Leseliste mit kleinem Wortherkunftsrätsel
Foto: Thomas Hofmann*
Hier die Leselistenfortsetzung, die obligatorische... so stückchenweise... mit einem Worträtsel... also, keinem richtigen Wortwechsel: siehe weiter unten - zur Wortherkunft eines Star Trek-Begriffes... Zufall?
27) Ilija Trojanow: „Der Weltensammler“
Hörbuch, Sprecher: Frank Arnold
Dieses Buch hätte ich „früher“ wahrscheinlich nicht gelesen. Aber wie das so ist - und kam - eine Assoziationskette:
In die Debatte um den Datenschutz und die Gefährdung von Demokratie und Bürgerrechten haben sich ja vehement die beiden Schriftsteller Julie Zeh und Ilija Trojanow eingemischt. Das ließ mich aufhorchen („Angriff auf die Freiheit“).
Die Annäherung erfolgte allerdings noch von einer anderen Seite: Ich hatte unlängst den Flusswelt-Zyklus von Philip J. Farmer für mich entdeckt. Ein Protagonist ist ein gewisser Richard Burton - als ich das las, dachte ich: Hey, der Schauspieler? Könnte ja passen für einen amerikanischen SF-Roman. Aber nee, gemeint ist Sir Richard Francis Burton (1821 - 1890), der ... „Weltensammler“. Der Entdecker und Reisende.
Ich kannte ihn zuvor gar nicht. Er gehört sicher nicht zu den ganz Großen der Entdeckungsgeschichte. Doch sein Leben ist allemal spannend genug für einen Roman.
Entzückt und verblüfft war ich, als ich diese beiden Fäden nun zusammen treffen sah!
Jetzt verstehe ich auch Farmer besser, warum er sich diesen Kerl heraus gesucht hat. Und nach der Trojanow-Lektüre (Vorlesung) sehe ich so nebenbei, dass Farmer - bisher, habe ja noch nicht den ganzen Zyklus durch - viel Potential verschenkt. Aber vielleicht kam ihm - Farmer - es einfach zu unwahrscheinlich vor, was dieser Mann - Burton - gemacht und erlebt hat.
Als Angehöriger der britischen Armee war er in Indien eingesetzt. Der Dienst dort als Besatzer war einfach langweilig. Also machte Burton das, was er am besten konnte: lernen. Er lernte viele Sprachen, auch vorher schon, lernte die Gebräuche und Lebensweise der Inder kennen. Das ging soweit, dass er sich in deren Rolle hineinversetzte, auch äußerlich anpasste.
Später war er im arabischen Raum, in Ägypten etc. unterwegs. U.a. nahm er inkognito an einer Wallfahrt nach Mekka teil, was einem Nicht-Moslem ja verboten ist. Aber er konnte sich halt gut verkleiden und fiel sprachlich überhaupt nicht auf.
Berühmt wurde er aufgrund seiner Suche nach der Nilquelle. Ich denke mal, wegen seiner berühmten Nilfahrt hat Farmer ihn als seinen Helden auserkoren.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der (eher fiktiven) Begleiter Burtons, Diener, Karawanen-Mitreisender etc. Am Ende orakelt ein Pope über dessen Glauben und ist am Verzweifeln, denn Burton nahm seinen persönlichen Lebensauftrag, die Kulturen, die er bereiste, ganz genau zu studieren, eben sehr genau und versetzte sich auch in die Glaubenswelten der Völker.
Bin beeindruckt - auf mehreren Ebenen - wird mal wieder Zeit für einen Flusswelt-Roman.
10 / 10 Punkte
PS. Ein Wort, das Trojanow in seinem Buch verwendet und es den Indern in den Mund legt, wenn sie über Europäer sprechen, sei erwähnt: Ferengi.
Oha. Ein Zufall? Habe im Netz nicht allzu viel über den Zusammenhang des (arabischen oder persischen oder indischen ???) Wortes für Europäer („Franken“) gefunden. Kann das jemand bestätigen?
28) Markus Kastenholz: „Lichterfest“
Dies ist der erste Band mit seinen Breisgauer Geschichten.
Was denn, Mainstream vom Horror- und Phantastikautor? Ob das mal gut geht? Nun ja, ich hoffe im Gegenzug nach der Lektüre eher, dass die heimatlich verbundenen Leser der Region, denen dieses Büchlein gewidmet ist, nicht entsetzt und schockiert vom Stuhl fallen. Denn: Es sind keine Heimatgeschichten, sondern im Grunde das, was wir von Meister Kastenholz gewohnt sind - und, ich darf das mal so sagen - von ihm erwarten!
Ist also Horror. Im Grunde bräuchte es des heimatlichen Hintergrundes kaum, oder ich kenne mich zu wenig aus in der Sagenwelt des Breisgaus. Meiner Meinung nach kommen die Stories auch ohne diesen Bezug aus. Aber gut; sollen die Breisgauer nur lesen, wie es auch bei ihnen zu gehen kann :-)
Eigentlich haben nur die beiden Rahmentexte, „THE BIG BAD K.“ einen echten Bezug zum Heimatort des Autors. Wenn ich seinen Worten folgen kann, so muss ich mir noch einmal sehr reiflich überlegen, mein Vorhaben, ihn dort mal zu besuchen, in die tat umzusetzen. Eine Einladung liest sich anders! Wer soll das aushalten?
Also, liebe Grusel- und Horrorfans:Wer gut erzählte, wenn auch nicht immer so 100%ig auf den Punkt gebrachte Stories (einige Pointen könnten knackiger sein) von einem der besseren Erzählkünstler der deutschsprachigen Horrorsparte sucht, mag ruhig zugreifen. Nach längerer Pause (aber wer spricht schon noch darüber) ist er wieder da, voilà!
9 / 10 Punkte
* OK, das Bild hat mit dem Text gar nichts zu tun. Ist ein Schnappschuss einer Gartenfigur aus dem Park von Sanssouci.
http://uthiopia.com/?p=1346 (engl.)
habe ich eine gute Zusammenfassung zum Wort Ferengi entdeckt (samt Bonusinfo zum Großen Nagus)
Burton scheint mir eine genauso faszinierende Persönlichkeit zu sein wie Heinrich Schliemann. Interessant.