Christian Hornstein schrieb am 23 Mai 2024 - 09:45:
Chatbots werden immer leistungsfähiger und werden heute zumindest von Kindern schon oft erlebt, als hätten sie es mit einem Menschen zu tun. Die Angebote bei OpenAI gehen auch klar in die Richtung, solche Bots als Ratgeber zu etablieren. Die SF hat oft ausgemalt, wie es aussehen könnte, wenn Menschen anfangen sollten, emotionale Bindungen zu KI zu entwickeln. In unserer Gesellschaft gibt es zunehmend einsame Menschen, vor allem im Alter. In Japan besteht aufgrund der Überalterung der Gesellschaft und den Vorbehalten gegenüber Ausländern ein eklatanter Mangel an Pflegekräften u.ä., so dass man bereits ziemlich forsch Maschinen zur Betreuung der alten Menschen einsetzt. Wenn demnächst auch immer mehr Jüngere sich an Maschinen wenden, wenn Sie Fragen und Probleme haben, wo wird uns das hinführen?
Christian, das sind jetzt viele Bedenken auf einmal. Bots als Ratgeber sind denkbar, sie sind aber chronisch unzuverlässig. Ich verwende keine KI-gestützten Suchmaschinen, weil ich die Ergebnisse kaum verifizieren kann. Manchmal sind ja durchaus die Quellen genannt, aber ich muss dann immer noch verifizieren, ob die KI alles richtig verstanden hat. Da es letztlich einfacher, wenn ich eine "einfache" Google-Suche durchführe.
Die Gefahr, dass Schüler ihre Hausaufgaben gleich von der KI erledigen lassen, ist natürlich durchaus aktuell, und kommt ja auch schon massenhaft vor. In früheren Zeiten haben sie allerdings einfach von anderen abgeschrieben, was auch nicht besser war.
Eine emotionale Bindung ist durchaus möglich. Es hat sie immer gegeben. Früher lebten Dutzende bunte Blätter von reich bebilderten Geschichten über Prominente, seien es nun Schauspieler oder Königshäuser. Heute verdienen Influenzer viel Geld damit, dass sie ihren Followern vorspielen, dass sie ihr Leben mit ihnen teilen.
Bei einer KI würde das sicherlich direkter, interaktiver, und die Missbrauchsgefahr wäre größer. Aber ich bezweifle ernsthaft, ob das jetzt grundlegend anders wäre als heute.
Die Vereinsamung der alten Menschen ist wirklich ein weltweites Problem. Aber hier könnten Roboter und KI vermutlich sogar helfen. Die Vereinsamung beschleunigt den kognitiven und physischen Verfall der Menschen. Wenn sie einen virtuellen Gesprächspartner haben, würde eventuell länger aktiv bleiben können. Auch ein Roboter als Haushaltshilfe würde das unterstützen.
Christian Hornstein schrieb am 23 Mai 2024 - 09:45:
Es ist absehbar, dass sehr bald eine ganze Reihe von Dienstleistungen, die bislang von Menschen angeboten wurden, von Maschinen bereitgestellt werden könnten. Diese Veränderung wird innerhalb von wenigen Dekaden stattfinden, ein Tempo, das wir für diesen Bereich in der Geschichte der Menschheit nur aus extremen Krisensituationen kennen z.B. massive Konjunktureinbrüche. Die Politik hat dafür keinen Plan. Wohin wird uns das in einer Gesellschaft führen, in der noch jeder auf Erwerbsarbeit angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt zu sichern?
Das sehe ich teilweise auch so. Aber im Grunde besteht diese Entwicklung schon seit vielen Jahrzehnten. Ich kann schon heute an keinem Bankschalter mehr Geld abholen. Die Post schließt überall Filialen. Der Einzelhandel wird immer weiter ausgedünnt. Ich bestelle heute schon ganz normale Dinge des täglichen Bedarfs im Internet, nicht weil ich das unbedingt will, sondern weil ich immer weiter fahren muss, um Dinge wie Bindfäden, DIN-A4-Papier oder Fliegenklatschen zu bekommen. Und vielleicht werden leichtere Pakete bald per Drohne bei mir im Garten abgesetzt, in einem speziellen, regengeschützten Landebereich, den ich bei Amazon kaufen kann.
Und ja, Berufe wie die des Steuerberaters könnten bald automatisiert werden. Ich mache seit Jahren meine Steuererklärung selbst, nur mit einer entsprechenden Software. Das Finanzamt hatte bisher nichts wesentliches daran auszusetzen.
Es werden dann andere Berufe entstehen. Das wird nicht ohne Umbrüche abgehen. Die Weber wurden seinerzeit durch Webmaschinen überflüssig, und es kam zu Aufständen. Aber letztlich war der Wandel unabdingbar. Es werden sich andere Berufe finden. Es wird natürlich nicht einfach werden, und Konflikte sind unvermeidlich. Aber aufhalten lässt sich die Entwicklung wohl nicht.