Uh. Also das finde ich eine gewagte These... Auch die Namensgebung finde ich äußerst unglücklich.
Außerdem würde ich doch bestreiten, dass man Genrewissen besitzen MUSS. Das muss niemand. Für jede Form der Kunst gibt es ein erstes Mal. In der Folge kommt es dann sicher zu einer Automatisierung und Erwartungshaltungen. Wenn das Werk damit spielt, schön. Das ist aber dann ja eher eine Bloßlegung von Strukturen und Verfahren des Genres. Oder eben ein (ganz unwissenschaftlich gesprochen) Zuckerle für die "Fans", die bereits eine Erwartungshaltung besitzen.
An der grundlegenden Struktur ändert das aber meiner Meinung nach nichts. Selbst wenn "them" nur so tut als ob, dürfte das einem unbedarften Seher ja nicht auffallen. Sonst wäre es ja kein Kontextwissen...
Mir scheint hier ein gewisses Missverständnis vorzuliegen (was aber durchaus an einer ungeschickten Formulierung meinerseits liegen kann): Ich sage nicht, dass der reale, individuelle Leser dieses Wissen besitzen muss. Natürlich gibt es immer ein erstes Mal. Irgendwie muss man sich dieses Wissen ja aneignen. Zugleich lässt sich aber nicht bestreiten, dass jedes Genre immer ein gewisses Wissen, das über den einzelnen Film hinausgeht, mittransportiert - das ist in meinen Augen ein elementarer Aspekt des Genrekonzepts; wenn man den über Bord wirft, wird das Konzept des Genres insgesamt hinfällig. Ich kann einen Western natürlich auch verstehen, wenn ich zum ersten Mal einen sehe. Dennoch ist es auch so, dass ich, wenn ich meinen 100. Western sehe, gewisse Dinge verstehe, die zu den Konventionen des Genres gehören und die ich beim ersten Mal vielleicht nicht verstanden habe. Wenn ein einsamer, wortkarger Cowboy in eine Stadt reitet, wird für den genreerfahrenen Zuschauer gleich eine ganze Menge mittransportiert - er weiss bereits einiges über diesen Cowboy, was der Erstzuschauer nicht weiss. Und in aller Regel baut der Film auch darauf auf, dass der Zuschauer dieses Wissen besitzt.
Und deshalb finde ich die These auch nicht so gewagt, weil sie im Grunde aus ziemlich grundlegenden Überlegungen zum Konzept des Genres hervorgeht. Wenn ich davon ausgehe, dass zur Rezeption eines Genres immer auch ein bestimmtes Genrewissen gehört, folgt auch, dass gewisse Plot-Strukturen antizipierbar werden. Ein Vampirfilm mag auf der Ebene der Handlung für eine gewisse Zeit eine gewisse phantastische Unentschiedenheit inszenieren, dennoch gibt es parallel dazu oft zahlreiche Signale, die eindeutig markieren, dass es sich um einen Vampirfilm handelt und dass das Übernatürliche früher oder später akzeptiert werden wird.
Es ist sicher richtig, dass dem "unbedarften Zuschauer" viele Dinge nicht auffallen; aber ist dieser unbedarfte Zuschauer wirklich die Referenz? Oder anders gefragt: mit seinem Schriftzug reiht sich ein Film wie
Them! doch offensichtlich in eine ganz bestimmte Tradition, eben in ein Genre ein. Es ist ja kein Zufall, dass diese Schrift so aussieht, wie sie aussieht. Damit wird etwas signalisiert - und kann man dieses Signal einfach missachten? Nein, denn das Aussehen dieses Schriftzugs ist auch ein Signal an den Leser.