My. schrieb am 16 Juni 2018 - 14:01:
Felix, natürlich beschreibe ich die grantige Gschaftlhuberin in der Bäckerei morgens als "die Verkäuferin". Das dient der Vereinfachung, Klarstellung, der literarischen Aufarbeitung.
Aus dieser Tatsache generiert sich jedoch keinerlei _ANSPRUCH_ der weiblichen Angehörigen unserer Gesellschaft, in allen und jeglichen Kommunikationen, bei allen und den unmöglichsten Gelegenheiten als "...in" bezeichnet zu werden, nur damit sie ihren ganz eigenen Schwanzersatz - denn bei einer ganzen Reihe der Vertreter (beiderlei Geschlechts) einer solchen Denk- und Vorgehensweise ist es nichts anderes - zur Verfügung gestellt bekommen.
Aber ich formuliere ja auch keinen Anspruch. Ich habe dargestellt, warum das generische Maskulinum bei Personenbezeichnungen problematisch sein kann und uneindeutig ist. Sobald wir auf konkrete Personen und nicht abstrakte Konzepte referieren und Männer, Frauen oder sowohl Frauen als auch Männer bezeichnen wollen, dann müssen wir das sprachlich eindeutig machen. Das generische Maskulinum schafft diese Eindeutigkeit nicht, sondern kann immer zugleich "nur Männer einer Bezugsgruppe" und "Männer und Frauen einer Bezugsgruppe" bezeichnen. Wenn ich das sprachlich eindeutig deutlich machen will, muss ich dazu auch entsprechende sprachliche Mittel nutzen.
Wir haben halt diese eine, sich zwar stetig wandelnde, aber nie ideale Sprache. Und diese Sprache fordert halt von uns, dass wir uns in Personenbezeichnungen in einem Zwei-Geschlechter-Modell verorten (Ausnahmen mitgedacht!) und uns dabei auf eine wahrnehmbare Geschlechtlichkeit beziehen. Wenn die Sprache uns anböte, hier tatsächlich Genus und Sexus zu trennen, dann gäbe es viel Diskussion nicht. Aber so ist nunmal die Sprache.
Wie du mit diesem Wissen umgehst, Michael, ist doch ganz allein dir allein überlassen. Schwänze und Schwanzersätze gibt es in unserer Gesellschaft doch ausreichend und nicht jedem muss man denselben Raum geben.
Ulrich schrieb am 16 Juni 2018 - 13:42:
Übrigens, was ist richtig: "Frauen sind die besseren Autofahrer" oder "Frauen sind die besseren Autofahrerinnen"? Gibt es noch andere Autofahrerinnen als Frauen?
Beides ist natürlich irgendwie richtig, einmal generisches Maskulinum und einmal generisches Femininum. Und intuitiv erscheitn mir auf sprachlicher Ebene der erste Satz naheliegender, mit Blick auf den Inhalt finde ich aber beide ziemlich platt. Zumal es ganz ohne Gendergedöns™ ginge, ihn umzuschreiben und sich aller Probleme zu entledigen: Frauen fahren besser Auto als Männer.
Ulrich schrieb am 16 Juni 2018 - 13:42:
Fahrer, Lehrer, Studenten sind Berufs- oder Funktionsbezeichnungen. Es ist falsch zu sagen, dass Frauen hierbei nur mitgemeint seien. "Mitgemeint", also irgendwie untergeordnet. Der Begriff meint Personen, ohne dass eine Aussage über das Geschlecht getroffen wird. Männer und Frauen sind hier inkludiert und etwas ganz anderes als nur mitgemeint.
Im Fall der Verkäuferin wäre es eher unverständlich vom Verkäufer zu sprechen, weil es sich ja eindeutig um eine Frau gehandelt haben soll, es ist eindeutig auf die Person bezogen.
So lange du das als reine Funktionsbezeichnung verwendest, geschenkt. Ich habe mal verwundert mit einer Kollegin als Literaturwissenschaftlerin darüber gesprochen, die eigentlich betont in Texten geschlechtergerechte Sprache in unterschiedlichen Ausprägungen verwendet, aber in einer Analyse nur von "dem Leser" sprach. Das war ganz klar keine empirische Person, sondern eine Konstrukt ähnlich dem, was du hier vermutlich mit Funktionsbezeichnung meinst.
Die Schwierigkeit beginnt dann, wenn sobald man eben reale Personen oder Personengruppen bezeichnet. Wenn du im Speditionsbüro sitzt und der Chef eine Frau als "seinen besten Fahrer" bezeichnet und das nicht im Einvernehmen beider als klarer Scherz markiert ist oder in einem Kindergarten, in dem fast ausschließlich Frauen arbeiten (was ja vorkommen soll), von "den Erziehern" gesprochen wird, dann werden sich die weiblichen bezeichneten Personen zumindest wundern, sich nicht richtig angesprochen fühlen und möglicherweise verletzt sein.
Bitte versteht mich nicht falsch: Ich will hier Probleme aufzeigen, die oft nicht mitgedacht werden, die in mindesten drei Jahrzehnten der Sprachwissenschaft aber deutlich herausgearbeitet wurden. Welche Konsequenzen daraus folgen, das ist mir zwar nicht egal, aber ich will niemanden zu irgendetwas drängen, schon gar nicht die ganz private Sprache verändern. Und ganz bestimmt bin ich auch nicht mit jedem Vorschlag zur Veränderung unserer Sprache, den irgendwer herausposaunt, einverstanden. Ganz sicher nicht! Die eigene Sprache ist immer auch ein Stück Identität! Nur hat hat unserer Sprache manche Eigenheiten und diese Eigenheiten lassen sich, wenn man einmal darum weiß, nicht einfach wegschieben.
Bearbeitet von Felix, 16 Juni 2018 - 20:04.