Hallo Karl
Was ist das Wesen einer Blase?
Einige versprechen vielen alles.
Das Ding bläht sich auf, wird zum Selbstläufer ... und dann holt die Blase die harte Realität ein, die da ganz trocken die Tatsache aufgestellt hat, das ungebremstes und ewiges Wachstum in der Natur (und auch in der Wirtschaft) nicht vorgesehen ist.
Wenn die Blase dann mit einem lauten Knall zerbirst, haben die Pioniere meist ihre Schäfchen im Trockenen, die Nachzügler ertrinken und die Anleger, in diesem Fall die gutgläubigen Autoren, haben Lebenszeit und schlimmstenfalls auch Kohle in einen Traum investiert, der sich nie erfüllen wird.
Wo sind die Selfpuplisher der TV-Landschaft?
Wo sind die CD-Millionäre, die es aus dem Stand via "Deinetube" on the Top geschafft haben?
Bei allem Respekt, aber für meinen Geschmack wirfst du hier fröhlich die verschiedensten Industrien durcheinander, vermengst Verlage und Selfpuplisher, rührst das ganze mit einer gehörigen Prise Pioniergeist ... der Letzte, der nach solchen Worten achtkanitg aus meinem Wohnzimmer geflogen ist, war der nette Herr Kaiser von der Hamburg Mannheimer.
Und der ist heute pleite
(Nicht böse gemeint, kein persönlicher Angriff
)
Sicher ist, dass die Verlage sich neu aufstellen müssen.
Die Kleinen sind da wie die Guerillas viel schneller und flexibler, als die Riesen der Großen.
Hier sehe ich für Autoren die Chance, denn ein kleiner Verlag macht eher Verträge von Fall zu Fall, als ein Großer, der eine Milchkuh gewittert hat.
Hier sehe ich die Chance für Autoren (also auch für mich) aktiv an der "neuen Weltordnung der Kultur des Abendlandes" mitzuwirken, indem ich meine Geschäftspartner, also die Kleinverlage mit unterstütze und im Gegenzug ebenso viel (wenn nicht sogar noch mehr) Unterstützung erhalte.
Aber ich sehe hier in keinster Weise auch nur die geringste Möglichkeit, dass ein Einzelkämpfer im Schriftstellertum plötzlich wie König Arthur zum Vorsitzenden der Schwafelrunde wird.
Ja, man kann mit entsprechender Arbeit und Vorleistung im Selfpuplishing auf sich aufmerksam machen.
Dank Internet besser als früher.
Aber die Zeit, die ich darin investieren muss, dass ich überhaupt erstmal als Autor erkannt werde, wenn ich den Mund aufmache, die investiere ich persönlich lieber in die Verbesserung meiner Fähigkeiten, das Überarbeiten meiner Manuskripte, in das Feilen an neuen Ideen ... die ich one and only Kleinverlagen anbiete.
Klinge ich wie ein tiefgläubiger Kleinstautor für Kleinverlage?
Ja.
Mit vollem Bewusstsein.
Die haben nämlich noch keine Kalkablagerungen in den Gelenken.
Die sind noch fit und agil, wenn ein Text zumindest im Ansatz überzeugt.
Die entscheiden von heute auf Morgen zum Beispiel die vorab kalkulierten und an die Öffentlichkeit kommunizierten Preise für ein e-book nach unten zu setzen, wenn eine Marketingaktion ein überragender Erfolg war.
Die Kleinverleger tummeln sich in Foren, sind anfassbar, haben eine Meinung, haben ein Gesicht, man kann mit ihnen auf einem Con einen heben gehen ... (Als Alleinunterhalter eine ziemlich dröge Angelegenheit, oder nicht?) ... aber die haben bei all dem mit Sicherheit keine Zeit, auf Talentschau im Internet zu gehen.
Es wird meiner Meinung nach weiterhin dabei bleiben, dass steter Tropfen den Stein höhlt, das ein Autor als Produzent eines Rohprodukts zu einem Verleger seiner Wahl geht, um das Produkt in gemeinsamer Arbeit zu Verfeinern und zu verkaufen.
Das ist gar nicht so anders, als beim Selfpuplishing, wo ein ernsthafter Autor sich einen ernsthaften Lektor und einen begabten Coverkünstler sucht, um mit ihnen gemeinsam sein Produkt zu veredeln und zu verbessern. Einzige Ausnahme:
Er geht in Vorkasse.
Ein Lektorat kostet nach meiner Erfahrung zwischen 5 und 8€ pro Normseite und Durchgang.
Bei einem Schinken von 300 Normseiten kommen da schnell mal ein paar Mücken zusammen.
Wie, und vor allem wann, will der Lektor jemals an seinen Stundensatz kommen, wenn er am Erfolg beteiligt ist?
Und wo bleibt der Coverkünstler?
Wann will sich der Autor denn endlich einen Wagen der gehobenen Mittelklasse leisten können? (hallo Diboo
)
Schieben wir das mal auf Seite.
Das Produkt ist fertig, der Autor hat einen Kredit in Höhe eines Kleinwagens aufgenommen.
Macht er sich an das nächste MS um seinen Ruf zu untermauern?
Nö.
Er geht auf "Clubtour" im Internet, bietet seinen Roman wie Sauerbier an, hat mehr Passworte und Forenadressen im Kopf, als die Gelben Seiten Klempner anbieten können.
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Karl, ich respektiere deine Sichtweise und will dich nicht angreifen.
Aber inzwischen habe ich auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel, und nicht wenige davon verbringe ich mit Schreiben (und zuvor habe ich einige Zeit mit Musik verbracht) und inzwischen glaube ich schon zu wissen, wo der Bär im Buchweizen seine Geschäfte hinterlässt.
Autoren verkaufen ebenso wie die Filmfabriken in Übersee Träume.
Amanda Hocking, Cory Doctorow ... das ist der Stoff aus dem die Träume sind.
Aber es ist ein sehr dünner Stoff, der schnell reißt, wenn man ihn zu sehr belastet.
Ich bleibe dieser Goldgräberstimmung gegenüber kritisch.
LG
Dirk