Fanzine-Report 4: BWA Dezember 2021
BWA
Das wird hier ein „offener Leserbrief“ - damit versuche ich einfach mal 2 Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: 1. Ein Blog-Eintrag zu meiner kleinen Reihe der Fanzine-Reports und 2. ein LoC an die BWA-Redaktion zu schreiben.
Ich selbst war diesbezüglich gerade etwas unzuverlässig. Uwe Lammers, Chef bei BWA, hat uns eine sehr ausführliche Lesermeinung zu unserem NEUEN STERN, der Bradbury und Jeschke gewidmet war, geschrieben. Und ich? Habe den nicht in den NEUEN STERN aufgenommen. Ich kann mich da hinter einer Entscheidung unseres Redaktionskollektivs verstecken. Aber es ist ja noch nicht das Ende aller Tage†¦
Sollten meine Worte nicht in die BWA einfließen, wäre das also kein Beinbruch.
Vor mir liegt ja bereits ein kleiner Stoß Hefte aus dem letzten Jahr. Ich konzentriere mich aber auf die letzte Ausgabe aus 2021, die 459.
Na, hat mir wieder Spaß gemacht. Ein Vorteil der BWA gegenüber unserem Zine ist ja der Platz, der Leserbriefen eingeräumt wird. Natürlich muss man feststellen, dass es immer „dieselben Verdächtigen“ sind, die sich hier äußern. Zum Beispiel Gerd Maximovič. Und wieder bin ich hier als „Ordentlicher Herausgeber“ (so heißt das nun mal) der APA F.A.N. ein bisschen neidisch, denn auch wenn Gerd ähnlich wie in F.A.N. „sein Ding“ durchzieht, so ist der Beitrag hier in der BWA 459 für mich sehr viel interessanter gewesen als seine Beiträge bei „uns“. Es geht ihm um das „kosmologische Prinzip“, bzw. darum, dass es nunmehr wackelt, da neue Erkenntnisse dieses Weltbild in Frage stellen. Das fand ich absolut interessant!
Sabine Seyfarth schreibt auch unermüdlich Leserbriefe. Ihre sind mitunter sehr persönlich; was zur Zeit von viel Trauer um ihren Liebsten geprägt ist. Aber sie schaut über den schwarzen Rand hinweg und nimmt Bezug auf die Beiträge der Autoren und Autorinnen der vorherigen Ausgabe. u.a. zu Uwe Lammers Editorial aus der 458, in er auf Superhelden-Filme etc. eingeht und auf eine Quelle der Superhelden-Idee: Nietzsches „Übermenschen“.
Ich sehe es übrigens ähnlich wie Sabine, dass dieses Dauer-Feuer aus allen Rohren der Filmschmieden in Sachen Superhelden schon ziemlich nervt. SF im Film ist seit Jahren sehr präsent, aber im Grunde reduziert sie sich größtenteils auf diese Superheldensachen. Dazu kommen noch ein paar andre Franchise-Beiträge, die immer wieder aufgekocht werden. (Ja, klar, es gibt noch genügend anderes Material und der SF-Fan braucht wirklich nicht zu klagen; im Bereich Film und Serien werden wir da schon sehr verwöhnt.)
Ich möchte Sabine auch zustimmen, dass Nietzsches Übermensch nur sehr mittelbar mit den Superhelden der Comic- und Filmwelt von heute zu tun hat. Die Superhelden zeichnen sich in erster Linie durch körperliche, physikalische Besonderheiten aus (die sie meist den Normalsterblichen haushoch überlegen machen), wohingegen Nietzsches Übermensch eher eine Art neues Denken darüber, was ein Mensch ist, darstellt. Nietzsche ging es um geistige Weiterentwicklung (zur Überwindung der ewigen Wiederkehr und des drohenden Nihilismus und Dekadenz) †¦ aber das schreibt Sabine ja.
Doch wenn ich das, was ich mal zum Thema las, richtig erinnere, sind erste „Supermenschen“-Geschichten, auch Superman selbst, durchaus auch von Nietzsche beeinflusst gewesen. Ein interessantes Beispiel ist „Odd John“ von Olaf Stapledon (was ich auch mal wieder lesen müsste!). Die Zwiespältigkeit des Daseins solcher Übermenschen wird da schon stark thematisiert: Die besonderen Fähigkeiten werden von den Normalos als Gefahr und Fremdsein wahrgenommen und abgelehnt. Na ja, die X-Men können davon ja ein Lied singen†¦
Noch ein Gedanke von Sabine, den sie als Beispiel dafür nennt, dass ihr bestimmte SF-Filme nicht so zusagen: das mit den Signalen, die von der Erde ausgesendet werden, und a priori gefährlich sind. Na ja, liebe Sabine, das ist durchaus eine - rabenschwarze, wenig optimistische - Idee, die erklärt, warum „wir“ noch keinen Kontakt zu anderen Wesen aus dem All haben, warum es so still ist im „Dunklen Wald“. Die berühmte Trisolaris-Trilogie aus China erläutert genau das sehr ausführlich und eindringlich, wie ich finde. Der Rat, den jede weiterentwickelte Zivilisation beherzigen sollte, lautet: Verhalte Dich ruhig, ziehe keine Aufmerksamkeit auf Dich, knips das Licht aus.
Auch ein Plus der BWA ist die Aktualität. So finden sich zwei Meinungen zum aktuellen Super-Film (nein, keine Superhelden, aber doch super!): „Dune“. Beide Meinungen stoßen aber ins gleiche Horn - und ich war echt erleichtert. Ich bin auch Fan des Films (schon 4-mal gesehen) und kann es aktuell immer noch schwer ertragen, wenn da was kritisiert wird. Aber beide - Sabine und Michael Baumgartner - finden den Film hervorragend und loben ihn. Gut so!
Ich habe immer noch so das Gefühl, wenn ich an den Film denke, an etwas Bedeutendem teilgehabt zu haben. Und das, obwohl ich zuvor gar kein Dune-Fan war! Den Lynch-Film fand ich nicht übel, aber er hat mich nicht so dolle gefesselt. An das Buch kam ich gar nicht so ran bis dato. Da ist erst mal der enorme Umfang der Gesamt-Story; wenn man die Story in Gänze aufnehmen will, muss man sich durch sehr viele Seiten hindurchlesen. Und es gibt genügend Stimmen, die meinen, dass die Bücher nicht unbedingt besser oder spannender werden mit der Zeit.
Außerdem hat mich die Prämisse: Ferne Zukunft, aber religiös und feudalistisch geprägte Zivilisation, die trotz der Rückständigkeit eine ganze Galaxie umfasst, abgestoßen.
Das hat sich mit dem neuen Film geändert, nun fand ich auch den Roman großartig (Neuübersetzung von Jakob Schmidt) und ich „schlucke“ jetzt die vormals für mich bitteren Pillen - und verstehe auch mehr, warum das so funktioniert, wie Herbert es erfunden hat.
Der Leserbrief von Michael Baumgartner war auch sehr schön - speziell für mich, denn er bespricht darin den NEUEN STERN - die LEM-Ausgabe. Vielen Dank für die guten Worte, Michael!
Und er bedauert, dass er da auch gern mitgemacht hätte. Hmm, ja, lieber Michael, ich muss da an meiner Kommunikation arbeiten und vielleicht so Themen, die wir vorhaben, bekannt geben. Ich / wir sind auf jeden Fall immer sehr an Beiträgen von versierten Leuten interessiert!!!
Aber weiter im Text. Angelika Herzog rezensiert - sehr kurz zu Michael Sullivan. Aber irgendwie hatte ich den Eindruck, da fehlt was (?) - Sie schreibt: „Bevor ich loslege:“ (S. 35) aber dann kommt gar nichts, oder?
Ach, noch eine Film-Rezi, auch sehr aktuell - zu „Ghostbusters Legacy“ - ich war ja skeptisch, weil so ein Reboot aus er letzten Zeit diesbezüglich eine ziemliche Gurke war. Aber DER Film scheint ja wirklich gelungen. Steht dank der Review hier jetzt auf meiner „Musste sehen Liste“.
BWA hat 76 Seiten. Wow! Und viel Inhalt, alle Achtung. Noch viele schöne Rezis, zu einem Jack-Vance-Klassiker, zu einem mir bisher nicht mal aufgefallenen Buch von Natasha Pulley (Der Uhrmacher in der Filigree Street) und einen band aus einem Zyklus von Anthony Ryan, besprochen von Angelika Herzog - sehr interessant! (obwohl ich so eine Einzelrezi zu einem Band aus einem Zyklus eher suboptimal finde) - und einen Doc-Savage-Roman, gelesen von Uwe. Hach, solche Rezis lese ich gern, denn ich werde eher weniger in den Genuss dieser Lektüre kommen, weiß aber so, was da läuft. Dazu wieder eine Perry-Rhodan-Neo-Rezi von Claudia Höfs. Na, in solchen kleinen Dosen kann ich PR ganz gut goutieren.
Highlights der Ausgabe waren dann aber Sabines Report zum letzten PentaCon. Danke, Sabine. Ich selbst war ja auch da, habe es aber nicht für unser Zine geschafft, etwas Adäquates zu verfassen. Aber vielleicht gelingt es mir ja, immer mal wieder was einfließen zu lassen. Es ist schon so, dass man erst weiß, was einem fehlt, wenn es nicht mehr da ist.
Und Ekkehardt Brux sinniert über den Namen „Lucy“ in Popkultur, Archäologie und Raumfahrt etc. - kommt dann aber auf Troja zu sprechen; die Wendung habe ich nicht so ganz nachvollziehen zu können. Aber seine Wissens- Potpourris gefallen mir auch immer.
Die Story von Michael Baumgartner war ja interessant. Ein bisschen schräg, das Ganze; setzt die Flüchtlingsproblematik in ein seltsames Licht, in mehrfacher Hinsicht. Na, ich verrate mal nix, aber - war schon etwas schräg (aber saisonal angebunden - Weihnachten und mit Yeti).
Uwe steuert wieder was aus seinem riesigen Oki-Stanwer-Universum bei; hach, nee, schaffe ich keinen Einstieg, sorry. (Obwohl ich davon diesmal sogar schon was kannte, glaube ich, oder Uwe - da war doch mal so eine Illustration mit dem Skelett-Typen†¦ )
Also, Ihr seht: Man kann viel finden und sich gut mit dem Fanzine aus dem Süden unterhalten. Ich kann†™s empfehlen.