Ich bitte dich, damals™ ging es sehr vielen sehr viel besser, als vielen heute in der Dritten Welt. Man könnte sogar mit Fug und Recht behaupten, dass das Urheberrecht nur dazu da ist, um den Reichtum bei uns auf Kosten der Dritten Welt zu erhalten.
Whoa, ich wusste noch gar nicht, dass ich als Kreativer und Verwerter ursächlich und ausschließlich direkt für die bestehenden Zustände in der Dritten Welt verantwortlich bin! Ich wäre dir dankbar, wenn du mir den kausalen Zusammenhang erläutern könntest.
Oder vielleicht darüber, die Arbeit der Lektoren doch mal zu bezahlen, statt sich darauf zu verlassen, daß die den Job aus Gefälligkeit für ihren Kumpel machen.
Och nee, bite nicht. Lektoren sind wie Tierpfleger, die schon durch ihr Engagement entlohnt werden. Geld verdirbt nur.
* = Edith: Übrigens eine gute Methode für Verleger herauszufinden, wessen Kurzgeschichten sie künftig besser veröffentlichen und auf wen sie möglicherweise verzichten wollen.
Radio Eriwan: Im Prinzip ja, wenn die Leser noch auf Kurzgeschichten stehen würden. Unter 99 Cent geht nichts (außer bei Apple), und da maulen die Leser erfahrungsgemäß, wenn der Text nicht allermindestens 50.000 Zeichen hat. Den Tenor "gut, aber für den Preis zu teuer" kenne ich leider schon. Und die Aussage kam bei 99 Cent!
Nimmt man die Vorstellung der Piraten, dass jede Information und auch jedes geistige Werk allen frei zur Verfügung stehen muss, kann man eine Entlohnung nicht über den Konsum abwickeln.
Wie man auch immer zu dieser Prämisse steht, es ist durchaus nützlich über die Konsequenzen nachzudenken. Ich behaupte nicht, abschliessende Lösungen anbieten zu können, ich denke nur darüber nach und bin für Gegenargumente offen.
Nehmen wir also an, ein Autor hat keine Kontrolle darüber, wer wann und wie sein Werk liest. Dieser Erfolg muss nicht unbedingt mit Geld verbunden sein. Also ganz konkret, der Roman "Supertroll" ist überall im Netz als Datei zu finden, jeder der es will, kann das Buch also lesen. Keiner bezahlt dafür. Es fließt kein Geld. Also auch nicht zum Autor.
Wie kann er nun aber diesen reinen Lese-Erfolg zu Geld machen, um zumindest das Schreiben zu finanzieren?
Er könnte zu Spenden aufrufen, etwa Flattr oder ähnliches.
Er könnte sein Buch anderweitig verwerten lassen, etwa als echtes Buch, Hörbuch, Hörspiele, Filme, erweitertes eBook etc. und dafür Geld vom Verwerter bekommen.
Er könnte von der Gesellschaft finanziert werden. Stipendien, Künstler-Stütze usw. , irgendein Einkommen, dass der Staat für Künstler zur Verfügung stellt. Die Geldquellen hierfür sind auch unterschiedlich konkret. Was angedacht wurde, sind etwa Steuern auf Online-Umsätze oä. Wenn der Staat Kunst finanzieren will, finden sich Wege.
Also diverse Möglichkeiten, um einem Autor das Schreiben zu ermöglichen. Natürlich löst das nicht das Bedürfnis, von jedem Leser Geld zu kassieren. Aber das wird immer schwieriger werden.
Wichtig erscheint mir, dass man ein geistiges Werk von einem Produkt trennen muss. Das mag unkapitalistisch sein, aber Kapitalismus ist nicht alles.
Rein als Modell sind das interessante Ansätze ABER
* Ich möchte mir als Kreativer nicht vorschreiben lassen, wie und wodurch und wie viel Geld ich verdiene.
* Ich wüsste nicht, warum Kreative nicht auch ganz bodenständige Kapitalisten sein könnten. Spitzwegs Gemälde vom armen Poeten war noch nie romantisch. Und auch nie so gemeint.
* Ich möchte als Kreativer nicht für meinen Lohn betteln müssen (Stichwort Spende; abgesehen davon, dass das nur bei Bestsellerautoren klappen würde). eBooks sind zwar Software, aber es gibt eben trotzdem elemantare Unterschiede zwischen Software, die man nutzt und einen Text, den man liest. Donationware klappt bei eBooks nicht.
* Ich wüsste jetzt nicht, warum alles anderen Verwertungswege - echtes Buch (seufz!), Hörbuch, Hörspiele, Filme, erweitertes eBook - Geld einbringen dürfen, das reine Text-eBook aber nicht?! Und wieder: Das möchte ich gerne selbst entscheiden.
* Ich möchte definitiv nicht vom Staat bzw. der Gesellschaft unterstützt werden! Warum? Erstens mal Selbstwertgefühl und zweitens: sobald einen die Gesellschaft unterstützt, wird sie Forderungen stellen und Vorgaben aufstellen: Wer wird unterstützt, warum, mit wie viel, wie lange? Und dann werden die Vorgaben kommen, welche Inhalte "unterstützenswert" sind. Und wehe, der Inhalt passt nicht in das aktuelle gesellschaftliche Weltbild ... na danke!
Die meisten erfolgreichen Autoren sind eher solide Handwerker. Für Künstler halten sich nur ganz wenige.
Und Handwerker lassen sich ganz pragmatisch für ihre geleistete Arbeit auch bezahlen. Kunsthandwerker auch. Mit Autoren und Zeichnern, die in höheren Sphären leben, habe ich so meine Probleme. Da kommt man aus dem Bauchpinseln nicht raus. Da bezahle (und lese) ich lieber solide Handwerker.
Einkommensgerechtigkeit spielt doch im Kapitalismius gar keine Rolle. Sonst würde Ackermann weniger verdienen als jede Krankenschwester. Du bist ja als Autor auch daran interessiert, etwas zu verkaufen. Du siehst Dich eher als Produzent, der seine künstlerischen Ergüssen an der Nachfrage ausrichtet. Wenn nicht so und so viel verkauft wird, schreib ich nicht weiter. Für mich, also wirklich ganz subjektiv, hat das aber rein gar nichts mit Kunst zu tun. Und mir macht es auch immer weniger Spaß.
Die meisten (zu Lebzeiten) erfolgreichen Künstler sind erfahrungsgemäß auch sehr solide und zielstrebige Promoter und Verkäufer gewesen. Kunst und Kommerz sind schon immer ins Bett gegangen. Vom Knabbern auf der Tastatur wird niemand satt ...
Bearbeitet von Kathom, 25 Oktober 2011 - 13:04.