Lesung & Veranstaltung mit sehr langem Titel
Phantastisches Halle & Leipzig - Termine & Berichte
Nun der versprochene Titel: „Re-Visionen: Frauenfiguren in Fantasy und Science Fiction. Lesung aus „Flamme und Harfe“ und Gespräch mit Ruth Nestvold über die Rolle der Geschlechter in Fantasy und Science Fiction“
Es kamen immerhin 18 Gäste, fast vor Ende der Veranstaltung noch 2, die dann wohl auch beim gemütlichen Beisammensein im Anschluss teilnahmen. Nun, ich hoffe dies zumindest, ansonsten hätte es sich für die Beiden kaum gelohnt.
Hat es sich ansonsten gelohnt? Was passierte?
Sabine wählte einen persönlichen Einstieg: Sie lernte die amerikanische Autorin, die seit längerem in Deutschland lebt (Schwarzwald, man hört es; sehr charmant!) auf einem Con kennen. Dort unterhielten sich die Damen über die Gender-Thematik in SF&F, Sabine stellte fest, dass Ruth lauter lachen kann als sie und dass beide „Die Nebel von Avalon“ nicht mögen.
Ruth Nestvold spricht inzwischen so gut Deutsch, dass ich erst gar nicht glauben konnte, dass sie eigentlich Amerikanerin ist. Doch sie schreibt weiterhin in Englisch. Das sprachliche Rüstzeug ist ihr sehr wichtig, und im Deutschen fühlt sie sich nach wie vor nicht ausreichend gerüstet. Allerdings konnte sie die Frage, wie ihr denn die deutsche Übersetzung gefalle, sehr kompetent beantworten, denn so gut kennt sie sich auf jeden Fall aus. Nun, sie meint, ihr Roman wurde sehr gut übersetzt, besser als so manch anderer, den sie kennt.
Bisher wurde auch nur ein Roman ins Deutsche übertragen, den sie dem Publikum vorstellte. Die Moderatorin ging allerdings auch immer wieder auf ihre Kurzgeschichten ein, die wohl insgesamt mehr zur eigentlichen Thema des Abends beitragen könnten.
In dem Roman erzählt sie die klassische Sage von Tristan und Isolde neu. Dabei hat sie in die Trickkiste irischer Folklore und Sagen gegriffen. Ausgehend von der Idee, dass Isolde irgendwie aus Irland stammt, hat sie in den irischen Sagen nach taffen Frauengestalten gesucht und welche gefunden, die sie mit Isolde identifizierte.
Ihre Isolde ist eine ideale Frau. Sie verkörpert viele Eigenschaften, die gemäß der Meinung der Autorin eine emanzipierte Frau haben sollte. Allerdings ist es kein „Emanzenroman“, wenn ich das mal so salopp beschreiben darf, auch wenn das Motto des Abends dies suggeriert. Es kam dennoch eine rege Diskussion mit dem Publikum auf, in der der Frage nachgegangen wurde, in wie weit Ruth Nestvolds Isolde eine „emanzipierte Frau“ ist, warum die Autorin die Fantasy und SF bemüht, um ihre Themen zu transportieren. Wie gesagt, dieser Roman stellt das Thema der emanzipierten Frau gar nicht so sehr in den Vordergrund, dennoch musste die Autorin sich diese Fragen gefalle lassen.
Unterm Strich lief es darauf hinaus, dass die Autorin in einem realistischen Gegenwartsroman dieses Thema nicht ausreichend gestalten kann oder dies will, da eben die Emanzipation nicht so weit entwickelt ist, dass ihre Ideal-Frau realistisch erscheine.
Ich fand die Diskussion interessant, auch wenn die Problematik nicht wirklich vertieft wurde. Ein wenig tat mir die Autorin leid; sie sprach lieber über ihre Recherchen in der irischen Sagenwelt. Die Frage - ja, sie kam wirklich!!!! - was sie denn zum Schreiben bewege („Woher nehmen Sie Ihre Ideen?“) beantwortete sie sehr ausführlich. Mitunter sind dies nur einzelne Wörter, die zur Story ausgebaut werden.
Es wurde auch ihre Internetseite http://www.ruthnestvold.com/ vorgestellt, in der sie ihre „Hyper-Fiction“ publizierte, also Literatur, die aktiv das Element des Hyperlinks nutzt und diese sozusagen zum literarischen Hauptmittel stilisiert.
Die Lesung... hmm, nun ja, ich werde wohl danach auch kein Fantasy-Fan. Im ersten gelesenen Satz wird ein „Mädchen, so schön wie der Mond“ vorgestellt. Ach ja...
Mein Fazit:Es war ein gelungener, interessanter Abend, der nicht alle Fragen klären konnte.