19 Antworten in diesem Thema

[Trace]

Ab dem 1. September geht es in diesem Thread um das Buch

 

Dunkler Orbit von Al Robertson.

 

Viel Spaß!

[Michael Böhnhardt]

Habe die ersten drei Kapitel gelesen. Ein paar seltsame sprachliche Bilder: Ich versuche mir immer noch ein eingeklemmtes schmutziges Geheimnis vorzustellen, und ebenso das zu etwas Stadtähnlichem geronnene Blut einer riesigen Maschine. Ansonsten: interessanter Weltaufbau: kaputte Erde, Raumstation im Orbit, ein Pantheon künstlicher Intelligenzen, die sich offenbar mit anderen KIs (der Totalität) im Krieg befinden. Ich weiß noch immer nicht, wie ich mir die Puppe Hugo Fist physisch vorstellen soll. Das Konzept des "onweb" gefällt mir. Und die Idee von Lizenzrechten für seine Körperteile ist schon abgefahren.

[Selma die Sterbliche]

Spoiler

etwas Cyberpunk, etwas Neuromancing, jede Menge Humphrey Bogart

 

Eine echte Entdeckung ... ich kann gar nicht aufhören, zu lesen.

Bearbeitet von Selma die Sterbliche, 03 September 2017 - 16:41.

[Michael Böhnhardt]

Zwei Kapitel weiter. Es gibt erste Einblicke in die Geschichte des Krieges mit der Totalität. Mir ist nicht ganz klar, wieso Jack ein relativ kumpelhaftes Verhältnis zu Fist hat, obwohl der offensichtlich voll Vergnügen Dinge tut, die Jack hasst. Und ihn eines Tages völlig auslöschen wird, wohlgmerkt. Hat man ihm das gesagt, als man ihm diese Waffe eingebaut hat? Und wieso hassen alle auf Station diese Puppe, wenn sie doch eine Waffe ist, die sie selbst gegen die "böse" Totalität geschaffen haben?

 

@Selma: Ja, so kann man die Stimmung des Buches beschreiben.

[T. Lagemann]

Hallo zusammen,

 

Kapitel 5.

 

Nach den ersten beiden Kapiteln dachte ich, wow, da dreht jemand langsam den Zoom auf. Nach Kapitel 5 ist das "wow" um einiges leiser geworden. Immerhin werden die Konturen des sich anbahnenden Konflikts deutlicher.

 

@Selma

Spoiler

Welchen Film von Humphrey Bogart meinst du? Denn ich nehme an, dass du einen Film meinst und nicht Humphrey Bogart als Mensch an sich. Okay, ich weiß, Bogart hat Marlowe gespielt und auch diverse Gangster. Aber gerade eben die Figuren finde ich im Buch nicht wieder. Auch nicht den Bogart aus den "Verdammten der Sierra Madre" oder "African Queen" oder oder oder ...

 

Die Sprache macht mir viel Freude.

 

Viele Grüße

Tobias

[Selma die Sterbliche]

@ Langemann: Da hast du recht! 

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Ich meine natürlich den Bogart aus dem "Malteser Falken" ... und natürlich "CASABLANCA" ... wegen der bittersüßen Lovestory mit Andrea

Ich bin natürlich jetzt schon viel, viel weiter - und darf wohl, ohne zu spoilern, behaupten, dass Robertson die Klassiker gelesen hat - Ideen aus Tad Williams "Otherland" und Dan Simmons "Endymion 1+2" sind nicht zu übersehen. 

Spoiler

Die Totalität erinnert sehr an Simmons "Bindende Leere". Nicht einmal die Löwen, Tiger und Bären fehlen!

 

Diese Lektüre ist auch für mich ein Vergnügen.

Bearbeitet von Selma die Sterbliche, 03 September 2017 - 16:38.

[Michael Böhnhardt]

Inzwischen habe ich 19 Kapitel durch. Folgt schon sehr dem stereotypen Handlungsmuster eines Hardboiled-Krimis: Der ermorderte alte Partner, die Affäre, die der Protagonist mit dessen Frau hatte, die Behörden, die alles vertuschen, die Verschwörung. Es fehlt auch nicht die Szene, in der der Held zusammengeschlagen wird (allerdings auf fantasievolle Weise).

 

Fist wird mir immer unsympathischer.

 

Robertson hat offenbar ein Problem mit der Konzeption von Lizenzen. Eine Figur versteigt sich dann tatsächlich zu folgender Behauptung:

"Bei der Totalität habe ich gesehen, wie anders es sein kann. Wie viel mehr Freiheit da herrscht. Himmel noch mal, dort kann man tatsächlich Dinge besitzen, da wird nicht bloß alles lizenziert. Die Totalität ist die Zukunft."

Nun, darüber ließe sich seitenlang streiten.

 

Nichtsdestotrotz macht das Buch weiterhin großen Spaß.

[T. Lagemann]

Hallo zusammen,

 

Kapitel 9 ...

 

Ja, ich gebe Michael Recht, die Handlungsmuster eines Hardboiled Krimis finden sich zuhauf. Ziemlich stereotyp die Szene im Club, als Jack

Spoiler

Andrea

trifft. Sah

Spoiler

Mae West vor mir, die Lippen rot geschminkt, die Haut fast weiß, die Augen groß, die Zigarette halb abgebrannt und gekonnt nachlässig zwischen den Fingern hängend ... Und natürlich ist sie Musikerin. Okay, neu an der Sache ist, dass Andrea tot ist ...

 

Fist hingegen mag ich. Er sagt das, was sich Harry nicht zu sagen traut, ist zudem ein richtiges Großmaul. Das passt auch prima zum Hardboiled-Krimi.

 

Mir gefällt sehr, dass sich nicht nur "Zweibeiner" oder "Wiedergänger" aus den Szenen heraus selbst erklären. Nichts langweilt mich beim Lesen mehr, als ein watsonender Erzähler ...

 

Leider kommt das alles nur sehr zögerlich in die Gänge. Etwas mehr Drive täte dem Roman gut. Eben das, fehlendes Tempo, hat mir schon Ann Leckie so sehr verleidet, dass ich mir Band 3 der Trilogie nicht gekauft habe. Tiefsinnige Ränkeschmiedereien sind bestimmt hochinteressant, aber wenn dabei die Handlung voran kommt, dann  ... *gähn*

 

Die Sprache begeistert mich nach wie vor, auch die Dichte des Weltenbaus.

 

Viele Grüße

Tobias

[Selma die Sterbliche]

Spoiler

Wirklich großartig gelöst, wie Fist im Laufe der Handlung immer menschenähnlicher wird - geradezu empathisch.

 

 

@ Lagemann: im zweiten Drittel ging es mir auch nicht so recht voran - doch ein echtes Manko war dies nicht. Auch bei Leckie hat mich dies ganz und gar nicht gestört. (Dritter Teil gekauft und mit Vergnügen gelesen). Der Leser bekommt halt Zeit, sich umzuschauen - allzu harten Schnitte sind eher nicht mein Ding. Kann nicht sagen, dass es meine Spannung störte, vermutlich Geschmackssache.

Bearbeitet von Selma die Sterbliche, 05 September 2017 - 11:49.

[Michael Böhnhardt]

Bin jetzt etwa in der Mitte.

 

Das mit den beklagenswerten Schulkindern, die nur begrenzte Zeit Fußball spielen dürfen, weil sich die Schule die Lizenzkosten nicht leisten kann und sonst immense Geldstrafen wegen Urherberrechtsverletzung zahlen müsste, war schon ein klitze kleines Bisschen übertrieben.

 

Auch mir fehlt ein wenig die Spannung. Außerdem agiert Jack zu wenig, er reagiert nur. Da spielt sich Fist schon ein wenig in den Vordergrund, und er wird mir auch sympathischer.

 

Der Weltaufbau, der sich mehr und mehr enthüllt, ist wirklich gelungen. Offweb bist du nichts, nicht mal der Kaffee schmeckt nach Kaffee.

[T. Lagemann]

Hallo Michael,

 

Bin jetzt etwa in der Mitte.

 

Das mit den beklagenswerten Schulkindern, die nur begrenzte Zeit Fußball spielen dürfen, weil sich die Schule die Lizenzkosten nicht leisten kann und sonst immense Geldstrafen wegen Urherberrechtsverletzung zahlen müsste, war schon ein klitze kleines Bisschen übertrieben.

 

Auch mir fehlt ein wenig die Spannung. Außerdem agiert Jack zu wenig, er reagiert nur. Da spielt sich Fist schon ein wenig in den Vordergrund, und er wird mir auch sympathischer.

 

Der Weltaufbau, der sich mehr und mehr enthüllt, ist wirklich gelungen. Offweb bist du nichts, nicht mal der Kaffee schmeckt nach Kaffee.

 

ja, das ist es, was mich stört: Jack agiert zu wenig. Dafür redet er sehr, sehr viel. Das lässt die Handlung recht müde dahindümplen.

 

Und dabei ist die Ausgangssituation ein richtig tolle: Jack hat nicht mehr viel Zeit, bis er von Fist übernommen hat. Er kann also alles riskieren, weil er alles verloren hat. Daraus hat Nic Pizzolatto in "Galveston" einen richtig packenden Roman/Thriller gemacht. Al Robertson ist das bis zu meinem jetzigen Lesestand (Kapitel 14) noch nicht gelungen.

 

Schade. Denn die Welt, die er da gebaut hat, gefällt mir sehr.

 

Viele Grüße

Tobias

[Selma die Sterbliche]

@ Zweifler: Hm,

Spoiler

Jack hat ja ein richtig dickes Kriegstrauma ... als Depressiver agiert man nicht allzu sehr.

Mir kam dies recht stimmig vor.

[T. Lagemann]

Hallo Selma,

 

@ Zweifler: Hm,

Spoiler

Jack hat ja ein richtig dickes Kriegstrauma ... als Depressiver agiert man nicht allzu sehr.

Mir kam dies recht stimmig vor.

 

@Selma

Spoiler

Jack hat ein Kriegstrauma? Habe ich anders gelesen, nämlich als Desertation, weil er für sich erkannt hat, dass der Feind anders ist ... nämlich besser als die eigene Seite. Bestenfalls ist Jack etwas angepisst wegen der Haft, die er hat absitzen müssen. Die üblichen Beipacks zu einer PTBS habe ich zudem nicht ausmachen können, also Panikreaktionen, Flashbacks.

 

Und: Depressiv kommt mir Jack überhaupt nicht vor.

 

Und noch ein und: Selbst wenn Jack ein dickes Kriegstrauma hättem müsste er nicht depressiv sein. Kriegstrauma können vielfältige Folgen haben, u.a. auch Depressionen.

 

Bin jetzt etwa Hälfte des Romans (U-Bahnhof). Und es kommt Bewegung ins datt Janze. Aber wieder ist es nicht Jack, der die Handlung voran treibt, es ist die Handlung, die ihn treibt ...

 

Viele Grüße

Tobias

[Michael Böhnhardt]

Habe jetzt 32 Kapitel durch.   Jack macht als Protagonist wirklich nicht viel her. Ein Protagonist, der nicht agiert, ist kein geeigneter Protagonist.   Er hat akzeptiert, dass er von Fist übernommen wird. Das mag von göttlicher Gelassenheit zeugen, dass er sich in sein Schicksal fügt, spannend ist es nicht. Kämpft er um die Frau, die er liebt? Möchte er wirklich den alten Fall lösen? Warum sollte er auch? Hier fehlt ein Grund.   Er vertraut Leuten, denen er aus gutem Grund misstrauen sollte.

Spoiler

Ich würde seinem toten Partner Harry keinen Meter über den Weg trauen. Aus verschiedenen Gründen. Schon allein, weil der Kerl garantiert von Jacks Verhältnis mit Andrea weiß.

 

Die Philosophie und der Weltaufbau des Buches ist weiterhin bemerkenswert.

"Wir haben eine Heimat für Träume gebaut und sie Erinnerung genannt. Nun versuchen wir, in diesen Erinnerungen zu wohnen, und nennen das Leben. Aber es ist bloß Nostalgie."

[Selma die Sterbliche]

@ Böhnhardt: hatte den Kerl auch von Anfang an in Verdacht.

[T. Lagemann]

Hallo,

 

Kapitel 41 ...

 

Aufgestöhnt habe ich, als Jack in Trenchcoat und mit Hut durch die Straßen geht. Au weia, Marlowe/Spade. Aber leider nicht so aktiv wie die Genannten, denn Jack treibt die Handlung nicht voran, dafür aber redet er sehr, sehr viel. Oftmals zuviel. Spannend ist das nicht.

 

Spannend hingegen wäre es gewesen, wenn Fist die Hauptfigur geworden wäre. Der kleine Kerl hat das Zeug zum Helfen. Dem hätte ich bei seiner Großmäuligkeit sogar Trenchcoat und Hut verziehen.

 

Immerhin: Mir gefällt der Stil. Das ist mal was anderes.

 

Und: Ja, die Welt ist toll. Weil voller kleiner, gerade nur angerissener Details. Wie zum Beispiel der Lizenz zum Fußballspielen. Hat mich an die Telekom erinnert, die sich die Farbe Magenta gesichert hat.

 

So, und jetzt rutsche ich mal durch den Rest ...

 

Viele Grüße

Tobias

[Michael Böhnhardt]

Ja, Jack redet wirklich viel. Sehr, sehr viel.

 

Ich bin inzwischen durch. Robertson dreht noch einmal Action-mäßig auf, aber ich fand jetzt nichts davon überraschend.

 

Was mir sehr gut gefallen hat, war der Ausflug ins Reich der Toten.

"Frische Bewusstseinsmuster, die dahinschmelzen. Wie Zuckerwürfel im Tee."

 

Der gesamte Weltaufbau war wirklich gelungen. Unglaubliche Ideen und Details. Was ich vermisst habe, war ein mitreißender Protagonist. Alles in Allem hat mir die Lektüre viel Spaß gemacht.

[T. Lagemann]

Hallo zusammen,

 

schließe mich Michaek Böhnhardt an: Den Weltenaufbau empfand ich als sehr gelungen. Aber Jack riss nicht mit, ganz im Gegenteil.

 

Und zum Showdown: Auch hier zu viele Talking Hats, die die Action in all ihrem Gerede und Erkläre fast untergehen ließen. Und das Fist dann am Ende

Spoiler

mit einem Mal nicht mehr aggressiv war, sondern seine Macht abgab, puh, machte für mich keinen Sinn.

 

Ach ja, und Jack. Ich habe nicht begriffen, warum er seinerzeit, also bevor er in den Krieg geschickt wurde, nicht getötet wurde. Okay, man brauchte ihn lebend, sonst hätte es den Roman nicht gegeben. Aber nachvollziehbar ist das angesichts all der Mühen, die man sich gab, um gewisse Taten zu verheimlichen, nicht.

 

Einen weiteren Roman von Robertson würde ich mir trotz des eher negativ ausfallenden Gesamturteils dennoch kaufen.

 

Viele Grüße

Tobias

[Michael Böhnhardt]

@ T.Lagemann

Spoiler

Ich denke nicht, das Fist seine Macht abgegeben hat. Er hat nur den Anschein erweckt, damit er unbehelligt weiterleben kann.

[Amtranik]

Ich habe den Roman schon vor einigen Monaten gelesen und diesen Thread kurz überflogen und kann mich den meisten Stimmen anschliessen. Ich habe mal mit gewertet und entsprechend ist mein Fazit auch durchwachsen ausgefallen.