Hallo Trurl
Hallo Dirk, Diboo,
Wahrscheinlich habe ich eine allzu realitätsferne Vorstellung von der Profession des Schriftstellers als Künstler. Im Idealfall ist für mich ein Künstler jemand, der in erster Linie für sich selbst arbeitet. Und dabei hofft, dass das was er tut auch andere interessiert. Im Idealfall trifft dieses Eigeninteresse dann den Geschmack seiner Zeitgenossen. Und unterhält sie damit. Dann wird er auf einen Schlag berühmt oder erst später, wenn die Welt so weit ist zu verstehen.
Und ganz genau das sind 50% des Schreibens, dass Dirk und Dirk propagieren (das ich mich mal in einem Satz mit Diboo nennen kann
... cool
Der Typ Schriftsteller der hier vorgestellt wird, scheint mir eher jemand zu sein, der einen Beruf ausübt, so wie ich den eines Entwicklungsingenieurs. Der einen durchaus anspruchsvollen Job tut, aber eben kommerziellen Zwängen unterworfen ist, die ihn zwingen Dinge zu tun, die sich mit dem Auffassung einer selbstbestimmten kreativen Künstler-Existenz nicht so gut vertragen.
Jein, aber dazu gleich mehr.
Natürlich wollen oder müssen die meisten Künstler von ihrer Arbeit leben, aber es ist doch eine Unterschied ob die Arbeit gänzlich einem fremden Ziel untergeordnet ist (dann wäre der Künstler in der Tat ein Dienstleister, ein Kunsthandwerker oder Auftragskünstler) oder ob der Künstler weitgehend seine eigenen Ideen verwirklichen kann, ohne in künstlerischer Hinsicht Rücksicht auf (ökonomische) Interessen nehmen zu müssen. Also wenn der Autor nur noch das schreiben darf, was sich verkaufen lässt. Derart frei und unabhängig sind selbstverständlich nur die wenigsten. Das ist mir schon klar. Auch ein Künstler muss gewisse Kompromisse schließen, selbst wenn er berühmt ist und seine Kunst von allen begehrt wird. Allerdings darf er sich keine ästhetischen Einschränkungen auferlegen, sonst ist er, finde ich, eigentlich kein Künstler mehr.
Und hier erkläre mein Jein.
ICH bin auf Harald (Begedia Verlag) zugegangen und habe ihm MEIN Konzept zu "Armageddon ..." und "Der Pate ..." vorgestellt.
Beides im Grunde sehr gewagte Konzepte, umgesetzt von einem Nobody.
Und weißt du, was Harald gesagt hat?
Klasse!
Das gefällt, vor allem wenn du das schreibst. Mach mal fertig, ich entscheide dann.
Und das war's auch schon.
Kannst du dir vorstellen, wie dümmlich ich nach diesen Mails aus der Wäsche geglotzt habe?
Kein Reinreden, keine Vorgaben ... einfach: Mach mal.
Also wenn das dann keine künstlerische Freiheit ist, dass ich versuchen darf mit meinen Worten Leser zu unterhalten ... dann weiß ich es auch nicht.
Okay, dennoch haben gerade diese Großen der Literatur sich nie ihren Lesern angebiedert oder es ihren Lesern einfach gemacht, wie übrigens alle großen Schriftsteller.
Bist du da ganz sicher?
So zu 100%, dass Shakespeare keine vollen Theater haben wollte? Das Goethe, Schiller und Kafka schon ganz gerne etwas mehr Geld mit ihrem Schreiben verdient hätten?
Und das meine ich, wenn ich sage, dass sie in erster Linie Künstler gewesen sind, die ihr eigenes Ding gemacht haben, ohne sich darum zu kümmern, ob das was sie schreiben ankommt oder nicht. Ich glaube, die waren selbstbewusst genug, einfach davon auszugehen.
Die Grenze zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz ist fliessend.
Meinen Respekt vor demjenigen, der sie erkennen kann und niemals den Fluss Styx überschreitet.
Und wenn sie ihre Zielgruppe dennoch gefunden haben, liegt das allein an ihrem Talent, ihrer Genialität. Deshalb wird jeder Schriftsteller der etwas kann, früher oder später sein Publikum finden und auch Geld verdienen ohne sich unnötig verbiegen zu müssen oder danach zu schielen ob er verstanden wird.
Puuuh, slippery when wet!
Leider gibt es dazu keine Zahlen, aber ich glaube, dass auf einen Veröffentlichten (also talentierten und sich seines Genius bewussten Schriftstellers), mindestens 100 kommen, die genauso gut sind.
Mir als Leser muss nicht alles gefallen, was ein Schriftsteller so schreibt, aber andererseits muss sich ein Schriftsteller auch nicht dem vorgestellten Leser unterwerfen, um verstanden zu werden. Etwas Denkarbeit darf der Autor durchaus auch vom Leser erwarten. Aber ich als Leser entscheide, was mir gefällt und was nicht und ob ich ein Buch lese hängt allein von meinem Interesse ab und davon ob ich in einem Werk Qualitäten erkenne und es ist mir vollkommen egal ob dieses Werk zielgruppengerecht entwickelt wurde. Im Gegenteil würde es mich, wenn ich so ein Konzept vermuten müsste, eher davon abhalten dieses Buch zu lesen, weil mir die Intention des Geldverdienens zu plakativ erscheinen würde.
Jetzt greife ich mal tief in die Eigenwerbungskiste:
Ich habe das Konzept und die ersten beiden Bände zu "Armageddon, die Suche nach Eden" verfasst.
Zombies, taffe Braut, toller Typ, ein dunkler Mann und sein Gegenspieler, zwei Hände voll Kinder mit besonderen Begabungen (ein Teil von ihnen sogar behindert) und das Ganze startet in Köln... nix neues, oder? (Okay, könnte vielleicht noch unter "Regionalhorror" laufen
)
Ich habe frei von der Leber weg etwa 5 Jahre bewusst an dem Konzept gearbeitet, gefeilt und gehobelt.
Und ich habe, damit das Ganze eben doch etwas wird, das nicht nach 08/15 aussieht, lange recherchiert.
Gesetzeslagen zum Einsatz von Militär im Inland, WHO-Vorgaben zu einer weltweiten Pandemie, Kriegsrecht und seine Umsetzung, die Bibel, theologische Fachbücher, okkulte Fachbücher, Serien, Filme, Comics zum Thema Zombies, Drogensucht, Mongoloismus und seine Auswirkungen auf diese Menschen im Alltag etc.pp..
Und zuletzt habe ich mich da schlau gemacht, wo ich mit der ganzen Sache hinwollte:
Bei den Lesern.
Was mögen die an Zombies?
Was verlangen sie von denen?
Was macht da die Spannung aus?
Warum habe ich also nicht einfach, von meiner eigenen Genialität überzeugt, sofort losgelegt?
Weil ich ohne Leser nichts weiter wäre, als ein einzelnes Stimmchen in einem Orkan aus Neuerscheinungen und älteren Veröffentlichungen zu diesem Thema.
Ich wollte und will mit diesem Projekt die Leser erreichen, und nicht meinem Ego schmeicheln.
Wie erreiche ich aber die Leser, wenn ich ohne auf sie zu hören oder sie zu kennen, einfach drauflos schreibe?
Ich habe das Ganze just for fun und ohne Profitgedanken angefangen, und dennoch habe ich mich gefragt, was die Menschen, die ich mit dieser Geschichte erreichen will, sich wünschen.
Ja, ich bin sogar soweit gegangen, dass ich Harald fragte, ob wir nicht, weil ich eben ein Nobody bin, den ersten Band "Gottes letzte Kinder" für einen Tag bei amazon kostenlos anbieten sollten.
Haben wir gemacht.
Und das mit einem Erfolg, der das ganze Team vollkommen überrumpelt hat.
Wie haben wir reagiert?
Wir haben den Preis für den Auftaktband und alle Folgebände gesenkt.
Weniger Tantiemen für Ben und mich, weniger Kohle für Lothar, und ebenso für Harald, der für alles die Rübe hinhält.
Würdest du jetzt diesem Projekt, dass eindeutig auf Profit ausgelegt ist, bescheinigen, dass man das auch spürt?
Würdest du jetzt immer noch sagen, dass ich mich verbogen habe, um an meine Leser zu kommen, obwohl ich alles das, was ich sagen und schreiben wollte auch gesagt und geschrieben habe?
Okay, vielleicht bin ich wirklich die berühmte Ausnahme.
Aber so ganz mag ich das nicht glauben, denn dafür bin ich zu selbstkritisch.
Ich schreibe, weil es mir Spaß macht Welten und Abenteuer zu erfinden.
Ich schreibe, weil ich die Menschen unterhalten möchte.
Ich schreibe, weil ich mir ein nettes Zubrot für meinen Lebensunterhalt erhoffe.
Aber all das kann ich nie erreichen, wenn ich beim Schreiben nur in den Spiegel sehe, und die Massen vor der Tür unbeachtet lasse.
LG
Dirk
Bearbeitet von Dirk, 24 März 2012 - 18:40.