De Camp: Der konnte mehr als nur "Conan"
3) L. Sprague de Camp:
„Versunkene Kontinente“
Untertitel: Von Atlantis, Lemuria und anderen untergegangenen Zivilisationen
Die Beschäftigung mit den Kritikern von para-wissenschaftlichem Unsinn (GWUP, Zeitschrift „Skeptiker“, Postings in einer GWUP-Facebook-Gruppe) und vor allem die noch laufende Lektüre eines schönen Weihnachtsgeschenkbuches: Umberto Eco: „Die Geschichte der legendären Länder und Städte“ regten mich zum spontanen Kauf dieses Buches an. --- BTW: Nicht nur dieses Buches. Eco ist eine wahre Fundgrube und leider hatte ich, da zur Weihnachtszeit mit der Lektüre begonnen, nicht mal einen Hauch einer Chance, mir für 2014 vorzunehmen, nicht so viele Bücher zu erwerben und dafür den SUB abzubauen. Hätte ich das, wäre der gute (?) Vorsatz schon mal jetzt im Eimer. Aber das nur nebenbei...
Also de Camp. Von ihm erwähnt Eco ein Buch, das er zusammen mit einem anderen geschrieben hat. De Camp? Der Fantasy-Autor? Der Howards Conan weiter geschrieben hat? Nun ja, da war immerhin noch die Lovecraft-Biographie; damit blieb er ja sozusagen bei seinen Leisten - von denen ich dachte, dass es „seine Leisten“ wären...
OK, der Atlantis u.a. Mythen haben ja auch was mit Phantastik zu tun. Zumindest war das immer für mich so. Als mein Interesse an Däniken, Atlantis, versunkene Zivilisationen und ihre möglichen außerirdischen Urgründe erwachte, ging dies einher mit meiner SF-Fan-Werdung. Obwohl mir damals viel Quellenmaterial vorenthalten wurde, wurde mir schon schnell klar, dass es aber einen himmelweiten Unterschied zwischen UFO-Gläubigen und SF-Fans gibt. Wobei man hier sicher genau hinsehen muss. Man kann sich wohl auch sehr intensiv mit UFO-Forschung beschäftigen, ohne „daran zu glauben“, z.B.
Däniken fand ich spannend und aufrüttelnd, so lange ich ihn nicht gelesen hatte. Es gab zwar offiziell keine seiner Bücher in der DDR zu kaufen, aber trotzdem haben sich andere Leute mit ihm auseinandergesetzt, auch in Buchform. Das fand ich schon damals seltsam: Warum denn das? Ist das eventuell doch ein Thema, mit dem man sich beschäftigen sollte? Faszinierend ist es allemal, oder?
Nach ersten Lektüre-Erfahrungen in Sachen Däniken war ich schnell ernüchtert. Außerdem schreckte mich schnell ab, wie Leute eher fanatisch parawissenschaftliche Standpunkte vertreten und die Schul-Wissenschaft und Schul-Medizin ablehnen. Die Bandbreite vom Zweifler zum absoluten Spinner ist sehr breit. Ich will da auf keinen Fall alle in einen Topf werfen. - Wenn man sich mal ein Bild über Auswüchse zum Thema machen will, kann ich nur wärmsten den Film „Die Mondverschwörung“ empfehlen.
Wie man hier schon unschwer erkennen kann, reizt das Thema zum ausschweifenden Palavern. Will ich lieber unterlassen und zu de Camp zurück kommen.
Wenn der „Fantasy-Onkel“ sich mit Atlantis, Lemuria und Mu befasst, wird das sicher auch so eine spekulative Fiktion, dachte ich mir. Lohnt da die Lektüre? Eco erwähnt ihn ja nur mehr oder weniger. Also gleich mal nachgesehen. --- Und siehe da: De Camp ist auch Sachbuchautor, sogar ein renommierter! Ein Buch, „New York lag einst am Bosporus“, wird als Bestseller gehandelt. Oha!
Der Mann scheint vom Fach. --- Wie auch immer, ich hatte Blut geleckt, ich hatte Lust auf Atlantis. --- Ach ja, da muss ich noch den tollen Vortrag von Karlheinz Steinmüller während des letzten Penta-Cons erwähnen, wo er seine persönlichen „Erfahrungen“ seit seiner Kindheit mit Atlantis eloquent darlegte. Kann man auch in dem Con-eignen Programmheft / Fanzine nachlesen. ---
De Camp kann schreiben. Das ist ein großer Vorteil. Das ist leider nicht unbedingt bei allen Leuten so, die ihre Gedanken in Sachbüchern präsentieren. Damit ist die Lektüre einfach ein Genuss.
De Camp schafft es, für das Thema gleichzeitig Faszination zu wecken und es dabei skeptisch und wissenschaftlich zu begutachten. Wo nötig, beleuchtet er historische Hintergründe (z.B. für mich sehr interessant, weil ich mich damit noch nicht beschäftigt hatte, der Zusammenhang des Mu-Mythos mit der Maya-Forschung; absolut spannend, welche Rolle eine Persönlichkeit, wie Diego de Landa, der Vernichter der Maya-Schriften, spielte. Ebenso schillernd: der Comte de Waldeck, der auch ein begnadeter Grafiker war und dessen fantasievollen Zeichnungen von Maya-Stätten die Fantasie anderer anregte. - Die Beiden kommen mir vor wie Figuren aus Moorcocks Romanen; aber das mag auch dem Schreibstil de Camps geschuldet sein...)
Erfrischend war für mich auch, wie er mit den großen Klassikern, Platon, Aristoteles z.B., umging, hier auch nicht mit Kritik sparte. Wobei das gerade bei Platon natürlich zur „Manöverkritik“ gehörte: Wenn „Atlantis-Forscher“ sich auf geografische Einzelheiten in Platons Schrift berufen, so muss wohl auch mal gesagt werden, dass Platon kein Geograph war, davon keine Ahnung hatte, also konnte sich niemand diesbezüglich mit Fug und Recht darauf berufen...
De Camp holt mitunter weit aus, bemüht Kultur- und Weltgeschichte, Archäologie, Geographie und Paläo-Geologie. Ich weiß nicht, ob er sich von Hause aus mit diesen Wissenschaftszweigen auskannte, doch offensichtlich hatte er sich sehr weit ausholend mit vielen Themen beschäftigt, um dem Wahrheitsgehalt von Legenden und Mythen um die vermeintlichen versunkenen Kontinente zu ergründen.
Er zeigt anschaulich das Einhergehen der wissenschaftlichen Forschung mit okkulten und parawissenschaftlichen „Ableitungen“ daraus, auch wo die Grenze zwischen beiden ist. Er verwischt dabei nichts.
So am Rande: Faszinierend ist das Buch auch, weil de Camp mit Wissen kommt, das - zumindest bei oberflächlicher Recherche - nicht mal im heutigen Internetzeitalter so ohne Weiteres zusammen zu tragen geht. Viele Namen habe ich gleich „nachgeschlagen“ und kam da mitunter nicht sehr weit. Das zeigt, dass er sehr umfangreiche Recherchen durchgeführt haben musste, und das ohne Internet. Für bestimmte moderne Mythen etc. nennt er die Verursacher.
Auch ein Schmankerl, der mir ein Aha!-Erlebnis verschaffte: Bereits in den 80er Jahren - des 19. Jahrhunderts - monierten Parawissenschaftler und Okkultisten die „Arroganz und Überheblichkeit der oberflächlich Gebildeten“ und „sogenannten Autoritären“ (S. 54 f.). Hmm, das kenne ich doch irgendwo her...
10 / 10 Punkte
Die Conan Reihe habe ich damals zu 90% gelesen.
Die Vergangenheit läßt mich nicht los.