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209 Antworten in diesem Thema

#151 Ming der Grausame

Ming der Grausame

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Geschrieben 09 Juli 2013 - 21:51

Warum sträubst Du Dich eigentlich so dagegen, ein eigenes Urteil zu formulieren

Darauf hat dir schon Valerie J. Long die entsprechende Antwort geliefert – auch ich habe keine Zeit für eine entsprechend ausführliche wissenschaftliche Abhandlung. Und da du ja offensichtlich nicht in der Lage bist, mir auch so ein eigenes Urteilsvermögen zuzuerkennen, wirst du dich mit dieser Antwort zufriedengeben müssen, denn eine andere wirst du nicht bekommen.

Wer sich für ein subjektives Urteil wirklich interessiert, sollte gefälligst die entsprechenden sprachlichen und ontologischen Aussagen als solche gelten lassen und nicht beständig darauf beharren, dass er die Deutungshoheit über die Gültigkeit der Antworten hat. Wer so argumentiert ist nämlich nicht wirklich daran interessiert, was der Andere denkt.

Was ich hierzu meine, habe ich wiederholt kundgetan. Und wenn du es immer noch nicht mitbekommen hast bzw. mit der Antwort nicht zufrieden bist, dann ist das nicht mein Problem.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 09 Juli 2013 - 22:06.

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#152 Valerie J. Long

Valerie J. Long

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Geschrieben 09 Juli 2013 - 22:14

Bitte lass mich da raus. Ich habe eine wenn auch kurze Meinung kundgetan, ohne dazu Dritte zu bemühen. Also, wenn du eine Meinung hast, schreib sie ohne mich zu zitieren.

#153 simifilm

simifilm

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Geschrieben 09 Juli 2013 - 22:22

Darauf hat dir schon Valerie J. Long die entsprechende Antwort geliefert – auch ich habe keine Zeit für eine entsprechend ausführliche wissenschaftliche Abhandlung. Und da du ja offensichtlich nicht in der Lage bist, mir auch so ein eigenes Urteilsvermögen zuzuerkennen, wirst du dich mit dieser Antwort zufriedengeben müssen, denn eine andere wirst du nicht bekommen.

Wer sich für ein subjektives Urteil wirklich interessiert, sollte gefälligst die entsprechenden sprachlichen und ontologischen Aussagen als solche gelten lassen und nicht beständig darauf beharren, dass er die Deutungshoheit über die Gültigkeit der Antworten hat. Wer so argumentiert ist nämlich nicht wirklich daran interessiert, was der Andere denkt.


Auch wenn's Dich vielleicht erstaunt — Deine Meinung würde mich tatsächlich interessieren, da Du in SF definitiv belesener bist als ich und ich Dir diesbezüglich durchaus ein differenziertes Urteil zutraue. Da Du ja ganz offensichtlich sehr begeistert bist von Heinlein, würde mich ganz einfach interessieren, wo Du konkret seine Qualitäten siehst. Das kann man in ein paar Sätzen formulieren, dazu braucht es keine "wissenschaftliche Abhandlung" (wissenschaftliche Abhandlungen zu Heinlein lese ich derzeit mehr als genug).

Bearbeitet von simifilm, 09 Juli 2013 - 22:24.

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#154 Ming der Grausame

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Geschrieben 10 Juli 2013 - 07:58

Begeistert würde ich nicht sagen, dafür sind zu viele der gerade in den Lazarus-Long-Geschichten transportierten Ansichten nicht mit meine eigenen wirklich kompatibel. Aber ich bin bereit anzuerkennen, dass Robert A. Heinlein der einflussreichste und gleichzeitig auch umstrittenste Science-Fiction-Autor seiner Zeit war. Verglichen mit ihm sind alle andere einfach nur Zwerge. Ferner sprach er soziale Themen bereits zu einer Zeit an, als alle anderen noch nicht einmal erkannt hatten, dass darin ein zukünftiges Problem liegen könnte. Ich denke da vor allem an den von ihm vorhergesehenen Einfluss der Religion auf die US-Gesellschaft und der US-Regierung. Er war auch der Erste, der den Einfluss der Raumfahrt auf die menschliche Kultur und auf die zwischenmenschlichen Praktiken thematisierte, und er scheute sich dabei auch nicht über unorthodox Familienstrukturen öffentlich zu spekulieren – zu einer Zeit, als die traditionelle Ehe als die einzig wahre und akzeptable Art des menschlichen Miteinanders überhaupt gedacht wurde! Man muss bedenken, dieser Mann hat bereits in den 1940ern über wilde Ehen geschrieben und in den 1950ern über freie Liebe! Gut, Henry Miller hat auch darüber geschrieben, aber bei ihm spielte sich alles bei dekadenten Künstlern ab, die irgendeine Form des Avantgardismus frönten. Bei Heinlein trieb es jedoch Lieschen Müller mit Otto Normalverbraucher sowie Erika und Max Mustermann gleichzeitig und abwechselnd und keine wie auch immer charakterlich entartete Bohèmes. Im Vergleich dazu waren die ganzen Hippies in den 60ern ein Haufen spießbürgerliche Konformisten, die noch an den Weihnachtsmann glaubten. Er hat Mitte der 1960er, als alle noch von der Weltrevolution träumten und einer von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung propagierten, sowie gemeinschaftliche Kommunen-Konzepte ernsthaft als Antwort auf die gesellschaftspolitische Entwicklung des Kapitalismus gedacht wurden, den Begriff TANSTAAFL geprägt und darauf gepocht, dass individuelle Freiheit und Selbständigkeit nicht zum Selbstkostenpreis zu haben sind. Und er war zeit seines Lebens bemüht, die Grenzen der Science-Fiction auszuloten und er hat sie dabei sehr weit ausgelotet. Sein Spätwerk, das bekanntlich vom Welt-als-Mythos-Konzept geprägt war, könnte man z.B. genauso gut als Magischer Realismus verkaufen.

So, jetzt hast du es Dank Schmeichelei doch tatsächlich geschafft, mir mehr zu entlocken, als ich eigentlich bereit war zu schreiben. Aber wie heißt es so schön: Unter den wilden Tieren ist der Tyrann, unter den zahmen der Schmeichler das gefährlichste. Eingefügtes Bild
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#155 simifilm

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Geschrieben 10 Juli 2013 - 08:06

Begeistert würde ich nicht sagen, dafür sind zu viele der gerade in den Lazarus-Long-Geschichten transportierten Ansichten nicht mit meine eigenen wirklich kompatibel. Aber ich bin bereit anzuerkennen, dass Robert A. Heinlein der einflussreichste und gleichzeitig auch umstrittenste Science-Fiction-Autor seiner Zeit war. Verglichen mit ihm sind alle andere einfach nur Zwerge. Ferner sprach er soziale Themen bereits zu einer Zeit an, als alle anderen noch nicht einmal erkannt hatten, dass darin ein zukünftiges Problem liegen könnte. Ich denke da vor allem an den von ihm vorhergesehenen Einfluss der Religion auf die US-Gesellschaft und der US-Regierung. Er war auch der Erste, der den Einfluss der Raumfahrt auf die menschliche Kultur und auf die zwischenmenschlichen Praktiken thematisierte, und er scheute sich dabei auch nicht über unorthodox Familienstrukturen öffentlich zu spekulieren – zu einer Zeit, als die traditionelle Ehe als die einzig wahre und akzeptable Art des menschlichen Miteinanders überhaupt gedacht wurde! Man muss bedenken, dieser Mann hat bereits in den 1940ern über wilde Ehen geschrieben und in den 1950ern über freie Liebe! Gut, Henry Miller hat auch darüber geschrieben, aber bei ihm spielte sich alles bei dekadenten Künstlern ab, die irgendeine Form des Avantgardismus frönten. Bei Heinlein trieb es jedoch Lieschen Müller mit Otto Normalverbraucher sowie Erika und Max Mustermann gleichzeitig und abwechselnd und keine wie auch immer charakterlich entartete Bohèmes. Im Vergleich dazu waren die ganzen Hippies in den 60ern ein Haufen spießbürgerliche Konformisten, die noch an den Weihnachtsmann glaubten. Er hat Mitte der 1960er, als alle noch von der Weltrevolution träumten und einer von Zwängen und bürgerlichen Tabus befreite Lebensvorstellung propagierten, sowie gemeinschaftliche Kommunen-Konzepte ernsthaft als Antwort auf die gesellschaftspolitische Entwicklung des Kapitalismus gedacht wurden, den Begriff TANSTAAFL geprägt und darauf gepocht, dass individuelle Freiheit und Selbständigkeit nicht zum Selbstkostenpreis zu haben sind. Und er war zeit seines Lebens bemüht, die Grenzen der Science-Fiction auszuloten und er hat sie dabei sehr weit ausgelotet. Sein Spätwerk, das bekanntlich vom Welt-als-Mythos-Konzept geprägt war, könnte man z.B. genauso gut als Magischer Realismus verkaufen.


Siehst Du, jetzt kann ich mir ungefähr vorstellen, was Heinleins Reiz in Deinen Augen ausmacht — nämlich primär inhaltlich/thematische Aspekte. Gut.

Dass Heinlein der "einflussreichste und gleichzeitig auch umstrittenste Science-Fiction-Autor seiner Zeit war", kann ich übrigens auch anerkennen (obwohl ich mit solchen Superlativen zurückhaltend bin; sie vernebeln im allgemeinen mehr, als sie erhellen). Das hat aber auf meine persönliche Einschätzung seines Werks keinen Einfluss.

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Geschrieben 10 Juli 2013 - 08:27

Und er war ein elendiger Provokateur und ich liebe Provokateure! Er hat z.B. in Farnhams Oase über eine zukünftige Gesellschaft geschrieben, wo Weiße ganz alltäglich von der farbigen Oberschicht diskriminiert wurden – gerade 1 Jahr, nachdem Lyndon B. Johnson das Gesetz zur Aufhebung der Rassentrennung verkündet hatte... Eingefügtes Bild
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Geschrieben 10 Juli 2013 - 08:37

Und er war ein elendiger Provokateur und ich liebe Provokateure! Er hat z.B. in Farnhams Oase über eine zukünftige Gesellschaft geschrieben, wo Weiße ganz alltäglich von der farbigen Oberschicht diskriminiert wurden – gerade 1 Jahr, nachdem Lyndon B. Johnson das Gesetz zur Aufhebung der Rassentrennung verkündet hatte... Eingefügtes Bild


Farnham's Freehold lese ich gerade. Bin erst bei Seite 30 oder so und bereits jetzt nervt mich das A-man's-got-to-do-what-a-man's-got-to-do-Getue des alten Farnhams.

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Geschrieben 10 Juli 2013 - 09:01

Damit gibt Heinlein nur ein US-amerikanischer Archetypus wieder und zwar so, dass es nerven muss. Hat er stilistisch recht gut hinbekommen. Der alte Farnham versucht nach altbewährter Yankeemanier mit der neuen Situation und später auch mit der ungewohnten Gesellschaft fertig zu werden – und scheitert dabei jämmerlich. Wird seine Zeitgenossen nicht gefallen haben, aber damit hatte Robert A. Heinlein einfach nur recht, wie sie später in Vietnam feststellen werden...
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#159 simifilm

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Geschrieben 10 Juli 2013 - 09:04

Damit gibt Heinlein nur ein US-amerikanischer Archetypus wieder und zwar so, dass es nerven muss. Hat er stilistisch recht gut hinbekommen. Der alte Farnham versucht nach altbewährter Yankeemanier mit der neuen Situation und später auch mit der ungewohnten Gesellschaft fertig zu werden – und scheitert dabei jämmerlich.


Das wäre allerdings das erste Mal. In allen Büchern, die ich bislang von Heinlein gelesen habe, behält dieser Typ am Ende immer Recht.

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#160 Ming der Grausame

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Geschrieben 10 Juli 2013 - 09:12

Nun, der alte Farnham ist stur und wird nicht davon abweichen, dass er im Recht und im Vollbesitz der Wahrheit ist – aber scheitern wird er trotzdem. Wäre dem Yankee an König Artus’ Hof nicht passiert... Eingefügtes Bild

Bearbeitet von Ming der Grausame, 10 Juli 2013 - 09:18.

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 10:25

Das wäre allerdings das erste Mal. In allen Büchern, die ich bislang von Heinlein gelesen habe, behält dieser Typ am Ende immer Recht.

War auch nicht beabsichtigt.
Ergibt sich erst durch unsere heutige Perspektive.

#162 simifilm

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 10:31

War auch nicht beabsichtigt.
Ergibt sich erst durch unsere heutige Perspektive.


Alles andere hätte mich auch schwer überrascht. Wäre zwar eine positive Überraschung gewesen, aber immerhin …

So progressiv Heinlein in gewisser Beziehung gewesen sein mag, sein Frauenbild betrifft das definitiv nicht. Die "Liebesszene" zwischen Barbara und Hugh Farnham liest sich geradezu grotesk (und ja, es gab auch in den 1960ern in den USA bereits Schriftsteller, bei den Frauen nicht nur nette Girls waren, resp. die klar machen, dass ein solches Frauenbild überholt ist).

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 14:56

Das wäre allerdings das erste Mal. In allen Büchern, die ich bislang von Heinlein gelesen habe, behält dieser Typ am Ende immer Recht.

War auch nicht beabsichtigt.

Wieso nicht beabsichtigt? Am Ende versucht der alte Farnham in ein anderes Zeitalter zu fliehen, weil er einsieht, dass er in der ungewohnten Gesellschaft keine Chance hat, irgendetwas an seinen Status zu ändern. Ergo ist er an der ungewohnten Gesellschaft gescheitert. Und zwar gleich mehrfach: Er lässt seine Frau nicht nur absichtlich als Sklavin zurück, er hat auch zugelassen, dass sein Sohn mit seiner Zustimmung kastriert wird. Damit outet er sich nicht nur als absolutes Aяschloch, sondern auch als eine gescheiterte menschliche Existenz. Quod Erat Dromedarum.
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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:01

Exakt das meinte ich : Die Sicht aus der heutigen Perspektive. Die damalige Sicht war, daß Hugh Farnham alles Belastende (Frau, ungeliebter Sohn, eklige Zivilisation) losgeworden ist und sich mit (s)einer Traumfrau ein neues Leben aufbaut.

#165 simifilm

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:03

Exakt das meinte ich : Die Sicht aus der heutigen Perspektive.
Die damalige Sicht war, daß Hugh Farnham alles Belastende (Frau, ungeliebter Sohn, eklige Zivilisation) losgeworden ist und sich mit (s)einer Traumfrau ein neues Leben aufbaut.


Bin zwar mit dem Buch noch nicht durch, aber ist das wirklich eine Frage von "damals" und "heute" oder doch viel eher von "was das Buch intendiert" und "was ein Leser, der es gegen den Strich liest, darin sieht"?

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:22

Exakt das meinte ich : Die Sicht aus der heutigen Perspektive.

Bei allem Respekt, aber zu den Dingen, die ein Mann tun muss, gehörte auch schon damals™, dass man weder Kameraden noch Schutzbefohlene zurücklässt. Und exakt das macht der alte Farnham: Er lässt seine Frau und sein Sohn bei Kannibalen zurück.

Die damalige Sicht war, daß Hugh Farnham alles Belastende (Frau, ungeliebter Sohn, eklige Zivilisation) losgeworden ist und sich mit (s)einer Traumfrau ein neues Leben aufbaut.

Es gibt nur ein klitzekleines Problem dabei: Robert A. Heinlein war nie ein Freund der Selbstverwirklichungs- und Aussteigerideologie der 1968er – ganz im Gegenteil, er hat sie dafür immer abgrundtief verabscheut.

Bin zwar mit dem Buch noch nicht durch, aber ist das wirklich eine Frage von "damals" und "heute" oder doch viel eher von "was das Buch intendiert" und "was ein Leser, der es gegen den Strich liest, darin sieht"?

Ich bin der Ansicht, dass Heinlein einfach nur herausstreichen wollte, dass der alte Farnham einfach nur ein Aяschloch war und daher scheitern musste.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 11 Juli 2013 - 15:24.

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:24

Bin zwar mit dem Buch noch nicht durch, aber ist das wirklich eine Frage von "damals" und "heute" oder doch viel eher von "was das Buch intendiert" und "was ein Leser, der es gegen den Strich liest, darin sieht"?

Nee, an diesen unterschiedlichen Interpretationen kann man sehr schön die gesellschaftliche Weiterentwicklung und das Altern von Literatur sehen.

#168 simifilm

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:34

Nee, an diesen unterschiedlichen Interpretationen kann man sehr schön die gesellschaftliche Weiterentwicklung und das Altern von Literatur sehen.


Das schliesst sich ja nicht aus resp. ich habe den Eindruck, dass wir hier das Gleiche meinen, aber es anders bezeichnen. Du sagst, dass man das heute, vor verändertem gesellschaftlichen Hintergrund anders wertet; aber an der ursprünglichen Intention ändert das ja nichts.

Wenn Rudyard Kipling in einem Gedicht den Kolonialismus lobt, spricht er damit zweifellos etwas aus, was für seine Zeit repräsentativ ist. Wenn wir die Aussage dieses Gedichts heute nicht mehr teilen, ändert sich dadurch die Aussage des Gedichts nichts, sondern nur unsere Wertung dieser Aussage. Das Gedicht bleibt aber eindeutig positiv in seiner Darstellung des Kolonialismus.

Auf Farnham's Freehold übertragen: Entscheidend ist, ob der Roman Hugh Farnham's Verhalten positiv oder negativ darstellt (falls er das in eindeutiger Weise tut). Die Frage, wie ich das als Leser wahrnehme und bewerte, ist davon erst einmal abgekoppelt. Oder vielmehr: Um einem Roman interpretatorisch gerecht zu werden, muss ich eben den historischen Kontext kennen.

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:35

Nee, an diesen unterschiedlichen Interpretationen kann man sehr schön die gesellschaftliche Weiterentwicklung und das Altern von Literatur sehen.

Genauso gut kann man es aber auch dahin gehend interpretieren, dass damals™ ein paar Zeitgenossen Robert A. Heinlein einfach nur abgrundtief falsch verstanden haben. Quod Erat Dromedarum.


Auf Farnham's Freehold übertragen: Entscheidend ist, ob der Roman Hugh Farnham's Verhalten positiv oder negativ darstellt (falls er das in eindeutiger Weise tut).

Das ist ja das Faszinierende dabei: Robert A. Heinlein schafft es, alles ganz wertfrei darzustellen. Wenn man aber weiß, wie Heinlein über die Selbstverwirklichungs- und Aussteigerideologie gedacht hat, da ist es absolut klar, wie es zu verstehen ist. Wer es jedoch nicht weiß, der kann tatsächlich die absolut falsche Schlussfolgerung ziehen.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 11 Juli 2013 - 15:46.

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#170 simifilm

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:44

Das ist ja das Faszinierende dabei: Robert A. Heinlein schafft es, alles ganz wertfrei darzustellen.


Dann wäre Farnham's Freehold mein erster Heinlein-Roman, in dem das geschieht. Bei allen, die ich bisher gelesen, ist eigentlich jeweils sehr klar, wer nicht recht hat.

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:50

Farnhams Freehold war einer meiner ersten SF-Romane, in der Bertelsmann-Variante. Muß Anfang der 70er gewesen sein. Damals war das Umfeld so, daß es außer Frage stand, daß Farnhams Verhalten positiv zu sehen ist. Von daher bin ich anderer Meinung als Ming. Was aber auf jeden Fall richtig ist, ist daß Heinlein mit diesem Roman gegen die (Rassen-) Diskriminierung anschrieb. Das ist heute als auch gestern gleich zu interpretieren.

#172 simifilm

simifilm

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 15:58

Farnhams Freehold war einer meiner ersten SF-Romane, in der Bertelsmann-Variante. Muß Anfang der 70er gewesen sein. Damals war das Umfeld so, daß es außer Frage stand, daß Farnhams Verhalten positiv zu sehen ist.


Entscheidend ist doch, was das Buch selbst sagt. Wird Farnhams Verhalten positiv oder negativ dargestellt oder findet keine resp. eine widersprüchliche Wertung statt. Diese Frage lässt sich eigentlich in den meisten Büchern ziemlich eindeutig beantworten.

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#173 Ming der Grausame

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 16:03

Was aber auf jeden Fall richtig ist, ist daß Heinlein mit diesem Roman gegen die (Rassen-) Diskriminierung anschrieb. Das ist heute als auch gestern gleich zu interpretieren.

Und er präsentierte ein durchaus möglicher Ausweg aus Bevölkerungsexplosion, wenngleich er sich wohl bewusst war, dass seine Mitmenschen deswegen nicht alle Kannibalen werden würden, noch die umfassende Kastration der männlichen Bevölkerung befürworten würden. Eingefügtes Bild

Entscheidend ist doch, was das Buch selbst sagt. Wird Farnhams Verhalten positiv oder negativ dargestellt oder findet keine resp. eine widersprüchliche Wertung statt.

Es findet überhaupt keine Wertung statt. Allerdings ist Farnham die titelgebende Hauptfigur und daher leicht als sogenannter Held misszuverstehen.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 11 Juli 2013 - 16:08.

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#174 simifilm

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 16:11

Es findet überhaupt keine Wertung statt.


Da bin ich ja mal gespannt.

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#175 Ming der Grausame

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Geschrieben 11 Juli 2013 - 16:18

Das ist sowieso so eine Eigenart von Robert A. Heinlein: Seine Hauptfiguren sind immer sakrosankt, d.h. er bewertet sie als Autor nicht. Alles andere bewertet er immer ununterbrochen, aber seine Hauptfiguren nicht, selbst wenn diese sich von einer Katastrophe in eine noch größere manövrieren.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 11 Juli 2013 - 16:24.

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#176 simifilm

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Geschrieben 17 Juli 2013 - 21:49

Ich bin mittlerweile durch mit Farnham's Freehold, und ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man die Darstellung der Hauptfigur als negativ oder auch nur ambivalent auffassen kann. Der Roman macht mehr als deutlich, dass Hugh Farnham als überaus positive Figur zu sehen ist. Die Handlung gibt ihm ja fortlaufend Recht. Wenn er mal hart durchgreifen muss — etwa gegen Duke —, besteht jeweils kein Zweifel, dass er so handeln muss, weil es der einzige vernünftige Weg ist.

Niemand nimmt Hughs Bunker und seine Vorbereitungen für den Kriegsfall ernst — die Ereignisse werden ihm aber Recht geben. Duke rebelliert zwar gegen seinen Vater, aber es ist offensichtlich, dass einzig Hugh als Anführer taugt. Sogar Duke selbst gibt das zu, als ihm sein Vater die Führungsposition anbietet. Hugh ist der Einzige, der sich fortlaufend Gedanken macht, was zu tun ist. Duke ist ein weinerlicher Versager (verzogen von seiner Mutter), Grace eine versoffene Zicke, und Joe zwar loyal, aber einfältig (entgegen Heinleins Absicht würde ich den Roman übrigens durchaus als latent rassistisch bezeichnen. Allerdings nicht in der Darstellung der Gesellschaft der Zukunft, sondern mehr was die Figur von Joe betrifft. Eine positive schwarze Figur, die Hugh das Wasser reichen könnte, ist weit und breit nicht zu sehen), und die beiden Frauen sind eben Frauen und somit als Anführerinnen nicht brauchbar. Barbara ist so verzückt ob des grossartigen Mannes, dass sie, nachdem er mit ihr geschlafen hat, vor Glück am liebsten sterben würde (sie sagt mehr oder weniger wörtlich: Jetzt, nachdem sie miteinander Sex hatten, ist es ihr gleichgültig, ob sie den Angriff überlebt oder nicht). Und obwohl sie als positive Figur gezeichnet ist, macht sich Hugh Sorgen um sie, weil sich bekanntlich ja jede Frau früher oder später den Eroberern hingibt.

Die zukünftige Gesellschaft ist zwar durchaus als Satire auf den zeitgenössischen Rassismus angelegt, die Vorstellungen und Verhaltensweisen Hughs sind davon aber nicht tangiert (er war ja ohnehin nie Rassist). Seine moralischen Werte bleiben der Standard, an dem sich der Roman ausrichtet.

Einmal mehr ein superkompetenter Heinlein-Mann, der sich in einer Welt naiver Weicheier durchsetzen muss.

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Geschrieben 17 Juli 2013 - 21:54

Ich bin mittlerweile durch mit Farnham's Freehold, und ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man die Darstellung der Hauptfigur als negativ oder auch nur ambivalent auffassen kann.

Genau, das ist exakt die Sicht, die Heinlein bei Drucklegung transportieren wollte.
Vom heutigem Standpunkt aus sehe ich das aber ganz anders.

#178 simifilm

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Geschrieben 17 Juli 2013 - 21:56

Genau, das ist exakt die Sicht, die Heinlein bei Drucklegung transportieren wollte.
Vom heutigem Standpunkt aus sehe ich das aber ganz anders.


Wie gesagt: Bitte unterscheiden zwischen der eigenen Wertung und dem, was das Buch transportieren will. Hugh ist Macho-Trottel, aber ganz offensichtlich soll dieser Typ im Roman positiv erscheinen.

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Geschrieben 17 Juli 2013 - 22:07

ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie man die Darstellung der Hauptfigur als negativ oder auch nur ambivalent auffassen kann. Der Roman macht mehr als deutlich, dass Hugh Farnham als überaus positive Figur zu sehen ist. Die Handlung gibt ihm ja fortlaufend Recht.

Und? Deswegen ist er trotzdem nicht weniger ein Aяschloch, der vor der ungewohnten Gesellschaft gescheitert ist und einfach nicht verstanden hat, dass zu den Dingen, die ein Mann einfach tun muss, auch gehört eine versoffene Zicke und einen weinerlicher Versager nicht zurückzulassen.

Hugh ist Macho-Trottel, aber ganz offensichtlich soll dieser Typ im Roman positiv erscheinen.

Und warum sollte Heinlein nicht exakt das transportiert haben wollen? Dass er schlussendlich nur ein Trottel war, der nicht begriffen hat, was er selbst predigt?
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#180 simifilm

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Geschrieben 17 Juli 2013 - 22:07

Und? Deswegen ist er trotzdem nicht weniger ein Aяschloch, der vor der ungewohnten Gesellschaft gescheitert ist und einfach nicht verstanden hat, dass zu den Dingen, die ein Mann einfach tun muss, auch gehört eine versoffene Zicke und einen weinerlicher Versager nicht zurückzulassen.


Das ist Deine Sicht, aber definitiv nicht die des Romans. Und Deine Aussage, dass der Roman gegenüber seiner Hauptfigur keine Wertung vornimmt, lässt sich anhand des Textes nirgends belegen. Vielmehr macht Roman sehr klar, dass er Hughs Verhalten jederzeit billigt und für richtig hält.

Und warum sollte Heinlein nicht exakt das transportiert haben wollen? Dass er schlussendlich nur ein Trottel war, der nicht begriffen hat, was er selbst predigt?


Weil nichts im Roman eine derartige Interpretation nahe legt.

Bearbeitet von simifilm, 17 Juli 2013 - 22:08.

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