
⊛⊛⊛ Militär & Geopolitik ⊛⊛⊛

Ein Abenteuer der drei Fragezeichen, das dem Schriftsteller Thomas Mann gewidmet ist - abgesehen vom Literaturnobelpreis kann einem Dichter vermutlich keine größere Ehre widerfahren als dieses Geschenk zum 150. Geburtstag. Der 238. Fall der drei Detektive aus Rocky Beach trägt den Titel "Das Geheimnis der sieben Palmen" und handelt von der Jagd nach dem verschollenen Manuskript der "Buddenbrooks".
Justus Jonas arbeitet spätnachts noch allein in der Detektivzentrale, dem alten Wohnwagen auf dem Schrottplatz seines Onkels Titus, als er auf ein Taschenlampenlicht im Haus eines Nachbarn aufmerksam wird. Ein flüchtender Einbrecher schlägt Justus nieder, dem Hausbewohner, Herrn Lehmann, passiert nichts weiter, abgesehen davon, dass sein Haus durchwühlt wurde. Verschwunden sind Briefe seines Vaters an seine Mutter und eine wertvolle Erstausgabe von Thomas Manns "Der Tod in Venedig". Die restlichen Mann-Bücher liegen fein säuberlich aufgestapelt vor dem Regal, die anderen Bücher wurden achtlos auf den Boden geworfen.
Hinweise auf das verschollene Buddenbrooks-Manuskript
Es geht um die Briefe, das wird Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews bald klar. Denn wenig später wird bei Lehmanns Bruder, der ein weiteres Drittel der Briefe ihres Vaters an ihre Mutter besitzt, eingebrochen. Das letzte Drittel befindet sich im Besitz einer Nichte der beiden Brüder. Und auch hier wird das Briefpaket gestohlen. So viel wird den Detektiven nach und nach klar: Es geht um das verschollene Manuskript der "Buddenbrooks", das der Vater der Lehmanns möglicherweise erlangt hat. Steckt in den Briefen an seine Frau ein geheimer Hinweis auf das Versteck des Manuskripts?
Es ist ein Fall, der den Fragezeichen einiges abverlangt. Nicht nur Justus wird niedergeschlagen, auch Bob wird Opfer einer bösen Attacke, als in der Bibliothek ein Regal auf ihn stürzt und er unter Büchern begraben wird. Einbrüche und Gewalt, dazu Rätsel und skurrile Leute und ein paar Hintergrundinfos zu Thomas Mann, das alles verleiht diesem Fall seinen besonderen Charme.
Forscher belauern sich gegenseitig
Ihre Recherchen führen die drei Detektive schließlich in Thomas Manns Haus "Seven Palms" in Kalifornien, das er während seines Exils in Amerika bewohnte und in dem nun ein Institut untergebracht ist, das sich dem Leben und Werk des Nobelpreisträgers widmet. Drei Wissenschaftler, allesamt eingefleischte Thomas-Mann-Fans, forschen hier und beargwöhnen sich gegenseitig. Misstrauen, Missgunst und Spionieren prägen die Arbeitsatmosphäre. Hat einer der Wissenschaftler mit den Einbrüchen zu tun? Oder sogar alle drei?
Dass das Manuskript von Manns Debütroman "Buddenbrooks" verschwunden ist, nachdem es ein Anwalt in München in einer Mauerritze verborgen hatte, ist ein Fakt, auf dem Marco Sonnleitner seinen Fall der drei Detektive geschickt aufbaut. Ebenso real ist die Villa "Sieben Palmen", in der Mann seine Zeit in Amerika verbrachte.
Dass die drei Fragezeichen das Manuskript - Achtung, Spoiler - am Ende doch nicht an sich nehmen und der Thomas-Mann-Forschung zwecks Publikation übergeben können, ist am Ende der Realität geschuldet. Schließlich ist das wirkliche Manuskript, das heute ein Vermögen wert wäre, bis auf diesen Tag verschollen, man hätte nicht gut die Geschichte umschreiben können. Sehr interessant ist jedoch der - mögliche - Grund, aus dem der Dieb die Seiten verschwinden lassen will. So könnte es gewesen sein ...
Keine verdrechselten Bandwurmsätze
Thomas-Mann-Fans, die sich den Roman aus Verehrung für ihren Meister zu Gemüte führen wollen, sollten bedenken, dass es sich in erster Linie um ein Buch für Leser ab dem Alter von zehn Jahren handelt. Wer auf gepflegt gedrechselte Bandwurmsätze, humanistisches Bildungsbürgertum und literaturwissenschaftliche Analysen aus ist, möge die Finger von dem Buch lassen. Als Jugendbuch über einen Fall der drei ??? dagegen bietet es gute Unterhaltung, ein nicht allzu schwer zu knackendes Worträtsel und ein paar Informationen zu Mann und seinem Werk, die junge Leser vielleicht beim Bibliotheksbesuch auch einmal an das Mann-Regal locken könnten. Schlecht wäre das nicht.
Fazit: Spannende Hommage an Thomas Mann und eine schöne Geburtstagsüberraschung zum 150. Gediegener Drei-Fragezeichen-Roman mit einem nicht ganz schwer zu lösenden Worträtsel und literarischem Hintergrund. Sehr schön.
Marco Sonnleitner: Die drei ??? - Das Geheimnis der sieben Palmen. Stuttgart: Kosmos, 2025. 159 S., Euro 12.
Weitere Fälle der drei ???
Die geheime Treppe
Pfad der Angst
Das versunkene Dorf
Fluch des Piraten
Der tote Mönch
Fels der Dämonen
Spuk im Netz
© Petra Hartmann
Ich kenne nun schon ein paar Romane von Sven Haupt und stelle immer wieder fest, dass er die Fähigkeit besitzt, Personen, Gegenstände, Tiere, Metaphysisches und KIs auf eigenartige Weise zu verknüpfen. Heraus kommt ein Mischmasch der Dinge, das zwar nicht unbedingt glaubwürdig ist – die eigene Vorstellungskraft wird dabei manchmal arg strapaziert – trotzdem passt alles irgendwie zusammen.
"Der Himmel wird zur See" erschien im Juni 2025 im Eridanus Verlag, Bremen. Die Umschlagsgestaltung übernahm wieder Detlef Klewer.
Hannah Riley muss als Raumschiffpilotin zusammen mit dem Roboter Andy einen wichtigen Auftrag erledigen. Es geht, wie so oft, um das Überleben der Menschheit. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Die Hauptfigur erinnert mich stark an die in den anderen Romanen des Autors. Er wählt stets den unangepassten Typ, der massive eigene Probleme hat und dann noch mit Schwierigkeiten der besonderen Art zu kämpfen hat. Aber das macht ja die Quintessenz eines spannenden Romans aus.
Auch ist in den Werken immer jemand da, mit dem sich diese Figur einen verbalen oder gedanklichen Schlagabtausch liefert. Ich denke mal, das ist nötig, um den speziellen Humor (den ich mag) des Autors unterzubringen.
Alles in allem gefiel mir das Buch wieder gut.
Als Cover hätte ich wahrscheinlich keine Frau mit Waffe genommen; das impliziert für mich im ersten Moment nur pure Gewalt. Obwohl, wenn man den fast verträumten Blick der Frau näher betrachtet und die literarischen Sachen des Autors kennt, weiß man, der Roman wird anders sein als vermutet.
Weil dort drin auch Vampire auftauchen, hätte ich sicher einen bildlichen Hinweis dazu gegeben. Wenigstens einen klitzekleinen. Ein Vampirchen. Und wenn es nur in einer Ecke des Covers wäre.
Urlaubs-Sommerzeit beginnt. Bei mir nur bedingt Lesezeit. Zwischen Pfingsten und heute – Mitte Juli – habe ich das „Wenigerlesen“ wohl auch schon geübt. So viel kam nicht zusammen, aber dafür für meine Begriffe insgesamt nur gute Sachen. Einmal getrieben durch Ereignisse (Wave-Gotik-Treffen und die Quasi-Lese-Challenge in Verbindung mit einem geplanten Sonderthema unseres SF-Fanzines NEUER STERN) und in Form von Wiederholungen habe ich mich durch meine Bibliothek, speziell den SUB-Teil gelesen. Wenn ich Bücher wiederholt lese, die ich 30 – 40 Jahre nicht angefasst habe, ist das fast wie ein erstes Lesen. Gut, dass ich zum Teil schon damals Notizen machte, die mir heute helfen nachzuvollziehen, was ich damals drüber dachte. Das hilft der Erinnerung wirklich auf die Sprünge und es ist für mich faszinierend nachzuvollziehen, wie sich meine Lektüreeindrücke ändern – oder auch nicht. Aber das nur am Rande. Hier meine Leselistenfortsetzung.
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Thomas Hofmann und Petra Hartmann: „Das intergalaktische Bestiarium“, 2025
Im Grunde ist das auch eine Zweitlesung. Habe die Geschichten alle schon mal gelesen, als sie fertig geschrieben vorlagen, in Manuskriptform. Und nun ist das Buch in der Welt.
Die ersten Texte waren wie die ersten Bilder, die extra für diesen Band entstanden sind, bereits 2021 da. Das ist schon wieder ein bisschen Zeit vergangen. Zuerst las ich sie voller brennender Neugier, was die Autorin wohl aus meinen Bildern gemacht hat! Hier ist es ja mal andersrum gelaufen: Erst waren da die Bilder, dann kam der Text. Petra hat auch schon darüber reflektiert, was ihr so durch den Kopf ging, als sie meine Zeichnungen sah – und vor der Frage stand, was ihr nun dazu einfallen soll.
Ich war jedenfalls immer sehr beglückt, als ich die Stories las. Klasse! Was man so aus Bildern rauslesen kann. Hätte ich mitunter überhaupt gar nicht so gesehen. Wenn man mich fragt, was ich mir dabei gedacht habe, hülle ich mich lieber in Schweigen. Manchmal war es echt einfach nur der Wunsch, eine Struktur aufs Blatt zu bringen. Mitunter sind es Schraffuren, die mich mehr interessieren, als äußere Formen.
Hier ein paar unmaßgebliche Gedanken nach dem Lesen:
„Das Tor zu allen Welten“ – eine meiner Allzeit-Lieblingsgeschichten ist „Die Tür in der Mauer“ von H.G. Wells und diese Story hier erinnerte mich sehr daran. Eine Hommage? Eine Geschichte über eine verpasste Chance, aus der der Protagonist seine Lehre zieht. Aber die Sehnsucht nach dem, was dahinter ist, ist überwältigend.
„Drachenreise“ ist eine Ode an das Leben; was diese Story mit einigen anderen des Bandes gemeinsam hat. Der Kreislauf des Lebens als lange Reise um den Planeten, ein schönes Bild (das mir, wenn ich recht drüber nachdenke, auch in etwa so vorschwebte, als ich die Bilder dazu zeichnete).
„Die Parasiten“ ist fast eine richtige Horrorstory geworden, halt so horrormäßig wie die SF von Lovecraft ist. Dies ist auch die einzige Story, in der unser Arbeitsprinzip mal umgekehrt wurde, d.h. ein paar Zeichnungen entstanden nach dem Text und eine nach einer verbalen Idee (Pels-Kragen-Krake) von Petra. Das schwere Thema wird durch den Ton, den Roderick in der Story anschlägt, erfrischend aufgelockert; die Figur hat die Lizenz zum Fluchen.
Was mich auch verblüffte, hier und bei dem einen oder anderen Text von Petra: wie sie verschiedene Zeichnungen, die im Grunde nichts miteinander zu tun hatten, unter einen Hut brachte.
„Das Tier der Unordnung“ zeigt, wie es unter dem sprichwörtlichen Sofa der Familie Hempel so aussieht – auf jeden Fall geheimnisvoller als man denkt. Ein Hoch auf das Chaos! Find ich gut. Mit den Sprichwörtern, oder Memes, geht es weiter mit „Der Wurzel“ allen Übels. Auch Pflanzen können einem echt das Leben schwer machen. Sollte man kaum glauben. Okay, weiß man seit den Triffids, aber mein kosmischer Riesenbaum erschien mir beim Zeichnen gar nicht so gefährlich. Na, wieder was gelernt.
„Der Leichtplanet“ ist im Grunde auch so ein archetypisches Ding für die phantastische Kunst. Schwebende Gesteinsbrocken sind nicht neu in der phantastischen Motivwelt, gebe ich gerne zu. Aber Petra hat dazu eine physikalisch stichhaltige Begründung gefunden, warum so eine Welt immer leichter wird. Oder etwa nicht?
Hach, mein „Sternendrachen“! Ja, auch so ein Lieblingsmotiv. Hier darf ich verraten, dass ich mich mitunter selbst kopiert habe. Mein eher metaphorisches Drachenwesen hat die Autorin auf einen deutlich rationaleren Boden der Tatsachen zurückgeholt, als ich mir dachte. Ist sehr okay, zumal die Melancholie, die so einem Motiv quasi innewohnt sehr gekonnt umgesetzt wurde. Es ist eine Geschichte vom Aussterben.
„Kammerjäger“ und „Erkunder“ sind – glaube ich – die ersten Texte gewesen, auch natürlich die ersten neuen Bilder. Da hatte ich beim Zeichnen durchaus den Gedanken im Kopf, eine Story erzählen zu wollen. Es gibt sozusagen kleine Bilderserien, die die Autorin gern aufgegriffen hat. So muss das sein. In den Stories wird noch fast am meisten von dem „Geschäft“ des Exobiologen erzählt. „Die Würmer“ fällt auch in die Kategorie, obwohl es nur eine Zeichnung ist. Für mich war hier aber total verblüffend, dass Petra sich auf ein Motiv / Tier konzentriert hatte, dass für mich beim Zeichnen nur Beiwerk war. Ja, so kann man das auch sehen.
„Der Savannenplanet“ war der letzte entstandene Text, oder? Auch ein ziemlich langer, mit einer Katze. Einer besonderen, weltenrettenden Katze. Sie wird als superniedlich usw. beschrieben, und dabei kann ich doch gar nicht „niedlich“ zeichnen. Aber na ja, so wird das halt gesehen. Sehr okay.
Gar nicht niedlich ist die „Die Bordspinne“. Hier wurden übrigens sämtlichst alte Grafiken von mir verwendet, Bilder aus der alten Aarachne-Zeit, So haben sie noch einmal einen schönen Rahmen erhalten und die Story hätte natürlich damals in den Nullerjahren auch gut und gerne in die Jubel-Anthologie des Aarachne-Verlages von Ernst Petz gepasst. Schöne Erinnerung – und eine schöne neue Erinnerung, die hier entsteht.
Ja, bin echt zufrieden mit unserem Werk. Wer sich selbst überzeugen will: NOCH gibt es Exemplare - hier
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Michail Schatrow: „Weiter… weiter… weiter“
Drauf gestoßen bin ich durch ein Interview mit Gunnar Decker, gehört hatte ich davon – sicher – schon früher – aber wieder verdrängt, und leider bisher auch nicht gelesen, oder gesehen. Ist ja ein Theaterstück.
Nach all den Jahren bringt es nicht mehr viel Neues oder Überraschendes, muss ich gestehen. Die Große Oktoberrevolution von 1917 hat ja mittlerweile sehr ihren „Zauber“ verloren, nicht zuletzt durch den Terror der Stalinzeit, aber auch durch das Unvermögen, ihre eigenen Versprechungen zu erfüllen. Und auch vor dem Hintergrund, wo derzeit die Gesellschaft, die sich damals so revolutionär umgestaltet hatte, rausgekommen ist, dann wird mir erst recht schlecht. Nee, ich muss das hier nicht ausführen, oder? Und dass Lenin u.a. Protagonisten dieses historischen Spektakels schon die Saat legten für das, was danach geschah, ist nun auch nicht mehr neu. Aber das Stück dokumentiert – besser: Illustriert – es eindrucksvoll. Habe Lektüre gern nachgeholt und würde es mir auch als Theater-Inszenierung anschauen, glaube aber nicht, dass es heute noch gemacht wird.
8 / 10 Punkte
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Brian W. Aldis: „Der entfesselte Frankenstein“
Lese ich zum zweiten Mal. Der Grund? Aldiss würde dies Jahr 100 werden und wir vom ASFC wollen dem ein wenig gedenken. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass ich beim ersten Lesen 2013 (klick) nicht so den richtigen Zugang bekam. Dieser Eindruck manifestierte sich allerdings auch erst 2020, als ich Material über Frankenstein und vor allem den Dr. Polidori sammelte. Damals schrieb ich einen Text für eine Frankenstein-Ausgabe und sah mir wenigsten den Film von Roger Corman an, der mich aber nicht vom Hocker riss. Das Aldiss-Buch mag auch nicht so viel dem Original hinzuzufügen; in Sachen Polidori war es für mich auch nicht ergiebig.
Na ja, jetzt also neu ans Werk. Und? Ja, war recht gut. Hat mich amüsiert, auch wenn sich Aldiss dolle an die Vorlage hält. Er vermischt die Fiktion von Mary Shelley mit den wahren Begebenheiten am Genfer See in diesem kalten Sommer von 1816. Das macht er geschickt und amüsant, aber im Grunde wenig überraschend. Der Erzähler und Protagonist gerät durch eine sog. „Zeitrutsche“ in die Vergangenheit. Ausgelöst wird die durch den permanenten Atomkrieg, der 2020 herrscht.
Was mir diesmal wirklich gefiel, sind die Überlegungen, die der Protagonist und die Dichter-Gemeinde um Byron so anstellen, zur Thematik Wissenschaft & Ethik, das Wesen der Zeit, oder auch frühe sozialistische Ideen, die Bodenland, der Protagonist aus der Zukunft, sich durchaus skeptisch anhört.
Ich bleibe aber mal bei den 8 / 10 Punkten von 2013
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Brian Aldiss: Das Ende aller Tage
Eine Story-Sammlung, die mit einem Rahmen versehen wurde. Die Stories sind aus den 50ern. Im Grunde ist das eine interessante, wenn auch im Detail schräge Future History, vom Beginn des Raumfahrtzeitalters und Ende des Kalten und Beginn des Heißen Krieges, bis zum Ende der bekannten Menschheit. Wobei die sich auch schon zwischendurch fast eliminiert hat, zurück entwickelt hat, wieder aufgerappelt und ins All vorgestoßen ist. Das alles passierte in Jahrmillionen. Wir haben also noch einiges vor uns.
8 / 10 Punkte
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Luci van Org: „WIR FÜNF und ich und die Toten“
Nachdem ich die Autorin im Rahmen des WGT in Leipzig, 2025 erlebte, zusammen mit Florentine Joop, habe ich dieses Buch doch endlich mal gelesen. Geliebäugelt hatte ich schon lange damit, denn ich mag die sehr persönliche, flotte Schrieb der Künstlerin (die ja eher als Sängerin bekannt ist, aber eben auch für andere Lieder schreibt und Drehbücher und eben auch eigenen Erzählungen).
Das mit dem „persönlich“ kann man hier aber besonders wörtlich nehmen, denn die ansonsten fast phantastische, auf jeden Fall surrealistische Geschichte trägt deutlich autobiografische Züge. Oh Mann, wenn das alles so war und ist, wie sie hier schreibt, tut sie mir richtig leid! Erschütternd, was sie da in ihrem Elternhaus und drumherum erleben musste, verarbeiten muss. Ich denke auch, das erfordert viel Mut sich so in der Öffentlichkeit zu offenbaren. Ich hoffe, ihr hilft dies!
Die Geschichte ist ansonsten packend, spannend erzählt. Es ließ sich in einem Rutsch durchlesen. Und es hat ein gutes Ende, wobei ich nicht ahnen kann, ob sie damit ihr Trauma auch wirklich aufgearbeitet hat. Ich wünsche es ihr.
9 / 10 Punkte
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Luci van Org: „Der Tod wohnt neben an“
Ihr Erstling in Sachen Literatur, zumindest in Buchform. Ein Reigen melancholischer, dunkler. Mitunter auch kurioser Stories aus einer vermeintlich bekannten Stadt. Die Stories spielen alle im Berlin des Hier & Jetzt (Das Buch stammt aus dem Jahre 2006) und eine CD mit Liedern, deren Texte sich auch im Buch befinden und die zum Teil den einzelnen Stories zugeordnet sind, befindet sich auch noch in dem Buch.
Mir hat die Sammlung richtig toll gefallen. Obwohl sehr gegenwärtig und mit „echten“ Menschen als Protagonisten, begegnet man hier dem Tod, Vampiren und anderen (Un-) Toten, Leuten die ihren tödlichen Willen auf Gegenstände übertragen und damit an die Zielperson übertragen können (ich will nicht von Voodoo sprechen, das stimmte sicher so nicht ganz).
Im Zentrum ihres Interesses stehen Personen am Rande der normal-funktionierenden Gesellschaft, Leute mit ihren Schwächen, Ängsten, Psychosen (die vielleicht ja auch kosmische Aufträge sind), denen die Begegnung mit dem Para-Normalen auch nicht wirklich weiterhilft in ihrem Leben.
8 / 10 Punkte
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Dan Simmons: „Ilium“
Es war mal wieder Zeit! Ziemlich spontan bin ich um meinen SUB herumgekurvt und habe – nein, nicht zielsicher – ins Regal gegriffen und mir eines meiner erklärten Lieblingsbücher rausgefischt. Zur Viert-Lesung, jetzt durchaus nach knapp 10 Jahren? – Kann ich selbst kaum glauben, aber es muss wohl so sein. Habe es nach Erscheinen (auf Deutsch) das erste Mal gelesen und das zweite Mal als der Nachfolgeband, „Olympos“, erschien.
Und habe ich den Zauber von damals wiedergefunden? Na ja, nicht ganz. Ich hatte das Buch noch sehr gut in Erinnerung, auch die Details, die mich damals faszinierten. Ich glaube, das spricht für das Buch, dass ich mir so lange sowohl einen Gesamteindruck, als auch gewissen Einzelheiten merken konnte; ist nicht bei jedem Buch so.
Damit sind aber ein paar Überraschungen flöten gegangen. Ich wusste ja, was kommt. Das Buch lebt auch sehr stark von Cliffhangern zwischen den Kapiteln der einzelnen Erzählungen, die hier quasi parallel zueinander erzählt werden. Was mir nicht mehr so geläufig war, ist der Umstand, dass im Grunde nichts aufgelöst wird am Ende – denn hier gibt es ja auch noch gar kein Ende.
Jeder 6. Mensch in Deutschland liest keine Bücher.
Das geht aus einer Umfrage (2024) hervor (DACH-Länder, Frankreich,Italien; 5000 Befragte) , die im Auftrag des Onlinebuchhändlers Galaxus in Auftrag erstellt und Anfang diesen Jahres veröffentlicht wurde .
Demnach kommen hierzulande 1/3 der Befragten auf 1-3 Bücher im Jahr. Nur die Hälfte will künftig mehr lesen – was den niedrigsten Wert darstellt. Ähnlich Lesefaul zeigt sich höchstens noch Frankreich.
Deutsche benutzen vergleichsweise häufiger ebooks (19%) - und Hörbücher (11%). Zur Lesefaulheit der Deutschen passt letzteres wiederum, dass sie im europäischen Vergleich die meisten Hörbücher konsumieren – jede zehnte Person in der Bundesrepublik lässt sich Bücher vorlesen.
Das Lieblingsgenre was Spekulative Fiction anbelangt ist bei Deutschen die Fantasy – Franzosen stehen eher auf Science-Fiction (s. 2. Grafik).
Frauen lesen dagegen häufiger Romane: in Deutschland beispielsweise 3 von 5 Frauen und nur 2 von 5 Männern.
Quelle:
https://www.galaxus....e-buecher-36136
bitte auf Grafiken klicken zum vergrössern:
Nur was endet, hat bekanntlich einen Sinn: Also ist es Zeit, dass auch dieser Vlog zu Ende geht – alles hat ein Ende, ergo auch das Ende. See you in a better place... ¯\_(ツ)_/¯
Die Leiden des jungen Verlegers
Ich bin mal wieder spät dran*, und tausche außerdem für diesen & den nächsten Eintrag die Neu-/Alt-Reihenfolge. Es handelt sich hier platzhaltend um ein Buch aus der Dr.-Seuss-Reihe, die in den 60ern die Vorgehensweise beim Lesen-Erlernen für Kinder revolutionierte. Außerdem hält sich das Buch an die Nonsens-Tradition von anderen Kinderbüchern seit Alice in Wonderland, was Kindern (& mir, übrigens) sicher so gut wie immer gefällt. (Und: Eine brandneue audiovisuelle Umsetzung erscheint heuer auf Netflix!)
Im Buch erscheint ein frecher Kleinling namens Sam-I-Am, auf einem hund-ähnlichen Wesen vorbei-reitend, der einen älteren, größeren Pelzherren mit hohem schwarzen Hut auf die Nerven geht. Dieser sagt öfter "I do not like", anfangs in Richtung Sam, aber kurz danach auch dem Gericht das ihm Sam unter die Nase hält - Schinken mit grünen Spiegeleiern! Als aber der Schwarzhütige dies das erste Mal nicht mag, schaltet der Rothütige schlauerweise auf die Logikschiene - mag der Ältere das Gericht vielleicht an einem anderen Ort? Denn schließlich isst das Hirn ja mit, und vielleicht fühlt der Andere sich anderswo wohl(gesinnt)er?
Lässt sich der junge bzw. sich nicht alt fühlende Leser darauf ein, ist klar womit das restliche Buch gefüllt wird - den absurdesten Orten & Vehikeln, wo Schinken mit solchen Spiegeleiern vielleicht doch schmecken könnte... Irgendwann gibt der inzwischen durchnässte Schwarzhütler auf - und dann geschieht noch ein kleines Wunder!
Seuss hat wohl damals die altmodischen "anspruchsvolleren" Kinderbücher - wie ev. auch Alice? - in die Ecke gepfeffert und mit jemandem eine Wette ausgemacht, dass er ein besseres erstes Lesebuch mit einem Vokabular von nur 50 Wörtern erstellen könnte. Ein Buch wie dieses locker gereimte war das Ergebnis. (Das hier ist neben dem früheren Cat in the Hat das bekannteste aus seiner langen Serie. Es gibt endlose Marketingumsetzungen davon! Ich behaupte, dass auch Hip-Hopper Will-I-Am sich daraus hat inspirieren lassen.)
Was ich an den Seuss-Büchern so toll finde, ist dass nicht nur die Texte schnell ins Absurde kippen, sondern die Illustrationen das praktisch von Anfang an tun, mit wilderen Aufstellungen mit jeder Seite. Die Protagonisten sind meist Tiere, oft eher unidentifizierbar - aber definitiv "furry" - und die tanzen/schweben/schwimmen in der Weltgeschichte herum, meist irgendwas unmöglich balancierend, umgeben von staunenden - oder selbst irgendwelche Stunts ganz lässig durchführenden - Zuschauern. Seuss stellt seine Welten subversiv gaga dar. (Oder angemessen der Zeitperiode: Dada! Apropos: Ich finde lustig, wie dieses 1. Buch die klassisch-amerikanisch-kapitalistische Rolle des ewigen nie-aufgebenden Verkäufers parsifliert!)
Diese Idee des einfacheren Anfangslernen wurde kurz danach dann auch von Sesame Street im TV fortgesetzt, und von vielen anderen Einrichtungen im Westen angewandt. Die US-TV-Serie wird übrigens im November ein halbes Jahrhundert alt!
Fazit: Am besten VORM Schauen bei Netflix sich mindestens ein Buch aus der Reihe mal reinziehen! Nachher kann man es einer Lieblingsenkelin oder so schenken; wird bestimmt mit großem Dank entgegen genommen.
(* offiziell ist das hier der Juli-Beitrag!!)
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