„Ja, dürfen die denn das?“ - das Elend des Rezensenten
Nachdem ein bis dato eher unbekannter, wenn auch sehr „lauter“ Fantasyautor, dessen Werke er selbst als „phantastische Abenteuerromane“ bezeichnet, sich nicht gerade sachlich gegen Rezensionen seiner Werke wehrte, da diese ihnen, seiner Meinung nach, nicht gerecht wurden. Er fordert gar eine Art akademische Approbation für Rezensenten; nur wer kann, der darf auch.
In seinem konkreten Falle war die „Rezension“ nicht mal eine, nur halt so eine Meinungsbekundung, dass sein Werk nicht gefalle.
Warum ich das betone? Na ja, fühle mich irgendwie ertappt.
In meiner „Karriere“ als Rezensent, vormals vor allem für SOLAR-X, aber auch GOTHIC GRIMOIRE, ALIEN CONTACT u.a. ZInes näherte ich mich den gelesenen Werken zunehmend subjektiv. Das tat ich ganz bewusst, da ich der Meinung war und bin, dass meine Meinung nur eine von vielen ist. Ich befürchte, es gibt gar keine objektive Einschätzung, höchstens in den Gefilden der gehobenen Literaturwissenschaften.
Habe ich da – sozusagen intuitiv – das Urteil des „Rezi-Mafia“-Gegners vorweg genommen?
Inzwischen gibt es für mich kein Betätigungsfeld als Rezensent mehr, den Fanzines weine ich so manche Träne nach, auf den zahlreichen Internet-Plattformen bin ich nie so richtig angekommen. Ich beobachte dort auch eine gewisse Beliebigkeit. Man findet ja beispielsweise schnell etwas zu einem Buch, das einen interessiert. Doch fällt es zunehmend schwerer, Unterschiede in Anspruch und Ausrichtung bei den verschiedenen Rezensionsangeboten auszumachen. Aber das ist wohl in erster Linie mein Problem, da ich mich nicht mehr so eingehend damit beschäftige. Viele fleißige Rezensenten leisten durchaus tolle Arbeit und ich wünsche Ihnen, dass sie viel mehr Aufmerksamkeit erhalten, als ich ihnen zukommen lassen kann!
Selber führe ich mehr oder weniger nur meine Leseliste. Hier, mehr denn je, geht es mir nur um die Wiedergabe weniger, rein subjektive Eindrücke, mehr als Erinnerungsstütze für mich und vielleicht – so hoffe ich – auch für den einen oder die andere, die sich hierhin verirrt und sich davon inspirieren oder gar zu Kommentaren verleiten lässt.
Nach der Attacke des besagten Autors gegen die „Rezi-Mafia“ kommt – so empfinde ich es jedenfalls – ein Wind auf, der den Rezensenten, vornehmlich (aber nicht nur) im Internet, kräftig entgegen bläst. Und langsam frage ich mich, wie das kam und was dahinter steckt.
Beispiel 1: „Occupay The Feuilletons“, initiiert von Thor Kunkel. Kenne ich als Facbook-Gruppe. Hier polemisiert der Autor mit gewohnt spitzer Feder gegen die echte oder vermeintliche Macht des Feuilletons. Da geht es also nicht um kleine Literatur-Bloggs oder Forenbeiträge, die eher schon mal in der Masse untergehen. Das Urteil eines Rezensenten in überregionalen Zeitungen kann ja schon was bewirken...
Beispiel 2: Alban Nikolai Herbst kritisiert in seinem Internet-Tagebuch „Die Dschungel / Anderswelt“ eine unsachliche Kritik eines seiner Bücher in den Kommentarseiten eines großen Internetbuchladens. Hier wird ähnlich wie bei dem oben erwähnten, in seiner Argumentation nicht immer so feinen Autor, auch recht scharf gegen die Unbedarftheit der Besprechung geschrieben. Hier, bei Herbst, der ungleich sachlicher und formvollendeter schreibt, kann ich sogar nachvollziehen, worum es ihm geht. --- Kann so eine Meinungsäußerung dazu führen, das die Existenz des Autors bedroht wird, da man als potentieller Leser vom verrissenen Buch abgeschreckt wird? Auch Herbst schreibt von der „Dummheit von Lesern“ (siehe hier)
Beispiel 3: Michael K. Iwoleit setzt sich in einem Beitrag in der Facebook-Gruppe „Deutsche Science Fiction“, mit einer Rezension seiner Story in NOVA 17 auseinander.
In diesem Beitrag und den folgenden Wortmeldungen kommt Zweifel an der Kompetenz des Rezensenten zum Ausdruck.
Ist diese hier in Fetzen erkennbare Diskussion Teil der gerade tobenden, großen Diskussion über Recht und Unrecht im Internet (die potentielle Verbreitung von schnell geschriebenen, ungefilterten Meinungen im Netz dürfte von ausschlaggebender Bedeutung für dieses Phänomen sein)? Entstehen hier neue „Verschwörungstheorien“? Sind es reale Existenzängste oder nur gekränkte Eitelkeit, die zur Kritik der Kritiker führt?
Was kann ich aus dem schließen?
Als Ost-Mensch war die Möglichkeit, unbehindert meine Meinung über Sachen zu äußern, die mir am Herzen liegen, eine der wirklich großen Errungenschaften der westlichen Freiheit. Irgendwann lernte ich auch, dass mir andererseits nicht jede Meinung, die so geäußert wird, mir auch passt. Und ich lernte, dass Leute, die anderer Meinung sind als ich, deshalb nicht dümmer sind. Wenn mich jemand nicht versteht, muss das nicht bedeuten, das der Andere dümmer ist. - Dann lernte ich noch, dass anderen, gegensätzlichen Meinungen mit Schimpftiraden kaum zu begegnen ist; das verhärtet nur die Fronten.
Was die Literatur anbelangt, tja, da ist Vieles Geschmacks- und Stimmungssache. Demzufolge haben gerade wir kleinen (fannischen – auf die SF-Szene bezogenen) Rezensenten auch das Recht auf Subjektivismus.