Dresden, wie ich es mag: PentaCon 2015
Angereist bin ich bereits am Freitag. Lange Zeit überlegte ich, ob ich den Freitag touristisch nutze; aber ich fand keinen richtigen Grund, durch die Stadt zu latschen. Daher setzte ich mich dem Freitagnachmittags-Verkehr aus, hangelte mich dann doch von einer Verkehrsbehinderung zur nächsten (aber so schlimm war es dann auch nicht) und kam superpünktlich am Palitzschhof an.
Ziemlich erstaunt war ich ob des bereits recht gut gefüllten Gastraums; der war, als ich vor 2 Jahren auch am Freitag dort ankam, absolut leer. Das hatte mir damals die Stimmung etwas verhagelt, aber nun: Doll! Erste Gespräche konnten vorsichtig geführt werden. Das Programm begann dann 19 Uhr mit der Begrüßung durch Club-Chef Ralf P. Krämer (RPK) einer Rede des Vorsitzenden der Palitzsch-Gesellschaft, Dr. Thomas Betten, dessen Räumlichkeiten wir ja schließlich nutzen konnten.
Es folgte ein Kurzfilm-Kaleidoskop, Hutschi präsentierte ganz alte SF-Filmchen und welche neueren Datums, erstellt von Filmakademie-Absolventen. Wider (meines) Erwartens war der Saal gut gefüllt, Stühle reichten gerade so - am Freitag wohlgemerkt - und alle Gäste zogen sich die Streifen rein. War ja auch eine kurzweilige Veranstaltung. Mir hat ja persönlich der kleine uralte Frankenstein-Film gefallen: Das Monster ähnelte irgendwie dem Struwwelpeter, war aber durchaus eindrucksvoll - besonders seine Entstehung, die mich wiederum an Szenen aus Clive Bakers Hellraiser erinnerten. (Um den Film zu sehen, muss man aber nicht zum PentaCon, den gibt es auch auf dieser Videoplattform, der berühmten, man suche da nach Frankenstein (1910))
Der Samstag = Hauptkampftag.
Ging früh los, mit Kaffee-Talk und Begrüßung der Leipziger... Ein Berliner, er war aber schon am Freitag da, hatte dann um 10 Uhr seinen Programmpunkt: Hardy Kettlitz referierte über 30 Jahre Sensationen und Skandale im Berliner SF-Club Andymon. Har har, ich werde natürlich davon hier nichts verraten :-) --- Im Ernst: Hardy eröffnete dem gespannt dreinblickenden Auditorium, dass der Untertitel sie lediglich anlocken sollte. Na, wer hätte das gedacht? - Aber trotzdem: Hardy konnte viel und amüsant berichten.
Es folgte der alljährliche Turbo-Vortrag von Dr. Karlheinz Steinmüller. „Alljährlich“? Klingt ja nach: Schon wieder? Aber das denkt niemand, die/der schon mal einen Vortrag von Karlheinz Steinmüller beiwohnte. Das ist IMMER ein Feuerwerk von Ideen und wohlfeilen Formulierungen zu einem knalligen Thema. Kein Ahnung, wo er das immer herzaubert. Diesmal ging es um Sprache. --- ??? --- Das soll spannend sein? - Ich denke mal, das ist es durchaus a priori; aber hier ging es um Sprach-Utopien, um utopische Sprach-Entwürfe. Als Wissenschaftler legte er eine Systematik vor und konzentrierte sich dann auf ein paar Aspekte zum Thema. - Ach, ich hatte keinen Stift zur Hand, denn ein paar Wendungen und Formulierungen waren wieder so, dass man sie hier eigentlich zitieren müsste. ABER: Wer will, kann es teilweise nachlesen, in dem „Begleitheft zum Penta-Con“, der Sonder-TERRAsse (stelle aber gerade fest, dass ein nachträglicher Bezug des Heftes so einfach nicht scheint; finde keine „offizielle“ Bezugsquelle*)
Dann blieb ich gleich zur Lesung von Angela & Karlheinz Steinmüller und Erik Simon aus ihrem gemeinsamen Buch, „Die Wurmloch-Odyssee“, das es aber irgendwie gar nicht richtig gibt. Irgendwie ist die gesamte Auflage †¦ nicht da... Na, vielleicht findet sich ja noch ein Weg, die gedruckten Bücher auch den Lesern anzubieten. Damit war die Lesung natürlich was ganz Besonderes.
Bevor die Laßwitzpreise (deren Verleihung gewohnt gekonnt Udo Klotz moderierte, diesmal begleitet von Ralf Bodemann, der die Laudationes verlas; er vertrat HPN sehr würdig!) vergeben werden konnten, zu deren Verleihung recht viele Preisträger auch anwesend waren, musste Michael Iwoleit noch vorklären, wie es um die SF und die Mainstream-Literatur steht, also, inwieweit sich SF und Mainstream inzwischen angenähert haben. Geklärt werden sollte diese Frage dann am Abend im Podiumsgespräch. Wurde die Frage geklärt? Man darf zweifeln, aber das musste sie auch nicht. Ich fand bemerkenswert, dass Michael Iwoleit am Ende zu dem Fazit kam, dass wir SF-Fans diese Annäherung nicht mitbekämen, weil wir zu sehr im eigenen Dunstkreis blieben. - Ach ich weiß nicht; ich habe schon eher den Eindruck, dass SF-Leser/innen mehr als umgedreht eher mal über den Tellerrand schauen (also die Krimi-Leer/innen sich schwer tun, sobald über dem Roman „SF“ steht, obwohl viele der modernen Krimis und Thriller recht deutliche und viele SF-Elemente haben); aber es ging ihm gar nicht so sehr um die Genre-Autoren, sondern um die immer häufiger auftretenden Fälle, dass sich seriöse, anerkannte, literarische Autoren SF-Elementen bedienen, oder einfach waschechte SF schreiben. Er nannte beispielsweise oftmals David Mitchell (Wolkenatlas) - na ja, gerade bei diesem Roman trägt er meiner Meinung nach Eulen nach Athen, denn der Roman wurde im SF-Fandom durchaus anerkannt und abgefeiert. Ich glaube, dass SF-Fandom ist weit weniger ignorant, als Michael befürchtet.
Nun, alles konnte ich nicht sehen. Auch wenn es nur eine Programmschiene gab, war es so viel, dass ich nicht alles geschafft habe. Die Fans lenken einen ja auch immer so ab :-)
Referenz
Web-Präsenz des Orts des Geschehens
Flyer zum Con
Laßwitzpreisträger 2015
* ) PS: Bei Ralf Krämer kann man das Heft bekommen, erfuhr ich nachträglich, Adresse siehe Flyer; für 1,5+P
Normalerweise bin ich ja mit Iwoleit nicht einer Meinung, aber ich habe druchaus auch den Eindruck, dass SF-Bücher in den allgemeinen Reihen im SF-Fandom eher nicht wahrgenommen werden. Und wenn, dann sehr lange brauchen, bis diese geschieht. Meist, weil es einzelne Fans gibt, die dann kräftig Werbung für das Buch machen. Ein gutes Beispiel ist meiner Meinung nach "Die Landkarte der Zeit" von Felix J. Palma, das im Fandom bei Erscheinen kaum wahrgenommen wurde.