Deutsche Zombies, Cthulhu & Oxford im All
Ben B. Black: Verlorene Hoffnung. D.J.Franzes Armageddon, die Suche nach Eden, Teil 3
Neben Dirk Franzen schreiben nach meinem Kenntnisstand noch 2 Autoren an der Serie mit. Hier also mein erster Roman aus der Feder von Ben. B. Black (ich weiß aber nicht, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt). Es gibt aber keinen Bruch, weder vom Erzählstrang her, noch stilistisch.
Weiter geht es mit der Quest der „Pilger“ aus dem „bereinigten“ Köln, Richtung Westen, immer auf der Hut vor den Zombies. Der Autor versteht es sehr gut, die Charaktere und deren Konflikte miteinander kurzweilig näher zu bringen. Da ist die taffe und hart reagierende Sandra, die sich zur Anführerin des Haufens etablierte. D.h., sie hat einfach beschlossen, die Chefin zu sein, da sie am besten im Überlebenskampf ist. Sie scheint auch bereit zu sein, jemanden zu opfern oder aufzugeben, wenn er/sie hinderlich wird.
Wir haben einen Priester, der sich – für meinen Geschmack – die Welt auch ein wenig zurechtlegt, wie es ihm passt. Auf jeden Fall hat die Zombie-Apokalypse seinem Glauben keinen Abbruch getan, eher im Gegenteil.
Martin, der Kokser, ist auch noch dabei. Er hat den telepathischen Draht zu den Kindern. Von denen kommen auf dem Weg sogar noch welche hinzu, so dass es 15 sind. Alle sind besonders begabt, was Sandra und der Priester aber nicht ahnen.
Und es gibt einen neuen Protagonisten: Stephan. Ein Eigenbrötler, der es sich fast gemütlich eingerichtet hat am Rande einer Stadt, wo Zombies nur sporadisch auftauchen. Der scheint aber nicht ganz koscher zu sein, und damit meine ich nicht sein Faible für den deutschen Schlager.
Die quasi-religiösen Aspekte der Erzählung kommen auch zur Geltung. Die Kinder träumen von Eden und anderen Welt, Erzengel Gabriel, der die Zombiehorden antreibt, hat einen Gegner: Luzifer. Der tritt aber noch nicht in Aktion. Auch Frank, der zombifizierte Held aus Teil 1 agiert hier nur beiläufig, die „Pilger“ verfolgend.
Das Etappenziel wird erreicht, aber ob das nun wirklich hilft? Es kommt zu einer interessanten Konfrontation und die Spannung bleibt dennoch bestehen.
(Das Cover gefiel mir bisher am besten aus der Reihe - wieder von Lothar Bauer)
9 / 10 Punkte
Pablo Tusset: „Oxford 7"
Hier hatte mich als allererstes das Cover in seinen Bann gezogen, auf der Leipziger Buchmesse. Fällt ja auch auf, oder? Klar und prägnant. --- Also musste ich es auch lesen...
Sehr unterhaltsames Buch von einem wohl sehr unterhaltsamen Autor. Mir hat es sehr gut gefallen.
Auf einem Universitäts-Habitat im Weltraum rebellieren die Studenten gegen die Gesundheits-, Sicherheits-, Gesinnungsdiktatur, deren Charakterzüge in der heutigen westlichen Gesellschaft erkennbar sind, wenn auch nicht als gelebte Diktatur, sondern als „korrekte“ Lebensführung, - Einstellung etc.
Der Autor, kein ausgewiesener SF-Autor, extrapoliert hier deutlich, was ihm an der Welt heute nicht gefällt. Ist ok. Dazu kommen eine Portion Spannung und auch interessante Figuren. Ein Professor stiftet ein paar Studenten an, einem „Systemgegener“ wichtige Dokumente zu überbringen. Dabei wird der Prof selber von der Rektorin des Uni-Habitats Oxford 7 bedrängt. Die heißt übrigens Emily Deckard; ja, „Bladerunner“ spielt als Referenz eine große Rolle, aber auch „Casablanca“, Jazz-Musik, das Rauchen und andere „alte Gewohnheiten“, die in der nahen Zukunftswelt wenn nicht nur verpönt, sondern auch verboten sind.
Der Finsterling im Untergrund auf der Erde, in Barcelona, nennt sich Franz v. Assisi, ist aber kein Tier- und Menschenfreund. Am Ende geht es mittelbar eher um eine bizarre Beziehungskiste zwischen Deckard und em Prof.
Amüsant das Ganze, auch wenn der angedeutet Tiefgang dann etwas ausbliebt. Das macht die Lektüre aber nicht unangenehmer! Daher:
9 / 10 Punkte (l.V.i.NS*)
Jeffrey Thomas: „Geschichten aus dem Cthulhu-Mythos“
Gleich vorweg, ich gebe:
9 / 10 Punkte!
Ein CM-Fan muss den Band haben (übrigens kostet die Hardcoverausgabe ziemlich viel, aber die eBook-Ausgabe relativ sehr viel weniger). Wer mit dem CM, Lovecraft nicht allzu viel anfangen kann, könnte durch die Wahl der Sujets schnell gelangweilt werden. Einige Stories sind absolut empfehlenswert, aber auch die eher schnell durchschaubaren, klischeehaften in dem Band werden einfach wunderbar erzählt. Die Lektüre ist ein Genuss, der Autor ein Könner!
In vier der hier versammelten Geschichten wird der Leser wieder einmal nach Punktown entführt; eine der Stories ist aber eine Übernahme aus „Punktown“, also dem J.T.-Fan schon bekannt. Die drei anderen gehören thematisch zusammen, bilden sozusagen einen kleinen Zyklus, in dem der Autor die Wiederkehr der Großen Alten fast gelingen lässt und dabei auch in die Mottenkiste des Horror greift (Zombies, Aliens, die als Parasiten Besitz von den Menschen ergreifen, Rituale sowieso…).
Es gibt schöne, klassisch anmutende Beziehungs-Dramen, die jeweils in einem privaten Inferno enden, die allerdings durchaus kosmologische Dimensionen besitzen.
Der Autor hat aber mit dieser Sammlung den CM nach meinem Empfinden ausgereizt (für sich), hat z.B. fernöstliche (vietnamesische) Folklore / Mythologie damit verbunden und andere Horror-Topoi verwandt. Das sollte reichen. (doch wenn ich mir was wünschen darf: Von Punktown habe ich die Nase noch lange nicht vol!).
(l.V.i.NS*)
Neil Gaiman: Das Graveyard Buch
Hörbuch 5 CDs
Es handelt sich um ein Kinder / Jugendbuch. Das merkt man auch deutlich. Für mich war es streckenweise daher auch etwas langweilig. Mitunter blitzt die Brillanz des Erzählers durch, einige beschriebene Szenen sind sogar für Kinder mit zarter psychischer Ausstattung vielleicht etwas harsch, besonders dann, wenn der Held, Nobody Owens, auf seine Widersacher trifft. Das sind echte Schurken, Mörder, die auch vor Kindermord nicht zurück schrecken.
Es handelt sich um eine klassische coming in age Story, eine Geschichte über die Überwindung der Kindheit. Wenn man so will, ist es eine metaphorisch überfrachtete Geschichte, vielleicht handelt es sich aber auch nur um eine nette Variante einer klassischen Geistergeschichte.
Also, die Eltern eines Kleinkindes werden ermordet. Das Kind kann entwischen und wird von den Geistern des nahegelgenen Friedhofs aufgezogen. Das funktioniert viel besser, als auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Junge wächst behütet auf und erlangt auch besondere Fähigkeiten, die ihn zu einem Wanderer zwischen den Welten der Toten und Lebenden macht.
Der Mörder, bzw. die Organisation, die den Tod seiner Eltern geplant hatte und ihn auch umbringen will, ist noch immer auf der Suche nach ihm. Es wird für „Niemand“ Nobody Owens zu einer Art Initiation, als er den Kampf gegen die Mörder aufnimmt.
Bis zu seinem Sieg und dem Auszug aus dem Friedhof und damit dem Ende seiner Kindheit hat der Autor viele Gelegenheiten, seinen Lesern alle möglichen Spukgestalten auf nicht ganz gewohnte Weise vorzuführen. Mir haben die Ghule besonders gefallen.
7 / 10 Punkte
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(* - l.V.i.NS = lange Version im NEUEN STERN)