Oktober - seltsame Leute auf der Leseliste
- Albert Camus: „Die Pest“ - 10 / 10 Punkte
- Martin Amis: „Night Train“ - 8 / 10 Punkte
- Albert Camus: „Der Fremde“ - 8 / 10 Üunkte
- Zakhar Prilepin: „Sankya“ - 6 / 10 Punkte
- Robert E. Howard: „Conan 1“ - 8 / 10 Punkte
- Erlend Erichsen: „Nationalsatanist“ - 9 / 10 Punkte
- Comics
36) Albert Camus: „Die Pest“ Hörbuch, 3 CD
Zum 2. Mal gehört und wieder begeistert. Auch wenn ich beim ersten Hören noch mehr gerührt war, so konnte mich der tiefe Humanismus des Autors wieder ergreifen.
Tja, er ist ja ein führender Existentialist, aber was ich zumindest hier für viel wichtiger halte, ist seine Pro-Leben-, Pro-Menschen-Einstellung. Er schildert einfühlsam, wie dieses unsägliche und für das 20. Jh. unglaubliche Krankheit die menschliche Gesellschaft an ihren Existenzrand bringt und wie menschliche Fürsorge gegen Bürokratie, gegen die Unfähigkeit, das Ungeheuerliche überhaupt zu akzeptieren und gegen den Zusammenbruch der Zivilisation kämpft.
Ich finde, das ist ein toller Gegenentwurf zu den zahlreichen Zombie- uns sonstigen Apokalypsen, die ja mittlerweile völlig selbstverständlich den Untergang der menschlichen Zivilisation proklamieren und zeigen wollen, dass die Haut so dünn ist...
10 / 10 Punkte
37) Martin Amis: „Night Train“, Hörspiel, 1 CD
Hatte ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich Kingsley Amis nicht so gut... Ach ja, hatte ich.
Nun hat der große Engländer auch einen Sohn. Und der ist inzwischen auch ein Großer. Interessanter Weise stand und steht dieser immer im Schatten seines Vaters. Es werden viele Geschichten kolportiert, wonach das Vater-Sohn-Verhältnis nicht zum besten bestellt ist.
Das machte mich neugierig. Der MDR hat aus dem Roman von Martin Amis ein Hörspiel gemacht, mit Simone v. Zglinicke, Hilmar Eichhorn, Hans Teuscher u.a.
Das Hörspiel ist Klasse! Auch wenn mich diese Story wiederum nicht so sehr überzeugte. Da gibt es die abgeklärte Kommissarin, die das Leben gezeichnet hat und die alkoholkrank ist. Sie wird nun mit dem Tod der Tochter ihres Chefs konfrontiert. Ihr Chef erwartet viel von ihr auch dass sie nachweist dass der Selbstmord der Tochter doch Mord war.
Hmm, irgendwie ist der Kriminalfall dann nicht mehr so wichtig, und alle Erwartungen werden nicht erfüllt.
Als Hörspiel funktioniert das Stück großartig, zumal mit der Musik von Tom Waits veredelt. Das ist so richtig schön düster - noir - ....
8 / 10 Punkte
38) Albert Camus: „Der Fremde“, Hörbuch, 3 CD
Wieder liest Ulrich Matthes (wie auch bei „Die Pest“), was er gut macht. Diesmal ist es nicht der Humanismus angesichts menschenvernichtender Pest, sondern eine in der erbarmungslos hellen und heißen Sonne Algeriens weichgekochte Seele eines Mörder wider Willen, die fasziniert.
Der Ich-Erzähler hat überhaupt keinen Willen. Er lebt so dahin, ihn scheint nichts an die Gesellschaft, an Familie, an irgendwas zu binden, nichts zu interessieren, nichts zu schocken. Und so wird er in einen Streit hinein gezogen und schießt einen Mann nieder.
Alles wird so lapidar, gefühlskalt, nebensächlich erzählt, was mich irgendwie abstößt. Richtig schockierend ist dann die Urteilsverkündung, die dann irgendwie konsequent, aber doch unerwartet erscheint.
Ist der Tod nur die normale Konsequenz eines sinnlosen und unwichtigen Lebens?
8 / 10 Punkte
39) Zakhar Prilepin: „Sankya“
Nachdem mir Immanuel Carrère in seiner Limonow-Biografie den Mund wässrig gemacht hat, griff ich zu diesem Buch. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass ein Buch eines Nozbol ins Deutsche übersetzt wird und das literarisch in die Nähe von großer russischer Literatur gerückt wird. Nun, ob es diese Qualität tatsächlich besitzt, vermag ich gar nicht zu beurteilen; dazu kenne ich zu wenige russische Klassiker (des 19. u. 20. Jh.). Ich fand das Buch leider langweilig.
Im Zentrum steht ein junger Mann aus eher normalen, unterprivilegierten Vorstadt-Verhältnissen. Dass er bei den Nazbol, die hier Sojusniks heißen, landet, ist am ehesten dem Umstand geschuldet, dass die einen Familienersatz darstellen. Limonow heißt hier Kostenko; die Handlung spielt in der Zeit, zu Beginn dieses Jahrhunderts, als der im Knast saß. Ideologisch kommt da kaum was rüber, ist eher so ein verwaschener Nationalstolz, gepaart mit dem Bewusstsein, zu den Verlierern zu gehören und dass die Verteilungsverhältnisse gewaltsam umgekrempelt gehören, oder so... Ansonsten kümmert man sich um „seine Leute“; das ist ihnen wichtig. Sonst tut dies ja auch niemand.
Bei ihren „Aktionen“ geht es zunächst um Krawall, wobei erst mit Tomaten, später mit Granaten geworfen wird. Das Herzstück der Handlung ist die Schilderung seiner Reise nach Riga, um einen Richter zu eliminieren, der sowjetische Kriegsveteranen als Kriegsverbrecher und Nazbol, die dagegen protestieren, verurteilt. Ansonsten demolieren die Hooligans lieber Läden und Autos und werden von Polizisten und Geheimpolizisten verkloppt, das nicht zu knapp.
Viel lernen konnte ich aus dem Buch leider nicht; die Handlung ist zu „alltäglich“, als dass sie mich sehr fesseln konnte.
6 / 10 Punkte
40) Robert E. Howard: „Conan 1“
Das war nun aber mal nötig: Habe endlich die Conan-Erzählungen gelesen. Zumindest den 1. Band in der Heyne-Ausgabe von 2002: „Die Original-Erzählungen aus den Jahren 1932 und 1933“
Nun, kann nicht sagen, dass diese mir am besten von den Howard-Stories gefielen, aber man muss sie kennen, auch um zu sehen, wie einseitig die Verfilmungen sind, die Conan auf den muskelbepackten Schwertschwinger reduzieren.
Besonders an dieser Ausgabe sind die Illustrationen von Mark Schultz und die Anhänge, insbesondere wo die Quellen benannt werden, aus denen Howard sich bei seinen historischen, aber auch Fantasy-Stories bediente.
Habe lange daran gelesen, schon Ende des letzten Jahres begonnen. Ich denke, ich werde immer mal wieder zu dem Buch greifen.
Der 2. Band ist leider nur schwer zu beschaffen.
8 / 10 Punkte
41) Erlend Erichsen: „Nationalsatanist“
Das Buch erschien in einem renommierten Verlag für Phantastik: In der kuk-Reihe der Edition Phantasia. Das vorweg, weil man da schnell auf komische Gedanken kommen könnte.
Nun bin ich weder Kenner und Fan der Black Metal-Szene, des True Norwegian Black Metals. Auch wenn ich mir jetzt während und nach der Lektüre ein paar Beispiele reingezogen habe, vor allem von den Bands, die im Buch erwähnt werden und selber eine Rolle spielen (auch wenn der Autor ein leicht durchschaubares Verwechslungsspiel treibt, um eben nicht wirklich autobiografisch erscheinen zu wollen - nehme ich zumindest an), so kann ich nicht behaupten, dass mir die Musik gefällt - nun ja, ein paar Beispiele waren nicht übel (waren wahrscheinlich die Stücke, die von den „wahren“ Vertretern des Genres als kommerziell verschrien sind)...
Ich mag Romane über Musik - „Amaggedon Rock“ von Martin, „Schattenklänge“ von L. Shiner etwa. Aber das hier ist eine andere Qualität.
Der Autor war Teil der Szene und schreibt wohl eigene Erlebnisse auf, zeigt, wie die kraftvoll-dunklen Klänge einen in ihren Bann ziehen können und dann aber offensichtlich den Grund bereiten, sich in eine andere Welt zu begeben. Sicher muss nicht jeder Fan dieser Musik dermaßen abdriften, aber hier wird man mit einem Extrem konfrontiert.
Das war mir nicht klar, dass diese Szene sich selbst dermaßen abkapselt von der Umwelt, sich in offener Feindschaft zu allen Menschen und der Welt sieht und im schlimmsten Fall diese Feindschaft in Aggression gegen andere umsetzt.
Dabei konnte ich den „Gedanken“ des Protagonisten nicht mal folgen, weiß nicht wirklich, was ihm da im Kopf rumschwirrt. (Das geht einer skeptischen Beobachterin in dem Buch ähnlich. Die den abgefahrensten Typen aber dann mit einer Sache konfrontiert, die ihn ausrasten lässt. Will nicht zu viel verraten...)
Und genau da setzt mein Stutzen über den Roman und seinen Autor ein: Hat er sich davon gelöst, oder will er, dass das Geschriebene verklausuliert bleibt, damit er hier nicht zu viel verrät? Die „Aussagen“ bleiben meiner Meinung nach nebulös, seltsam allgemein-unkonkret.
Das rechtsextreme Gedankengut und Handeln, das ja der Titel schon andeutet, kommt so gut wie gar nicht zum Ausdruck, nur der Hass auf Alle, insbesondere auf die normalen Leute, auf Christen, was ja in der Praxis zu den Brandstiftungen gegen Kirchen führte.
Was aber sehr eindringlich rüber kommt, ist diese extreme Ablehnung von allem und allen, die bewusste Abkehr in absolute Einsamkeit und Asozialität, die Sucht nach Dunkelheit und Wut, Zorn, Gewalt. Puh, schon ziemlich heftig.
Literarisch ist der Roman sicher nicht so anspruchsvoll, es wird geradlinig aus der Ich-Pespektive erzählt. Kurze Sätze dominieren. Mitunter erschien mir die Wortwahl etwas seltsam, aber das mag durchaus dem Milieu entsprechen, in dem der Roman spielt.
9 / 10 Punkte
Comics
Comic 7) „Star Trek“
Der Titel lautet so, kein Autorennamen prangt auf dem Cover. Es werden alte Star Trek-Episoden neu erzählt, in denen die neuen, alten Charaktere handeln, also Spock, Kirk und so, aber eben aus der neuen, alternativen ST-Welt. Tja, ich weiß nicht, ob das nötig ist.
Die Zeichnungen sind auch nicht so besonders, sehr puristisch. Kann man durchaus mögen. Alles sehr dialoglastig, was bei Comics nicht immer so gut kommt. So wie ich mit der neuen alternativen Crew nicht wirklich warm geworden bin bisher, so geht es mir auch mit diesem Comic. Allerdings ist es sicher ein MUSS für den Trekkie!
6 / 10 Punkte
Comic 8) Stephan Probst: „Swift. Burn baby burn“
Schön anarchistisches, wildes, zerhacktes Artwork. Es geht um neue Superhelden, die aber gar keine sind, eher wilde Underdogs mit zu viel Kraft, stehen aber politisch auf der richtigen Seite, und die Mädels alle mit großer Oberweite.
8 / 10 Punkte
Lese auch die New 52 - Batman-Comics. Muss sagen, mit Heft Nr. 5 wird eine richtig toll erzählte Story begonnen, die mich wirklich fesseln konnte; nicht nur die Bilder, die großartig rüber kommen, auch inhaltlich.