Daniel F. Galouye: Simulacron 3
#1
Geschrieben 30 Mai 2013 - 12:07
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#2
Geschrieben 03 Juni 2013 - 18:42
Bearbeitet von Amtranik, 06 Juni 2013 - 09:39.
#3
Geschrieben 05 Juni 2013 - 23:05
Eigentlich schätze ich ja kurze Romane, die gleich auf den Punkt kommen und nicht lange um den heißen Brei herumreden. Hier hätte ich mir aber doch gewünscht, wenn Galouye die Zukunftswelt etwas farbiger, lebendiger und vorstellbarer beschrieben hätte und größeres Interesse für die psychologische Seite seiner Protagonisten gezeigt hätte, die mir sehr klischeehaft gezeichnet erscheinen. Ich hätte auch gerne gelesen, wie sein Protagonist so langsam seinen Verstand verliert, denn schließlich hat ihm seine Entdeckung auf einen Schlag den Boden unter den Füßen weggezogen. Galouye schildert dies leider nur sehr unbeteiligt und die Verwirrung des Protagonisten wirkt dabei auf mich nicht wirklich überzeugend.
Was vielleicht aus heutiger Sicht bei einem vor fünfzig Jahren erschienen Roman auffällt, ist die Diskrepanz, die sich zwischen heutiger technischer Realität und damaliger Zukunftsvision bereits aufgetan hat. Einerseits fehlt im Roman noch völlig der Grad an Computerisierung und Informationsvernetzung der Alltagswelt unserer Gegenwart, während andererseits die Simulierung ganzer Gesellschaften und die Erzeugung künstlicher intelligenter Computerwesen kein Problem ist, die in unserer Welt immer noch und wohl auch auf längere Zeit, reine Utopie bleiben wird.
Auch erscheint es merkwürdig, wie gelassen Hall und die Techniker der TEAG über die Tatsache hinweggehen, dass die mit der Simulektronik generierten Computerwesen, mehr sind als einfache Simulationen, die man nach Belieben löschen, bzw. neu erschaffen kann. Dass diese Technik tatsächlich künstliche Persönlichkeiten mit echten Emotionen erzeugt, hat lediglich Fuller, der Schöpfer dieser Technologie, erkannt. Hall und die anderen verdrängen diese Erkenntnis, obwohl sie sich regelmäßig in die virtuelle Computerwelt einklinken und Kontakt mit den dort "lebenden" künstlichen Computerwesen aufnehmen, mit ihnen reden wie mit normalen Menschen und somit mit eigenen Augen "sehen" könnten, dass die angeblich nur simulierten Menschen sich in nichts von echten Menschen unterscheiden. So ganz nebenbei streift der Roman hier auch das Thema künstliches Bewusstsein und Intelligenz und inwieweit menschliches Bewusstsein eventuell doch nicht mehr ist als eine Ansammlung von Informationen und Prozessen.
Ist der Roman jetzt ein Meisterwerk der Science Fiction? Schwer zu sagen. Zweifellos war es in den sechziger Jahren ein zutiefst innovatives, geradezu visionäres Werk. Die Grundidee des Romans ist auch heute noch genauso faszinierend, wie vor fast fünfzig Jahren, als der Roman veröffentlicht wurde, aber an der sprachlichen Umsetzung mangelt es doch ein wenig. Da ein herausragender Roman aber auch sprachlich und erzähltechnisch etwas mehr bieten sollte als nur eine innovative Idee und gutes Handwerk, kann ich den Roman beim besten Willen nicht als makelloses Meisterwerk bezeichnen. Die Story selbst ist, wenn man ehrlich ist, für einen Roman reichlich dünn geraten und wirkt als Handlungsgerüst für einen Film, weitaus überzeugender. Vielleicht auch deshalb, weil man die Handlung der Filme in die nachvollziehbarere Gegenwart verlagert hat und somit eine authentischere Atmosphäre erzeugt, als die der etwas künstlich und blass wirkenden Zukunftswelt des Romans. Man muss leider feststellen, dass der Roman inzwischen nur noch von der transportierten Idee und deren philosophischen Implikationen lebt, und man wünschte sich, dass Galouye sie in eine auch erzählerisch überzeugendere und spannendere Rahmenhandlung eingebettet hätte.
P.S. Bei den Abstimmungsoptionen vermisse ich den Punkt "Idee", weil die Idee einer Geschichte eigentlich nur unzutreffend mit "Plot" und "Story" oder "Setting" und "Hintergrund" wiedergegeben wird.
LG Trurl
Bearbeitet von Trurl, 05 Juni 2013 - 23:12.
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
- • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
- • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
-
• (Buch) Neuerwerbung: Ramez Naam - Crux, Joe R. Lansdale - Blutiges Echo
-
• (Film) gerade gesehen: Mission Impossible - Rogue Nation
#4
Geschrieben 06 Juni 2013 - 10:10
Ich habe den Roman ebenfalls bereits am vergangenen Wochenende beendet. Ich wollte aber mit meiner Roman-Zusammenfassung erst noch warten, bis sich noch andere zu Wort melden. Da dies außer Amtranik (der mal wieder etwas wortkarg in seinem Abschluss-Statement war ) niemand getan hat, fange ich einfach an.
Bei mir zumeist ein Zeichen das mir ein Roman gut gefallen hat. Ich hab nunmal mehr zu sagen wenn mich was oder vieles gestört hat an einem Roman.
Und wir haben ja dich für die großen ausanalysierten Beiträge..
Eigentlich schätze ich ja kurze Romane, die gleich auf den Punkt kommen und nicht lange um den heißen Brei herumreden. Hier hätte ich mir aber doch gewünscht, wenn Galouye die Zukunftswelt etwas farbiger, lebendiger und vorstellbarer beschrieben hätte und größeres Interesse für die psychologische Seite seiner Protagonisten gezeigt hätte, die mir sehr klischeehaft gezeichnet erscheinen. Ich hätte auch gerne gelesen, wie sein Protagonist so langsam seinen Verstand verliert, denn schließlich hat ihm seine Entdeckung auf einen Schlag den Boden unter den Füßen weggezogen. Galouye schildert dies leider nur sehr unbeteiligt und die Verwirrung des Protagonisten wirkt dabei auf mich nicht wirklich überzeugend.
Sehe ich etwas anders. Beides kann man schwerlich haben. Entweder einen kurzen knappen Roman oder die komplexere Ausarbeitung auch über das Hauptthema des Werkes hinaus. Für mich bewegt sich Simulacron 3 hier eindeutig im Fahrwasser des damals üblichen. Was diesen Roman so faszinierend macht ist natürlich in allererster Linie die Idee - aber auch damit befindet er sich in mannigfaltiger Gesellschaft anderer Romane die ebenfalls als große Werke gelten.
Was vielleicht aus heutiger Sicht bei einem vor fünfzig Jahren erschienen Roman auffällt, ist die Diskrepanz, die sich zwischen heutiger technischer Realität und damaliger Zukunftsvision bereits aufgetan hat. Einerseits fehlt im Roman noch völlig der Grad an Computerisierung und Informationsvernetzung der Alltagswelt unserer Gegenwart, während andererseits die Simulierung ganzer Gesellschaften und die Erzeugung künstlicher intelligenter Computerwesen kein Problem ist, die in unserer Welt immer noch und wohl auch auf längere Zeit, reine Utopie bleiben wird.
Das kann dich doch nicht wirklich verwundern oder? Der Roman ist aus dem Jahre 1964 und SF- Autoren sind immer noch keine Propheten und waren es auch nie. Von daher keinesfalls "auffallend" für mich, sondern völlig im Rahmen des erwartbaren.
Auch erscheint es merkwürdig, wie gelassen Hall und die Techniker der TEAG über die Tatsache hinweggehen, dass die mit der Simulektronik generierten Computerwesen, mehr sind als einfache Simulationen, die man nach Belieben löschen, bzw. neu erschaffen kann. Dass diese Technik tatsächlich künstliche Persönlichkeiten mit echten Emotionen erzeugt, hat lediglich Fuller, der Schöpfer dieser Technologie, erkannt. Hall und die anderen verdrängen diese Erkenntnis, obwohl sie sich regelmäßig in die virtuelle Computerwelt einklinken und Kontakt mit den dort "lebenden" künstlichen Computerwesen aufnehmen, mit ihnen reden wie mit normalen Menschen und somit mit eigenen Augen "sehen" könnten, dass die angeblich nur simulierten Menschen sich in nichts von echten Menschen unterscheiden. So ganz nebenbei streift der Roman hier auch das Thema künstliches Bewusstsein und Intelligenz und inwieweit menschliches Bewusstsein eventuell doch nicht mehr ist als eine Ansammlung von Informationen und Prozessen.
Ich finde ab dem Zeitpunkt wo Hall sich langsam klar wird das er seinerseits nur Teil einer Simulation ist, wirkt er schon verzweifelt auf mich und reflektiert auch über die Konsequenzen dieser Erkenntnis.
Ist der Roman jetzt ein Meisterwerk der Science Fiction? Schwer zu sagen. Zweifellos war es in den sechziger Jahren ein zutiefst innovatives, geradezu visionäres Werk. Die Grundidee des Romans ist auch heute noch genauso faszinierend, wie vor fast fünfzig Jahren, als der Roman veröffentlicht wurde, aber an der sprachlichen Umsetzung mangelt es doch ein wenig. Da ein herausragender Roman aber auch sprachlich und erzähltechnisch etwas mehr bieten sollte als nur eine innovative Idee und gutes Handwerk, kann ich den Roman beim besten Willen nicht als makelloses Meisterwerk bezeichnen. Die Story selbst ist, wenn man ehrlich ist, für einen Roman reichlich dünn geraten und wirkt als Handlungsgerüst für einen Film, weitaus überzeugender. Vielleicht auch deshalb, weil man die Handlung der Filme in die nachvollziehbarere Gegenwart verlagert hat und somit eine authentischere Atmosphäre erzeugt, als die der etwas künstlich und blass wirkenden Zukunftswelt des Romans. Man muss leider feststellen, dass der Roman inzwischen nur noch von der transportierten Idee und deren philosophischen Implikationen lebt, und man wünschte sich, dass Galouye sie in eine auch erzählerisch überzeugendere und spannendere Rahmenhandlung eingebettet hätte.
P.S. Bei den Abstimmungsoptionen vermisse ich den Punkt "Idee", weil die Idee einer Geschichte eigentlich nur unzutreffend mit "Plot" und "Story" oder "Setting" und "Hintergrund" wiedergegeben wird.
LG Trurl
Hier widersprichst Du Dir teilweise selbst würde ich sagen. Einerseits bemerkst Du in deiner Einleitung ein Freund von dünnen knappen Romanen zu sein, aber bemängelst das die Story nicht genug ausgearbeitet wäre - andererseits meinst Du nun die Story generell gäbe nicht genug für einen richtigen Roman her. Da muss ich sagen - sehe ich auch komplett anders. Die Story ist wirklich sehr gut und nirgendwo steht geschrieben das Romane nur dann gut sind wenn Sie Stoff für mindestens 300, 400 oder 1000 Seiten bieten. Ich gebe zu, bei mir hat eventuell die Ideen-SF an dieser Stelle einfach einen höheren Stellenwert als bei Dir. Daher sieht mein Fazit insgesamt etwas positiver aus.
Nur.. wenn nicht diese bahnbrechende Idee von 1964.. welcher Roman sollte dann ein Klassiker der SF sein? Wenn ich sehe welchen Stellenwert ein insgesamt ziemlich belangloses Werk die die Wüstenplanet-Sage heute immer noch hat - dann muss ich sagen.. für mich ist diese herrvorragende Ideen-SF ala Simulacron 3 immer noch das Herzstück der SF. Natürlich gibt es weitaus mehr, gibt es viele Facetten und heutzutage halten auch viele gute andere Schwerpunkte wie Psychologie, große Gefühle und vieles mehr Einzug ins Genre. Aber das wo die SF herkommt ist die Idee. Das wird auch immer ein wichtiger Teil bleiben. Ich glaube nicht das der Roman mehr Eindruck gemacht hätte wenn jetzt einzelne Facetten ( was sicher diskutabel ist) deutlicher beleuchtet worden wären. Ich finde, er ist gut so wie er ist.
Bearbeitet von Amtranik, 06 Juni 2013 - 10:14.
#5
Geschrieben 08 Juni 2013 - 18:09
Schön das das jemand mal bemerkt ...Und wir haben ja dich für die großen ausanalysierten Beiträge..
Ich habe abslolut nichts dagegen, wenn eine Idee im Mittelpunkt steht. Aber wenn die handelnden Personen, zu Stichwortgebern verkommen und nicht viel mehr sind als Platzhalter um die Handlung fortzuentwicklen, ist mir das zu wenig. Dass es auch auch anders geht, zeigen Schriftsteller wie die Strugatzkis oder Lem. "Picknick am Wegeserand" ist ebenfalls ein kurzer Roman und beschreibt die psychologische Wandlung Roderik Schuchardts wunderbar anschaulich. Ist nur eine Frage des schriftstellerischen Talents des Autors. Oder nimm Lems "Solaris". Der Roman ist ebenfalls aus dieser Zeit und kaum länger. Aber zwischen der Schreibe Lems oder der Strugatzkis und der Galouyes und deren jeweiligen Behandlung der Problemstellung gibt es einen erkennbaren Unterschied.Sehe ich etwas anders. Beides kann man schwerlich haben. Entweder einen kurzen knappen Roman oder die komplexere Ausarbeitung auch über das Hauptthema des Werkes hinaus. Für mich bewegt sich Simulacron 3 hier eindeutig im Fahrwasser des damals üblichen. Was diesen Roman so faszinierend macht ist natürlich in allererster Linie die Idee - aber auch damit befindet er sich in mannigfaltiger Gesellschaft anderer Romane die ebenfalls als große Werke gelten.
Das war jetzt auch nicht so sehr als direkte Kritik am Roman gemeint, sondern ich habe es nur bemerkt, weil es mir zeigt, dass SF-Romane unterschiedlich gut altern. Vor allem wenn sie technisch zu sehr ins Detail gehen. Es gibt klassische Romane aus dieser Zeit, wo mir das nicht so auffällt. Wobei das Thema "Was ist Wirklichkeit" zeitlos ist.Das kann dich doch nicht wirklich verwundern oder? Der Roman ist aus dem Jahre 1964 und SF- Autoren sind immer noch keine Propheten und waren es auch nie. Von daher keinesfalls "auffallend" für mich, sondern völlig im Rahmen des erwartbaren.
Wobei die Konsequenzen für meinen Geschmack nicht radikal genug reflektiert werden. So sind Ängste vor einer Auslöschung und Neuprogrammierung irrational. Man würde davon überhaupt nichts mitbekommen. Streng genommen kann man gar nicht wissen, ob solche Maßnahmen nicht ständig stattfinden, ohne dass es einem bewußt wird. Es könnte zum Beispiel problemlos im Schlaf passieren und nach dem Aufwachen ist man eine völlig andere Person. Wenn die ganze Existenz nur eine Fiktion ist und die Erinnerungen künstlich, dann dauert die fiktive Existenz entweder tatsächlich seit der Geburt oder erst seit gestern. Man kann es nicht wissen, weil auch die Erinnerungen künstlich sind und ununterscheidbar von echten. Wenn so etwas möglich ist, dann ist jede Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion sinnlos, solange es keinen objektiven, außerhalb der künstlichen Realität gelegenen Beobachterstandpunkt gibt, von dem aus die Veränderungen beobachtet werden können. Innerhalb der künstlichen Realität ist alles gleich real und jede Realität gleichwertig. Es macht keinen Unterschied ob man dieses oder jenes Leben lebt. Vielleicht kennst du ja den Film "Dark City". Da wurden die Konsequenzen solcher Manipulationen ziemlich anschaulich durchgespielt.Ich finde ab dem Zeitpunkt wo Hall sich langsam klar wird das er seinerseits nur Teil einer Simulation ist, wirkt er schon verzweifelt auf mich und reflektiert auch über die Konsequenzen dieser Erkenntnis.
Ähem, ich glaube das ist ein Mißverständnis. Mir gefallen ebenfalls Ideen-Romane. Vielleicht hast du schon vergessen, dass ich bei dem Lesezirkel um Mievilles "Stadt der Fremden" die gegenteilige Meinung zu deiner vertreten habe.Hier widersprichst Du Dir teilweise selbst würde ich sagen. Einerseits bemerkst Du in deiner Einleitung ein Freund von dünnen knappen Romanen zu sein, aber bemängelst das die Story nicht genug ausgearbeitet wäre - andererseits meinst Du nun die Story generell gäbe nicht genug für einen richtigen Roman her. Da muss ich sagen - sehe ich auch komplett anders. Die Story ist wirklich sehr gut und nirgendwo steht geschrieben das Romane nur dann gut sind wenn Sie Stoff für mindestens 300, 400 oder 1000 Seiten bieten. Ich gebe zu, bei mir hat eventuell die Ideen-SF an dieser Stelle einfach einen höheren Stellenwert als bei Dir. Daher sieht mein Fazit insgesamt etwas positiver aus.
Man sollte aber Story und Idee nicht in einen Topf werfen. Die Idee, die dem Roman zugrundeliegt, finde ich ebenfalls brilliant. Was mir nicht so gefällt ist die Umsetzung, die mir weniger gelungen scheint.
Im Grunde versteckt sich hinter dem Plot nicht viel mehr als eine einfach gestrickte Krimihandlung, die in einer Welt angesiedelt ist, die ebenfalls nur sehr holzschnittartig geraten ist. Genauso wie die porträtierten Figuren, die ebenfalls kaum mehr sind als Schablonen und dadurch fast schon an die Simulationen erinnern, die sie in Wirklichkeit sind. Angefangen bei Hall, der unentschlossen und ratlos wirkt und nicht wie jemand, dem man die Leitung einer Firma übertragen würde. Ebenso fragt man sich was Jinx, die Frau aus der höheren Wirklichkeit, an ihm findet, dass sie bereit ist für ihn, eine Simulation(!), alles aufzugeben. Und da gibt es im Roman noch eine Reihe weiterer Klischeefiguren, wie die Sekretärin, die vom machtgeilen Konzernchef, der gleich die ganze Firma für politische Machtambitionen missbraucht, beauftragt wird Hall zu verführen und ihn auszuspioniert. Und Hall ist zu dämlich dem zu begegnen. Das ist mir zu plump arrangiert. Und Konstellationen wie diese gibt es mehrere in dem Roman. So etwas gefällt mir einfach nicht und hat mich schon wenig enttäuscht. Tut mir ja auch leid, dass ich das so empfinde.
Ich sag mal so: ein Klassiker ist der Roman schon, allein wegen der Idee, aber kein Meisterwerk. Da würde ich noch andere, strengere und literarisch weitgefasstere Kriterien anlegen. Meisterwerk sind Werke weitgehend jenseits kleinkarierter Kritik. Du würdest doch sicher "Starship Troopers" ebenfalls einen Klassiker nennen, allein schon deshalb, weil der Roman ungeheuer einflußreich und außerordentlich kontrovers diskutiert wird. Noch heute. Aber ist er deshalb ein Meisterwerk? Sicher nicht, weil man eben auch zu recht viel an ihm kritisieren kann. So geht es mir mit Galouyes "Simulacron-3". Der Roman ist schriftstellerisch nur gute Hausmannskost und das fällt heute nach fast fünfzig Jahren, wenn man den Roman erneut liest und bewertet, stärker auf. Ehrlich gesagt gefallen mir die Filme weit besser, weil sie anschaulicher und emotionaler sind. Der Roman bietet hier auch keine weitreichenderen Einsichten an und das finde ich etwas ernüchternd. Ganz im Gegensatz zu "Solaris", wo die Filme von Tarkovski und Soderberg ganz andere Schwerpunkte als das Buch setzen und der Roman ein mehr an zusätzlicher Erkenntnis liefert.Nur.. wenn nicht diese bahnbrechende Idee von 1964.. welcher Roman sollte dann ein Klassiker der SF sein? Wenn ich sehe welchen Stellenwert ein insgesamt ziemlich belangloses Werk die die Wüstenplanet-Sage heute immer noch hat - dann muss ich sagen.. für mich ist diese herrvorragende Ideen-SF ala Simulacron 3 immer noch das Herzstück der SF. Natürlich gibt es weitaus mehr, gibt es viele Facetten und heutzutage halten auch viele gute andere Schwerpunkte wie Psychologie, große Gefühle und vieles mehr Einzug ins Genre. Aber das wo die SF herkommt ist die Idee. Das wird auch immer ein wichtiger Teil bleiben. Ich glaube nicht das der Roman mehr Eindruck gemacht hätte wenn jetzt einzelne Facetten ( was sicher diskutabel ist) deutlicher beleuchtet worden wären. Ich finde, er ist gut so wie er ist.
LG Trurl
Bearbeitet von Trurl, 08 Juni 2013 - 18:15.
Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#6
Geschrieben 08 Juni 2013 - 19:21
Eigentlich schätze ich ja kurze Romane, die gleich auf den Punkt kommen und nicht lange um den heißen Brei herumreden. Hier hätte ich mir aber doch gewünscht, wenn Galouye die Zukunftswelt etwas farbiger, lebendiger und vorstellbarer beschrieben hätte und größeres Interesse für die psychologische Seite seiner Protagonisten gezeigt hätte, die mir sehr klischeehaft gezeichnet erscheinen. Ich hätte auch gerne gelesen, wie sein Protagonist so langsam seinen Verstand verliert, denn schließlich hat ihm seine Entdeckung auf einen Schlag den Boden unter den Füßen weggezogen. Galouye schildert dies leider nur sehr unbeteiligt und die Verwirrung des Protagonisten wirkt dabei auf mich nicht wirklich überzeugend.
Hier stimme ich Trurl zu. Die Welt wirkt auf mich sehr steril. Da ich aber schon die Filme "The 13th Floor" und "Welt am Draht" gesehen habe, ist mir das beim Lesen nicht so sehr aufgefallen. Ich habe die Lücken dann immer mit Eindrücken aus den Filmen "aufgefüllt". Aber selbst wenn ich "Welt am Draht " mit "The 13th Floor" vergleiche, war "Welt am Draht" auch eher detailarm und steril.
Die psychologische Seite der Figuren ist für mich in Ordnung. Gut die Sekretärin Miss Ford wirkt etwas "mechanisch" aber sonst scheint es mir aus einer mehr "technischen" Betrachtungsweise doch recht passend. Es ist halt keine Space Opera. Hall's Reaktion auf seine Erkenntnis, dass er auch nur eine Simulation ist scheint mit ausreichend. Auch die Darstellung von Mr. Ashton hinter lies bei mit den Eindruck, dass ihm sein Wissen um seine "falsche" Existenz eine menge Probleme macht. Gut, es wurden immer nur einige wenige Sätze dazu geschrieben aber für mich war die Besorgnis und Verwirrung der Personen nachvollziehbar.
Etwas dürftig war da schon die Reaktion von Hall auf den Weltenübertritt von Mr. Asthon. Da hätte er schon etwas mehr darüber nachdenken können.
Wobei die Konsequenzen für meinen Geschmack nicht radikal genug reflektiert werden. So sind Ängste vor einer Auslöschung und Neuprogrammierung irrational. Man würde davon überhaupt nichts mitbekommen. Streng genommen kann man gar nicht wissen, ob solche Maßnahmen nicht ständig stattfinden, ohne dass es einem bewußt wird. Es könnte zum Beispiel problemlos im Schlaf passieren und nach dem Aufwachen ist man eine völlig andere Person. Wenn die ganze Existenz nur eine Fiktion ist und die Erinnerungen künstlich, dann dauert die fiktive Existenz entweder tatsächlich seit der Geburt oder erst seit gestern. Man kann es nicht wissen, weil auch die Erinnerungen künstlich sind und ununterscheidbar von echten. Wenn so etwas möglich ist, dann ist jede Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion sinnlos, solange es keinen objektiven, außerhalb der künstlichen Realität gelegenen Beobachterstandpunkt gibt, von dem aus die Veränderungen beobachtet werden können. Innerhalb der künstlichen Realität ist alles gleich real und jede Realität gleichwertig. Es macht keinen Unterschied ob man dieses oder jenes Leben lebt. Vielleicht kennst du ja den Film "Dark City". Da wurden die Konsequenzen solcher Manipulationen ziemlich anschaulich durchgespielt.
Hier möchte ich dir nur bei dem Satz, dass Ängste vor der Auslöschung irrational sind widersprechen oder etwas besser etwas ergänzen. Ja, die Angst vor dem Tod ist zwar irrational, die Angst davor schmerzhaft zu sterben nicht. Aber trotzdem muss ich aus persönlicher Sicht sagen, macht mir der Tod oder das "Danach" Angst. Ich weiß, dass es irrational ist aber für mich ist das aber auch ein Teil unseres tierischen Erbes. Wir sind halt Menschen und keine Vulkanier. ;-)
Ich stimme dir zu, dass Auslöschung und Neuprogrammierung bei vielen Gelegenheiten stattfinden können aber gerade die Erkenntnis dieser Möglichkeit, genau in diesen Augenblick (bis zu nächsten Anpassung), löst aus meiner Sicht die Angst aus. Dahinter verbergen sich doch die Fragen wer bin ich, was ist mein Selbst und auch ob man sich, also das Selbst durch Krankheit (z.B. Schlaganfall, Demenz, o. ä.) verändert. Auch wenn die Erkenntnis und die damit verbundene Angst keine "Lösung" bietet, scheint mir die Angst die so ausgelöst wird doch nachvollziehbar, solange bis man erkennt, dass es halt keinen objektiven Punkt gibt um der Angst oder dem Problem bei zu kommen. Es ist halt eine Bedingung des Menschseins.
Von der Idee her sehe ich das Buch auch als Klassiker. Auch wenn die grundlegende Idee schon im Höhlengleichnis und in der Frage "Existiere ich?" auftaucht. Auch wenn Descartes eine Antwort gefunden hat, ist für mich mit der Entdeckung, das unsere Wahrnehmung der Welt "nur" durch elektronische Impulse erzeugt wird, noch einmal eine neue Qualität dazu gekommen. Daher muss ich fragen, kann mir jemand sagen ob, dass das erste Auftreten (in einem Buch/Film) der Idee der Emulation einer virtuellen Realität ist?
#7
Geschrieben 09 Juni 2013 - 22:25
Z.B. scheint mir der Satz oben auf Seite 12 dem Kontext ggü. völlig umgedreht zu sein. Später "zischt" dann Hall unerwartet drauf los...
Ansonsten sind nach 2 Kapiteln alle wichtigen Personen aus WELT AM DRAHT vorgestellt worden. Ich muss sagen Barbara Valentin gefällt mir besser als Dorothy von der Beschreibung her.
Cool finde ich, dass die Welt Halls offensichtlich eine "zukünftige" ist - mit Hypnosesteinen und täglich anhebenden Raketen.
P.S.*: Außerdem muss ich beschämt zugeben, dass ich immer dachte, Galouye sei Franzose, ohne mir je die Mühe gemacht zu haben, das mal zu recherchieren. Sonst hätte ich mir das Original besorgt.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#8
Geschrieben 10 Juni 2013 - 06:05
Cool finde ich, dass die Welt Halls offensichtlich eine "zukünftige" ist - mit Hypnosesteinen und täglich anhebenden Raketen.
Das hat mir auch gefallen.
#9
Geschrieben 10 Juni 2013 - 20:35
Ich habe die ersten 2 Kapitel durch (bekam den Roman erst gestern in die Hand), und mein erster Eindruck ist leider, dass die Übersetzung* teilweise schlampig ist. Ich kann auch nirgendwo entdecken, dass die übersetzende Person im Buch genannt sei...
Z.B. scheint mir der Satz oben auf Seite 12 dem Kontext ggü. völlig umgedreht zu sein. Später "zischt" dann Hall unerwartet drauf los...
Wenn du auch die Ausgabe von Scipio aus dem Jahr 2013 hast, dann ist die Textstelle zwar verwirrend aber ich dachte das liegt an Hall's Versuch den Simulator schlecht darzustellen und seine Gefahren aufzuzeigen. Siskin hingegen versucht das Produkt zu verkaufen und deswegen kommt diese Diskrepanz zustande. Hall hatte sich doch vorher erst überlegt, sich gegen Siskin's Vorhaben zu wenden, den Simulator für seine Zwecke einzusetzen.
Aber da ich keine andere Ausgabe zum vergleichen habe, kann es auch einfach ein Übersetzungsfehler sein.
#10
Geschrieben 13 Juni 2013 - 22:29
#11
Geschrieben 13 Juni 2013 - 23:51
Aber langsam ist die Spannung hoch genug, dass das immer unwichtiger erscheint. Für einen Erstentdecker des Stoffs kommt inzwischen sicherlich eine Ahnung auf, wo Hall sich befindet. Und dann sind die typischen Gadgets dieser Zeit (wie die Laufbandspuren in den Straßen) auf einmal viel glaubwürdiger/"realistischer" in ihrer Übertriebenheit. Netter Touch!
Sorry, Trace, komme erst jetzt zu einer Antwort: Ich hab mir den ganzen Absatz noch ein paar Mal durchgelesen. Es gibt innerhalb dieser kleinen Ansprache in dem Absatz eine Umkehrung - und das schien mir meine Vermutung zu bestärken: Am Ende wird der "Milieusimulator" gelobt, und das ist die TEAG-Anlage, die ja auf Simulektronik baut. Ich sehe aber mal gelegentlich in einer Originalausgabe in einem tollen engl. SF-Antiquariat in der Nähe am Wochenende mal nach...Wenn du auch die Ausgabe von Scipio aus dem Jahr 2013 hast, dann ist die Textstelle zwar verwirrend aber ich dachte das liegt an Hall's Versuch den Simulator schlecht darzustellen und seine Gefahren aufzuzeigen.
/KB
Yay! Fantasy-Reimerei Mitte August...
[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.
Da ergriff eins der kleinsten das Wort:
"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,
dann wünschen wir einfach mit Willen
die Wünsche-Erfüllung fort!"
Sie befolgten den Rat und von Stund an war
wieder spannend das Leben und heiter.
Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr
und vielleicht gar ein wenig gescheiter.
(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)
#12
Geschrieben 14 Juni 2013 - 20:34
#13
Geschrieben 15 Juni 2013 - 14:09
Diese Holprigkeiten könnten sich auch aus dem Alter der Übersetzung erklären, die heutzutage vielleicht etwas veraltet ist.Ich bin halb durch, am Anfang des 10. Kapitels. Übersetzungstechnisch gibt's immer wieder Holprigkeiten - "auf der anderen Seite" wenn "andererseits" gemeint ist, und Letzteres im Kontext der Realitätsebenen sicherlich weniger irreführend wäre.
Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: Klassiker, Lesezirkel, Juni 2013
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