Kurz zum neuen FUTURE & FICTION Magazine. Deutsche Ausgabe 01/Feb22
Future&Fiction Steinmüller
Meine zusammengefasste, total subjektive, kurze Meinung zum neuen SF-Magazine.
Hier im Forum wird es vorgestellt und auch ein bisschen diskutiert:
Ankündigung: Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) - Kurzgeschichten, Anthologien & Magazine - SF-Netzwerk (scifinet.org)
Vorab war ich echt gespannt und hocherfreut! Ein neues SF-Magazin, das sich zudem den „Fragen der Zeit“ widmet. Mit europäischer Ausrichtung, und gar nicht teuer. Ich war sogleich Fan - der Idee.
Das Heft hat mich erst einmal optisch enttäuscht: Dieses book-on-demand-Produkt, obwohl so mies nicht, wie manch andere Produkte aus der Fabrik. Die Autorennamen zogen mich natürlich auch an: McDonald! Robert Corvus! Steinmüllers!
Aber dann der weitläufige Satz, die Seitenenden sind so zerfasert. Na ja, das kenne ich aus unserem NEUEN STERN auch, und ich kämpfe da immer mit - als Laie ohne richtiges Satz-Programm, aber hier enden ja teilweise nicht mal die Kolumnen auf einer Seite gleichmäßig.
Aber das sind Äußerlichkeiten! Und wenn mir die nicht gefallen, könnte ich das nächste Mal ja zum eBook greifen.
Die erste Story von Banga Fusco-Purpurea, „Algenbiographie“: Eine mexikanische Klangkünstlerin erzählt biografische Fragmente einer unter Depressionen leidenden Exobiologin? Ist die erste Story überhaupt eine Story? Oder der Versuch, die eigene Biografie und die Verarbeitung biografischer Fragen (Mutter-Tochter-Beziehung) mit der Idee einer Jupitermond-Expedition zu verknüpfen, die auf der Suche nach dem, was Leben ist (Übrigens total schöner Gedanke: Leben = „aktive Materie“ - war das die Idee von DeepL?)?
Ich weiß nicht, ob mir die Story wirklich gefallen hat. Auf jeden Fall war ich erstaunt, wie flüssig sie sich liest; dass hier ein Übersetzungsprogramm dran war, merke ich jedenfalls nicht. Was ich gut finde! Aber ich war dran, hat mich gefesselt und ich konnte viel lernen. Die Reigen der Assoziationen sprach mich an. Aber ist das überhaupt eine Story?
A&KH Steinmüller postulieren in ihrem Beitrag „Fallende Sterne“ die kommende anti-technologische Revolution in Form der totalen Abschaltung aller drahtlosen Datenübertragung. Das tut der Gesundheit gut, meinen pensionierte Aluhutträger im Altersheim.
Den Beitrag fand ich gut, wenn er mich auch in einer Frage etwas ratlos zurücklässt. Dass die exzessive Smartphone-Nutzung nüchtern betrachtet in unserer Realität auch dystopische Züge aufweist, sei unbestritten. Ich grüble aber noch darüber nach, wie die Steinmüllers ihre Story meinten: Satire oder nicht?
F. Verso postuliert und fordert in seinem Essay einen „Sense Of Wander“ - aktiv den Blick außerhalb der englisch-sprachigen SF zu richten. Denn dort kann man fündig werden†¦ und dann erklärt er, was wir dort suchen sollen und finden werden.
Wie schon Forums-Kollege lapismont meinte: Die Diskussion ist alt. (Auch wenn das nicht hilfreich ist, aber die literarische Mangelwirtschaft im Osten Deutschlands hat dazu geführt, dass dort - zumindest verhältnismäßig - viel in die nicht englischsprachigen Gefilde geschaut wurde; was aber für die interessierten Leser*innen mitunter auch nichts nützte, da sie nicht an die Bücklingsware rankamen; aber okay, das führt uns nur weg†¦)
Interessant fand ich den Gedanken, dass wir 2 Wellen der Eroberung des SF-Marktes durch englischsprachige Produkte erlebten, 1. aus USA und GB und 2. aus Kanada und Australien. Habe ich das richtig verstanden? Ich glaube, so richtig viel kommt doch von dort bei uns gar nicht an, oder?
Bei der Betrachtung der Film-Situation, die der Autor anspricht und die großen Player benennt, hat er meiner Meinung nach die Streamingdienste vergessen, die mittlerweile recht viel außerhalb der USA produzieren. Da ist das (auch SF&F-) Angebot durchaus internationaler geworden.
Aber unterm Strich kann ich ihm nur zustimmen.
„Moksha-Quest“ von Lvanya Lakshminarayan - eine Story von einer Autorin, die ich (wer noch?) überhaupt nicht kannte. Und dafür ist das Mag ja echt gut! Das wünsche ich mir! Also: Danke!
Allerdings brauchte ich zwei Anläufe, um in die Story reinzukommen. Zunächst war ich skeptisch, da sie von DeepL übersetzt wurde. Ob das was taugt? Na ja, muss gestehen: Bin beeindruckt. Es funktioniert. Stil und Wortwahl etc. haben mich überzeugt. Dabei sind ja auch „Fachwörter“ dabei, die sich vielleicht nicht so leicht übertragen ließen?
Aber dann das Sujet: Die Autorin ist Spieleentwicklerin in Indien; nach der Story kann man sie im Interview noch etwas besser kennenlernen. Nun sind aber PC-Spiele etc. nicht so mein Ding. Diese „Spiele-Sprache“ (Karmapunkte usw.) macht das Ganze für mich irrelevant. - Aber genau das ist ein Fehler, den ich schnell merkte. Denn es geht darum, dass ein Spiel mit humanistischem Anliegen mehr sein soll, als nur ein Spiel, es soll die Realität - Indien der nahen Zukunft („nach den Jahren der Pandemie“) mit seinen Kasten und Hierarchien, in denen die Protagonistin, eine begnadete virtuelle Spielerin, einem Job nachgeht, der so gar nicht humanistisch ist: hat was mit Immobilien zu tun - also, das Spiel soll in die Realität fließen und sie positiv verändern.
Das geht nicht ohne Widersprüche; geht es überhaupt? - Also, kann man echt gut lesen, hat mir sehr gut gefallen! Auch das mit dem virtuellen Spiel†¦
Robert Corvus hat auch eine Story beigetragen. Das freut mich! Und hat sie mir gefallen, die Story „Transfiguration“? Ja - und ein bisschen auch: nicht ganz. Das Thema ist natürlich sehr aktuell und wird kontrovers diskutiert. Und ich habe dazu auch eine Meinung, eher eine, die in der KI-Entwicklung eine Chance sieht.
In der Story geht es um die Frage, ob eine KI künstlerisch kreativ sein kann. Die Antwort, die der Autor gibt, verrate ich natürlich nicht. - Was ich nicht verstehe, ist die Personenaufstellung in der Story. Ich will ja nix hier verraten, was den eigenen Lesegenuss mindern könnte. Aber dann musste ich im einschlägigen Forum doch die Frage stellen, weil ich wissen will, warum er seine beiden Figuren so angelegt hat - dass man sie (ich) beide nicht mögen kann.
Der Autor hat sich auf meine Frage eingelassen. Kann man ab hier lesen.
Zu guter Letzt eine Story des bekannten Ian McDonald: „Die List“. Zuerst dachte ich: ach, ja, wieder so ein leicht rotzig erzählte Geschichte über das Kleinkunstgewerbe, über verkrachte Zauberkunststücke-Vorführer - die hier aber irgendwas mit einer KI am laufen haben. Aber das, was angekündigt wurde, wurde es dann auch: ein spannender End-Kampf zwischen Magier und Maschine.
Will man ja auch gern wissen: Wie funktioniert der Zaubertrick. Ja, will man das wirklich? Oder was macht so ein Magier auf der Bühne mit einem? Zaubert er oder verzaubert ein Einen? - Zunächst: DAS ist es, was die „Maschine“ (KI) wohl nie kapieren wird, und außerdem lässt sie sich am Ende wohl doch austricksen? Wer weiß? Wer es wissen will, mag die Story lesen, die ist nämlich echt gut.
Also, Heft hat mir dann doch ziemlich gut gefallen und so kann ich mich auf die neue Ausgabe im Sommer freuen.