Ich lese die Heyne Ausgabe von 1973 und bin jetzt auf Seite 73 (Ende von Kapitel 11). Sehr interessant ist für mich die Wendung, dass eine fast "perfekt" funktionierende Welt von dem der sich gegen Gott gestellt hat geschaffenen worden sein muss. Der Teufel steckt als doch im Detail! Als der Pater darüber sprach, bei den Lithiern nie Zweifel festgestellt zu haben, war mir recht klar in welche Richtung das geht, denn es ist gibt nur zwei "Entitäten" die nicht zweifeln, dass sind die "Vertreter" des Guten und des Bösen. Da das Gute aber wohl nie direkt agiert, blieb für mich nur noch das "Böse" übrig, was die Geschicke auf Lithia im Hintergrund lenkt. Verwunderlich fande ich da schon, die Entscheidung von Ramon das Geschenk mitzunehmen. Da liefen im meinen Kopf alle Szenen von Alien oder Zombiefilmen ab, bei denen jemand nur mal so zu Testzwecken eine Probe oder ein Ei mitgenommen hat. In einem der Jurassic Park Teile war es auch so. Wäre ich davon überzeugt gewesen, dass diese Wesen Teil eines bösen Plans sind, hätte ich auf der Rückreise einen kurzen Halt an einer Sonne gemacht und die Vase durchs Fenster, ähm die Leuchtschleuse, entsorgt. Aber he, man kann ja nie wissen ... Lustig fand ich auch die Stelle als Chetax einfach kommentarlos weg geht, als er bemerkte, dass die Menschen sich streiten. Super. In Contact, dem Film, wurde doch auch darüber debattiert, ob bei dem möglichen Erstkontakt ein atheister Wissenschaftler oder jemand mit christlichen Glauben als Vertreter gewählt werden soll. Im Film war dies auch ein wichtiges Entscheidungskriterium für das Auswahlkommitee. @Valerie: Warum kann der Anti-Christ nichts erschaffen? Steht das irgendwo? Ich habe keine wirkliche Unterweisung in der christlichen Religion erhalten, daher bin ich auf diesem Gebiet recht wacklig unterwegs. Mal sehen wie die zweite Hälfte wird.
James Blish - Der Gewissensfall
#31
Geschrieben 06 Februar 2016 - 17:36
#32
Geschrieben 06 Februar 2016 - 17:46
So, wie Blish das beschreibt und als Grundlage der Häresie hinstellt, scheint es ein tatsächliches Dogma des Christentums zu sein, dass nur Gott die schöpferische Macht hat.
#33
Geschrieben 06 Februar 2016 - 17:56
So, wie Blish das beschreibt und als Grundlage der Häresie hinstellt, scheint es ein tatsächliches Dogma des Christentums zu sein, dass nur Gott die schöpferische Macht hat.
Genau. Wird m.E. auch im Buch erwähnt - zu behaupten, Satan könne erschaffen, ist genau die Häresie, die der Vatikan dem Pater vorwirft.
#34
Geschrieben 06 Februar 2016 - 19:50
Genau. Wird m.E. auch im Buch erwähnt - zu behaupten, Satan könne erschaffen, ist genau die Häresie, die der Vatikan dem Pater vorwirft.
Stimmt, ich glaube mich an eine Stelle zu erinnern, wo ich so was gelesen habe.
#35
Geschrieben 07 Februar 2016 - 10:02
Ich hab das Buch nun seit 20 Stunden in Händen und hab mich bemüht schnell* bis zum Ende des V. Kapitels durch zu kommen.
Vorab: Ich bin - wie oft - entzückt von Blishs Schreibe. Es gibt wenige SF-Autoren, die so gekonnt mit der engl. Sprache umgehen können wie er (mir fällt auf Anhieb nur Simmons ein, der aber einen wesentlich pompöseren Stil inne hat), und merke wie ich immer wieder mal im Wörterbuch (das beste online m.E.: das des US-Wörterbuchverlegers Merriam-Webster) nachsehen muss. Auch finde ich cool, dass er manchmal in so eine Art Drehbuchmodus schaltet. Wobei er dort und anderswo SEHR aufs Gehörte achtet in diesem Roman!
Auch finde ich so gut wie nichts bisher veraltet, obwohl der Roman fast 6 Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Es fehlt bisher eine einfache aber mächtige Möglichkeit der 4 Kommissionäre miteinander jederzeit zu kommunizieren. Aber es wird ja mehrfach angedeutet, dass der Radiofrequenz-Output des Planeten unerwartet stark ist - wg. diesen riesigen Kommunikations-Bäumen in jeder Großstadt - und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass die Kommunikationsmittel, die die Terraner mitbrachten, einfach nicht funktionieren...
Zum Plot: Ich hatte vergessen, dass es in diesem Buch u.a. um eine interessante Auseinandersetzung mit dem Konzept Vernunft geht. Man könnte den Titel auch in A Case of Sanity ummünzen, womit der "Fall" darin sich allerdings v.a. an die Außerirdischen wendet. Es ist einfach Klasse, dass der neugierige** Jesuitenpater mit einer Gesellschaft konfrontiert wird, die die fleischgewordene Vernunft zu sein scheint - derart extrem, dass Emotion nur ein kleines Nebenprodukt der Einheimischen zu sein scheint, und deren große Selbstsicherheit nie stolz wirkt. Mir kommt sofort der Gedanke, ob die Xenophobie, die doch alle Expeditionsmitglieder teilweise empfinden müssen, die eigentliche Motivation ist für seine kommenden Zweifel an dem unschuldigen/natürlichen Wesen dieser Welt.
Genial!
P.S.*: Ich bin nach knapp unter einem Viertel der Zeit durch einen Viellesespurt heute morgen nun bei etwas über dem 1. Viertel des Buches angelangt. Und liege damit m.E. in der Zeit in diesem Zirkel. Ich werde mir fürs restliche Buch entweder die verbleibenden 3 Wochen oder weniger nehmen, trotz der üblichen Schnellleserei, die hier im Thread bisher zu beobachten ist. Sehe mir jetzt auch in Ruhe diejenigen Kommentare hier an, die deutlich das 1. Buchviertel adressieren; alle anderen ignoriere ich...
P.P.S.: Ich bin erstaunt, wie der Roman teilweise wie ein Prequel zu dem Film Avatar wirkt, mit dem sich anderswo im Board gerade wieder mal beschäftigt wird. Die Aliens sind blau- oder lila-häutig, und körperlich viel größer als Menschen (über 3m!). Ein riesiger Baum spielt eine zentrale Rolle in ihrem Leben, und ansonsten sind sie recht naturvolkhaft. Und die Menschen erwägen, den Planeten irgendwann kommerziell "auszuwerten"...
(** das Standardbild, das man m.E. in engl.-sprachigen Ländern von einem der "Hunde des Papstes" hat, ist, dass sie i.d.R. weltoffene Intellektuelle sind, die aber am Ende immer urteilen, was kanonisch ist oder nicht - insofern eine perfekte Rolle, die Blish sich da für das Beurteilen einer solchen Mission ausgedacht hat!)
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 22 Februar 2016 - 18:16.
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Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#36
Geschrieben 10 Februar 2016 - 21:11
Ich bin jetzt mit dem Buch durch und bin auch nicht wirklich warm geworden mit dem Roman.
Viele Aspekte, die mir nicht so gefallen haben, wurden schon genannten. Es fühlt sich wie zwei Geschichten an, die Charaktere wirken etwas zusammenhangslos, die Motivation für die Provokationen von Egtverchi erschließen sich mir nicht und das mit der Kirche bekomme ich am Ende auch nicht so richtig auf die Reihe.
Mir ist zwar der moralische Konflikt von Ramon klar aber die Kirche und auch Ramon sind mir dabei viel zu passiv. Die Kirche unternimmt nichts, jedenfalls nichts wo von wir erfahren, außer Ramon zu exkommunizieren und zum Exorzismus an Lithia anzuhalten. Keine "Sondereinheit" der Templer oder mal eine Einflussnahme bei der UNO?? Im Rückblick ist das Schicksal von Lithia mit der Einschätzung von Cleaver, den Planeten als Waffenlabor zu nutzen, besiegelt. Keiner der Beteiligten scheint wirklich Einfluss zu nehmen.
Am Ende kann Ramon den Vorgang nur als göttliche Intervention deuten und viel mehr Macht als die Deutungshoheit für sich zu beanspruchen, hat die Kirche dann wohl nicht.
Nach dem ich den Post von Yip gelesen habe, musste ich aber auch einräumen, dass es ein paar gut geschriebene Stellen gab. Kann mir jemand sagen, ob bei der Übersetzung viel untergeht?
Sehr interessant fand ich, dass Kapitel in dem der Partyplaner der Gräfin seine Sicht auf die Veranstaltung preis gibt. Er wirkte auf mich wie ein Feldherr der seinen "Gegner" und die Fähigkeiten seiner eigenen Leute genau kennt und den Ablauf im Voraus perfekt geplant hat. Bei dieser Darstellung lässt Blish ein sehr feines Gespür für soziale Prozess durchblicken. Das war für mich ein sehr unterhaltsames Kapitel.
Positiv ist für mich auch, dass der Roman nicht veraltet wirkt, außer vielleicht das Tonband was weiter oben schon mal genannt wurde.
Aber ein Klassiker wird der Roman damit für mich nicht.
#37
Geschrieben 10 Februar 2016 - 21:14
ich finde das Frauenbild ziemlich veraltet.
#38
Geschrieben 10 Februar 2016 - 22:24
ich finde das Frauenbild ziemlich veraltet.
Ja? Mir sind für eine Einschätzung nicht wirklich viele Informationen vorhanden. Die Abwesenheit von Frauen könnte aber auch als ein Zeichen für ein veraltetes Frauenbild angesehen werden.
Auf Lithia kommen nicht viel Frauen vor, gut das wäre vielleicht ein Anzeichen. Dr. Mei hat studieren dürfen und einen Job in einer Forschungseinrichtung. Gut die Gräfin ist halt eine "einfache" High-Society-Lady.
#39
Geschrieben 10 Februar 2016 - 22:30
Das ist auf den ersten Seiten. Da wird erwähnt, warum keine Frau an der Expedition teilnimmt. Weil die sich nämlich von Gefühlen den wissenschaftlichen Verstand vernebeln lassen oder so.
#40
Geschrieben 11 Februar 2016 - 20:07
Gut, da habe ich wohl schwungvoll drüber hinweg gelesen. Das ist für mich aber nicht unbedingt ein veraltetes Frauenbild sondern eher ein veraltetes Männerbild. Es hat sich wohl gezeigt, dass das auch auf Männer zu trifft.
Aber ich erkenne auch an, dass Frauen von Expeditionen mit dieser Begründung ausgeschlossen werden, wahrscheinlich weil sie Frauen sind und das mit den Gefühlen sich als "Grund" bewährt hat. Obwohl genau betrachtet das nicht viel her macht, die haben ja auch einen Biologen ähm Religiösen (Ramon) mitgenommen.
#41
Geschrieben 12 Februar 2016 - 07:41
das nicht viel her macht, die haben ja auch einen
Biologenähm Religiösen (Ramon) mitgenommen.
So habe ich das noch gar nicht gesehen. Toll! Vielleicht ist das eine beabsichtigte Diskrepanz, mit der Ramons Ansichten gleich zu Beginn ad absurdum geführt werden.
#42
Geschrieben 12 Februar 2016 - 08:40
James Blish war ja selbst Biologe und man kann das schon als Selbstironie (oder Spitze gegen solche Kritiker?) lesen. Daher ist auch schwer zu beurteilen wie die Aussage mit dem Frauenbild gemeint war.
http://defms.blogspo...blick-2023.html
#43
Geschrieben 12 Februar 2016 - 15:45
[...] Nach dem ich den Post von Yip gelesen habe, musste ich aber auch einräumen, dass es ein paar gut geschriebene Stellen gab. Kann mir jemand sagen, ob bei der Übersetzung viel untergeht?
[...]
Vergleicht man die US-Edition (A Case Of Conscience, S.F. MASTERWORKS, English Edition) mit dieser aktuellen deutschen Ausgabe, fällt auf, dass manche Sätze ausgelassen wurden. Das ist bitte nur ein flüchtiger Eindruck. Es gibt mMn auch Stellen, die darauf hindeuten, dass die Edition flüchtig überarbeitet wurde, da manche Teile korrigiert wurden, allerdings z.B. die gleiche Vokabel im gleichen Absatz einmal richtig und einmal "holprig" übertragen wurde.
Wie erwähnt, das ist nur ein oberflächlicher Eindruck. Eine endgültige Meinung wäre nur nach Parallel-Lesen möglich. Das dauert etwas ...
Nebenbei und OT: Die gebundene (engl.) Ausgabe ist um wohlfeile € 2.750,56 erhältlich ...
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#44
Geschrieben 12 Februar 2016 - 17:12
ich finde das Frauenbild ziemlich veraltet.
Ich zitiere Gesprochenes aus dem Original (Arrow-Verlag, 1979er "reprint", S. 13):
Der Pater: "I wish my colleague Dr. Meid were able to see it. She would be even more delighted with it than I am.
Cleaver: "I don't hold with women in the sciences. Get their emotions all mixed up with their hypotheses."
(Danach geht's noch ein wenig weiter bezügl. ihres Nachnamens, den der Macho Cleaver für ihren Vornamen hielt.) Was genau ist daran bitte veraltet? Dass sich ein männlicher Wissenschaftler so etwas heut nicht mehr trauen würde zu sagen? In alleiniger Gegenwart eines anderen Mannes, den er noch nicht mal besonders respektiert (wg. seiner Berufung)?
Wer ein bisschen weiter gelesen hat (habt ihr ja alle, noch viel weiter als ich) weiß auch, dass Cleaver genau DAS tat, als er sein Votum abgab - er ließ seine Emotion hinein fließen. Blish stellt ihn also m.E. hier einfach für diese spätere Inkongruenz auf... Und dass Pater R.-S. nicht der gleichen Meinung ist, ergibt sich andeutungsweise aus der Art, wie er über die Kollegin spricht - und auch wie er später im Roman mit ihr im Dialog umgeht.
Nebenbei und OT: Die gebundene (engl.) Ausgabe ist um wohlfeile € 2.750,56 erhältlich ...
Dann muss es ein Klassiker sein!
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#45
Geschrieben 12 Februar 2016 - 17:50
... (Danach geht's noch ein wenig weiter bezügl. ihres Nachnamens, den der Macho Cleaver für ihren Vornamen hielt.) ...
Was in der von mir oben verlinkten Heyne-Ausgabe übrigens gestrichen wurde ...
Austriae Est Imperare Orbi Universo
#46
Geschrieben 12 Februar 2016 - 20:09
James Blish war ja selbst Biologe und man kann das schon als Selbstironie (oder Spitze gegen solche Kritiker?) lesen. Daher ist auch schwer zu beurteilen wie die Aussage mit dem Frauenbild gemeint war.
Dem stimm ich zu, ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass meine Überlegungen manchmal sehr weit hergeholt sind.
Vergleicht man die US-Edition (A Case Of Conscience, S.F. MASTERWORKS, English Edition) mit dieser aktuellen deutschen Ausgabe, fällt auf, dass manche Sätze ausgelassen wurden. Das ist bitte nur ein flüchtiger Eindruck. Es gibt mMn auch Stellen, die darauf hindeuten, dass die Edition flüchtig überarbeitet wurde, da manche Teile korrigiert wurden, allerdings z.B. die gleiche Vokabel im gleichen Absatz einmal richtig und einmal "holprig" übertragen wurde.
Wie erwähnt, das ist nur ein oberflächlicher Eindruck. Eine endgültige Meinung wäre nur nach Parallel-Lesen möglich. Das dauert etwas ...
Nebenbei und OT: Die gebundene (engl.) Ausgabe ist um wohlfeile € 2.750,56 erhältlich ...
Danke für deine Antwort. Da werde wohl mal die englische Ausgabe lesen.
Mal so nebenbei:
Auf der Seite von dem Link zur aktuellen Ausgabe ist mir aufgefallen, dass es gar keine Seitenangaben gibt. Bei Amazon ist mir das bei den eBook Angeboten auch schon aufgefallen, da steht dann meist die Downloadgröße, die mir aber nicht viel sagt. Mir wäre es lieber wenn auch bei den eBooks angegeben würde wie viele Standardseiten es sind. Solange es noch Printausgaben gibt, geht das nach, mal sehen wie das in ein paar Jahren aussieht.
... dass Cleaver genau DAS tat, als er sein Votum abgab - er ließ seine Emotion hinein fließen. Blish stellt ihn also m.E. hier einfach für diese spätere Inkongruenz auf... Und dass Pater R.-S. nicht der gleichen Meinung ist, ergibt sich andeutungsweise aus der Art, wie er über die Kollegin spricht - und auch wie er später im Roman mit ihr im Dialog umgeht....
Genau, das ist der Punkt der für mich auf ein veraltetes "Männerbild" hinweist. Auch Männer gründen ihre Entscheidungen auf Emotionen und sind keine reinen rationalen Entscheidungsmaschinen, falls es so etwas überhaupt geben kann.
#47
Geschrieben 19 Februar 2016 - 00:08
Nach weniger als 2 Dritteln der Zeit bin ich nun knapp über 2 Drittel im Buch durch: Am Ende von Kapitel XII.
Die gerade erlebte Party seines gesellschaftlichen Debüts hat der "teuflische" Alien-Sohn-auf-Erden Egtverchi ganz gut hin bekommen, finde ich. Was für ein erstaunliches Szenarium diese Party ist! Ob Blish das u.a. eingebaut hatte, um die etwas dröge Stimmung im Buch zu lichten? Also als Ablenkung von den vielen philosophierenden Gesprächen, zuletzt zwischen dem Pater, Mike Michelis und der netten Liu, ob Egtverchi wirklich ein denkendes Lebewesen ist, oder nur ein überdimensionierter Papagei...
Der große Knickpunkt im Roman bisher ist nun auch durchschritten: Des Paters absolute Ablehnung des fremden Planeten, für jeglichen weiteren menschlichen Kontakt geeignet zu sein. (S. Signature.) Ich fand die darauffolgende Begründung schon erstaunlich: Die neue Welt ist zu perfekt um wahr zu sein - also kann sie nur die Kreation des Großen Widersachers (Luzifer) sein! Aber dieser KANN laut katholischer Doktrin nichts wirklich erschaffen, denn wahre Schaffensakte bleiben nur Gott vorbehalten! -- Ich denke dieser logische Zwist ist, was den Atheisten* Blish gereizt hat diese SF-Umwelt zu bauen, worin der Pater nun diesen argumentativen Rutenlauf durchlaufen muss. Das Buch hat also wohl v.a. diesen dialektischen Kern, noch etwas umgarnt mit erzählungstechnischen Attraktoren, damit daraus ein spannender Roman wird.
Ergo: Ich finde ihn gut konstruiert UND spannend bisher.
BTW, diese Sache mit dem "Lesen" der gen-erblichen Herkunft eines jeden Lebewesens, die 1 Seite vor Ende des 12. Kapitels von Egtverchi eingestanden wird, empfinde ich als ein ziemliches Ding! Sie deutet einen Determinismus an, der immer wieder im Roman auftaucht - alle Protagonisten glauben das Universum sei immer klar entscheidbar. Scheint in den 60ern eine starke Meme gewesen zu sein. Es erinnert mich - auch wg. eines abendlichen Besuchs heute ins "Gatherland" - an den Handtester dieser furchtbaren alten Oberin am Anfang des Wüstenplaneten, der testet ob der jeweilige Mensch wirklich ein Mensch sei...
(Jetzt seh ich mir nochmal die Posts an, deren Poster auf dieser ungefähren Seitenzahl angelangt waren, als sie sie formulierten...
* wie er sich selber im Vorwrot zum Buch beschreibt!)
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 19 Februar 2016 - 08:16.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#48
Geschrieben 19 Februar 2016 - 07:46
Ich habe das Buch auch durch.
Die Sache mit dem Widersacher und dem Paradies erschließt mir sich von der ersten bis zur letzten Seite nicht. Ich schließe mich da Valeries Meinung an. Vieles wirkt aus der Luft gegriffen und nicht begründet. Man merkt, der Autor schreibt das Buch nicht aus wissenschaftlicher Sicht, sondern eher aus der Sicht...hm, eines Religiösen? Passt aber auch irgendwie nicht.
Das Buch gewann 1958 den Hugo und Hardy Kettlitz war in seiner Besprechung sehr euphorisch. Na, da kann man wohl geteilter Meinung sein.
Mir gefiel der Anfang, dann wurde es ziemlich zäh in den Bunkern und am Ende war mir das zu Hoppladiehop.
Insgesamt hat sich die Lektüre gelohnt, auch wenn ich dem Buch nicht soviel abgewinnen kann. Man konnte sich aber schön mit Allerlei auseinandersetzen, das hat der Blish schön heausgefordert.
Hardy meinte gestern, das Buch bereits zweimal mit Freude gelesen zu haben, ohne sich just an den Inhalt erinnern zu können
Bearbeitet von lapismont, 19 Februar 2016 - 07:47.
Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.
Moderator im Unterforum Fantasyguide
Fantasyguide
Saramee
Montbron-Blog
- • (Buch) gerade am lesen: Maxim Leo – Wir werden jung sein
#49
Geschrieben 19 Februar 2016 - 09:13
#50
Geschrieben 22 Februar 2016 - 18:08
Ich habe den Roman übers Wochenende gelesen und bin sehr angetan.
Für einen 1958 geschriebenen Roman, ist er mehr als nur bemerkenswert. Wirklich sehr wenig gealtert und sprachlich sehr gut, Als jemand der in religiösen Themen wenig bewandert und wenig interessiert ist, habe ich wie selbstverständlich die Empfehlung von Ruiz-Sanchez im ersten Teil des Romans, Lithia für den weiteren Konakt komplett zu sperren, als Schutz der von ihm sehr geschätzten Lithier vor der Ausbeutung verstanden.
Egtverchi Verhalten als Aufrührer erscheint mir überhaupt nicht schwer nachvollziehbar, Wer Probleme mit seiner Identität und damit wo er hingehört hat, ( und als einziger einer Spezies sollte das nachvollziehbar sein ) der
macht die abstrusesten Dinge. ( Es soll ja Menschen geben die aus einer der Wohlstandsgesellschaften Europas heraus Abenteuerurlaub in Kriegsgebieten machen um wildfremden Leuten die Ihnen nie was getan haben den Kopf abzuschneiden nur aus solchem Frust heraus ). Sicher, es ist wie vieles hier kaum angerissen und hätte es verdient gebabt vertieft zu werden, war aber damals wohl nicht unbedingt üblich. Heute hätte dieser Roman vermutlich den doppelten Umfang. Was fällt mir noch ein? Mir gefiel der erste Teil des Romanes besser als der zweite. Ich schliesse mich der Meinung an das der Roman zum Ende hin etwas hoppladihopp wirkt. Ich hatte zunächst Probleme die Argumentation der Kirche wirklich als ernst gemeint zu deuten. Zu absurd sind für mich oftmals religiöse Argumentationen. Das ein einfaches Gut und Böse - Himmel und Hölle für Ruis-Sanchez nicht ausreicht wollte ich gerne glauben. Er hadert ja auch. Aber ich kann mich dem Gedanken nicht völlig verwehren das meine ursprüngliche Deutung vielleicht doch die richtige war. Blish lässt doch hier durchaus Spielraum für des Lesers Spekulation. Vielleicht hab ich den Kirchenspökes aber auch fehl gedeutet.
Fazit.
Für mich ein guter, trotz seines alters sprachlich hervorragender Roman den ich zurecht einen Klassiker nennen würde. Wer den Hugo gewinnt der hat das allemahl verdient. Das Frauenbild ist bis auf den kurzen Einschub am Anfang( der ja wohl laut Yippie und Benutzer im Deutschen leider deutlich gekürzt wurde ) eher nicht richtig verhandelt. Sprich, es kommt nicht wirklich vor. Ein interessantes Kleinod der SF. 8/10 Klassikersterne.
Bearbeitet von Amtranik, 22 Februar 2016 - 18:11.
#51
Geschrieben 15 Januar 2022 - 20:35
Ich habe das Buch auch durch.
Die Sache mit dem Widersacher und dem Paradies erschließt mir sich von der ersten bis zur letzten Seite nicht. Ich schließe mich da Valeries Meinung an. Vieles wirkt aus der Luft gegriffen und nicht begründet. Man merkt, der Autor schreibt das Buch nicht aus wissenschaftlicher Sicht, sondern eher aus der Sicht...hm, eines Religiösen? Passt aber auch irgendwie nicht.
Das Buch gewann 1958 den Hugo und Hardy Kettlitz war in seiner Besprechung sehr euphorisch. Na, da kann man wohl geteilter Meinung sein.
Mir gefiel der Anfang, dann wurde es ziemlich zäh in den Bunkern und am Ende war mir das zu Hoppladiehop.
Insgesamt hat sich die Lektüre gelohnt, auch wenn ich dem Buch nicht soviel abgewinnen kann. Man konnte sich aber schön mit Allerlei auseinandersetzen, das hat der Blish schön heausgefordert.
Ich bin jetzt auch durch - mit sechs Jahren Verspätung. Religion ist zwar nicht so mein Ding, hier fand ich es aber erträglich. Ich fand die Figur des Ramon nicht sooo unsympathisch, jedenfalls anfänglich nicht. Später wurde er etwas abgedreht.
Hardys Rezension hatte ich auch gelesen und ich glaube, auch Jo Walton war nicht abgeneigt in ihrem Hugo-Buch. Ich hole ja seit einer Weile alle möglichen Hugo-Gewinner und andere Klassiker nach und das hier war günstig und nicht so lang, habe jetzt nur drei Tage gebraucht.
Mir gefiel das erste Drittel auch besser und ganz am Ende, als der Außerirdische flieht, das war auch wieder interessant. Zwischendurch hatte es für mich einen Hänger.
Ganz durchdrungen habe ich den Plot wohl auch nicht, stellenweise war es mir zu fremd und phantastisch. Es ist witzig, wie viele Gedanken ich mir heutzutage über die Glaubwürdigkeit einer minikurzen Kurzgeschichte mache und wie "das passt schon so"-mäßig offenbar früher so einige drauf waren.
Richtig gut hat mir aber gefallen, als sie anfänglich dem Cleaver vorgerechnet hatten, dass sich der Transport der teuren Metalle mit der hohen Dichte über 50 Lichtjahre hinweg nicht lohnt. Da war ich noch Fan des Romans, aber das Niveau hat er nicht so wirklich gehalten.
Ich fand auch die Aufzucht des Nachwuchses auf Lithia irgendwie krass, so "lebt oder sterbt, viel Glück, bis dann"-mäßig.
Podcast: Literatunnat
- • (Buch) gerade am lesen:meistens viele
-
• (Film) gerade gesehen: The Whale, Everything everywhere at once, Zurück in die Zukunft III
Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: James Blish, Der Gewissensfall, Klassiker, Lesezirkel
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