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EXODUS Nr. 48 (07/2024)

Exodus Science Fiction Magazin 2024

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211 Antworten in diesem Thema

#91 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 03 September 2024 - 18:12

Jetzt habe ich die neue EXODUS auch angefangen.
 
Hier die ersten Lesefrüchte und wie sie mir mundeten:

Editorial
Inhalt: Die Redaktion freut sich über insgesamt drei Kurd-Laßwitz-Preise für Exodus. Und sinniert über das Thema „KI und Kunst“ und über das alternde Kollektiv.
Fazit: Die wohlverdiente Freude sei ihnen alles gegönnt. Die Jubi-Ausgabe 50 werden sich René & Co nicht nehmen lassen. Was danach passiert – vielleicht macht Exodus selbst einen?

unssere Seite 3“: Aldous Huxley – Zitat
Voll auf die Zwölf! Der Mann muss ein Zeitreisender aus unserer Zukunft sein.

Christian Endres: Wichtig ist nur, was die Leute glauben (I: Frank G. Gerigk)
Inhalt: Die Ich-Erzählerin holt ein illegales Crypto-Wallet aus einer ebenso illegalen Serverfarm, als sie und ihre Komplizen von einem SEK überrascht werden. Die IE entkommt auf ihrem Fahrrad und schüttelt mit Hilfe verbündeter Widerständler sogar eine Drohne ab. Dann findet sie sich vor der Klimaschutzbehörde wieder, wo sie den Crypto-Stick übergeben soll. Ist sie in eine Falle geraten?
Fazit: Voll rein in die Handlung und bis zum Schluss mit Vollkraft in die Pedale getreten. CE kann schreiben, die Routine merkt man der Story an. Das Ende, so nett es ist, erscheint mir nicht 100% überzeugend.
Frank Gerigks Illu mit der Fahrradkurierin und der Drohne sieht man den KI-Ursprung an. Leider.

Wolf Welling: Der Zähler und der Monolith (I: Gerd Frey)
Inhalt: Ein beamteter Zähler reist mit seinem Raumschiff auf einen Planeten, auf dem sich ein rätselhafter Monolith befindet. Bei einer Zeremonie der Eingeborenen öffnet sich der Monolith, die Siedler treten ein und verschwinden. Der Zähler will ihnen nachgehen, als er einer Personalisation seiner KI Kiri begegnet.
Fazit: Viele nette Details, das Innenleben des zahlen- und faktenorientierten Zählers gut wiedergegeben. Die Katharsis am Ende kommt etwas zu schnell. Was die Erinnerungen an den Massenselbstmord auf Artemis IV sollen, hat sich mir nicht erschlossen.
Gerd Freys Illu zeigt den Monolithen inmitten einer felsigen Landschaft mit geradezu greifbarer Textur des Bodens. Was die Wabenstruktur am Himmel soll, verstehe ich nicht, mag sie aber sehr.

Roland Grohs: Geisterbahn (I: Oliver Engelhard)
Inhalt: Der Kopf eines älteren wurde auf den Körper eines jüngeren Mannes transplantiert. Noch hat die Chimäre Koordinationsprobleme. Da führt ihn der Chefarzt zu anderen Patienten – den siamesischen Drillingen, die sich um den Originalkörper beißen und die unsterbliche Göttin, die nur noch in ihrer virtuellen Welt Heldentaten vollbringt.
Fazit: … und am Ende ist unser Held reif für die Reha. Ja, ganz eindrücklich. Aber warum sollte der Chefarzt unserem offenbar nicht besonders besonderem Helden die anderen Patienten zeigen – noch dazu ohne deren Einverständnis. Die Story lässt den Leser mit chronischem Achselzucken zurück.
Engelhards buntes Panoptikum soll wohl die virtuelle Welt der Göttin zeigen. Die Figuren wirken z.T. etwas unbeholfen gezeichnet, die Proportionen stimmen nicht immer. Aber das wirkt gewollt und nicht nur deshalb gefällt das Bild.
 

Zwischenfazit: Bei den Stories ist noch nichts dabei, was mich vom Hocker reißt, aber auch kein Vollausfall.

Von den Iluustrationen gefällt mir Gerd Freys Monolith allerdings richtig gut.

Bin gespannt, wie es weitergeht.

 

Gruß

Ralf


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#92 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 07 September 2024 - 13:58

Mach meiner Netzpause steige ich mal wieder ein und schaue, ob ich diese Fragen beantworten kann. Ich finde es gar nicht schlimm, sowas zu fragen, solange nicht erwartet wird, dass ich in jedem Fall die Zeit für eine ausführliche Antwort aufbringen kann. Ich muss den Text dazu nämlich nochmal lesen, weil es einfach nun schon so lange her ist.

 

...

 

Ich war auch aufgrund von Umzug in einer Pause und melde mich kurz aus einer seltsamen Kartonwelt, in der ich zurzeit lebe. Vielen Dank für Deine Mühe! Ich soll ja nichts weiter dazu sagen.  B-)


Bearbeitet von Christian Hornstein, 07 September 2024 - 13:59.


#93 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 08 September 2024 - 19:11

Ach von mir aus kannst du schon was sagen, weil mich interessiert, was du aus meinen Zeilen machst. Mir wäre halt lieb, wenn wir uns nicht in "ja, aber"-Schleifen drehen würden, du also nicht in die Position kommst, deinen Text zu verteidigen.


Bearbeitet von Jol Rosenberg, 08 September 2024 - 19:11.

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#94 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 08 September 2024 - 19:57

Ich denke auch, allmählich ist es hier ruhig genug, dass wir etwas mehr Details wagen können. So lange es freiwillig bleibt, ob wir uns dann tiefer dazu äußern, natürlich ;-)

Aber ich lese gern euren Austausch mit!

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#95 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 12 September 2024 - 06:52

Bei einer Story bin ich mal faul und poste das, was Christian schon ganz hervorragend ausgearbeitet hat.
Ich schließe mich seinen Ausführungen uneingeschränkt an.
 

Ja, genau, wobei ich glaube, dass Roland Grohs nicht objektifizieren oder jemanden reduzieren wollte, letztlich aber genau diesen Eindruck erweckt aufgrund der stereotypen Darlegung.

Das weiße Zelt
von Michael Schneiberg


Halbwegs konsequent und einfühlsam aus der Perspektive eines Kindes und mit vielen Alltagselementen aus dem Leben einer Familie zur Plausibilisierung des Settings erzählt uns die Hauptfigur von einem klassischen Pandemie-Szenario, das wir leider alle aus eigener Anschauung gut kennen, wenn auch in recht verschiedenen Varianten und die meisten von uns nicht in der Dramatik, die in der Geschichte entfaltet wird. Ich finde, man merkt es dem Text an, dass er aus genau diesen Erfahrungen schöpft. Die Beschreibungen unterscheiden sich nur in relativ geringfügigen Details von dem, was wir unter Corona erlebt haben. Der Virus, um den es im vorliegenden Text geht, wirkt auf kognitiv, und zwar auf die Sprachzentren. Das ist nicht ganz neu im SF-Genre (siehe z.B. der zunächst letzte Film New Kingdom aus der Reihe Planet der Affen) und erhält hier leider keine originelle Vertiefung, auch wenn die Überlegungen des Kindes zum Einfluss der Namensgebung von Dingen auf die Natur der Dinge und unsere Haltung zu ihnen ein nettes Leitmotiv ist, das sich am Schluss mit der Viruswirkung verbindet. Das Sprachthema wirkt eher wie eine Metapher für die Änderung der Lebenswelt der Menschen durch die Pandemie. Insofern hätte die Geschichte auch nicht unbedingt SF sein müssen.

Illustration von Dirk Berger
Die Illustration von Dirk Berger bietet ein zur Geschichte passendes Motiv: Ein einsam wirkendes Kind, das allein vor dem weißen Zelt mit dem Zeichen für Biohazard sitzt. Man sieht es von hinten, was Projektionen zu seinem Gesichtsausdruck/Gemüt zulässt, vor einem übergroß wirkenden Zelt mit schwarzem, undurchdringlichem Eingang. Das Sonnenlicht fällt von links auf das Kind und verleiht ihm eine Art Gloriole, ein Sinnbild für das Besondere und Gute, das es in der düsteren Welt darstellt. Der Stil ist einem Acrylgemälde mit groben Pinselstrichen nachempfunden, wahrscheinlich nicht wirklich gemalt, sondern ein Filter, vielleicht auch das nachbearbeitete Bild einer Graphik-Assistenz, jedenfalls deuten manche Details darauf hin.

 

Kleine Anmerkung: Den Einstieg mit dem gewollt alternativen aber gekonnt eher spießigen Familienleben mit den Selbstverwicklungsversuchen beider Eltern und der Arbeit des Vaters fand ich zunächst langweilig und uninteressant. Dann kam der letzte Satz des ersten »Kapitels«: »Meine Mutter hätte sicher noch weitere Kinderbücher illustriert, wäre meine kleine Schwester nicht so plötzlich und grausam am Virus gestorben.« 

Wumm! Das haute richtig rein. Und danach hatte Michael mich gefesselt. 

 

Yvonne Tunnat: Besuch für die Astronautin (I: Uli Bendick)
Inhalt: Alterspflegerin Jenny besucht, wie jeden Tag, die greise Astronautin Karla, Pflegling und Jennys Freundin. Doch heute hat sie Besuch. Karla wird abgeholt von ihrer 40jährigen Astronautenmutter, die von einer längeren Weltraummission zurückgekehrt ist.
Fazit: Ganz stimmungsvoll eingefangen, vor allem Jennys facettenreiche Gefühle für Karla, aber die Zeitdilatations-Pointe ist doch etwas abgestanden. Dafür gab es selbst in dieser kurzen Story zuviel Zierrat. Schön wäre es, wenn der Text das Anfangskapitel eines Romans würde, in dem die Problematik einer zweimaligen Mutter-Tochter-Beziehung verhandelt würde. (Jennys Eifersucht könnte gut als dramaturgischer Treiber in einem klassischen Drama-Dreieck dienen.)
Uli Bendicks Illu zeigt Karla und ihre Mutter von hinten vor einem Astronautenhelm auf einem Sessel vor einem blauen Planeten. Sehr symbolisch, sehr passend und ästhetisch ansprechend.

Uwe Hermann: Ein Stückchen Erinnerung (I: Nicole Erxleben)
Inhalt: Ein Astronaut erwacht, in einem Raumanzug in den Weiten des Alls treibend. Ihm wird bewusst, dass er eine Katastrophe überlebt haben muss, aber ohne Aussicht auf Rettung. Schließlich gibt es Funkkontakt mit Wissenschaftsoffizier Caroline, die ihm aber weder die Namen seiner Töchter noch die genaue Unfallursache mitteilen kann. Doch genau darauf kommt es gewissen Personen an.
Fazit: Ich mag ja solche Szenarien, wenn ein Astronaut einsam im All seinen sicheren Tod erwartet (z.B. Andreas Eschbach »Die Wunder des Universums«, Matthias Falke »Boa Esperança«). Die Gedanken des Raumschiffkommandanten an seine Familie sind sehr einfühlsam beschrieben. Die wohlbekannte Pointe ist hier passend und gut eingebunden.
Nette Stilblüte (S. 47, links, Z. 14-17): »Es schien, als hätte sich mein Verstand schon mit der Tatsache abgefunden, auch wenn mein Kopf sie noch nicht hatte wahrhaben wollen.«
Nicole Erxlebens comicartige Illustration passt und gefällt.

Comic:
Volker Dornemann: Volkertoons‘ STEINE

S. 48: Die Steine bewundern einen steinigen roten KI-Quader. Den Witz habe ich wohl verpasst.
S. 81: Endlich lüftet mal jemand das Geheimnis von Stonehenge. Und das ist richtig süß.

Lothar Bauer: Kunst und KI (Galerie-Einleitung)
Der Künstler stellt sich selbst und seine künstlerische Herangehensweise mit und ohne KI in der dritten Person vor.
Fazit: Und das macht Lothar richtig gut. Interessant und informativ.

Lothar Bauer: »die Galerie«

Diese Explosionen aus Farben, Technik und Aliens, oftmals mit einer gehörigen Portion Pathos aufgetragen, sind genau die Bilder, die mich als etwa 10jähriges Kind zum Science-Fiction-Fan gemacht haben. Ich bin von fast allen Bilder überwältigt, insbesondere von der Verschlingung der Dimensionen in »Verwerfung« und dem perspektivischen Sog in »Inwards Radiant«. Trotz dieser quantitativ und qualitativ überwältigenden Ernte habe ich ein Lieblingsbild: »Cor«. Dieses Wesen, das pflanzliche, tierische und maschinelle Elemente vereinigt, fasziniert mich total.
Auf die Plagiatsvorwürfe gegen Lothar gehe ich an dieser Stelle nicht ein, möchte sie aber nicht unerwähnt lassen.

Maria Orlovskaya: Slide Machine (I: Jan Hoffmann)
Inhalt: Jesse versucht, ihrem schlechten Leben, insbesondere dem Frauenschläger Alec, mit dem sie in einer toxischen Beziehung lebt, durch einen Wechsel in ein Paralleluniversum zu entkommen. Solche Transsitionen sind illegal. Aber sie findet einen Anbieter und geht den Schritt. Im neuen Universum kennt Alec sie noch gar nicht. Aber der Übergang ist nicht einseitig. Und er steht prinzipiell allen offen.
Fazit: Grundidee großartig, sehr eindrücklich beschrieben, wenngleich für meinen Geschmack zu viele historische Details der Beziehung aufgearbeitet werden und zu viele Nebenfiguren eingeführt werden. Insgesamt bleibt es aber spannend, die Pointe sitzt.
Jan Hoffmanns collagenhafte Vignetten visualisieren den Übergang zwischen den Universen. Ganz dekorativ, spricht mich aber kaum an.

 

Gruß

Ralf


Bearbeitet von ShockWaveRider, 12 September 2024 - 06:54.

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#96 Christian Hornstein

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Geschrieben 18 September 2024 - 05:16

Ach von mir aus kannst du schon was sagen, weil mich interessiert, was du aus meinen Zeilen machst. Mir wäre halt lieb, wenn wir uns nicht in "ja, aber"-Schleifen drehen würden, du also nicht in die Position kommst, deinen Text zu verteidigen.

 
Na ja, das ist ja einer der Gründe, warum sich Autori meist nicht äußern. Sie gelten als befangen und sobald sie Einwände gegen Kritik erheben, wirkt es, als wollten sie nur ihren Text verteidigen, wodurch der Inhalt ihrer Äußerungen nicht mehr ernst genommen wird, was die Rezeption ihrer Argumente erschwert, die ohnehin potentiell unerwartet sind, weil sie blinde Flecken ansprechen. Das ist frustrierend und lässt die Autori oberflächlich betrachtet unprofessionell aussehen. Yvonne hat schon recht. Es hat auch Vorteile wenn Autori schweigen. Wenn Ihr wirklich wollt, kann ich aber demnächst trotzdem zu Euren Kommentare was schreiben, wenn alle sich geäußert haben.

 

Übrigens: Du bist ja in Berlin tätig und daher nicht betroffen, aber wir Therapeuti in NRW nehmen ja demnächst am neuen QS-Verfahren teil. Im Vorfeld wurden vom Berufsstand viele Kritikpunkte am geplanten Verfahren angebracht, und zwar völlig zu recht, denn es gibt wirklich viele Schwachstellen. Die allermeisten Punkte wurden aber vom durchführenden Institut ignoriert, wahrscheinlich auch deswegen, weil die zu Prüfenden als befangen gelten ...


Bearbeitet von Christian Hornstein, 18 September 2024 - 05:17.


#97 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 18 September 2024 - 06:21

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es vorteilhaft ist, komplett zu schweigen. Egal was gesagt wird, egal was überlesen wurde. Es kann noch so dick und direkt im Text stehen, alles kann und darf überlesen werden.

Meistens merkt es aber eh jemand anderes. Und wenn nicht: dann ist es im Zweifel trotzdem meine Verantwortung. Wenn der Text spannendwe gewesen wäre, hätten die Menschen ihn sicher auch genauer gelesen.


In einem kleineren Kreis (vorzugsweise mit nur einem Gegenüber zeitgleich, vorzugsweise vor der Veröffentlichung) ist es aber sehr hilfreich, sich ggf auch zu äußern und über den Text zu sprechen.

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#98 fancy

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Geschrieben 18 September 2024 - 08:57

Hm, ich habe eine etwas andere Meinung. Ich finde wie Yvonne auch nicht, dass es toll ist, wenn Autoren ihre Texte verteidigen. Zu oft habe ich erlebt, dass Mängel mit einem eigenen Stil erklärt werden sollen, aber ich finde nicht, dass den Autoren ein Maulkorb verpasst werden sollte. Ich denke, dass sie sich zum Text äußern dürfen. Es hat schon Fälle gegeben, da wurde die Intention des Autors nicht erkannt und wenn er dann sagt, so oder so hab ich das gemeint, dann finde ich das nicht schlimm, ganz im Gegenteil, wenn auf freundschaftlicher Basis miteinander umgegangen wird, kann man ja z. B. helfen, indem man vorschlägt, wie diese Botschaft ggf. besser hätte übermittelt werden können. 


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#99 Jol Rosenberg

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Geschrieben 18 September 2024 - 17:54

Ich betreibe ja auch ein Schreibforum und habe dort auch gute Erfahrungen mit inhaltlichen Diskussionen zu Texten gemacht. Meiner Erfahrung nach setzt es aber sehr viel guten Willen von Kritisierenden und Kritisierten voraus. Wenn Texte von mir kritisiert werden, schlafe ich dort erstmal mindestens eine Nacht, bevor ich reagiere. Hilfreich finde ich auch, nicht über "die Wahrheit" zu diskutieren, sondern über verschiedene Lesarten und Herangehensweisen. Die können ja dann durchaus auch nebeneinander stehen. Dort werden auch nur unveröffentlichte Texte diskutiert, es geht also um Verbesserung eines Textes.

 

Was das unsägliche QS-Verfahren angeht, denke ich, dass hier nicht der Raum ist, um das in seiner Komplexität zu diskutieren. Meines Erachtens ist der Hauptpunkt hier nicht, dass den Begutachteten generell misstrauisch begegnet wird, weil sie begutachtet werden, sondern es gibt ein sehr vielschichtiges Interessengeflecht innerhalb des Gesundheitssystems und der Akteure (KV, Kassen, Kliniken, Politik ...). Hinzu kommt, dass die Lobby für Personen mit psychischen Erkrankungen nicht gerade groß ist. Dafür, dass du diesen Sch... über dich ergehen lassen musst, hast du mein vollstes Mitgefühl. Ich hoffe, es bleibt mir erspart und ich darf weiterhin Anträge schreiben.


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#100 Christian Hornstein

Christian Hornstein

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Geschrieben 20 September 2024 - 07:39

Ich finde wie Yvonne auch nicht, dass es toll ist, wenn Autoren ihre Texte verteidigen. Zu oft habe ich erlebt, dass Mängel mit einem eigenen Stil erklärt werden sollen ...

 

Klar kommt es vor, dass jemand leugnet, sich vergriffen zu haben. Ich finde aber, wenn jemand zu seinem Fehler (noch) nicht stehen kann, ist das okay, solange das gesittet geschieht und niemand zu Schaden kommt. Ich fühle mich dann nicht schlecht als derjenige, der auf den Fehler hingewiesen hat, würde aber natürlich auch sagen, dass es seitens der Person nicht so souverän wirkt. Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass viele, die zu leugnen scheinen, die Kritik auch einfach (noch) nicht verstehen.

Es ist auch oft der Fall, dass es zu Missverständnissen kommt, nämlich bei divergierenden Vorstellungen davon, was ein Mangel ist. Für mich ist ein Textmerkmal dann ein Mangel, wenn es die Intention der Person, die das Merkmal produziert hat, konterkariert.

Wenn ich Kritik übe, lege ich immer irgendwelche Maßstäbe an, z.B. sogenannte Regeln oder Vermutungen darüber, was zur Zielgruppe passt. Dabei frage ich mich, was die Person, die eine von mir kritisch betrachtete Textpassage geschrieben hat, sich dabei gedacht haben mag. Wenn ich vermute, dass es schlicht ein Fehler im oben genannten Sinne ist, dann lege ich das dar.

Vor allem im semiprofessionellen Bereich kommt es immer wieder vor, dass Maßstäbe zu normativ angewandt werden oder lediglich persönliche Präferenzen als Maßstab dienen, ohne dies zu kennzeichnen.

Hans Peter Roentgen hat das kürzlich für den Aufruf zum Vernichten von Adjektiven und das allseits verehrte Show Don’t Tell im Kleinen demonstriert. Von beiden Prinzipien bin ich durchaus Adept, habe aber auch oft erlebt, wie sie normativ mit Tunnelblick angewandt wurden.

 

https://www.autorenf...t-2024&catid=78



#101 fancy

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Geschrieben 20 September 2024 - 09:59

Die meisten Autoren, die darauf beharren, alle Füllworte und Hilfsverben behalten zu wollen, schreiben noch nicht lange und häufig fühlen sie sich durch konstruktive Kritik als Person angegriffen und ebenfalls häufig antworten sie aus dem ersten Brass heraus. Ich rate diesen Autoren gerne, mindestens eine Nacht über die Kritik zu schlafen und sich den Text am nächsten Tag unter der Prämisse "Könnte da was dran sein?" und mit dem Wissen, dass man ihnen als Person nichts will, noch einmal durchzulesen und erst dann darauf zu reagieren. Das hat in vielen Fällen geholfen. Es gibt aber auch die Autoren, die in irgendwelchen Schreibforen ihre Texte gegenseitig besprechen, von ihren Kollegen abgefeiert werden und sich deshalb für gut halten, auch wenn es noch nicht zur Veröffentlichung gereicht hat. An denen prallt Kritik ab. 

 

Sich zu überlegen, was der Autor sich gedacht haben mag, finde ich gut. Das ist leider nicht selbstverständlich. Häufig wird denen einfach irgendetwas unterstellt, was die meistens gar nicht beabsichtigt haben. Ich finde, da könnten man ggf. lieber einmal vorsichtig nachfragen, bevor man mit Vorwürfen um sich wirft. 

 

Vor allem im semiprofessionellen Bereich kommt es immer wieder vor, dass Maßstäbe zu normativ angewandt werden oder lediglich persönliche Präferenzen als Maßstab dienen, ohne dies zu kennzeichnen.

 

 

Hier stimme ich dir zu 100 % zu. 

 

Klar, gibt es Regeln und klar dürfen die von Könnern gebrochen werden. 

 

 

 


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#102 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 20 September 2024 - 11:33

Ich bin ein großer Fan von "Text steht für sich".

 

Was mich ggf. nicht davon abhält, Autor:innen in den Podcast einzuladen und sie in Grund und Boden auszufragen. :-) 

Bisher hat das immer etwas gebracht, ich denke, allen Seiten.

 

 

Und klar, im Lektorat ist ja ein Austausch notwendig und dann ist es ganz schwierig, wenn über jede Kleinigkeit gestritten wird, gern auch über welche, bei denen ich geglaubt hätte, das sei klares Handwerk. Ich würde mich zukünftig auch davor hüten, noch mal in diese Position zu kommen. Herausgeben ist anstrengend. 


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#103 Michael Böhnhardt

Michael Böhnhardt

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Geschrieben 20 September 2024 - 12:46

Der Text steht für sich. Ein Autor sollte sich zum Inhalt der Kritik nicht äußern. Ich frage höchstens nach, wenn ich einen Kritikpunkt nicht nachvollziehen kann, was genau gemeint ist. Man sollte die Kritik nicht persönlich nehmen. Der Leser hat einen Text gelesen, der ihn geärgert hat, und es ist sein gutes Recht, das zu artikulieren. Wenn er dabei die Grenzen der Höflichkeit überschreitet, steht er damit schlecht da, und nicht der Autor der Geschichte.

 

Nichtsdestotrotz überlege ich immer, ob an der Kritik was dran sein könnte, und falls ja, versuche ich diesen Fehler in Zukunft zu vermeiden.

 

Was mir an der Kritik insbesondere in diesem und ähnlichen Threads aufgefallen ist: Das Ganze wirkt manchmal wie eine Schreibwerkstatt. Das ist es nicht. Es ist ein Magazin mit Geschichten, bei denen die Käufer davon ausgehen, dass hier nicht mehr über grundlegendes Handwerk diskutiert werden müsste.

 

Desweiteren liest man sehr häufig den Vergleich mit QW und anderen progressiven Publikationen, und man so etwas dort ja zum Glück nicht mehr lesen müsste. Es wirft aus meiner Sicht kein gutes Licht auf diese Magazine, wenn ihre Fans herumlaufen und alles niedermachen, das nicht so geschrieben ist, wie sie es dort gewöhnt sind.

 

Zwei Unarten kann man kritischen Lesern offenbar niemals abgewöhnen: Sie vergessen gern:

Der Text und der Autor sind nicht identisch.

So manches, was man aus einem Text herausliest, hat man als Leser selbst mit hineingebracht.


Bearbeitet von Michael Böhnhardt, 20 September 2024 - 13:00.


#104 fancy

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Geschrieben 20 September 2024 - 15:47

In den meisten Fällen ist es besser, wenn der Autor sich nicht zur Kritik äußert, da gebe ich euch recht, aber ich würde es nicht in Stein meißeln. Denn es gibt unter Garantie Ausnahmen. Wenn er sich zum Beispiel bedanken möchte. (Und andere gibt es sicher auch.) 

 

Immer zu überlegen, ob an der Kritik etwas dran ist, finde ich auch gut, denn von außen sieht der Text immer anders aus. 

 

Stimmt, den Vergleich mit der Schreibwerkstatt hatte ich auch schon gezogen. 

 

Ja, stimmt, die Unarten sind weit verbreitet. 


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#105 Jol Rosenberg

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Geschrieben 20 September 2024 - 15:53

Ich bin auch eher Fan von "Der Text steht für sich". Genau darum ist meine Meinung zu einem Text auch nur meine Meinung zu diesem Text. Ich gebe zu, dass ich eher selten darüber nachdenke, was die Person, die den Text geschrieben hat, gemeint hat. Denn diese Person kenne ich meistens nicht gut genug. Das ist hier im Forum anders, denn ich kann euch fragen. Bei gedruckten Texten sieht es meist anders aus.

 

@Christian: Ich sehe selten, dass sich Leute in Texten klar vergreifen. Mein Ansatz ist eher, rückzumelden, wie ich den Text gelesen habe und was er bei mir auslöste. Das ist dann sehr subjektiv und die*der Autor*in kann dann schauen, ob das der eigenen Intention entspricht oder nicht und ob das eine Lesart ist, die gefällt oder nicht. Wenn sie nicht gefällt, kann man nochmal genau schauen, woran es lag, dass diese Lesart ankam und wie viel daran in den Händen der Person liegt, die den Text geschrieben hat.

 

@Michael:

 

 

 

Was mir an der Kritik insbesondere in diesem und ähnlichen Threads aufgefallen ist: Das Ganze wirkt manchmal wie eine Schreibwerkstatt. Das ist es nicht. Es ist ein Magazin mit Geschichten, bei denen die Käufer davon ausgehen, dass hier nicht mehr über grundlegendes Handwerk diskutiert werden müsste.

 

Diese Aussage verstehe ich nicht. Es klingt für mich so, als meintest du, dass über Handwerk nicht diskutiert werden müsse, weil die gedruckten Texte darüber erhaben seien. Aber das ergibt irgendwie keinen Sinn, denn nur weil was gedruckt ist, ist es ja noch lange nicht gut. Das Grundlegende an einer Schreibwerkstatt ist, dass Autor*innen zusammenkommen, um sich zu verbessern. Hier aber tauschen sich vorwiegend Lesende über Texte aus. Du siehst: Ich habe keine Ahnung, was du meinen könntest.

 

 

 

Desweiteren liest man sehr häufig den Vergleich mit QW und anderen progressiven Publikationen, und man so etwas dort ja zum Glück nicht mehr lesen müsste. Es wirft aus meiner Sicht kein gutes Licht auf diese Magazine, wenn ihre Fans herumlaufen und alles niedermachen, das nicht so geschrieben ist, wie sie es dort gewöhnt sind.

 

Diese Behauptung verstehe ich immerhin. Allerdings unterscheidet sich meine Wahrnehmung sehr massiv von deiner, denn ich lese nicht häufig solche Vergleiche. Warum das Äußern persönlicher Geschmäcker dazu führen könnte, dass ein negatives Licht auf ein Magazin fällt, das eine Person mag, verstehe ich noch viel weniger.

Die Behauptung "wie sie es dort gewöhnt sind" ist vor dem Hintergrund meiner Wahrnehmung fast schon absurd: Ich las in den QW sehr verschiedene und sehr experimentelle Texte, von denen ich manche mochte und manche auch nicht. So etwas wie einen einheitlichen QW-Stil sehe ich genausowenig wie einen einheitlichen Exodus-Stil. Zum Glück. Mir kommt das ein bissel so vor, als seist du wie ein Fußball-Fan, der die andere Mannschaft runtermachen möchte, weil das zum Fansein dazu gehört. Bei Magazinen sehe ich das anders, denn ich kann völlig problemlos gleichzeitig Exodus- und QueerWelten-Fan sein.

 

 

Zwei Unarten kann man kritischen Lesern offenbar niemals abgewöhnen: Sie vergessen gern:

Der Text und der Autor sind nicht identisch.

So manches, was man aus einem Text herausliest, hat man als Leser selbst mit hineingebracht.

 

Ein paar Pauschalturteile machen sich offenbar immer gut. Noch ein bissel Entwertung hineinmischen und schon ist der Beitrag fertig.

Inhaltlich halte ich deine Behauptung auf mehreren Ebenen für falsch:

1. Meines Erachtens werden beide Punkte hier in den Lesezirkeln eher selten vergessen

2. Wenn diese Verwechslungen stattfinden, dann haben sie wenig damit zu tun, ob ein Text kritisch oder unkritisch gelesen wird

3. Wer bist du, dass du festlegst, was eine Unart ist und wer ist "man" der*die wem das abgewöhnen soll?

 

Ich denke, dass es bei Texten und bei Posts immer besser ist, konkret zu bleiben und präzise zu formulieren, was gemeint ist. Sonst geht die Basis für einen Austausch leicht verloren, weil in kryptische angreifende Posts alles und nichts hineininterpretiert werden kann. Das macht mir dann wenig Freude.


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#106 Michael Böhnhardt

Michael Böhnhardt

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Geschrieben 20 September 2024 - 16:17

 Hier aber tauschen sich vorwiegend Lesende über Texte aus. Du siehst: Ich habe keine Ahnung, was du meinen könntest.

 

So wirkt es nicht. Es tauschen sich größtenteils Schreibende aus, entweder die Beteiligten der Publikation oder andere. Und es ist m.E. Sinn des Posts, tatsächlich Leser auf das Magazin aufmerksam zu machen, und ich persönlich finde es da kontraproduktiv, wenn man den Eindruck erweckt, den Texten müssten die Grundlagen erklärt werden.

 

 

Ein paar Pauschalturteile machen sich offenbar immer gut. Noch ein bissel Entwertung hineinmischen und schon ist der Beitrag fertig.

 

 

Hm, ich weiß jetzt nicht, ob das eher meinen oder eher deinen Beitrag beschreibt ...

 

 


Inhaltlich halte ich deine Behauptung auf mehreren Ebenen für falsch:

1. Meines Erachtens werden beide Punkte hier in den Lesezirkeln eher selten vergessen

2. Wenn diese Verwechslungen stattfinden, dann haben sie wenig damit zu tun, ob ein Text kritisch oder unkritisch gelesen wird

3. Wer bist du, dass du festlegst, was eine Unart ist und wer ist "man" der*die wem das abgewöhnen soll?

 

Ich finde das ein wenig inkonsistent: Zunächst stimmst du zu, dass dies ein Fehler bei der Beurteilung ist, der hier in diesen Zirkeln aber niemals vorkommt, andererseits gehst du wieder mich persönlich an, wer ich den bin, der festlegt, was eine Unart ist.

 

Meine Wahrnehmung ist anders als deine, mir fallen diese beiden Fehler ständig auf.

 

Und selbstverständlich steht es dir vollkommen frei, meine Anmerkungen für nachdenkenswert oder uninteressant zu halten.



#107 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 20 September 2024 - 18:45

Danke für die Erklärung. Ich sehe das Forum hier tatsächlich nicht als Werbeplattform und habe eine ganz andere Herangehensweise. Natürlich führt das zu einem anderen Diskussionsstil.

 

Was die weitere Diskussion angeht, möchte ich dich erneut bitten, sorgfältig zu sein: "niemals" ist nicht das selbe wie "eher selten". 

 

Wenn du dich persönlich angegangen fühlst, tut es mir leid. Ich wollte nur zurückmelden, dass die Pauschalverurteilung anderer Schreibender in diesem Forum als Leute, die "Fehler" und "Unarten" an den Tag legen und einfachste Dinge verwechseln, auf mich hochnäsig und arrogant wirkt. Da ich annahm, dass ich gemeint sei, empfand ich das als angreifend und wollte darauf hinweisen, dass das für mich ein unangenehmer Diskussionsstil ist. Da ich nun offenbar selbst so wahrgenommen werde, was nicht zu einem zielführenden und angenehmen Austausch führt, ziehe ich mich nun hier zurück.


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#108 fancy

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Geschrieben 21 September 2024 - 13:35

Ich stimme Michael zu, wenn er sagt, hier sollte in erster Linie Interesse am Magazin geweckt werden. Dies ist ein offenes Forum, das heißt, alles, was hier zum Besten gegeben wird, kann von allen Leuten mitgelesen werden. Und ich finde es ebenfalls der gesamten Szene abträglich, wenn hier der Eindruck erweckt wird, die Autoren, die in unseren namhaftesten Magazinen veröffentlichen, seien überwiegend Sexisten, Schreibanfänger oder Menschen verachtend. Wenn man unbedingt, die Texte seiner Kollegen auseinanderpflücken möchte und sich daran erfreut, sollte man meiner Meinung nach einen Tread eröffnen, der von NIchtmitgliedern nicht eingesehen werden kann. 

 

Auch die von Michael angeführten Fehler und/oder Unarten sind hier - gerade in diesem Faden - gemacht worden, indem man Wolf Welling und Roland Grohs unethische Beweggründe unterstellt. Ich habe hier mal ein paar Beispiele gesammelt. 

 

 

 

Wolf Welling: Der Zähler und der Monolith

 

 Er mag seine Zwänge und will sie behalten. Sie ihm dann doch zu nehmen, ist übergriffiger Saneismus. .

 

Roland Grohs: Geisterbahn

 

Der behandelnde Arzt fährt die Hauptfigur im Rollstuhl herum und es werden verschiedene Patient*innen vorgeführt und dem ableistischen Blick des Arztes und des Patienten ausgesetzt. Ich fand das Ganze einfach nur widerlich, zumal das Begaffen und Sich-lustig-machen über als entstellt gelabelter Körper sich in eine unschöne Tradition stellt. Hinzu kommt ein gerüttelt Maß an Sexismus, wenn „natürlich“ nur die weiblich gelesenen Körper nach Schönheit beurteilt werden. Zu allem Überfluss hat der Text kein überzeugendes Ende, er hört einfach irgendwo auf.

 

Puh, ich muss sagen, ich habe meine Mühe. Und lese nun bei euch, dass es euch ähnlich ging. Schon die letzte Exodus hat durch Saneismus geglänzt, diese hier tritt in dieselben Fußstapfen. Ich verstehe nicht, wieso man so etwas abdruckt. Ich werde diese Exodus noch weiterlesen, bin mir aber recht sicher, dass das Magazin mich als Leser*in damit verloren hat. So etwas mag ich weder unterstützen noch lesen.

Zirat Sam Fransico:

Aber was danach kommt, ist eine sinnlose Odyssee des frisch Operierten durch das Krankenhaus, um missgestaltete Figuren zu begaffen. HÄ? Was soll das? Obwohl sich die Story einigermaßen flüssig lesen ließ, war das inhaltlich nix. So etwas will ich einfach nicht lesen

 

Zitat Jol Rosenberg:

Der Text ist nicht nur vom Plot her schwach, sondern leidet auch sonst unter handwerklichen Mängeln: holzige Dialoge voller Infodump, dadurch Langeweile, und wenig ausgearbeitete Figuren. Ich habe streckenweise nur quergelesen, weil mich das so gelangweilt hat.

 

Zitat Yvonne Tunat:

Bei diesem Autor habe ich jetzt aber schon sehr oft ableistische oder altersfeindliche Tendenzen herausgelesen. Das mag ja vielen von uns "mal passieren", aber hier ist es eben ständig der Fall. 

 

Zitat Charline Winter:

Bei diesem Ende bin ich ganz bei Jol: Es stößt mir sauer auf, dass es als die ultimative Befreiung dargestellt wird, dass der Protagonist seinen 'Zähl-Zwang' jetzt los ist. Zumal er weiter vorn im Text explizit klargestellt hat, dass ihm das Zählen Freude bereitet und er schon früher eine korrigierende Behandlung abgelehnt hat. Das vermittelt für mich die Botschaft, dass man Abweichungen von einer arbiträren gesellschaftlichen Norm in der eigenen Persönlichkeit unbedingt loswerden solte - und wenn man das nicht will, eben zum eigenen 'Glück' gezwungen werden muss.

 

Zitat Christian Hornstein:

Es entsteht also wenig Spannung und die Wendung ist weder besonders überraschend noch vielsagend. Ich frage mich bei solchen Texten immer, warum sie geschrieben wurden, denn um andere zu unterhalten, vor allem wenn es eine SF-affine Zielgruppe sein sollte, ist es zu wenig originell und nicht sehr spannend. 

 

Zitat Charline Winter:

Ich glaube, es fällt mir auf die Füße, dass ich über die Queer*Welten zur SF gefunden habe - so bin ich bei anderen Publikationen oft enttäuscht, wenn in einem so möglichkeitsoffenen Genre immer wieder auf verfestigte gegenwärtige Denkmuster zurückgegriffen wird.

 

Zitat Charline Winter:

 Dabei dienen körperliche Deformierungen dieser Menschen ausschließlich als Schock-Effekt; sie werden regelrecht zur Schau gestellt und als "Monster" und "etwas Unnatürliches" bezeichnet. Bei einer Patientin sind der Protagonist und sein Arzt sich einig, dass man sie gnädigerweise töten sollte (obwohl sie sich in einer virtuellen Welt aufhält, in der sie sich wohlfühlt) - und begründet das ironischerweise  ausgerechnet mit der Menschenwürde. Ich finde es erschreckend, wie hier so unhinterfragt über den Wert von Menschenleben geurteilt wird und wie menschenverachtend und herabwürdigend der Blick auf Körper ausfällt. Schade, in der Grundidee steckte einiges an Potential.

 

Zitat Christian Hornstein:

Es tut mir leid, aber dieser Text bietet nicht viele Anreize und ich kann nicht viel mehr dazu schreiben. Wie kam es nur zu diesem Text?

 

 

Meiner Meinung nach, müssen die, die hier mit Knüppeln auf alle draufhauen, auch einstecken können. 

Oder, was noch viel besser wäre: Wir sollten uns einen freundschaftlichen Umgang angewöhnen und nicht mehr aufeinander rumhacken. 


Fang nicht an, Dinge zu tun, tu sie einfach!
Wer wenig denkt, irrt viel (Leonardo da Vinci)
Meinungsverschiedenheiten über ein Kunstwerk beweisen, dass das Werk neu, komplex und lebenswichtig ist. (Oscar Wilde)
Wenn Kritiker uneins sind, befindet sich der Künstler im Einklang mit sich selbst. (Oscar Wilde)

www.mluniverse.wordpress.com
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#109 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 21 September 2024 - 14:57

(Kleiner Einwurf aus dem unbeteiligten Off:)

 

Danke für die Erklärung. Ich sehe das Forum hier tatsächlich nicht als Werbeplattform

D' accord. Es hat evtl. diesen Anschein bekommen, seit die Mehrzahl der Postenden AutorInnen/VerlegerInnen "wurden", aber das war ganz bestimmt nicht die Ursprungsidee. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass es KEINE Werbung - inkl. im Sinne positiver Filterung - geben soll im SFN, jeglicher Art.

 

Knüppeln auf Personen, insbes. welche die hier registriert sind, ist übrigens laut Forenregeln tabu. Knüppeln auf Texte, insbes. wenn Begründungen angegeben sind, dagegen nicht, finde ich! (Loben ist nat. genauso erlaubt.)
 


Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 21 September 2024 - 15:24.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#110 Michael Böhnhardt

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Geschrieben 21 September 2024 - 15:23

(Kleiner Einwurf aus dem unbeteiligten Off:)

 

D' accord. Es hat evtl. diesen Anschein bekommen, seit die Mehrzahl der Postenden AutorInnen/VerlergerInnen "wurden", aber das war ganz bestimmt nicht die Ursprungsidee. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass es KEINE Werbung geben soll im SFN, jeglicher Art.
 

Ich verstehe den Sinn dieses Einwurfes nicht. Du hast den Eindruck, dieses Forum wird im Großen und Ganzen rein als Werbeplattform von den Beteiligten benutzt? Welche Art von Beiträgen stören dich genau?



#111 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 21 September 2024 - 15:28

Ich hab einfach auf Jols Einwurf reagiert, und zugestimmt. Das hier - aus dem Folgepost - wäre (bisher unübliche) positive Filterung im SFN: "Wenn man unbedingt, die Texte seiner Kollegen auseinanderpflücken möchte und sich daran erfreut, sollte man meiner Meinung nach einen Tread eröffnen, der von Nichtmitgliedern nicht eingesehen werden kann." (Das mit der "positiven Filterung" kam in mein Posting oben per Edit hinein nachdem du meinen Absatz ins Zitat holtest, aber bevor du postetest...)

 

Wer redet von "im Großen und Ganzen"?!

 

P.S.: Ich bin erstmal AFK da es in Berlin ein wunderschön sonniger aber kühler Sonnabend ist, gerade...


Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 21 September 2024 - 15:32.

/KB

Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

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und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#112 Michael Böhnhardt

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Geschrieben 21 September 2024 - 15:46

Knüppeln auf Personen, insbes. welche die hier registriert sind, ist übrigens laut Forenregeln tabu. Knüppeln auf Texte, insbes. wenn Begründungen angegeben sind, dagegen nicht, finde ich! (Loben ist nat. genauso erlaubt.)
 

Ich finde, viele von Fancys Beispielen (nicht alle), zeigen deutlich, dass diese Unterscheidung nicht besonders beherzigt wurde.

 

 

 (Das mit der "positiven Filterung" kam in mein Posting oben per Edit hinein nachdem du meinen Absatz ins Zitat holtest, aber bevor du postetest...)

 

Ich denke, da missverstehst du fancy. Ihr geht es schon darum, dass "die Szene" prinzipiell einen gewissen Zusammenhalt haben sollte und sich nach Möglichkeit gegenseitig positiv fördern sollte, aber deswegen negative Punkte nicht anzusprechen, wäre gerade auch darum kontraproduktiv.

 

Ich persönlich habe überhaupt nichts dagegen, wenn, wie Fancy schreibt, durch Kritiker

 

hier der Eindruck erweckt wird, die Autoren, die in unseren namhaftesten Magazinen veröffentlichen, seien überwiegend Sexisten, Schreibanfänger oder Menschen verachtend.

 

Es ist, wie ich oben schon sagte, durch solche unfairen Methoden und Angriffe unterhalb der Gürtellinie diskreditieren sich die Betreffenden vor allem selbst, und das ist eigentlich ganz gut so.



#113 Michael Böhnhardt

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Geschrieben 21 September 2024 - 18:16

Ich habe noch ein wenig darüber nachgedacht, warum die Kritik insbesonders in diesem Thread so unsympathisch wirkt.

 

Zunächst einmal: ein Autor sollte niemals einen anderen Autor in dieser Form öffentlich vorführen. Es hat immer ein gewisses Geschmäckle: Der Buchmarkt ist umkämpft, da kann es nicht schaden, mögliche Konkurrenten zu diskreditieren. Um einen solchen Eindruck zu vermeiden, so ungerechtfertigt er auch sein mag, hat es sich bewährt, alles zu unterlassen, was über nichtssagende Belanglosigkeiten hinausgeht.

 

Zum anderen pushen sich hier mehrere Beteiligte gegenseitig hoch. "Das ist doch ganz eindeutig -ismus." "Genau, und das habe ich jetzt bei diesem Autor so häufig gesehen, das kann doch kein Zufall sein." "Ich bin es Leid, sowas ständig immer wieder lesen zu müssen."

Es wirkt nie besonders sympathisch, wenn mehrere Personen im Rudel über eine einzelne Person derart herfallen.

 

Außerdem möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass meine Bemerkungen nicht als Angriff gedacht waren, sondern eher als Hinweis, dass die Nachrichten, die ihr aussendet, zumindest nicht bei jedem, in der Form ankommen, wie ihr das vielleicht glaubt.



#114 Jol Rosenberg

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Geschrieben 22 September 2024 - 09:09

Ich finde es bedauerlich, dass ihr, Marianne und Michael euch so angegriffen fühlt. Ich bin mir recht sicher, dass das nicht nur nicht meine Intention war, sondern dass auch die anderen Schreibenden hier keine Angriffe intendierten, weder auf euch noch auf die Autor*innen der besprochenen Texte. Besonders unangenehm finde ich, dass du, Marianne, unter anderem mir hier unterstellst, Aussagen über "unethische Beweggründe" der Autor*innen zu machen. Einerseits ist es gut, dass du das schreibst und auch konkret zitierst, weil ich so nachvollziehen kann, dass du die zitierten Äußerungen offenbar ganz anders liest als ich. Andererseits liest es sich für mich wie eine enorme Verdrehung des Geschriebenen, die schwer gutwillig und freundlich zu interpretieren ist. Für mich liest sich die Ableitung "unethischer Beweggründe" aus einer Textbesprechung wie genau jene Verwechselung von deiner Seite, die du uns vorwirfst: Die Zitate sprechen über Texte, nicht über Autor*innen. Die Behauptung, sie würden über Autor*innen oder deren Beweggründe sprechen, kommt von dir. Für mich ist sie in den Zitaten nicht nur nicht naheliegend, sondern ich finde nicht einmal eine Lesart, die das ohne Sinnentstellung ermöglicht.

 

Meine Haltung ist die, dass es unbewusste "blinde Flecken" in der Gesellschaft gibt und dass diese sich oft auch in Texten niederschlagen. Aufgrund meiner eigenen Position und meines Gewordenseins fallen mir diese Flecken auf und ich stelle dieses Wissen der SF-Gemeinschaft zur Verfügung. Ich kläre auf, blogge und schreibe hier. Ich benenne aber auch, was ich gelungen finde, was ich genieße, ich werbe an verschiedenen Stellen für die deutsche SF und setze mich ein. Ich sehe das explizit als Dienst für die Gemeinschaft, nicht gegen sie. Ich bin dabei immer um Fairness und Wohlwollen bemüht, und wenn das, weil mich Dinge ärgern, manchmal anders wirkt, tut es mir leid. Mein Gefühl ist, dass wir uns möglicherweise schon in Bezug auf die Prämisse (Vieles landet unbewusst in Texten) nicht einig sind und dass ein Teil des Streits hier daher rührt. Denn nur wenn du nicht von unbeabsichtigten Fehlern ausgehst, kannst du mir unterstellen, dass ich Absicht unterstelle. Auch wenn ich mir langsam vorkomme wie eine Schallplatte mit Sprung: Nein, tue ich nicht. Das fände ich anmaßend.

 

Michael, du scheinst der Meinung zu sein, hier gehe es nur darum, Konkurrenz wegzubeißen. Das ist natürlich eine ziemlich bösartige Lesart, die dazu führen muss, dass das Nachdenken darüber, ob an den Kritikpunkten etwas dran sein könnte, verunmöglicht. Hier haben fünf von Marianne zitierte Personen Texte kritisiert und jeweils die Kritik begründet. Sowohl du als auch Marianne machen daraus keinen fundierten Austausch, sondern malen uns als Meute knüppelschwingender Feind*innen. Wo ist das Freundlichkeit?

Ich würde mir wünschen, dass wir verschiedene Lesarten nebeneinander stellen können und zwar ohne dem jeweils anderen unlautere Motive zu unterstellen. Ich denke, dass niemand hier es nötig hat, andere Autor*innen zu diskreditieren. Die Szene hat Raum für uns alle. Allerdings nur dann, wenn Meinungen nebeneinander stehen können und wir einander mit einem grundsätzlichen Wohlwollen begegnen.


Bearbeitet von Jol Rosenberg, 22 September 2024 - 09:11.

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#115 Udo Klotz

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Geschrieben 22 September 2024 - 10:14

Danke, Jol, ich wollte gerade sehr ähnlich antworten. Und mich einmischen, weil ich das Thema Diskussionskultur für ein akut sehr wichtiges halte.

 

Ich bin ein großer Fan davon, Person und Werk immer strikt zu trennen. Daher fand ich es erfreulich, dass alle von Marianne aufgelisteten Zitate sich auf die Texte und nicht auf die Autor*innen beziehen.

Und ich bin der Meinung, dass Kritik immer begründet sein sollte. Wenn ich erkläre, was mich stört, wird es nachvollziehbar. Unbegündete Meinungsäußerungen zu Texten sind nicht hilfreich und je nach Wortwahl dann eher unfair oder sogar beleidigend. Wenn es aber begründet ist, kann man damit arbeiten. Bestätigen oder Gegenargumente liefern, und der*die Autor*in, aber auch andere Schreibende können daraus lernen.

 

Was mir aber von Jahr zu Jahr wichtiger erscheint: Lasst uns doch den Verfassern von Texten, seien es Storys, Romane, Rezensionen oder Kritiken, immer unterstellen, dass sie die besten Absichten hatten. Ich habe den Eindruck, dass man immer mehr davon ausgeht, dass sie die denkabr übelsten Ansichten und Motive haben. Und diese Einstellung macht so viel kaputt.

Also, wenn jemand schreibt, dass ein Text diesen oder jenen -ismus widerspiegelt, dann gehe ich davon aus, dass dies der*dem Autor*in des Textes nicht bewusst war. Hey, ich bin Jahrgang 62 und damit jahrzehntelang mit vielen strukturellen -ismen groß geworden. Ich lerne so langsam. diese zu erkennen. Und wie schwierig es ist, diese zu vermeiden. Und ich bin dankbar für jeden Hinweis auf meine blinden Flecken. Daher finde ich es richtig und wichtig, in einer Rezension auf solche Flecken hinzuweisen. Damit wird eben nicht unterstellt, dass der*die Autor*in ein Anhänger des betreffenden -ismus ist. Selbst, wenn dass in mehreren Texten vorkommt. Gleichzeitig, und das erscheint mir hier wichtig zu betonen, unterstelle ich dem*der Verfasser*in der Rezension, dass hier konstruktive Kritik geübt werden wollte und kein Diskreditieren des Textes oder gar des*der Autor*in. Wir engagieren uns doch hier, um die deutschsprachige SF zu fördern und nicht, um auf andere einzuprügeln.

 

Und noch ein Wort zu den -ismen: Wer in den letzten Jahren im Ausland auf einem internationalen Kongress war, konnte erkennen, wie viel weiter man dort ist, was Toleranz, Respekt und Anerkennung bei den Bedürfnissen von Minderheiten angeht, etwa das Schaffen sicherer Räume und das Aufzeigen, wie man jeden respektvoll und korrekt anspricht. Hierzulande begegne ich aber oft der Einstellung, dass man nichts tun muss, weil doch alles in Ordnung ist, nur weil niemand explizit sexistisch, rassistisch oder anderweitig diskriminierend auftritt. Man übersieht aber den allgegenwärtigen strukturellen Sexismus, Rassimus, Ableismus, Saneismus ... you name it. Es ist ja nicht so, dass wir kein Problem hätten. Selbst mir als alten weißen Mann, der keinerlei Diskriminierung erfahren hat und nur wenige Kontakte zur queeren Szene hat, ist mehrfach zu Ohren gekommen, dass Betroffene nach negativen Erfahrungen der dt. SF-Szene den Rücken kehren, sei es das Verlassen von Blogs und Foren, das Meiden von Verlagen und Magazinen, das Aussteigen aus Clubs und Vereinen oder aus dem gesamten Fandom.

Daher nochmals: Wir sollten dankbar sein für jeden Beitrag, der uns auf blinde Flecken in unserer Wahrnehmung aufmerksam macht. Und nicht den Boten angreifen, sondern überlegen, wie man diese Flecken sichtbar macht und beseitigt.

 

Sollten solche Diskussionen in diesem Forum und damit sichtbar für Außenstehende geführt werden? Ja, unbedingt. Und: Wo denn sonst? Wichtiger als der einzelne Kritikpunkt ist doch aufzuzeigen, dass wir, das Fandom, hier aufmerksam ist. Dass wir mithelfen wollen, dass sich die SF stetig verbessert.

 

Und ganz ehrlich: Wenn in Rezensionen alles gelobt wird, ich mir das Buch oder Magazin dann kaufe und erhebliche Mängel feststelle, dann überlege ich schon, ob ich der Quelle der Rezension zukünftig noch trauen kann. Wir wissen doch alle um die Qualität der dt. SF, dass zur Zeit neben wenigen Highlights und einer kleinen Menge guter Texte noch sehr viel veröffentlicht wird, dem man ein besseres Lektorat und mindestens einen weiteren Überarbeitungszyklus gewünscht hätte. Ich kenne keine Herausgeber*innen, die nicht gestöhnt haben, dass sie mühsam aus einem Berg unlesbarer Texte ein paar wenige Perlen heraussuchen mussten, und dass es zu wenig für die nächste Ausgabe oder die geplante Anthologie waren. Also ist es logisch zu erwarten, dass in einer Storysammlung auch ein paar Texte dabei sind, die nicht ausgereift sind und Verbesserungspotential aufweisen. Dieses Verbesserungspotential zu benennen, sehe ich als Aufgabe der Rezensent*innen und auch eines Diskussionsforums wie dieses. Einzig in Laudationes darf man die Schwächen eines Textes verschweigen :happy:.


Udo

#116 Michael Böhnhardt

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Geschrieben 22 September 2024 - 10:22

Michael, du scheinst der Meinung zu sein, hier gehe es nur darum, Konkurrenz wegzubeißen. Das ist natürlich eine ziemlich bösartige Lesart,

Das habe ich weder geschrieben (noch gemeint). Man sollte nach Möglichkeit alles unterlassen, was den Eindruck erwecken könnte, dass man dies aus diesem Grunde tut. (Ich finde: Um einen solchen Eindruck zu vermeiden, so ungerechtfertigt er auch sein mag, ist da schon ziemlich klar formuliert.)

 

Man kann m.E. nicht wirklich beides sein: Man kann nicht (mehr oder weniger professionell) gleichzeitig Kritiker oder Autor sein. Manchmal kann ich es selbst auch nicht lassen, aber in einem solchen Fall gehe ich hinterher mit mir immer scharf ins Gericht und schäme mich ein bisschen. Es ist auch aus anderen, eher pragmatischen Gründen nicht sehr professionell und schlau, aber darauf will ich gar nicht eingehen.

 

Den Rest deines Postings möchte ich jetzt nicht so Satz für Satz kommentieren, sondern ich hoffe, meine weitere Antwort trifft einigermaßen alles, was du angesprochen hast.

 

Ich finde, Fancys Zusammenstellung trifft sehr schön den Ton, wie ihr insbesondere über zwei Autoren gesprochen habt. Ich habe ja nun schon ein paar Mal erlebt, wie du auf tatsächliche oder als solche empfundene Angriffe zu reagieren pflegst. Und ich stelle mir gerade vor, wie du reagieren würdest, wenn sich drei, vier andere Leute hier öffentlich zusammenfinden, um in diesem Tonfall und mit dieser Herablassung und persönlich angreifend über einen von dir geschriebenen Text herziehen. Du würdest das als sachdienlich, konstruktiv und im Dienste der Gemeinschaft betrachten?



#117 Michael Böhnhardt

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Geschrieben 22 September 2024 - 10:31

@Udo Klotz

 

Die Form, in der auf "blinde Flecken" hingewiesen wird, sollte dennoch angemessen und dem allgemeinen menschlichen Umgangsregeln entsprechen. Möglicherweise findest du sie in diesem Fall angemessen. Ich nicht, oder fancy offenbar auch nicht. Ich finde, auch wir beide dürfen auf blinde Flecken hinweisen, wenn wir welche sehen.



#118 Udo Klotz

Udo Klotz

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Geschrieben 22 September 2024 - 11:02

Natürlich darf jeder auf blinde Flecken hinweisen. Oder darauf, dass man eine Formulierung als zu heftig empfindet. Das ist doch normaler Umgang miteinander. Jeder nimmt alles anders wahr, und wenn ich jemandem meine Sichtweise unterstelle, liege ich fast immer falsch.

Für mich sind die von Marianne zitierten Beispiele alle textbezogen, keine davon auf die schreibende Person. Ja, manche davon sind sehr deutlich, keine lese ich als beleidigend. Das ist meine Lesart, und daher sehe ich auch die Möglichkeit, dass die zitierten Personen das genauso sachlich und nicht beleidigend gemeint haben. Das ist meine Unterstellung dabei. Wenn ich es anders interpretiere, unterstelle ich auch etwas anderes.


Udo

#119 Jol Rosenberg

Jol Rosenberg

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Geschrieben 22 September 2024 - 12:21

Ich stimme Udo zu.

 

Die Frage ist: Wenn wir hier allen Autor*innen raten, sich nicht zu äußern, wer bleibt dann noch übrig? Ich würde das Rückmelden Anderen überlassen ... aber so viele Andere gibt es nicht. Meines Erachtens lebt die Szene aber von Austausch und wenn wir aufhören, uns gegenseitig zuzuhören, weil die Sichtweisen der anderen zu unbequem sind, dann wird es ganz schnell wirklich eng. Und langweilig.

Letztlich können wir ja darauf verzichten, Anderen, die sich hier äußern, pauschal Missgunst unterstellen, weil sie selbst schreiben.

 

Ansonsten fragst du, Michael, wie ich es fände, wenn meine Texte besprochen würden. Wenn es so sachlich und begründet geschähe wie die Textbesprechungen in diesem Thread hier (meine Wahrnehmung, ich weiß), würde ich mich geehrt und beschenkt fühlen. Gewiss kämen dabei auch ein paar Schwächen des Textes ans Licht, über die ich dann nachdenken könnte.


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#120 fancy

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Geschrieben 22 September 2024 - 13:02

Ich bin froh, dass wir jetzt ein wenig ruhiger miteinander diskutieren können. 

Es mag vielleicht so aussehen, dass Michael und ich die einzigen sind, die sich über die Art und Weise, wie hier "Kritik" geübt wird, ärgern, aber ich kann euch versichern, dass es nicht so ist. Ich habe nach meinem Posting diverse Mails und PNs bekommen, in der sich Leute bei mir für meine Worte bedankt haben. 

 

Wenn Kritik fair und konstruktiv erfolgt, habe ich nichts dagegen, wenn auch Schwachstellen angeführt werden. Wenn ich aber den Eindruck habe, dass dem Autor irgendein -ismus unterstellt wird, finde ich das nicht fair, nicht konstruktiv und auch nicht nett. Der Ton macht so oft die Musik. Ich denke auch, dass viel mehr erreicht würde, wenn derartige Kritik freundschaftlich und nett formuliert würde.

 

@Jol: 

Ich fühle mich nicht von dir angegriffen. Ich mag nur nicht, wie du mit Autorenkollegen umgehst. Ich glaube dir, dass du das, was ich aus deiner Kritik

herauslese, oft nicht so gemeint hast, wie es bei mir angekommen ist. (Jeder Verkäufer lernt, dass es immer darauf ankommt, wie eine Aussage ankommt, nicht darauf wie sie vielleicht gemeint war.) Ich glaube dir das allerdings nur, weil ich dich persönlich kennengelernt habe. 

Und in einem Literaturforum sollte man sich immer der Macht  (auch) der (eigenen) Worte bewusst sein. 

Wenn du zu Wolf Wellings Text sagst: .

Sie ihm dann doch zu nehmen, ist übergriffiger Saneismus.

 

.

Dann weiß ich echt nicht, wie ich diese Aussage nicht auf den Autor beziehen soll. Der ist ja nun mal der Verfasser des Textes. 

 

Wenn du zugibst eine Story nur quergelesen zu haben, verbietet sich eigentlich jede Kritik. 

 

 

@Udo: Yvonne schreibt: 

Bei diesem Autor habe ich jetzt aber schon sehr oft ableistische oder altersfeindliche Tendenzen herausgelesen. Das mag ja vielen von uns "mal passieren", aber hier ist es eben ständig der Fall. 

 

Da geht es eindeutig um den Autor, nicht um den Text! 

 

Wenn Christian Hornstein fragt, warum solche Texte geschrieben wurden und anfügt: 

denn um andere zu unterhalten, vor allem wenn es eine SF-affine Zielgruppe sein sollte, ist es zu wenig originell und nicht sehr spannend. 

 

Dann ist das eine bewusste Provokation, denn uns allen, die wir hier lesen und schreiben, ist ja wohl sternenklar, dass egal welche Story, die in einem der bekannten Magazine veröffentlicht wurde, aus dem Grund, weil sie dort abgedruckt werden soll, verfasst worden ist. Im besten Fall soll sie selbstredend den Leser unterhalten. Und wenn sie einigen Personen nicht gefällt, so heißt das ja noch lange nicht, dass sie nicht anderen dafür um so besser gefallt. 

 

@Jol: Ich schätze, jeder von uns weiß, dass es blinde Flecken gibt und es stimmt, dass es besser ist, wenn sie vermieden werden, aber deine Kritik empfinde ich als angreifend, unterstellend und oft auch als feindselig. Du hast vielleicht sogar manchmal recht, dass ein Autor etwas unbedacht zu Papier gebracht hat, aber wenn du ihm dann irgendeinen -ismus unterstellst, fühlt der sich meiner Meinung nach völlig zu Recht angegriffen. Es gibt unter Garantie auch genug Leser, denen deine Einwände gar nicht aufgefallen sind. Ich finde nicht, dass du auf Missstände hinweist, sondern meiner Meinung nach sind es Anklagen. Wenn du die verbindlicher äußern könntest, würde sich bestimmt der eine oder andere Autor viel eher fragen, ob man die Textstelle nicht anders hätte formulieren können. 

 

Du forderst für dich immer eine Freundlichkeit ein, die du anderen nicht gewährst. Du kennst den Spruch mit dem Wald ...

Fang du doch mal mit dem Wohlwollen an, dann wird es dir wahrscheinlich auch entgegengebracht. 

 

@Udo: Im Prinzip hast du mit deinen Aussagen recht, aber ich nehme aus der Kritik aus meinen Beispielen und anderen in diesem Thread nichts mit, außer, dass einige "Kritiker" eine völlig andere Lesart haben als ich und den Autoren nicht gerade wohlgesonnen sind. So eine Kritik ist für mich nur ärgerlich. 

Ich finde, man kann alles auch übertreiben. Dürfen denn keine hübschen Frauen mehr in Texten vorkommen, ohne dass der Verfasser als Sexist bezeichnet wird? Das geht weit übers "blinde Flecken aufweisen" hinaus. 

Ich bezweifle ganz arg, dass die deutsche SF besser wird, wenn auf hübsche Frauen (oder Männer) verzichtet wird. Ich sehe in der Forderung, überall queere Personen unterbringen zu müssen einen Eingriff in mein freies Schaffen, dem ich mich nicht beugen werde. Was nicht heißt, dass sie bei mir nie vorkommen würden, aber das entscheide ich ganz alleine. 

Ich glaube ich habe meinen Punkt nicht verständlich machen können: Ich habe nichts dagegen, wenn Schwachpunkte aufgezeigt werden, aber es muss zwischen Text und Autor unterschieden werden und es sollten keine Dinge unterstellt werden, die nicht da sind. Außerdem sollte man so mit den Autoren umgehen, wie man selbst behandelt werden möchte. Ist das zuviel verlang oder unverschämt? Ich denke nicht. Ein Text ist nicht schlecht, nur weil eine hübsche Frau darin vorkommt! 

 

 


Fang nicht an, Dinge zu tun, tu sie einfach!
Wer wenig denkt, irrt viel (Leonardo da Vinci)
Meinungsverschiedenheiten über ein Kunstwerk beweisen, dass das Werk neu, komplex und lebenswichtig ist. (Oscar Wilde)
Wenn Kritiker uneins sind, befindet sich der Künstler im Einklang mit sich selbst. (Oscar Wilde)

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