Und hier dann meine Besprechung:
Eine dreiköpfige Crew bricht zum Mars auf, was sich jedoch als Lüge für den uneingeweihten Marlon erweist, denn in Wirklichkeit geht es zum Titan. Ein Mond, der eigentlich nicht besiedelt sein dürfte.
Dort sollten sie von ebenfalls drei Personen erwartet werden, wovon allerdings nur eine anwesend ist. Die Aussage, die anderen beiden seien im Außeneinsatz unterwegs, erweist sich als Lüge, als ein Crewmitglied im Kühlraum als Leiche entdeckt wird. Als Sunita, die Chefin der Neuankömmlinge, der Sache auf den Grund gehen will, kommt auch sie ums Leben. Darüber wird erstaunlich schnell hinweggegangen und man widmet sich mehr den Gegebenheiten vor Ort, denn es gibt hier fremdes Leben, dessen Entwicklung die Wissenschaftler rasch vorantreiben. Aus Marlon und Verve, der Leiterin der Station, wird ein Paar und Rain, ein asexuelles Wesen, das als »sie« angesprochen werden möchte, entdeckt auf einem Ausflug ein Wesen, dessen Entwicklung viel weiter fortgeschritten ist, als es sein dürfte. Sie hält es für ein Kind und nimmt es mit auf die Station. Das führt zu weiteren Verwicklungen.
Mir hat dieser Roman gut gefallen, denn er unterscheidet sich in vielen Dingen vom herkömmlichen Einheitsbrei:
Beide Crews werden von Frauen geleitet. Es gibt ein asexuelles Wesen und eins, das künstlich von einem Konzern gezüchtet wurde.
Anstatt Terraforming zu betreiben, wie das in so vielen Romanen beschrieben wird, versuchen diese Wissenschaftler, die Entwicklung des Lebens auf dem Titan voranzutreiben. Besonders Rain fragt sich im Laufe der Handlung, warum sie alle nicht versucht haben, auf ein gestörtes Crewmitglied zu reagieren, anstatt es mit Medikamenten sich selbst anzupassen.
Ich habe schon Romane gelesen, in denen das Rollenbild verkehrt wurde, indem die Frauen einfach die Rollen der Männer annahmen. So plump geht Aiki MIra nicht vor, sondern arbeitet weit differenzierter. Ein Chef ist jemand, der das Sagen hat, völlig egal, was er für ein Geschlecht hat. Aiki Mira versucht dem Leser auch Rain nahezubringen, indem uns viel von ihren Gedanken offenbart werden, was sie außerordentlich sympathisch macht.
Selbst der Bösewicht wird vielschichtiger beschrieben als schlicht und einfach nur böse. Aiki Mira schafft es mit wenigen Worten, ihren Charakteren ein Gesicht zu verschaffen. Über Verve zum Beispiel heißt es, die hätte zwei Nobelpreise ausgeschlagen. Das sagt mir mehr als langatmige Beschreibungen: Die Frau ist sehr schlau, aber auch ein wenig rebellisch. Sie hat ihren eigenen Kopf und setzt ihre Prioritäten selbst.
Mir gefällt, wie Aiki MIra mit Sprache umgeht, sie verwendet recht ungewöhnliche, aber anschauliche Vergleiche, die mich oft zum Schmunzeln gebracht haben.
Ihr Debüt ist locker und gekonnt geschrieben und weiß zu unterhalten.
Ich habe die Perspektivsprünge als eine Art moderner, allwissender Erzähler gelesen, aber so war es wohl nicht gedacht. Mich haben sie nicht gestört, aber wenn sie gewollt sind, hätte man sie auch »sauber« gestalten können.
Ich empfehle das Buch daher mit vier von fünf Sternen.