MartinHoyer schrieb am 17 Sep 2006, 16:26:
Deine Definition von "Mittelschicht" ist stark gewöhnungsbedürftig. Der durchschnittliche Akademiker in Deutschland lebt in kleinbürgerlichen Verhältnissen, hat bestenfalls ein Eigenheim und vielleicht 'nen Zweitwagen - aber dann muß er schon einen verdammt gut dotierten Posten an Land gezogen haben. Viele Akademiker harken Laub im Stadtpark für einen Euro die Stunde. Kurz gesagt: Der Bildungsgrad hatte zuletzt vor rund 150 Jahren zwingend etwas mit der Platzierung im sozialen Gefüge zu tun.
Nun ja, Akademiker sind nicht nur die Leute, die in einer Uni unterrichten. Faktisch ist jeder mit Hochschulausbildung ein Akademiker. Außerdme sind Einkommen und Bildung noch immer stark verknüpft. Diese Verknüpfung geht in beide Richtungen.
MartinHoyer schrieb am 17 Sep 2006, 16:26:
Tatsächlich ist es so, daß es Genre-Literatur wie SF für jede politische Ausrichtung gibt. Konservative, Linksautonome, bibeltreue Christen und Ultrarechte - sie alle finden die ihnen genehmen Vertreter der SF.
Wie schon gesagt, meinte ich mit "konservativ" nicht "politisch konservativ" sondern zurückblickend/fortschrittsfeindlich.
MartinHoyer schrieb am 17 Sep 2006, 16:26:
Du irrst. Selbst die härtesten Sozialfälle in der Bundesrepublik haben immer noch genug Geld, um sich drei bis fünf Vollpreis-Romane im Monat leisten zu können - und sie hätten sogar die Zeit, sie in diesem Monat zu lesen. Allerdings wird das Geld häufiger für Zigaretten und billigen Fusel ausgegeben, weil Perspektivlosigkeit herrscht. Und diese Perspektivlosigkeit ist es auch, die SF unattraktiv macht.
OK, das ist jetzt verdammt verallgemeinernd und überaus feindlich gegenüber Ärmeren.
MartinHoyer schrieb am 17 Sep 2006, 16:26:
Die "arabischen Staaten" an sich sind schon eine grob fehlerhafte Formulierung, aber das sei dahingestellt. Tatsache ist, daß muslimische Länder im schlimmsten Fall, wie zum Beispiel in weiten Teilen Afrikas, eine sehr geringe Alphabetisierungsrate haben und tatsächlich keine freien Mittel, sich SF-Romane zu kaufen, selbst wenn es sie denn zu kaufen gäbe.
Es geht hier nicht um muslimische Staaten, sondern, wie sowohl im Titel des Threads wie auch im Artikel, auf den sich diese Diskussion bezieht, genannt um arabische Staaten. Das es in vielen Teilen Afrikas keine SF gibt ist selbstverständlich und hängt nicht mit den dortigen Religionen zusammen.
MartinHoyer schrieb am 17 Sep 2006, 16:26:
Sie werden aber gar nicht angeboten, selbst dort nicht, wo die Petrodollar fließen und selbst der letzte Gastarbeiter noch genug verdient, um sich Bücher zu leisten. Auch nicht in Ländern wie Ägypten, wo es zwar deutlich mehr Armut, aber dennoch ein mit westlichen Nationen vergleichbares Gesellschaftsmodell mit einer großen Mittelschicht gibt.
Warum SF gar nicht angeboten wird, obwohl es im Prinzip Käufer dafür geben sollte, das ist die Frage, die zu behandeln wäre. Die Antwort kann nur mangelndes Interesse sein, entweder von potentiellen SF-Schaffenden, von potentiellen SF-Konsumierenden oder von beiden. Und dann bleibt noch die Frage, warum mangelndes Interesse an diesem Genre herrscht.
Ägypten und auch andere arabische Länder befinden sich gerade im Umschwung. Durch den Tourismus öffnet sich die Kultur langsamm und ermöglich eine Mittelschicht. Ein anderes Beispiel hierzu ist Dubai.