafür verantwortlich, dass riesige Erntemaschinen Helium-3 abbauen, mit dem große Teile des Energiebedarfs der Erde gedeckt werden. Sein einziger Gesprächspartner ist der Roboter Gerty (im Original mit der Stimme von Kevin Spacey, in der deutschen Fassung mit der von Spaceys Synchron-Sprecher Till Hagen). Sam hat sich auf drei Jahre verpflichtet und freut sich, bald zu seiner Frau Tess (Dominique McElligott) und seiner Tochter zurückkehren zu können. Doch es ist längst nicht alles in Ordnung: Die Funkverbindung zur Erde funktioniert nur über Umwege, Sam wird krank und hat schließlich sogar einen verheerenden Unfall. Er stirbt allerdings nicht - sondern steht plötzlich seinem Klon gegenüber.
Natürlich übertreibt die Werbung, wenn sie von „Moon“ als dem „Blade Runner des 21. Jahrhunderts“ spricht. Das will der Film von Duncan Jones überhaupt nicht sein, auch wenn der Regisseur gerne neben Ridley Scotts Meisterwerk weitere große SF-Filme der siebziger und frühen achtziger Jahre wie „2001“, „Solaris“ oder „Alien“ als wichtige Einflüsse für sein Schaffen nennt, denen er mit seinem Debüt unverblümt auf die eine oder andere Art Tribut zollt. Doch „Moon“ ist mehr: ein beklemmendes Kammerspiel, das mit einfachen Mitteln eine interessante, stellenweise hochspannende Geschichte erzählt, den Zuschauer damit von Anfang bis Ende fesselt und ihm selbst im gewollten Retro-Design bei den Ausflügen über die Mondoberfläche noch beeindruckende Bilder liefert. Sam Rockwell, dem der ganze Film auf den Leib geschneidert ist, läuft zu einer großartigen Leistung auf, die ebenso sehenswert ist. „Moon“ sind viele Zuschauer zu wünschen. Vielleicht hat dann Duncan Jones bei seinem nächsten Film - der Gerüchten zufolge „Mute“ heißen wird, ein Prequel zu „Moon“ sein soll und auch eine Liebeserklärung des Regisseurs an „Blade Runner“ darstellt - nicht mehr ganz so viele Hindernisse zu überwinden.
8 Sterne
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#118
Geschrieben 17 Juli 2010 - 16:39
Nein, der Yeti tritt immer noch nicht in Aktion. Es bleibt bei Vampiren, Werwölfen und der anscheinend ewig gleichen Geschichte - auch die dritte Verfilmung eines Romans aus Stephenie Meyers erfolgreicher „Twilight“-Serie bietet keinerlei Überraschungen, sondern erzählt unverdrossen seine extrem kitschige Liebesgeschichte weiter, die sich endlos im Kreis dreht. Das Seltsame daran: Meyers Bücher sprechen wie auch die Filme eine wahre Heerschar von (vor allem weiblichen) Fans an, die an genau diesem banalen Geschehen ihre Freude haben.
Bella (Kristen Stewart) will immer noch eine Vampirin werden. Edward (Robert Pattinson) will sie immer noch heiraten. So recht kommen aber beide mit ihren Plänen nicht voran, denn mit einer rätselhaften Mordserie im nahen Seattle taucht eine neue Bedrohung auf, scheint hier doch eine bislang unbekannte Gruppe von Vampiren aktiv geworden zu sein. Und auch Werwolf Jacob (Taylor Lautner) hat seine Hoffnungen auf Bella noch nicht aufgegeben - erst lässt sie ihn strikt abblitzen, dann macht sie sein hartnäckiges Werben immer unentschlossener.
Nach Catherine Hardwicke („Biss zum Morgengrauen“) und Chris Weitz („Biss zur Mittagsstunde“) ist David Slade der dritte Regisseur, der den Twilight-Stoff auf die Leinwand transportieren darf. Für diesen ständigen Wechsel ist die Machart erstaunlich homogen. Denn auch Slade bedient sich der gewohnten Masche, den Kitsch förmlich zu zelebrieren: Edward in Nahaufnahme, Jacob in Nahaufnahme, aber bitte mit freiem Oberkörper, Bella und Edward im Blumenfeld - kein Klischee bleibt dem Zuschauer erspart, der sich deshalb sogar an den nur mäßig gut gefilmten Action-Szenen zu erfreuen beginnt; einfach nur, weil sie wenigstens für ein bisschen Abwechslung im doch arg tristen Einerlei sorgen. Das gefällt dann wirklich nur noch den Fans, alle anderen wenden sich kopfschüttelnd und gelangweilt ab. Bis zur nächsten Fortsetzung, die dann irgendwann mit „Biss zum Ende der Nacht“ kommt. Erst dann hat das Drama endlich ein Ende.
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#119
Geschrieben 31 Juli 2010 - 15:53
Christopher Nolan hat den Comic-Helden Batman erfolgreich auf der Leinwand wiederbelebt - nicht nur, was die Einspielergebnisse angeht, sondern auch in Sachen Qualität ist ihm das sehr überzeugend gelungen. Dass der Regisseur auch ein Händchen für sehr komplexe Stoffe hat, konnte er schon mit dem ebenfalls hervorragenden „Prestige - Die Meister der Magie“ (nach einem Roman von Christopher Priest) beweisen. Sein neuer Film „Inception“ stellt das alles aber sogar noch in den Schatten. Nolan hat einen intelligent gemachten, anspruchsvollen und gleichzeitig mitreißenden Film geschaffen, der mit glänzenden Darstellern, einer packenden Handlung und wohl dosierten, aber gut gemachten Action-Szenen in praktisch allen Bereichen punkten kann.
Dom Cobb (Leonardo DiCaprio) hat eine besondere Fähigkeit: Er kann in die Träume anderer Menschen eindringen, um dort deren Geheimnisse zu stehlen. Bei Geschäftsmann Saito (Ken Watanabe) misslingt sein Plan, woraufhin ihn dieser zwingt, einen Auftrag für ihn auszuführen. Cobb soll etwas unerhört Schwieriges, eigentlich Unmögliches tun: eine sogenannte „Inception“, einem anderen Menschen einen Gedanken einpflanzen, den dieser dann für seinen eigenen hält. Mit seinem Team schleicht sich Cobb in die Träume des Konzern-Erben Robert Fischer Jr. (Cillian Murphy) - hier startet er nicht nur einen Traum im Traum, sondern muss sogar noch eine Ebene tiefer in Fischers Bewusstsein eindringen. Eines der Hindernisse, neben der Gefahr, sich zu verlieren und für den subjektiven Zeitraum von Jahrzehnten im „Limbus“ zu landen, ist Cobbs Frau Mal (Marion Cotillard): Die ist eigentlich tot, Cobb soll sie ermordet haben. Doch in seinen Träumen und in allen Traumwelten, in denen er sich bewegt, ist Mal sehr lebendig.
Natürlich ist das alles nicht bahnbrechend neu: Nolan bedient sich bei Quellen, die von Daniel F. Galouyes Roman „Simulacron-3“ (von Rainer Werner Fassbinder als „Welt am Draht“ verfilmt) bis zur Matrix-Trilogie reichen, in den Action-Szenen wird speziell James Bond augenzwinkernd zitiert. Die Art und Weise, wie der Regisseur diese Zutaten miteinander verbindet, ist allerdings großartig. „Inception“ zieht den Zuschauer mit fortschreitender Dauer immer tiefer in das Labyrinth seiner intelligent ineinander verschachtelten Traumwelten, ein Sog, dem man sich kaum entziehen kann und bald auch nicht mehr entziehen will. Parallel dazu gelingt es Nolan in einer geschickten Steigerung, die Zweifel - beim ohnehin schon misstrauischen Publikum, mit Verzögerung auch bei seiner zunächst überhaupt nicht wankelmütigen Hauptfigur - zu schüren, was denn nun Realität ist und was lediglich Traum. Das türmt sich am Ende zu einem Finale auf, das von Philip K. Dick stammen könnte - ein passender Abschluss für einen absolut empfehlenswerten Film.
Volle Punktzahl.
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#120
Geschrieben 01 August 2010 - 16:27
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
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