Jetzt habe ich mir den Ziegelstein auch endlich vorgenommen.
Eins meiner Leseziele für 2025 ist, alle Bücher, die ich vor 2024 beschafft habe, endlich zu lesen.
Die "Klimazukünfte" gehören dazu.
Hier der erste Schwung:
Fritz Heidorn: Fiktionen als Realismus unserer Zeit (Vorwort)
Inhalt: Wir sind in einer „all hands on“-Situation und brauchen jede noch so abwegige und radikale Idee, um die Katastrophe abzuwehren oder zu lindern.
Fazit: Sehr metaphorisch und programmatisch. Schöne Kim-Robinson-Zitate.
Anne Abelein: Fortschritt
Inhalt: Der erste hominide Fußabdruck vor 6 Millionen Jahren vergrößerte sich stetig und reicherte sich mit immer mehr Abfall an. Ziel: kleinere Abdrücke durch regional gefertigte Sandalen.
Fazit: Klar und pointiert, aber wenig originell. Quasi-Lyrik.
Robin Bergauf: Der große Bartstreit …
Inhalt: Der aufgemotzte Laptop M.P.T. Coeur berechnet die Entwicklung der Welt bis zum Jahr 2050. Der große siebenjährige Bartstreit von 2036-2037, bei dem alle religiösen Führer der Welt in einen Tempel eingeschlossen werden, besiegelt das Ende der Religionen. Das Genderproblem wird durch die Endungen -ön bzw. -ör gelöst. UniTs, die Nachfolger der Handys, werden jedem Menschen ab 2038 bei seiner Geburt angehandygt, ab 2041 wird das UniT-Alter auf 17 hochgesetzt. Und der Generalstreik aller UniTs von 2042 aus ästhetischen Gründen sorgt dafür, dass die verbliebenen Diktatoren auf den Inseln vor Kamtschatka festgesetzt werden.
Fazit: Ja, ganz süße Satire, als Science-Report verpackt. Mit Quellenangaben und Zeittafel. Künstliche Intelligenz statt natürlicher Dummheit!
Bisweilen spürt man den genervten Lehrer und Familienvater.
Lisa Brenk: Die Katastrophenmalerin
Inhalt: Die Katastophenmalerin bekommt nächtlichen Besuch von einem Herrn, der ihre K-Bilder kaufen will. Denn mit jedem Bild nehmen die Real-Katastrophen ab, und das passt dem Herrn gar nicht.
Fazit: Gutes Schreibwerkstatt-Niveau. Ich habe nicht kapiert, was der Besucher allegorisieren soll.
Pauline Brenner: Verrat an der Gleichförmigkeit
Inhalt: Die Luft ist verpestet, die Sonne verbirgt sich hinter einem permanenten Hochnebel. Eine Frau im üblichen Schutzanzug überwindet eine Stadtmauer und entdeckt in der Wildnis außerhalb der Stadt – die letzten bunten Blumen.
Fazit: Reine Betroffenheitsgeschichte, in der Form schon gefühlt 100mal gelesen.
Jamie-Lee Campbell: 50 Minuten Regen 359 Euro
Inhalt: Nach entsprechenden technischen Durchbrüchen ist Wetter kontrollierbar und käuflich geworden. Allerdings haben schnell internationale Konzerne die meisten und größten Slots aufgekauft. Doch für eine kleine Regendusche auf Onkel Willies Balkon reicht es gerade noch.
Fazit: Ich mag den schnodderigen $til und die Verwendung von Währungszeichen in normalen €xpressionen. Gelungen!
Christian Endres: Die Straße der Bienen
Inhalt: Gezüchtete Bienenvölker werden mit Trucks zu den letzten Obstplantagen für die Reichen transportiert. Die Trucks werden von bewaffneten Guards gesichert, denn immer wieder werden sie von verzweifelten Dorfbewohnern angehalten oder überfallen.
Fazit: Rasant und atmosphärisch dicht geschrieben, zugespitzt auf die klaustrophobe Situation im Innern des Trucks, die handelnden Personen kommen sehr plastisch rüber. Coole Story eines Routiniers!
Marcus Hammerschmitt: In der Trockenzeit
Inhalt: Um die Trinkwasserknappheit zu lindern, lassen sich alte Menschen in Bewusstlosigkeit versetzen und in Kokons einspinnen. Doch in die Wohnung der Mutter des Ich-Erzählers wird eingebrochen, der Kokon zerstört, was den Tod der Mutter zur Folge hat. Und eine Bestrafung des IE, weil er seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist.
Fazit: Sehr bedrückend geschriebene, auf 6 Seiten komprimierte Vision einer Dystopie, in der Wasser ein unbezahlbarer Luxus geworden ist.
Am Ende des Buches geben die Juroren noch ihre Gedanken und Erlebnisse zum besten.
Ich hasse Nachworte. Vor allem, wenn das endlich beendete Buch etwas umfangreicher war, und ich mich dann noch durch 40 oder 50 Seiten zähen Nachschlags quälen muss. Damit mir das bei diesem Buch nicht passiert, lese ich die Jury-Gedanken ein wenig parallel.
Hier die ersten beiden Beiträge:
Inés MarÃa Jiménez: Düstere Zukunft? …
Inhalt: Frau Jiménez hat sich gefreut, als Jurorin bei dem Wettbewerb mitmachen zu dürfen. Aber um den Klimawandel zu begrenzen, müssen wir alle etwas tun.
Fazit: Jaja, die üblichen Mobilisierungsreden!
Katharina Bendixen & Sven J. Olsson: Briefwechsel
Inhalt: Die beiden Juroren schreiben einander, wie sich der Klimawandel bereits beim Jahreswechsel 2022/23 in Deutschland auswirkt. Und dass der Wunsch der Kinder nach einer Flugreise wohl kaum erfüllt werden kann.
Fazit: Ganz konkrete Beobachtungen, ganz konkrete Konsequenzen für die Lebensweise der beiden Familien. So geht Betroffenheit!
In den kommenden Tagen möchte ich meine Leseerfahrungen nach und nach hier reinkippen.
Wen's interessiert: Behaltet den Thread im Auge!
Gruß
Ralf
Bearbeitet von ShockWaveRider, Heute, 16:28.