Neues Jahr - neue Leseliste bei Hofmann
1) S. I. Watson: „Ich.darf.nicht.schlafen“
Dass ich das Buch lese, verdanke ich einem anderen Leser, der das Buch gerne abgab, als ich mal meinte: „Hey, ich stand auch schon mal vor dem Buch und habe überlegt, es zu lesen...“ Tja, so kann es gehen. Vielen Dank noch einmal an den freigiebigen Schenker!!!
Nun, der „Thriller“ war nicht übel. Habe mich durchaus amüsiert beim Lesen. Auch wenn es nicht so Thriller-haft war. Eher hat sich die Spannung ganz gemächlich aufgebaut.
Da wacht also eine Frau jeden Morgen auf, und weiß nicht so recht, wer sie ist und warum... Ihre Amnesie ist nervend, aber es wird dann schon langsam klar, dass sie ihren Grund hat...
6 / 10 Punkte.
Comic 1) Ted Naifeh: „Courtney Crumrin im Reich des Zwielichts. Bd. 3“
Wieder einmal: Restlose Begeisterung für die kleine Dame / Hexe / Magierin!!!! Diesmal sind es fast normale Jugendkonflikte, die sie austrägt; verabschiedet sich von alten Freunden.
12 / 10 Punkte
Comic 2) Ted Naifeh: „Courtney Crumrin und die Ungeheuer der Alten Welt. Bd. 4“
Noch mal: Überaus restlose Begeisterung! Oh Mann, ist echt Schade, dass die Serie nicht fortgeführt wurde. - Sie wird langsam erwachsen und muss sich mit dem Phänomen Liebe auseinander setzen.
Ich habe selten eine so unkomplizierte, unverkrampfte Beschäftigung mit dem märchenhaften, fantasy-haften Mysterie-Kram goutiert, wie hier. Dazu sehr gekonnt in Szene gesetzt, wenn auch mit einfachen Mitteln, die ich so ähnlich auch bei HELLBOY gefunden und lieb gewonnen habe.
Ja „liebgewonnen“; die Kleene muss man einfach liebgewinnen. Und dabei geht alles im Grunde tragisch aus...
13 / 10 Punkte
2) Gerard Donovan: „Winter in Maine“
- Hörbuch, ungekürzte Lesung, 5 CDs, gelesen von Markus Hoffmann
Da gab es zunächst eine Notiz im Horror Forum, die mich neugierig machte. Dann wurde auf einem Kultursender die Lesung gebracht, deren Anfang wir während einer sonntäglichen Auto-Heimfahrt hörten. Ich war sofort hin und weg.
Da der Vorleser einfach gut und dessen Stimme so passend für den melancholischen, verknappten Stil des Buches passte, erwarb ich auch das Hörbuch - und bereute dies nicht.
Die Story ist im Grunde einfach: Ein einsamer Mann lebt im Wald in einem der nördlichsten Staaten der USA. Das Haus ist angefüllt mit Büchern, die der Vater des Protagonisten anhäufte und wohl auch alle las, am Kamin sitzend.
Zum Winterbeginn wird der Hund, der einzige Begleiter des Hausbewohners, erschossen. Wer es war, ist unbekannt. Der Hund kann nicht gerettet werden und der Winter bricht an. Nun passiert etwas mit unserem Protagonisten: Er will nicht nur wissen, wer seinen besten Freund erschossen hat, sondern will sich rächen. Dabei wird er zum Serienkiller. Ob er den wahren Täter erwischt? ...
Der Schreibstil bleibt in dieser Melancholie; man erfährt viel über die Herkunft und Vergangenheit des Mannes, über dessen Großvater und Vater. Beide Ahnen waren in einem Krieg, was offensichtlich eine große Bedeutung für ihren Werdegang hatte. Wie sollte das auch nicht so sein? Doch das scheint auch den Jungen geprägt zu haben. Beide Kriegs-Männer sind als Kriegs-Gegner sozusagen geläutert zurück gekehrt und haben sich in ihrer wäldlichen Idylle zurück gezogen, sich von der Welt abgekehrt. Diese Erbe übernimmt der Sohn. Der lernt lieber Wörterlisten aus den Werken Shakespeare auswendig, um seinen Wortschatz zu vergrößern. Wörter, die zum Teil nicht mehr gebräuchlich sind und deren Gebrauch auf Unverständnis der Menschen in der Stadt führt.
Selten, dass mich ein Buch so zum Nachdenken anregt, obwohl es inhaltlich gar nicht mal so viel zu bieten scheint.
Am Ende fühle ich mich als Leser ertappt: Ja, ich habe mich mit dem Protagonisten identifiziert, mit ihm über den Verlust getrauert; war sehr berührt! - Aber was tut der Mann? Er mordet planlos und massenhaft! Darf man sich mit so einem identifizieren?
Dabei führt er sogar eine Begründung für sein Tun an: Er verteidigt die Natur gegen die ihrerseits mordlustigen Hobby-Jäger, die wahllos Hirsche abknallen.
Und was hat die ständigen Erinnerungen an die Kriegsvergangenheit seiner Ahnen zu bedeuten? Ist es vielleicht so, dass jede Generation quasi ihre Kriegserfahrung braucht? Auch um zu der Erkenntnis zu kommen, dass Krieg Mist ist? Doch unser Mann hatte diese Erfahrung nicht selbst gemacht. Zieht er deshalb in den Krieg, um „seinen“ Wald zu verteidigen?
Was nützt all dass Wissen, all die Kultur, die 3000 Bücher, Shakespeare, Lieblingsgedichte? Die ererbte Erkenntnis, dass Krieg schlecht ist? - Am Ende erscheint dem in der Idylle und Erinnerung Gefangenen die Welt „da draußen“ als fremd und feindlich und böse = die moderne Welt taugt nichts. Darf man sich daher so verhalten?
Auch wenn mich da Buch etwas ratlos zurück lässt:
11 / 10 Punkte
3) Dan Simmons: „Hyperion“
Da Buch ist schon lange eines meiner Lieblingsbücher; jetzt wollte ich mal sehen, warum das so ist. Habe es also wieder einmal gelesen, und war wieder über die Maßen angetan. - Ist ja immer so eine Sache, etwas zu wiederholen, denn was einem vor 20 Jahren gefiel, kann ja nunmehr ganz anders ankommen. Nun, ich staune, wie überraschend und neu mir Vieles vorkam.
Nachdem ich in diesem Roman auf die Droge „Flashback“ stieß, wurde ich zudem aufmerksam: Gibt es weitere Schnittstellen zwischen den Werken Simmons?
Nach dieser Droge, die in dieser post-terranischen Welt eine gewissen Bedeutung besitzt, hat er ja nunmehr einen ganzen Roman verfasst, der eigentlich nicht im Hyperion-Universum spielt. Oder eben doch? Ist der Zustand der Erde, der in „Flashback“ geschildert wird, die Vorstufe zur Hegira, dem Kollaps der irdischen Zivilisation, dem Tod der Alten Erde?
Den Mars gibt es in der Welt der Hegemonie ja noch. Interessant: Am und auf dem Olympos werden militärische Simulationen durch geführt. Hmm, kann man da auch eine Verbindung herstellen? Zu dem Doppelroman „Ilium“ und „Olympos“, wo es ja auf dem Mars auch eine besondere Simulation gibt? - Zu weit hergeholt? Tja...
Interessant ist, dass Simmons offensichtlich auch das Thema der jüdischen Verfolgung, ihrer Diaspora, ihrer besonderen Rolle in der menschlichen Geschichte auch hier schon deutlich beschäftigte. - Na ja, Spekulationen...
10 / 10 Punkte