"Braunkreuz" von Michael Schmidt
Diese Geschichte löst unterschiedliche Gefühle in mir aus.
Einerseits finde ich den Einsatz von Steampunk-Elementen gelungen. Die Tauchszene zu Beginn gefällt mir gut und hat mich direkt an unseren ehemaligen Bundesumweltminister erinnert. Herr Töpfer soll ja angeblich nie wieder aufgetaucht sein. Ob der Bezug beabsichtig war oder nicht, bei mir kam es gut an. Und auch der Einsatz von „neuen“ Beinen mit Dampfkraft ist gut dargestellt. Das konnte ich mir vorstellen., auch wenn „eiserne“ Beine 1924 sicher etwas unhandlicher in der Anwendung waren, als es in beschrieben wird.
Leider besteht die Führung der Widerstandsgruppe nur aus Frauen, was 1924 sicher nicht so die Regel gewesen sein dürfte, aber gut, auch denkbar. Warum sind kämpfen sie nur gegen Männer? Das finde ich etwas stereotyp.
Die Grundidee der Geschichte ist ehrenrührig, die Vernichtung einer Massenvernichtungswaffe ein edles Ziel, aber die ganze Geschichte ist doch recht dünn. Die Motivation der Figuren konnte ich nicht erkennen, auch die Intention für den Verrat nicht. Die Elemente, die mich interessiert hätten, sind vom Dampf verhüllt worden. Schade.
Leider habe ich auch kritikwürdige Stellen gefunden.
Das fängt schon mit der Kapitelüberschrift an. Deutschland hieß 1924 nicht Deutschland, sondern Deutsches Reich.
Umweltaktivisten haben die Gruppe „Volt“ gegründet (gut gewählter Name) und wollen auf dem Gelände der Bayer AG (die dann öfter genannte IG Farben gab es erst ein Jahr später – warum so ungenau?) ein Gebäude für die Fertigung eines neuen Kampstoffes sprengen. Woher weiß die Gruppe von diesem Kampfstoff, der den schönen Namen „Braunkreuz trägt? Stand das in der Zeitung?
Die Geschichte suggeriert, dass es zu Beginn der Weimarer Republik intensive Vorbereitungen für einen Krieg gegen Frankreich gab. Wo kommt diese Information her? Warum spielt das überhaupt eine Rolle?
Interessant wird dann der Angriff selber. Die Speerspitze Alicia benutzt eine Armbrust mit Holzpfeilen, um die Wachen anzugreifen? Echt jetzt? Nach dem ersten Weltkrieg sind da aber deutlich effektivere Waffen vorhanden. Vielleicht habe ich aber auch einen Verweis auf Vampire überlesen, was mir bei einer von Yvonnes Geschichten schon mal passiert ist.
Dagegen finde ich die Idee einer wasserstoffgefüllten Handgranate schön.
Bei einem weiteren Angriff auf die gleiche Anlage ein paar Tage später kommen dann Alicias neue Dampfbeine zum Einsatz und sie entdeckt die Verräterin Lizzy. Die Szene ist eher lustlos geschrieben, finde ich. Die Einzelkämpferin Alicia sprengt dann doch noch die ganze Anlage in die Luft, weil es ja schlauerweise keine Erhöhung des Wachpersonals gegeben hat und die Verräterin Lizzy die Verteidiger auch nicht gewarnt hat. Welche Funktion hat Lizzy in der Geschichte nochmal? Ich habe keine gefunden.
Fazit: Schöner Einsatz der Technik, unnötiger Geschlechterkampf, eine sehr unrealistische Kampfführung und ganz viel Pathos am Ende.
Da wäre deutlich mehr drin gewesen.