Ein neues Beben - M. Hammerschmitt: Pension Barbara
33) Marcus Hammerschmitt: „Pension Barbara“
Der Verlag Das Beben ist ganz neu. Er hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Novelle zu fördern und diese ausschließlich als eBooks zu veröffentlichen. Scheinbar ist neben Erzählungsbänden auch der etwas kürzere literarische Text neben den dicken Schmökern nun nicht mehr an das lesende Publikum zu vermitteln. Ja ja, Bücher müssen dick sein. Doch sehen das eventuell nicht alle so; ich ja auch nicht (!); insofern könnte das hier eine sehr interessante Sache werden!
OK, damit fällt mir die Entscheidung leicht: eBook. Auch wenn ich inzwischen ganz gerne eBooks lese, entscheide ich mich doch meistens eher für das Papierbuch. Hier geht das nicht.
Das Genre ist dabei nebensächlich; aber mir scheint es so, dass phantastische Elemente in den Publikationen keine unbedeutende Rolle spielen sollen. Aber vielleicht ist da mir der Wunsch Vater des Gedankens?
Marcus Hammerschmitt ist allerdings durchaus als SF-Autor bekannt. Seine Novelle ist aber keine SF. Sie hat etwas Unheimliches, Kriminalistisches und - wenn man so will - enthält aber auch etwas SF, wenn man dunkle Umtriebe leidlich verrückter Wissenschaftler an deren Experimente an Schwangeren zur SF zählen möchte. So was gibt es in der SF ja, schon immer, dort sind dann die Ergebnisse solcher „Forschungen“ eindeutig Monstren. Das fällt hier aber aus - oder doch nicht?
Im Grunde, dachte ich mir so beim Anlesen, hätte der Text auch gut in die Goblin Press gepasst. Vielleicht ist der Umfang für die neue Goblin Press inzwischen zu groß, doch sowohl inhaltlich, aber noch mehr von der Erzählweise, der Stimmung her, könnte sie dort hineinpassen. (Hätte ich so dem SF-Autor Hammerschmitt gar nicht zugetraut.)
Der Autor schreibt so, wie ich es bei „typischen Goblin Press Autoren“ gewöhnt bin: In der Ich-Form, dadurch gleich sehr selbst-reflektierend. Die Stimmung wird durch entsprechende Beobachtungen unheimlich aufgeladen; man denkt sofort: „Da stimmt doch was nicht!“
Auch das Setting erinnert an Poe- und Lovecraft-Hommagen, wie sie in der Goblin Press gepflegt wurden und werden: Ein einsames Dorf, eine mit teuflischen Fresken ausgestaltete Kirche, Bunkeranlagen aus dem 2. Weltkrieg, eine seltsame Klinik, seltsame Leute. Als Stadtmensch hat der Protagonist keine Chance, dort und mit den Bewohnern warm zu werden. Er und der Leser, erleben ein sehr distanziertes, aber gleichzeitig vorherrschendes Gefühl des Ausgeliefertseins.
Unser Stadtmensch kommt also in das Dorf und findet Quartier in der titelgebenden Pension. Sie ist Dreh- und Angelpunkt der Handlung, durchaus, auch wenn es inhaltlich gar nicht so sehr um die Pension geht. In der Nähe des Dorfes gibt es eine Privat-Klinik, die sich um schwierige Schwangerschaften kümmert. Die Ehefrau des Protagonisten und werdende Mutter hat sich in deren Obhut begeben. Nun zieht sich die „Behandlung“ aber hin. Zeit genug für den Helden der Story und den Leser, sich so Gedanken zu machen - und die Leute kennen zu lernen, einen Zahnarzt, die Inhaber der Pension, seltsame Dorfbewohner und natürlich auch den Leiter der Klinik.
Es scheint ein finsteres Erbe aus der Vergangenheit hinter den undurchsichtigen, neuen Behandlungsmethoden in der Klinik zu stecken.
Nicht für alle geht die Story gut aus. Ob am Ende nun wirklich... aber das muss man jetzt mal selber herausbekommen. So ganz hat mich die Geschichte nicht überzeugt, angedeutete „Geheimnisse“ wurden nicht weiter verfolgt; auch der „Showdown“ war dann etwas unentschlossen - wobei dies im Epilog sozusagen thematisiert wurde; als würde der Protagonist hier selber noch auf „das dicke Ende“ warten.
Die Gestaltung (art deco-artiges Cover, einer durchgehenden Reihengestaltung entsprechend, sehr schön; schräg gesetzte Kapitelüberschriften aus einem eigens hierfür erstellten Font) ist sehr ansprechend. Was mich allerdings störte (und dafür gibt es echt Punkteabzug, zumal der Anspruch da ist!) sind die auffallenden Fehler (vor allem Wörter zu viel oder falsch). Denke aber, das wird besser!
Ich bin jetzt sehr neugierig geworden, habe mir die nächsten 2 Leseproben geladen und bin schon dolle gespannt auf das nächste Werk!!
8 / 10 Punkte