
⊛⊛⊛ Der soziokulturelle Komplex ⊛⊛⊛

Da ich etwas säumig in Sachen Leselistenführung bin, teile ich jetzt mal meine letzten Einträge seit dem Sommer. Für alle, die tatsächlich meine Notizen lesen, soll es ja nicht zu viel werden, zu viel Text auf einen Haufen hält ja keiner aus...
Hier also ab Sommer, bis ca. Herbstanfang. Der Rest (bis heute - 3.Oktober) etwas später.
Der Blickfang oben ist eine Skizze, die ich vor über 10 Jahren - eher noch früher - gezeichnet hatte und die ich jetzt, aus keinem vernünftigen Grund, quasi zu Ende gezeichnet habe. Einfach so. Mit dem INhalt der hier vorgestellten Bücher hat dieses Vampirwesen nichts zu tun.
Gunnar Decker: „Houellebecq. Das Ungeheuer“
Gunnar Decker ist sicher DER Biografien-Autor – na ja, so viele kenne ich nicht (also, weder „Biografien-Autoren, noch Biografien von Decker), ist mir halt nur aufgefallen, dass er sehr viele geschrieben hat. Wobei er sicher „seine“ Persönlichkeiten abhandelt, die ihm liegen und ihm was zu sagen haben. Kennengelernt hatte ich ihn durch seine Franz-Fühmann-Biografie, die mich absolut fasziniert hatte. Fasziniert hatte mich Fühmann, natürlich, aber eben auch die Art & Weise, wie Decker schreibt. Seine bildgewaltige, mitunter zu Aphorismen neigende Sprache, die aber – so mein Eindruck – dennoch genau ins Schwarze, in Herz trifft, hat mich in ihren Bann gezogen, sogar über viele Seiten hinweg. Kann ja ermüden, so ein gewählter Schreibstil. Mich nicht, kann nicht genug davon kriegen und schaue deshalb, was er sonst noch so schrieb. Neben dem Fledermausbuch hat es mir nun also seine Monografie zu Houellebecq angetan.
Von Houellebecq selbst habe ich so viel noch gar nicht gelesen, weiß aber nach der Lektüre dieses Buches, dass ich da was nachholen werden; 2 Titel sind es erst einmal die demnächst fällig sind.
Mich hat natürlich der durchaus reißerische Untertitel, „Das Ungeheuer“, angesprochen. Und auch wenn Decker absolut eine, viele Lanzen für Houellebecq bricht, so lässt er es nicht aus, auf die Ambivalenz der Resonanz, die Houellebecq bei seinem Publikum und in der Öffentlichkeit hat, hinzuweisen. Aber Decker tut alles, um seinen Lieblingsautor (Houellebecq ist offensichtlich einer seiner Lieblingsautoren, aber bei weitem nicht der einzige) zu unterstützen, vor übler Nachrede zu bewahren und zu reinigen, Interesse für seine mitunter harsche Gesellschaftskritik zu wecken, die eben nicht reaktionär ist, wie oft unterstellt.
Wie auch immer, ich habe selten eine so anregende, Interesse weckende Bio gelesen, über einen Schriftsteller, die selbst großartig geschrieben ist und in der ich am liebsten jeden dritten Satz unterstrichen und mir auf ewig würde.
10 / 10 Punkte
Brian Aldiss: „Dr. Moreau’s neue Insel“
Roman von 1979/80, dt. 1981. Ist ja eine Hommage an den Wells-Klassiker, der hier direkt verarbeitet wurde, ähnlich wie in Aldiss‘ Frankenstein-Adaption, aber auch ein Zeitzeugnis seiner Zeit des Kalten Krieges. Habe das Buch im Rahmen der NEUER-STERN-Challenge zum 100. Geburtstag des Autors gelesen. Nach seinem Frankenstein also nun sein Dr. Moreau.
Ach ja, den gab es also wirklich, auch seine Insel und die Tiermischwesen. 1996, als der 3. Weltkrieg gerade ausbricht, hat diese Insel ein gewisser Mortimer Dart in Beschlag genommen. Dorthin verschlägt es einen (Raum-) Schiffbrüchigen, wie weiland bei Wells.
Am Ende geht es auch um die Frage, dürften wir Menschen – hier mittels Gen-Technologie, also schon etwas realistischer gedacht als von Wells – „Gott spielen“ und selbst intelligentes Leben erzeugen, schaffen? Dart handelt nicht im Eigensinn, sondern im Auftrag einer kriegführenden Macht und das Ziel ist die Schaffung von Menschen, die effizienter und sparsamer existieren könne und vor allem in einer atomar versuchten Nachkriegswelt. Ja, schöne Aussichten…
5 / 10 Punkte (Es gibt wegen es angeschnittenen Thema ziemliche Abzüge, die mir die Lektüre verhagelt haben; wer mehr erfahren will, den verweise ich auf das Aldiss-Spezial des Neuen Sterns, der noch 2025 erscheinen wird.)
Primo Levi: „Ist das ein Mensch?“
Das Buch musste ich nun endlich nachholen, nachdem ich seine phantastischen Stories gelesen habe (zum wiederholten Male). Was der Autor da erzählt, hat er selbst erlebt und ist erschütternd. Was er durchmachen musste, kann ich aber auch nach der Lektüre wahrscheinlich nur ansatzweise nachvollziehen. Ich kann hier auch nicht „normal“ darüber berichten; die Kurz-Rezi muss ich also schuldig bleiben, sorry. Für mich war diese Lektüre sehr wichtig und ich bin dem Autor sozusagen dankbar, dass er ohne abgrundtiefe Verbitterung berichten konnte, obwohl er alles Recht der Welt hätte, viel konsequenter verbittert und hasserfüllt zu sein.
Keine Wertung
Gustav Meyrink: „Fledermäuse“
Ullstein 1992
… und ein paar Texte aus „Tschitrakarna, das vornehme Kamel“ (Reclam, Leipzig 1978)
Im April 2022 meinte ich noch: Lies mehr Meyrink! – nach einem tollen Vortragsabend im Buddehaus. Und ich habe das ernst gemeint, auch für mich.
https://scifinet.org...s-mehr-meyrink/
Nur, wie so oft, braucht es bei mir etwas länger. Und so viel „mehr Meyrink“ wurde es auch nicht denn ich habe ihn mir als Reisebegleitung rausgesucht. Erfahrungsgemäß lese ich aber auf unseren Urlaubsfahrten gar nicht so viel. Auch wenn wir mit dem Zug durch Südpolen fuhren und ich eigentlich recht viel Zeit hatte, kam ich nicht viel zum lesen.
Aber Meyrink, soviel habe ich mal wieder mitbekommen, lohnt auf jeden Fall! Wobei mir die komischen, satirischen Sachen, vornehmlich aus des Deutschen Spießers Wunderhorn, gar nicht so dolle gefallen, die mystischen, okkulten Sachen dann doch mehr. Von den Erzählungen habe ich ein paar sogar gleich mehrmals gelesen; ich fand die großartig! Schauen wir doch mal rein:
„Der Herr Kommerzienrat Kuno Hinrichsen…“ ist so ein reicher, bürgerlicher Fan indischer Religion und Philosophie. Seine Versuche, ohne Fehl zu leben, gestalten sich schwierig, denn wenn man bestimmte Regeln wörtlich nimmt, ist das Essen von Gras schon Diebstahl, da man es den Kühen wegessen würde, die ihrerseits die Milch für die Kinder produzieren.
Ansonsten ist das Tun des Bonzen alles andere als ohne Fehl und Tadel. So entwickelt seine Fabrik z.B. eine Maschine, mit der man aus 10.000 Pinguinen Fett gewinnen kann. Der Sohn schießt derweil in Afrika Dickhäuter en masse ab, so zum Spaß.
Ja, irgendwie hat diese Satire ziemlich viel Aktuelles, oder?
Am Ende droht ihm der große Börsenkrach. Auf einmal ist er gar nicht mehr so gleichgültig gegenüber irdischen Besitztümern und leidet unter Verlustängsten. Doch er hat den Dreh raus und macht, dass sein Konkurrent den Verlust erleidet. Sein philosophisches Weltbild dreht er sich natürlich so, wie es ihm passt.
„Meine Qualen und Wonnen im Jenseits“. Der Ich-Erzähler begeht Selbstmord und kommt in den Himmel. Das ermöglicht ihm, zu beobachten und zu kommentieren, was seine auch schon toten Zeitgenossen dort so anstellen und wie sie sich verhalten. Viele Seitenhiebe sind sicher tagesaktuell interessant für Meyrinks Zeit.
„Die vier Mondbrüder“ ist ein kleiner esoterischer Geheimbund von vier Parawissenschaftlern. Die leben und handeln und denken nach dem Grundsatz: Sonne = gut, weil Symbol des Lebens und der Natur und Mond = böse, weil stellvertretend für seelenlose Maschinen- und Technikwelt und Umweltvernichtung.
Ist in der Vorkriegszeit 1914 angesiedelt und zeigt deutliche Anti-Kriegs-Haltung des Autors, der sich vor allem gegen die inhumane Kriegsertüchtigung und -Begeisterung seiner Zeit artikuliert.
Erzählt wird aus Sicht eines Dieners eines der vier Herren. Aber am Ende stellt sich heraus, dass der Erzähler wohl selbst einer der Männer ist, der aber dem Wahnsinn anheimfiel. Eine kurze, aber vielschichtige Erzählung – wie so viele von dem Autor.
„Der Kardinal Napellus“. Auch über geheimen okkulten Orden, deren Mönchsbrüder eine Art Symbiose zusammen mit einer giftigen Blume leben. Die Pflanze ist Symbol für die Seele. Der Erzähler spürt den Geheimnissen des Ordens und des Lebens allgemein nach – hat in seiner Ausgabe fiel von modernen Skeptikern. Sehr vielschichtig.
„J.H. Obereits Besuch bei den Zeit-egeln“. Mittels indische Yoga- / Fakir-Lehre kann man sich vom Irdischen lösen und damit dem Tode entrinnen – oder so ähnlich. Erst wenn man sich durch Enthaltsamkeit vom Leben befreit – lebt man ewig… (?)
„Lämmergeier“ ist so eine Karikatur auf einen bürgerlichen Esoteriker in Form einer Tier-Fantasy. Der angesehene Bürger einer kleinen Stadt – der Lämmergeier – entpuppt sich am Ende als das, was er „von Natur (?) – ist – ein massenmordender Raubvogel.
„Das Grillenspiel“ ist die Rache aus dem Fernen Osten an das koloniale „Mutterland“. Jemand, der die Geheimnisse der fernöstlichen Philosophie und Spiritualität persönlich erfahren möchte und echte Kontakte sucht, begegnet einem Guru, der ihn aber instrumentalisiert und dafür sorgt, dass das Verderben in Form kriegerischer Insekten nach Europa gelangt.
Der Hammer ist aber die erste Erzählung im Band, auch die längste mit 50 Seiten: „Meister Leonard“. Die habe ich gleich dreimal gelesen. Hier geht es um die Erinnerungen eines Erben aus adliger Familie. Die Familie ist aber ziemlich verkommen, insbesondere die Mutter, die eine irrational agierende, herrschsüchtige Furie ist. Dass der Sohn zusammen mit seiner Geliebten, die sich als seine Schwester entpuppt, sie umbringt, wundert nicht. Die Mordtat belastet natürlich das Karma – ist aber Teil der „Familientradition“, in der die Frauen keine rühmliche Rolle spielen.
Der Vater, ein okkulter Kreuzritter, der aber auch über Leichen gehen kann, ist ein zahnloser Tiger mit viel esoterischem Wissen, das sich sein Sohn aneignen wird – aber wozu?
Ein Text, in dem ich mir viel angestrichen habe, um ihn mir einzuverleiben. Einfach wunderbar in seiner Widersprüchlichkeit und Komplexität, dabei hat die Story auch etwas Kolportagehaftes und ist spannend.
Ergänzt wird der Band durch essayistische Texte, Vorworte zu Lieblingsautoren von M. auf dem okkulten Sektor und autobiografische Texte. Eine tolle Sammlung.
10 / 10 Punkte
Yvan Goll: „Die Eurokokke“
Was für ein Buch! Kurz und lyrisch-episch knackig. Hatte meine Mühe reinzufinden, aber – den Weg gefunden, mich drauf einzulassen – mit so viel Genuss gelesen. Allerdings muss man eine Ader für gepflegten Nihilismus haben; davon gibt’s hier echt viel und massiv und geballt.
Einen Plot könnte man – vor allem zu Beginn – durchaus vermissen. Das machte es mir auch schwierig. Aber dann gibt es einen, da wird der Ich-Erzähler nämlich vermeintlich einer schweren Straftat beschuldigt und polizeilich gesucht. Er weiß von nichts, geht aber lieber in Deckung. Am Ende… ja, ich verrate da sicher nicht zu viel, denn der Plot ist wirklich nicht so wichtig, am Ende ist alles ein Missverständnis. Das hat was Kafkaeskes, und das passt ja zu dem allgemeinen Lebensgefühl der Generation, die nach dem 1. Weltkrieg in Paris lebte. Der Autor lebte immer irgendwie zwischen den Welten, heimatlos im Grunde.
Das ist in Prosa gegossene Lyrik und ein Fest für Menschen, die sich eher zu den „Schluchten und … Dunkelheiten des Lebens“ hingezogen fühlen (S. 44)
Satte 10 / 10 Punkte und Anwärter dafür, auf noch einmal gelesen zu werden!!
G.S. Viereck & P. Eldridge: „Meine ersten 2000 Jahre. Autobiographie des Ewigen Juden“
Übersetzer: Gustav Meyrink, 1928
Wow, was für ein Klopper – 650 Seiten – 2000 Jahre Handlung / Plot, die ganze Weltgeschichte in einem Ritt. Der eine der beiden Autoren dürfte etwas umstritten sein: Viereck war Deutsch-Amerikaner mit Hang zum Deutsch-Nationalisten und prodeutschen Propagandisten. Aber auch ein bekannter Dichter seiner Zeit, befreundet und bekannt mit Tesla und Siegmund Freud.
Aber kein Antisemit! Das wird auch in dem Buch so gespiegelt. Die Aussage ist anti-christlich, ziemlich sexuell und mehr oder weniger versteckt homosexuell; „uranisch“ hieß das damals. Der Ewige Jude, der einst Jesus verlacht und vertrieben hat, ist verflucht, so lange auf Erden ruhelos zu wandeln, bis Jesus zurück kommt und Gericht hält. Ist das nun ein Fluch oder Segen? Den Mann, den das Schicksal ereilte, leidet vor allem unter Langeweile und unstillbares sexuelles Verlangen. Ganz allein ist er nicht, es gibt noch andre Unsterbliche, sein Begleiter aus Afrika und die verführerische und Feme fatale Salomé. Ansonsten begegnet er – und damit der Leser – allen möglichen historischen Persönlichkeiten. Die Geschichte wird durch seine Anwesenheit doch etwas anders interpretiert, als wir es in den Geschichtsbüchern lesen können.
Insgesamt bizarre Lektüreerfahrung, die ich ohne den Umstand, dass das Buch von Meyrink ins Deutsche übertragen wurde, nie gemacht hätte.
8 / 10 Punkte.
Der neue Stern, bekannt als Zentralorgan des guten Geschmacks, stellt in seiner Septemberausgabe "Das intergalaktische Bestiarium" vor. Es gibt einen Bericht über unsere Lesung im Leipziger "Haus des Buches", verfasst von Thomas Hoffmann, und eine Rezension des Buchs von Bernd Wiese.
Bernd Wiese schreibt:
"Petra Hartmann hat fantastische Landschaften und Tiere geschaffen, die in einem Sammelsurium eines kosmischen Zoologen unserem Geist vorgeführt werden. Doch bei aller Fantastik werden hier trotzdem mal lustig, mal melancholisch auch Gegenwartsprobleme von Natur- und Umweltschutz verschlüsselt. Grundlage der Erzählungen sind die fantastischen Grafiken von Thomas Hofmann (...), denn anders als sonst üblich gab es erst die Zeichnungen, zu denen dann Petra Hartmann stimmige, kongeniale Storys konstruiert hat."
Gelobt wird, dass Verleger Eric Hantsch die Geschichten in seiner "gewohnten hochqualitativen und Bücherfreunde ansprechenden Weise" herausbrachte.
In seinem Lesungsbericht erzählt Thomas Hofmann von den Vorbereitungen und Befürchtungen im Vorfeld und darüber, dass es dann doch "mehr Besucher als befürchtet" wurden und mehr als bei Bestseller-Autor Nils Westerbror. "Und die, die da waren, hatten ihren Spaß, wie man lauten Lachern und anderen Rufen der Anteilnahme entnehmen konnte."
Thomas erzählt von seiner Bilderpräsentation und der erfolgreichen Suche nach unserem Protagonisten, der auf dem Titelbild tatsächlich zu finden ist. Über meinen Part schreibt er:
"Petra ist eine supergute, wirklich professionelle Interpretin ihrer Texte. Sie baute entsprechende Höhepunkte ein, die dann quasi erweckende Impulse auslösten. Das Publikum ging mit: habe ich selten so erlebt."
Besonders gefiel ihm anscheinend die Lesung aus "Die Parasiten". Dazu schrieb er: "Hier entfaltete Petra ihre vollen schauspielerischen Qualitäten, besonders, wenn es ans Fluchen ging, was eine Nebenfigur, Roderic, ganz gut beherrschte." Und die Leser und ich erfuhren aus dem Artikel, warum der Verleger Eric Hantsch das Projekt so mochte, dass er uns aufnahm: Es erinnerte ihn an den DDR-SF-Klassiker "Die Reise zum Stern der Beschwingten" von Gerhard Branstner. (Memo an mich: Kaufen und lesen.)
Thomas zitierte auch meinen verzweifelten Ausruf beim Blick auf seine Bilder: "Was hat der Mann sich denn jetzt wieder ausgedacht?" Seine gelassene Antwort darauf: "Die Wahrheit ist: Ich brauchte mir gar nichts dabei zu denken, denn das war ja ihr Job!"
Es gibt übrigens beim Verlag nur noch 17 Exemplare des Buchs. Also, falls ich "Das intergalaktische Bestiarium" lesen wollt, holt es euch schnell bei der Edition Dunkelgestirn.
Der Neue Stern ist der Rundbrief an die Freunde des Andromeda Science Fiction Clubs Halle. Nummer 116, 9/2025 trägt diesmal einen Titel im Riograndenser Hunsrückisch: "Nay xtërn".
Ich kenne nun schon ein paar Romane von Sven Haupt und stelle immer wieder fest, dass er die Fähigkeit besitzt, Personen, Gegenstände, Tiere, Metaphysisches und KIs auf eigenartige Weise zu verknüpfen. Heraus kommt ein Mischmasch der Dinge, das zwar nicht unbedingt glaubwürdig ist – die eigene Vorstellungskraft wird dabei manchmal arg strapaziert – trotzdem passt alles irgendwie zusammen.
"Der Himmel wird zur See" erschien im Juni 2025 im Eridanus Verlag, Bremen. Die Umschlagsgestaltung übernahm wieder Detlef Klewer.
Hannah Riley muss als Raumschiffpilotin zusammen mit dem Roboter Andy einen wichtigen Auftrag erledigen. Es geht, wie so oft, um das Überleben der Menschheit. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Die Hauptfigur erinnert mich stark an die in den anderen Romanen des Autors. Er wählt stets den unangepassten Typ, der massive eigene Probleme hat und dann noch mit Schwierigkeiten der besonderen Art zu kämpfen hat. Aber das macht ja die Quintessenz eines spannenden Romans aus.
Auch ist in den Werken immer jemand da, mit dem sich diese Figur einen verbalen oder gedanklichen Schlagabtausch liefert. Ich denke mal, das ist nötig, um den speziellen Humor (den ich mag) des Autors unterzubringen.
Alles in allem gefiel mir das Buch wieder gut.
Als Cover hätte ich wahrscheinlich keine Frau mit Waffe genommen; das impliziert für mich im ersten Moment nur pure Gewalt. Obwohl, wenn man den fast verträumten Blick der Frau näher betrachtet und die literarischen Sachen des Autors kennt, weiß man, der Roman wird anders sein als vermutet.
Weil dort drin auch Vampire auftauchen, hätte ich sicher einen bildlichen Hinweis dazu gegeben. Wenigstens einen klitzekleinen. Ein Vampirchen. Und wenn es nur in einer Ecke des Covers wäre.
Jeder 6. Mensch in Deutschland liest keine Bücher.
Das geht aus einer Umfrage (2024) hervor (DACH-Länder, Frankreich,Italien; 5000 Befragte) , die im Auftrag des Onlinebuchhändlers Galaxus in Auftrag erstellt und Anfang diesen Jahres veröffentlicht wurde .
Demnach kommen hierzulande 1/3 der Befragten auf 1-3 Bücher im Jahr. Nur die Hälfte will künftig mehr lesen – was den niedrigsten Wert darstellt. Ähnlich Lesefaul zeigt sich höchstens noch Frankreich.
Deutsche benutzen vergleichsweise häufiger ebooks (19%) - und Hörbücher (11%). Zur Lesefaulheit der Deutschen passt letzteres wiederum, dass sie im europäischen Vergleich die meisten Hörbücher konsumieren – jede zehnte Person in der Bundesrepublik lässt sich Bücher vorlesen.
Das Lieblingsgenre was Spekulative Fiction anbelangt ist bei Deutschen die Fantasy – Franzosen stehen eher auf Science-Fiction (s. 2. Grafik).
Frauen lesen dagegen häufiger Romane: in Deutschland beispielsweise 3 von 5 Frauen und nur 2 von 5 Männern.
Quelle:
https://www.galaxus....e-buecher-36136
bitte auf Grafiken klicken zum vergrössern:
Nur was endet, hat bekanntlich einen Sinn: Also ist es Zeit, dass auch dieser Vlog zu Ende geht – alles hat ein Ende, ergo auch das Ende. See you in a better place... ¯\_(ツ)_/¯
Die Leiden des jungen Verlegers
Ich bin mal wieder spät dran*, und tausche außerdem für diesen & den nächsten Eintrag die Neu-/Alt-Reihenfolge. Es handelt sich hier platzhaltend um ein Buch aus der Dr.-Seuss-Reihe, die in den 60ern die Vorgehensweise beim Lesen-Erlernen für Kinder revolutionierte. Außerdem hält sich das Buch an die Nonsens-Tradition von anderen Kinderbüchern seit Alice in Wonderland, was Kindern (& mir, übrigens) sicher so gut wie immer gefällt. (Und: Eine brandneue audiovisuelle Umsetzung erscheint heuer auf Netflix!)
Im Buch erscheint ein frecher Kleinling namens Sam-I-Am, auf einem hund-ähnlichen Wesen vorbei-reitend, der einen älteren, größeren Pelzherren mit hohem schwarzen Hut auf die Nerven geht. Dieser sagt öfter "I do not like", anfangs in Richtung Sam, aber kurz danach auch dem Gericht das ihm Sam unter die Nase hält - Schinken mit grünen Spiegeleiern! Als aber der Schwarzhütige dies das erste Mal nicht mag, schaltet der Rothütige schlauerweise auf die Logikschiene - mag der Ältere das Gericht vielleicht an einem anderen Ort? Denn schließlich isst das Hirn ja mit, und vielleicht fühlt der Andere sich anderswo wohl(gesinnt)er?
Lässt sich der junge bzw. sich nicht alt fühlende Leser darauf ein, ist klar womit das restliche Buch gefüllt wird - den absurdesten Orten & Vehikeln, wo Schinken mit solchen Spiegeleiern vielleicht doch schmecken könnte... Irgendwann gibt der inzwischen durchnässte Schwarzhütler auf - und dann geschieht noch ein kleines Wunder!
Seuss hat wohl damals die altmodischen "anspruchsvolleren" Kinderbücher - wie ev. auch Alice? - in die Ecke gepfeffert und mit jemandem eine Wette ausgemacht, dass er ein besseres erstes Lesebuch mit einem Vokabular von nur 50 Wörtern erstellen könnte. Ein Buch wie dieses locker gereimte war das Ergebnis. (Das hier ist neben dem früheren Cat in the Hat das bekannteste aus seiner langen Serie. Es gibt endlose Marketingumsetzungen davon! Ich behaupte, dass auch Hip-Hopper Will-I-Am sich daraus hat inspirieren lassen.)
Was ich an den Seuss-Büchern so toll finde, ist dass nicht nur die Texte schnell ins Absurde kippen, sondern die Illustrationen das praktisch von Anfang an tun, mit wilderen Aufstellungen mit jeder Seite. Die Protagonisten sind meist Tiere, oft eher unidentifizierbar - aber definitiv "furry" - und die tanzen/schweben/schwimmen in der Weltgeschichte herum, meist irgendwas unmöglich balancierend, umgeben von staunenden - oder selbst irgendwelche Stunts ganz lässig durchführenden - Zuschauern. Seuss stellt seine Welten subversiv gaga dar. (Oder angemessen der Zeitperiode: Dada! Apropos: Ich finde lustig, wie dieses 1. Buch die klassisch-amerikanisch-kapitalistische Rolle des ewigen nie-aufgebenden Verkäufers parsifliert!)
Diese Idee des einfacheren Anfangslernen wurde kurz danach dann auch von Sesame Street im TV fortgesetzt, und von vielen anderen Einrichtungen im Westen angewandt. Die US-TV-Serie wird übrigens im November ein halbes Jahrhundert alt!
Fazit: Am besten VORM Schauen bei Netflix sich mindestens ein Buch aus der Reihe mal reinziehen! Nachher kann man es einer Lieblingsenkelin oder so schenken; wird bestimmt mit großem Dank entgegen genommen.
(* offiziell ist das hier der Juli-Beitrag!!)
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