Nachtrag März 2012 (Hofmanns Leseliste)
9) Umberto Eco: „Der Friedhof in Prag“
(Hörbuch, gelesen von Jens Wawrczeck und Gert Heidenreich)
Ich bin enttäuscht. Hätte ich das Buch selbst gelesen, hätte ich es garantiert nicht bis zum Schluss geschafft. Schon das häppchenweise Zuhören brachte mich kurz vor den Abbruch. Es ist langweilig. - Darf man das von so einem Autor sagen?
So nebenbei finde ich interessant, dass gerade derzeit eine Debatte zur Frage durch ein paar Zeitungen gelaufen ist, inwieweit ein Autor (Kracht) mit dem Gedankengut identifizierbar sei, das er in seinem Roman („Imperium“) verwendet und natürlich seinen (historisch verbürgten) Figuren in den Mund und den Kopf legt.
Seltsam finde ich daran, dass auf so einen Gedanken bei Eco niemand kam - bisher (?). Anhand eines fiktiven schizophrenen Fälschers zeigt Eco, wie antisemitische, antifreimaurerische, anti-irgendwas Pamphlete entstanden, wessen Geistes Kind ihre Schöpfer waren, in welchen revolutionären und konterrevolutionären Verbindungen in Italien und Frankreich und Verbindlichkeiten diese steckten. Dabei werden alle bekannten antisemitischen Vorurteile dezidiert auseinander klambüsert. Da ist durchaus interessant, man kann viel lernen und sieht, was Eco alles während seiner Recherchen zur Entstehungsgeschichte antijüdischer Schriften gelernt hat. Dazu ist es eine wilde Tour durch alle möglichen frühen esoterischen Lehren, bis hin zu Geisterbeschwörungen, okkulten Sitzungen und Teufelsanbetern. Aber irgendwann geht das einem tatsächlich auf den Kranz (also mir), irgendwann hat man es dann auch erstanden.
Dass der Protagonist unter einer gespaltenen Persönlichkeit leidet,so sein Tagebuch führt und sich jeweils seinem alter ego aufschreibt, was „der andere“ erlebt und gemacht hat, entfremdet diese Person dem Leser. Trotzdem zeigt der Autor meiner Meinung recht wenig Distanz zu diesem Typen und seinen unflätigen Ideengut. Kracht jedenfalls klingt deutlich ironischer, Eco eher authentisch.
6 / 10 Punkte
10) Roberto Bolaño:“Die Naziliteatur in Amerika“
An „2666“ traute ich mich noch nicht heran. Was, wenn der Autor mir nicht liegt? Dann hätte ich da so einen Ziegelstein umsonst...
Nun, auch dieses deutlich kürzere Werk habe ich nicht zuende gelesen. Es soll ja ein Roman sein, tatsächlich sind es aber kurze und kürzeste Texte, die aneinander gereit und. Vielleicht ergibt sie am Ende ja noch ein größerer Zusammenhang. Doch so für sich genommen sind es kurze fiktive Biografien von erfundenen Autoren Süd- und Nordamerikas, die sich eigentlich alle zu den Nazis hingezogen fühlen sollen. Kann ich bei allen so nicht kennen. Die Texte sind meist trockene Zusammenstellungen weniger, unspektakulär geschilderter Lebensabschnitte und Buchtitelaufzählungen.
Was soll das? Hat sich mir nicht erschlossen.
3 / 10 Punkte
11) F.Paul Wilson: Handyman Jack - Hörbücher LPL Rec., insgesamt 7 Std.
1. „Der letzte Ausweg“ mit „Der lange Weg nach Hause“ und „in der Mangel“, zusätzlich Auszug aus „Der letzte Rakosh“
2. „Schmutzige Tricks“ mit „Zwischenspiel im Drugstore“, „Ein ganz normaler Tag“ und „Familiennotdienst“
Handyman Jack wollte ich schon lange mal kennen lernen. Zum Selberlesen hat es bis dato nicht gereicht, also bat ich Herrn Bierstedt, mir vorzulesen. Der kann das nämlich sehr gut!
Die Stories sind gediegene Kost. Der Held ist als Identifikationsfigur gut geeignet, da er zwar gerne betont, nichts und niemanden verpflichtet zu sein, dann aber doch gegen Unrecht in die Bresche springt.
Von der utopischen Lebensführung des Detektivs bekommt man leider zu wenig mit, finde ich. Er verweigert sich aller staatlicher Kontrolle, indem auf all das verzichtet, was uns zum einen eine soziale Absicherung verspricht, zum anderen aber auch zum „gläsernen Menschen“ macht. Wie man aber ohne Kreditkarte (in den USA), ohne jede Versicherung leben kann (und dann auch noch so gefährliche Jobs ausführt), erschließt sich mir nicht.
Aber es ist spannend, daher kann ich diese Stories nur empfehlen.
8 / 10 Punkte
12) „Luzifer läßt grüßen. Teuflische Geschichten“
Ausführlich im nächsten CTHULHU LIBRIA.Eine Klassikersammlung (Briten und US-Amerikaner), aber keine orginären Phantasten. Trotzdem sehr eindrucksvoll, aufschlussreich (für mich) und faszinierend (allerdings gänzlich ohne Teufel!).
10 / 10 Punkte
Zum Einstieg sind vielleicht eher geeignet:
Die Erzählungen in:
Telefongespräche
Der unerträgliche Gaucho
Der kurze Roman (oder lange Erzählung):
Chilenisches Nachtstück
und dann
Die wilden Detektive
Grüße ;-),
Ralph