Ich meine, hätte sich irgendjemand so vor 30- 40 Jahren in der Zeit der heftigsten Fortschrittsgläubigkeit jemand vorstellen können dass das irgendwann mal wieder solche Formen annehmen würde ?
Klar, ähnliches haben verschiedene Autoren z.B. für eine Welt nach einem totalen Atomkrieg angedacht..aber einfach so ?
Das Thema Religion kommt in der SCI FI leider recht kurz, wenn man mal von so Sachen wie Dune absieht.
Auch Lem hat sich ja etliche Gedanken dazu gemacht.
Meine Meinugn zu dem ganzen ist, das die Menschen von der stürmischen und irgendwie völlig ziellosen Entwicklung der Wissenschaften so überfordert sind, das sie wieder nach entgültigen Gewissheiten suchen.
Das kann nur die Religion bieten.
Das bringt mich zu einer weiteren Frage:
Ich habe eine Menge SCI FI aus dem westlichen und einiges aus dem asiatischen Raum kennengelernt, aber eigentlich nichts aus der moslemischen Welt.
Gibt es da keine ?
Ist diese Art von Literatur überhaupt mit dem Glauben kompatibel ?

1. Kreationismus - Intelligent Design
Die gängige, auf Einfachheit und möglichst wenig Annahmen beruhende Welterklärung geht von einer Welt aus, die aus dem Wirken anonymer Naturgesetze entstanden ist. Der Parameter "Schöpfer", weil der überflüssig ist.
Nun kann man aber eine alternative Welterklärung postulieren, in der die Welt durch ein vernunftgebabtes Wesen erschaffen wurde. Gerade diese Welterklärung entwickelt sich aber für die Kreationisten zum geistigen Stalingrad. Man muss ja eine Beziehung zwischen einer in vieler Hinsicht unvollkommenen Welt und ihrem Erschaffer herstellen.
1. Ist der Schöpfer der allmächtige Gott der Monotheisten, warum hat er dann eine so unvollkommene Welt erschaffen?
Antwort 1: Er will, dass ihre Bewohner sie aus eigener Kraft vervollkommnen. Wir haben es also mit einem neutralen oder gütigen Gott zu tun, nur greift er in das Geschehen nicht ein. Somit sind die Menschen frei, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden - ganz so, wie es moderne, säkulare Weltanschauungen sagen. Da Gott die Welt nicht vervollkommnet, müssen es die Menschen durch geistige, emotionale, intellektuelle, soziale, wissenschaftliche und technische Weiterentwicklung selbst tun.
Antwort 2: Er will die Menschen leiden lassen. Er ist allmächtig, aber nicht gütig. Er hat eine unvollkommene Welt erschaffen und peinigt die Menschen mit ihrer Unvollkommenheit sowie gleich drei mehr oder weniger abstrusen Offenbarungsreligionen. Gott ähnelt den Monstergöttern in den Erzählungen von Lovecraft - mächtig, böse, den Menschen nicht wohlgesonnen.
2. Hat der Schöpfer mit dieser unvollkommenen Welt sein Bestes gegeben, ist er selbst nicht vollkommen.
Die Welt mag das Ergebnis eines Schöpfungsaktes sein, doch bei den Schöpfern handelt es sich vielleicht um so neurotische Charaktere wie den Erschaffern der Taschenuniversa in Philipp José Farmers WELT DER TAUSEND EBENEN.
Wir können auch in einer Computersimulation leben, wie in MATRIX. Das wäre auch "Intelligent Design"
Günstigenfalls wäre ein unvollkommener Schöpfer ein Wesen wie der STARMAKER bei Olaf Stapledon, ein Wesen, dass über die Erschaffung immer komplexerer Universen zu sich selbst findet. Dann landen wir im Schöpfungs-Diskurs irgendwann wieder bei Hegel, bei dem sich das Absolute in einer sinnreich geordneten Welt verwirklicht.
So endet der Schöpfungsdiskurs auf dreierlei Art und Weise
1. die moralische Vollkommenheit und Allmacht des Schöpfers lässt sich nicht mehr halten
2. anstelle des Gottes der Monotheisten sucht man sich einen anderen, den eigenen Bedürfnissen besser entsprechenden Schöpfer - wie z. B. der "Sternenmacher" bei Stapledon
3. weil die Reinnahme des Schöpfers jede Welterklärung mit uferlosen Spekulationen belastet, entfernt man ihn wieder aus ihr
2. "Religion ist Opium für das Volk"
Sorry für den Rückgriff auf Lenin, aber Besseres fällt mir zur neuen Religiosität nicht ein.
Das hat nichts mit privaten religiösen Überzeugungen zu tun, weil es darum hier nicht geht.
Es ist auf die Art gemünzt, wie sich Religion in den letzten Jahren in der Politik und in den Medien breit gemacht hat. Da kann mir auch keiner erzählen, dass das Christentum besser als der Islam sei - sie unterscheiden sich nur in den Methoden, die Intentionen sind gleich. Egal ob Geschleime oder Gegeifere, Gehirnwäsche oder Mordbrenner, Freitagsgebet oder Sonntagspredigt - es ist die gleiche Milch derselben Kuh. Die Christen haben zwei Zitzen von ihrem Euter und die Islamis auch zwei. Ab und zu zanken sie sich um die Milch, das ist aber auch alles.
Es gibt aber auch das Phänomen, dass jede Bewegung ihre Gegenbewegung erzeugt. Der religiöse Diskurs ist derart penetrant geworden, dass eine Gegenbewegung nicht ausbleiben kann.
So gibt es Orientalen, die z. T. sehr hart gegen die Islamisten eingestellt sind. In einem anderen Forum haben bei Bewertung historischer Ereignisse verblüffend viele Teilnehmer die Ausbreitung des Christentums in Europa als "negativ" eingeschätzt. Diese Haltung kulminiert in Diskursen, denen zufolge das Christentum Europa aufgezwungen wurde und es den eigentlichen kulturellen Traditionen Europas fremd ist. So kann es durchaus sein, dass die zu neuem Leben erwachte Staatskirche - deren Funktionäre ich für Zyniker halte - unter der Lawine des von ihr losgetretenen religiösen Diskurses begraben wird.