Ab dem 2. August lesen wir hier gemeinsam
J.G. Ballard mit Die Dürre
Ich wünsche allen viel Spaß.
Geschrieben 31 Juli 2021 - 11:18
Ab dem 2. August lesen wir hier gemeinsam
J.G. Ballard mit Die Dürre
Ich wünsche allen viel Spaß.
Geschrieben 02 August 2021 - 08:57
Bearbeitet von Mammut, 02 August 2021 - 14:12.
Geschrieben 02 August 2021 - 15:54
Und als Dürre, das ist der Band den ich habe:
http://www.isfdb.org...n/pl.cgi?579770
Eine Welt ohne Regen. Das erinnert mich an meinen Besuch in Marokko. Dort war die Oase staubig und alles wirkte ein wenig dreckig. In der Nacht vor unserer Abreise regnete es und die Oase ergrünte und erblühte, das war ein optisches Schauspiel.
In Die Dürre schippert Dr. Charles Ransom über einen Fluss bzw. einem See, dessen Wasser so gesunken ist, das sich einzelne Inseln gebildet haben. Ransom trifft Quilter, der mit seiner Mutter ebenfalls den Fluß beschifft.
Ein sehr stimmungsvoller Beginn. Ich bin gespannt was uns erwartet.
Ich lese auch die Ausgabe aus Suhrkamps Phantastischer Bibliothek.
Mir fiel Kairo ein. Alles staubig und dreckig. Die berühmten Ezbekiya-Gärten waren eine herbe Enttäuschung. Statt blühende und grüne Vegetation nur staubbedeckte Palmen und grau-grüne Pflanzen. Ein paar Tage später regnete es und die Straßen verwandelten sich in grau-braunen Schlamm.
Das Buch fängt düster an. Die Stimmung ist sehr eindrücklich.
Geschrieben 03 August 2021 - 17:05
Hallo zusammen,
ich habe das Buch inzwischen ...
Aber ich habe auch VanderMeers "Dead Astronauts". Und mein Schulenglisch ist so angerostet, es wird noch dauern, bis ich damit fertig bin. Ob ich dann noch bei Düree einsteige, wird sich zeigen. Ja, ich weiß, das Lesezirkeltempo ist gemächlich, ich könnte auch parallel lesen, aber ich möchte nicht.
Daher: Euch vorerst viel Spaß und einen spannenden Austausch zum Buch!
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 04 August 2021 - 08:27
Geschrieben 04 August 2021 - 08:40
Hallo zusammen,
ich habe das Buch inzwischen ...
Aber ich habe auch VanderMeers "Dead Astronauts". Und mein Schulenglisch ist so angerostet, es wird noch dauern, bis ich damit fertig bin. Ob ich dann noch bei Düree einsteige, wird sich zeigen. Ja, ich weiß, das Lesezirkeltempo ist gemächlich, ich könnte auch parallel lesen, aber ich möchte nicht.
Daher: Euch vorerst viel Spaß und einen spannenden Austausch zum Buch!
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 04 August 2021 - 16:18
5. Kapitel, Seite 27
Ballard stellt einige Personen vor.
Die Quilters - Mutter und Sohn. Der Sohn ist schwachsinnig.
Catherine Austen, auf der Suche nach Wasser.
Der junge Philip Jordan, der auf dem Fluß lebt und einen ölverschmierten Schwan retten will.
Reverend Howard Johnstone, der dagegen kämpft, dass die Menschen den Ort verlassen.
Der Fluß und der See trocknen zunehmend aus. Die Stadt ist weitgehend verlassen.
Die meisten Bewohner sind bereits weggezogen - Richtung Meer.
Geschrieben 07 August 2021 - 15:04
Leider entsteht kein Lesefluss. Ich komme in das Buch nicht rein, obwohl ich den Inhalt interessant finde.
Geschrieben 07 August 2021 - 15:21
Leider entsteht kein Lesefluss. Ich komme in das Buch nicht rein, obwohl ich den Inhalt interessant finde.
Geschrieben 08 August 2021 - 17:12
Geschrieben 09 August 2021 - 08:05
Hallo zsusammen,
Seite 71 (also Kapitel 15 abgeschlossen).
Zuerst dachte, oh, Flussfahrt. Reise ins Herz der Finsternis. Aber hier sieht es zumindest eher nach einer Reise aus dem Herz der Finsternis hinaus an. Und die Finsternis ist nicht die der vergessenen Winkel der Kolonien, sondern der inneren Zustände. Die Dürre ist nur der Raum, in dem die Figuren auf ihre je eigene Weise auf die "Katastrophe" reagieren. Und das gefällt mir bislang wesentlich besser, als das in all den später erschienenen Katastrophen-Romanen. Bislang kaum Survival-of-the-brutal, also keine Gangbildung inkl. Aunt Entity und irgendwelche Gladiatorenspiele. Amüsanterweise gibt es ja sogar noch funktionierende Strukturen, so wird noch immer Post zugestellt.
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 09 August 2021 - 08:24
Hallo zsusammen,
Seite 71 (also Kapitel 15 abgeschlossen).
Zuerst dachte, oh, Flussfahrt. Reise ins Herz der Finsternis. Aber hier sieht es zumindest eher nach einer Reise aus dem Herz der Finsternis hinaus an. Und die Finsternis ist nicht die der vergessenen Winkel der Kolonien, sondern der inneren Zustände. Die Dürre ist nur der Raum, in dem die Figuren auf ihre je eigene Weise auf die "Katastrophe" reagieren. Und das gefällt mir bislang wesentlich besser, als das in all den später erschienenen Katastrophen-Romanen. Bislang kaum Survival-of-the-brutal, also keine Gangbildung inkl. Aunt Entity und irgendwelche Gladiatorenspiele. Amüsanterweise gibt es ja sogar noch funktionierende Strukturen, so wird noch immer Post zugestellt.
Viele Grüße
Tobias
Interessant finde ich auch immer den Hinweis auf die Zeit. die wie eingefroren wirkt. Da sehe ich Parallelen zur Coronakrise. Da fühle ich mich auch ein wenig aus dem normalen Zeitablauf geworfen und habe ein ganz anderes Zeitempfinden, intensiver und ja, teilweise wirkt es auch, als ob die Zeit ein wenig still steht.
Geschrieben 10 August 2021 - 08:17
Hallo zusammen,
Teil 1 beendet.
Yves Tanguys Gemälde (Jour de Lenteur), das im Text benannt wird, passt wunderbar. Ja, so stelle ich mir Ballards Dürregebiete vor. Surreal.
Zu den Strandszenen: Ich habe "Dünkirchen" nicht gesehen, aber "Abbitte" (das Buch von Ian McEwan habe ich auch gelesen). Der Alptraum Strand findet in Ballards Beschreibungen m.E. einen mehr als nur gelungenen Vorläufer. Ob McEwan und Joe Wright (bzw. Drehbuchschreiber Christopher Hampton) Ballards Roman kennen?
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 10 August 2021 - 19:02
Seite 145, Beginn von Teil 3.
Inzwischen bin ich gut in das Buch reingekommen. Die Handlung von Teil 2 spielt sich an der Küste ab, an der die Protagonisten 10 Jahre zuvor angekommen waren.
Die Landschaft besteht aus ausgedehnten Salzdünen in einiger Entfernung zum Meer, die Beschaffung von Nahrung ist extrem mühsam und die Formen des Zusammenlebens sind düster und brutal.
Das Ende des 2. Teils verspricht einen Aufbruch/Ausbruch für Ransom und einige andere aus dieser bedrückenden Situation.
Irgendwie bin ich gerade gar nicht in der Stimmung so etwas düsteres zu lesen. Es ist mir eine Spur zu realistisch.
Geschrieben 12 August 2021 - 08:22
Hallo zusammen,
Teil 2 durch.
Die Akribie, mit der Ballard das Wassersammeln/-stehlen beschreibt, erinnert mich an Cormac McCarthys Beschreibungen in der "All The Pretty Horses"-Trilogie. Die Natur in all ihren Details und die Menschen, die in ihr sind. Aber was bei McCarthy wirklich "Natur" ist, ist bei Ballard nur die von dünner Natur übertünchte untergegangene "Zivilisation". Allein das Bild der von Staub und Sand überkrusteten Autos ist eine netflix Serie wert!
Ach ja, und wieder wird Tanguys Gemälde erwähnt.
Ich bin bislang sehr angetan von dem Roman.
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 12 August 2021 - 10:24
Der zweite Teil ist eine intensive Beschreibung des Lebens am Strand und kommt sehr atmosphärisch rüber, auch die Schwerpunkte im Personal sind anders gesetzt. Im dritten Teil ändert sich das wieder ein wenig und wir kehren zu den Anfängen zurück, Vergangenheit und Zukunft werden da vermischt, während Teil 2 eine zeitlose Gegenwart darstellt.
Ich bin durch mit Teil 3 und warte mal mit meinem Fazit bis ihr euch meldet.
Geschrieben 13 August 2021 - 07:22
"Die Dürre" - 1988 entdeckt, seitdem immer wieder gelesen. Eines meiner absoluten Lieblingsbücher.
"It's an interesting period - nothing moves, but so much is happening."
(zit. Catherine Austen, "The Drought")
In diesem einen Satz steckt die ganze Handlung.
Geschrieben 14 August 2021 - 13:43
"Weit entfernt am Horizont sah er die rollenden Wogen der Dünen auf dem See."
Solche Beschreibungen der trockenen Landschaft mit Begriffen von Fluß, See usw haben eine merkwürdige Wirkung - eine Art von Dissoziation.
Ransom wirkt zunehmend unwirklicher und durchsichtiger.
Ein merkwürdiger Roman - ich bin durch, finde aber nicht die richtigen Worte um mein Leseerlebnis zu beschreiben. Vielleicht etwas nachwirken lassen.
Geschrieben 15 August 2021 - 07:28
Hallo zusammen,
bin jetzt auch durch.
Mein Dank an @Spring Brauner Ja, das Zitat beschreibt den Roman. Und vielleicht beschreibt er auch recht treffend die Zeit, in der der Roman entstanden ist. Die Swinging Sixties fingen erst 1965 an, da war der Roman bereits erschienen. Die Beat Generation hatte ihren Höhepunkt erlebt, die Vorboten der 68er waren bereits da ... Kennedy war ermordet worden. 1964 kam es zum sogenannten Tonkin Zwischenfall. Und, ja, der Kalte Krieg war nach Chruschtschows nicht ganz freiwilligem Abgang wieder kälter geworden. Man strebte zum Mond. Und die Rassentrennung war in den USA gerade erst verboten worden.
Ist das eine Welt im Stillstand. Eine erstarrte Welt? Ja, es geschah damals viel, aber bewegte sich etwas?
Und hat sich im Roman etwas bewegt? Die Dürre ist noch da. Und die Hoffnung ist noch da. Der Tod. Die Menschen haben sich irgendwie durch die Katastrophe gebracht, mal dem Wahn verfallen(d), mal in Träumen gefangen. Die Katastrophe als Seziermesser. Was bleibt von der Menschlichkeit? Was ist die menschliche Natur? Im Angesichts einer Katastrophe, wie sie endgültiger nicht sein kann? Siegt der Egoismus? Siegt der Altruismus? Wofür entscheidet man sich? Dass Ballard da auf Schwarz-Weiß Malerei verzichtet, sondern seine Figuren ausleuchtet und auslotet, macht für mich eine der Stärken des Romans aus.
Ein bisschen schließt sich für mich auch der Kreis hin zu Joseph Conrads "Herz der Finsternis", denn auch dort geht es um das, was Ausnahmesituationen aus und mit Menschen machen. Und wie Marlow (in Conrads Roman) ist Ransom letztlich auf einer Reise zu sich selbst. Und wir haben eine Flussfahrt mit Hin und Zurück (wenn die auch bei Ballard mit dem Auto bzw. zu Fuß geschieht).
Ja, ich weiß, solche Parallelen sind schnell gefunden, wenn man sie sehen will.
Abschließend: Mit Welten des Stiillstands bzw. des Wartens auf ein "Wunder" kannte sich Ballard aus seiner Zeit in der Internierung aus. Er hat in einer Katastrophe (der Zweite Weltkrieg in Fernost) gelebt und beobachten können, wie sich andere Menschen angesichts allgegenwärtiger Bedrohungen verhalten haben.
Wie auch immer, ich freue mich nun, dass ich als Flohmarktmitbringsel "Karneval der Alligatoren" und "Der Sturm aus dem Nichts" im SuB liegen habe. Okay, ungelesen sind die nicht, aber die 80er liegen lange, lange zurück.
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 15 August 2021 - 17:08
Ich liebe den Schluss.
Die letzten sechs Zeilen gehören zum Besten, was J.G. Ballard je geschrieben hat:
"Although it was not yet noon, the sun seemed to be receeding into the sky, and the air was becoming colder. To his surprise he noticed that he no longer cast any shadow on to the sand, as if he had at last completed his journey across the margins on the inner landscape he had carried in his mind for so many years. The light failed, and the air grew darker. The dust was dull and opaque, the crystals in its surface dead and clouded. An immense pall of darkness lay over the dunes, as if the whole of the exterior world were losing its existence.
It was some time later that he failed to notice it had started to rain."
"Ransom" bedeutet in deutscher Übersetzung "Erlösung"
Bearbeitet von Spring - Brauner, 15 August 2021 - 17:12.
Geschrieben 15 August 2021 - 18:18
Der letzte Satz gefiel mir.
Irgendwie so von der Rolle, dass er das Wichtigste im Augenblick nicht bemerkt.
Besonders beeindruckt hat mich der Roman nicht. Ich habe keinen richtigen Zugang zu der Geschichte gefunden.
Geschrieben 16 August 2021 - 04:53
Hallo Susannne,
Der letzte Satz gefiel mir.
Irgendwie so von der Rolle, dass er das Wichtigste im Augenblick nicht bemerkt.
Besonders beeindruckt hat mich der Roman nicht. Ich habe keinen richtigen Zugang zu der Geschichte gefunden.
aber regnet es wirklich?
Ich traue dem Erzähler an der Stelle nicht!
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 16 August 2021 - 04:59
Hallo Susannne,
aber regnet es wirklich?
Ich traue dem Erzähler an der Stelle nicht!
Viele Grüße
Tobias
Warum nicht? Der Regen kommt, Ransom geht, das passt doch.
Bearbeitet von Mammut, 16 August 2021 - 07:26.
Geschrieben 16 August 2021 - 07:12
Der letzte Satz gefiel mir.
Irgendwie so von der Rolle, dass er das Wichtigste im Augenblick nicht bemerkt.
Besonders beeindruckt hat mich der Roman nicht. Ich habe keinen richtigen Zugang zu der Geschichte gefunden.
Hallo Susannne,
aber regnet es wirklich?
Ich traue dem Erzähler an der Stelle nicht!
Viele Grüße
Tobias
Aber geht es überhaupt um Wasser?
Catherine Austin bringt es mal wieder auf den Punkt:
"Don't be prosaic. Water is the least of our problems."
Der Lemming - Zug der Menschheit ans Meer führt zum freudlosen (Über-) Leben in den Salzdünen. Bloße Existenz ohne Sinn und Inhalt.
Die "Dürre" scheint mir doch eher ein seelischer Mangel zu sein: Ransom überwindet seine tief gehende Depression. Dass sich Regen einstellt ist erfreulich, letztlich aber nur Nebensache.
Bearbeitet von Spring - Brauner, 16 August 2021 - 07:13.
Geschrieben 16 August 2021 - 07:29
Die "Dürre" scheint mir doch eher ein seelischer Mangel zu sein: Ransom überwindet seine tief gehende Depression. Dass sich Regen einstellt ist erfreulich, letztlich aber nur Nebensache.
Genau. Als er zu sich selbst (der Erlösung) gefunden hat, schwindet er ja auch. Das Ende ist ja hoffungsvoll im Verhältnis zum Rest. Ransom als Stellvertreter findet den Weg, die Entscheidung oder was man auch immer da rein interpretieren mag. Deswegen sind alle anderen Figuren auch nur Staffage, um mit ihm zu interagieren. Am Ende findet er den Weg aus dem Zeitstillstand.
Geschrieben 16 August 2021 - 09:17
Genau. Als er zu sich selbst (der Erlösung) gefunden hat, schwindet er ja auch. Das Ende ist ja hoffungsvoll im Verhältnis zum Rest. Ransom als Stellvertreter findet den Weg, die Entscheidung oder was man auch immer da rein interpretieren mag. Deswegen sind alle anderen Figuren auch nur Staffage, um mit ihm zu interagieren. Am Ende findet er den Weg aus dem Zeitstillstand.
Richtig.
Bevor Ransom allerdings Erlösung findet, benötigt er selbst einen "Wegweiser". Er trifft ihn auf der Fahrt an die Küste.
In weiter Ferne sieht er einen Mann, der seelenruhig mitten in der Wüste spaziert:
"The absolute isolation of the chalk - white promenade, with its empty perspectives, focused an intense light upon the solitary traveller. For some reason, his strange figure, detached from the pressing anxieties of the drought and exodus, seemed a compass of all the unstated motives that Ransom hat beend forced to repress during the previous days."
Diese Erscheinung lässt ihn nicht mehr los.
"He laboured along the road, thinking of the solitary man on the river bed."
Viele Jahre später, während der beschwerlichen Rückreise vom Meer, kehrt Ransom an exakt die selbe Stelle zurück. Wieder sieht er am Horizont den Unbekannten. Er hat offensichtlich inmitten der Dürre überlebt.
Der Schluss des Romans klingt mit der selben Perspektive des Lesers auf Ransom aus, die dieser auf den Unbekannten in der Wüste hatte.
Bearbeitet von Spring - Brauner, 16 August 2021 - 09:27.
Geschrieben 16 August 2021 - 09:45
Ransom verschwindet im Nirgendwo, nachdem er im Verlauf der Handlung immer „durchsichtiger“ geworden ist.
Übrigens:
Tom Hillenbrand hat das Buch in seiner Backlist besprochen.
https://tomhillenbra...e/blog.php?p=75
Geschrieben 17 August 2021 - 06:55
Ransom verschwindet im Nirgendwo, nachdem er im Verlauf der Handlung immer „durchsichtiger“ geworden ist.
Übrigens:
Tom Hillenbrand hat das Buch in seiner Backlist besprochen.
Vielen Dank für den Link. Sehr interessanter Beitrag.
Geschrieben 17 August 2021 - 18:48
Hallo zusammen,
Ransom ist vieldeutig, neben "Erlösung" lässt es sich auch mit "Geisel" oder "Lösegeld" etc. pp. übersetzen ...
Zum Regen. Möglicherweise liegt es an der Übersetzung, aber schon auf Seite 145 findet sich das Wort "Sprühregen". Zitat: "An den oberen Talhängen des Küstengebirges waren einige Büschel zähen Stechginsters gewachsen, bewässert von den herangewehten Sprühregen, aber fünfzehn Kilometer vom Meer entfernt war die Wüste unfruchtbar, und der Boden zerkrümelte unter den Füßen zu feinem weißen Staub."
Sprühregen?
@Spring - Brauner Das Zitat ist aus dem ersten Absatz Kapitel 32 (Teil 3). Was steht da im Original? Sprühregen macht ja eigentlich keinen Sinn, aber auch "Gischt" macht keinen Sinn, da ja von den oberen Talhängen des Küstengebirges die Rede ist, an die der Sprühregen geweht wird. In einer in trockenen Welt dürfte bei starkem Wind/Sturm auch weniger aus dem Meer herausgewehtes Wasser fühlbar bzw. wirksam sein, als der wie Schkirgelpapier wirkende Sand/Staub. Schon bei Windstärke 7/8 ist es bei uns am bevorzugten Urlaubsort kaum noch auszuhalten.
Depression? Hat Ransom eine Depression? Dafür erscheint er mir viel zu anpackend ...
Ein hochspannendes Buch, gerade auch wegen seiner Nähe (Stichwort: Tanguys Bild) zum Surrealismus. Gerade deswegen halte ich den Regen, der zum Schluss fällt, für nichtexistent. Im Surrealismus gibt es keine objektive Wirklichkeit ... Dazu passt der traumhaft anmutende Auftritt Catherines als Herrin der Löwen ... Das ist doch eine Szene, die einem Gemälde entstammen könnte. Und auch Ransom vieldeutbarer Name ...
Da fällt mir noch das Kapitel "Ein Ertrinkungstod" ein. Das Wasserbecken (angeblich behinhaltet es den gesamten noch verbliebenen Wasservorrat) hat einen Durchmesser von 3m, dennoch kann es durch einen ein Meter breiten Kanal in die Wüste rinnen, aber auch (es gibt ja vier oder fünf in das Ufer geschlagene Löcher) dort, wo sich Ransom einen Weg hinaus bahnt, strömt es ihm entgegen, sogar so sehr, dass er den Druck des Wassers spürt ... Und da rinnt es schon ein Weilchen. Das hatte für mich eher die Qualität eines Altraums/Traums, womit ich wieder bei Catherine und den Löwen bin.
Puh, und noch ein letzter .... Mit Paddeln treiben die Küstenanwohner Meerwasser durch Kanäle und Becken ... Wirklich? Selbst an einer völlig ebenen Küste wird das nur dann funktionieren, wenn die Kanäle so breit/eng wie das Paddel sind, das aber müsste dann mit senkrechtem Blatt geschoben werden, sonst verteilt sich das Wasser doch einfach wieder, wenn das Paddel zum weiterpaddeln angehoben wird ...
Ein weiterer Pingelpunkt löste sich von allein auf: Löwen können ihren Flüssigkeitsbedarf über ihre Beute decken. Bleibt aber die Frage, wo die Löwen in den zehn Jahren all das Fleisch her bekommen haben, dass sie brauchen. Auch die Hunde müssen essen (und ob Hundefutter aus der Dose nach zehn Jahren noch genießbar ist ...?) Klar, peu a peu können die in der Ortschaft/Stadt verbliebenen Bewohner gefressen worden sein.
Ich halte Ballard für einen viel zu genau arbeitenden Autoren, als dass er diese Lücken (zumindest sehe ich sie als Lücken) übersehen hat, ich gehe davon aus, dass er sie mit Absicht gesetzt hat, um die Wirklichkeit aufzulösen bzw. den surrealen Eindruck zu verstärken.
Viele Grüße
Tobias
Geschrieben 18 August 2021 - 10:54
Ransom verschwindet im Nirgendwo, nachdem er im Verlauf der Handlung immer „durchsichtiger“ geworden ist.
Das trifft es sehr gut. Meines Erachtens eine Metapher für seine Gesundung. Ransom verabschiedet sich Stück für Stück aus der Alptraum - Welt der Dürre und wechselt in "Jours de Lenteur". Dort wo sich der Unbekannte aus der Wüste (vielleicht auch Jonas?) bereits befinden.
Sprühregen?
@Spring - Brauner Das Zitat ist aus dem ersten Absatz Kapitel 32 (Teil 3). Was steht da im Original?
Da steht folgendes:
"In the coastal hills, the upper slopes of the valley had flowered with a few clumps of hardy gorse sustained by the drifts of spray, but ten miles from the sea the desert was arid, the surface crumbling beneath the foot into a fine white powder."
Übrigens:
Auch zwischen der Heyne - Ausgabe v. 1978 "Welt in Flammen" und Suhrkamp "Die Dürre" v. 1984 bestehen teilweise sehr starke Unterschiede in der Übersetzung.
Depression? Hat Ransom eine Depression? Dafür erscheint er mir viel zu anpackend ...
Meines Erachtens befindet er sich in einer tiefen Depression.
Auslöser war die Trennung von Judith.
Aber auch die Ansammlung von "Souvenirs" auf seinerm Hausboot zeigt, dass Ransom nicht nur mit der Gegenwart sondern auch mit seiner Vergangenheit im Kampf liegt. Die verquere familiäre Situation - möglicherweise eine sehr schwierige Kindheit - werden zumindest angedeutet.
Provokative Frage: hat am Ende Ransom "Die Dürre" über die Menschheit gebracht...?
Wie kommentiert Catherine Austin die Feindseligkeit der Fischer die am Ufer stehen:
"Look at their faces. With as smile she whispered:"They think you're to blame."
Ein hochspannendes Buch, gerade auch wegen seiner Nähe (Stichwort: Tanguys Bild) zum Surrealismus.
Absolut. Es lässt mich seit 33 Jahren nicht los. Deshalb freue ich mich es hier besprechen zu können.
Ich halte Ballard für einen viel zu genau arbeitenden Autoren, als dass er diese Lücken (zumindest sehe ich sie als Lücken) übersehen hat, ich gehe davon aus, dass er sie mit Absicht gesetzt hat, um die Wirklichkeit aufzulösen bzw. den surrealen Eindruck zu verstärken.
Bei J.G. Ballard ist jedes Wort und jeder Handlungsstrang genau durchdacht. Hinzu kommt seine elaborierte Sprache. Deshalb ist das Wieder - Lesen auch so gewinnbringend. Man entdeckt immer neue Gedanken und Facetten. Einfach inspirierend.
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