Hofmanns Resterampe - April-Leseliste
15) Umberto Eco: „Die Geschichte der legendären Länder und Städte“
Das war ein Weihnachtsgeschenk. Ein gewünschtes!
Nun, die letzten Ecos hatten mich nicht so vom Hocker gerissen, obwohl die Themen, die er so bearbeitete, sehr interessant waren. Auch hier: Großartiger Entwurf! Und dann? - Mal sehen...
Großartig: Die Bebilderung. Das Buch ist im Grunde ein tolles Bilderbuch. Eco (oder wer auch immer) fand zu seinen Texten viele tolle passende Bilder, die mir bei weitem nicht alle bekannt waren, obwohl wir es ja nicht gerade mit exklusiv-esoterischen Stoffen zu tun haben.
Das Buch war zudem ein Quell vieler Inspirationen. U.a. habe ich durch es L. Sprague de Camp für mich entdeckt. Aber auch die ‘Dämmerdichtung’ eines Aturo Graf oder, und der liegt nun auch auf meinem SUB: Guido Gozzano.
Das Buch muss man nicht in einem Ruck durchlesen, kann es immer wieder beiseite legen, darin schmökern, schwelgen. Das ist ok.
Inhaltlich stellt Eco eine Liste der Literatur auf, die sich mit imaginären Ländern und Orten beschäftigt, die die Menschen aber dennoch animierten danach zu suchen und reale Sehnsüchten nach ihnen auslösten. Mit diesem Kriterium grenzt er sich von der Vielzahl von Fantasy-Ländern ab, oder auch von Orten, die in der realistischen Literatur „erfunden“ wurden, aber so nicht wirklich existieren.
Insofern ist es eben keine Neuauflage etwa von „Von Atlantis bis Utopia“ oder Gilsenbachs „Der ewige Sindbad“, obwohl es da natürlich riesige Schnittmengen gibt.
Das Buch ist voller faszinierender Details. Sie inspirieren zum Nachschlagen und Weiterlesen.
Und negativ? Nun ja, das Buch besteht kaum aus Eco, mehr aus Auszügen der Werke, die Eco vorstellt. Ist ja interssant, aber am eben kein „richtiger“ Eco. Ich denke mal, Eco hat sich hier einen alten Wunsch erfüllt; es setzt irgendwie auch sein mediales Erinnerungswerk „Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana“ fort.
7 / 10 Punkte
16) Neil Gaiman: „Die Messerkönigin“ - Hörbuch mit einer Auswahl aus dem Erzählungband.
Sprecher: Oliver Rohrbeck.
Dieser Story-Sammlung ist mit Sicherheit eine der schönsten, besten, relevantesten von Gaiman, überhaupt! Für mich, so lange wie ich den Band kenne.
Daher frischte ich meine damaligen Eindrücke mit diesem Hörbuch auf. Das glänzt durch eine sehr individuelle musikalsiche Untermalung, jede Story von einem anderen Musikus. Großartig! Und es war sogar einer meiner absoluten Lieblingsstories dabei: die komplette 3. CD: „Der Goldfisch und andere Geschichten“, in denen der Autor wahrscheinlich auch eigene Erfahrungen mit Hollywood aufarbeitet, die Sinn- und Trostslosigkeit dieses Film-Geschäfts, die Sehnsüchte, die mit Hollywood verbunden werden.
9 / 10 Punkte
17) Christina Wessely: „Welteis. Eine Wahre Geschichte“
Was es doch alles so für verrückte Sachen gibt, wie z.B. die Welteistheorie. Ist ja ein alter Hut. Allerdings will ich mal nicht die Hand dafür ins Feuer (oder Eis) legen, dass es nicht auch heute noch Anhänger dieser Kosmologie gibt.
Das Buch behandelt die Entstehung dieser Lehre und die Biografie ihres Schöpfers im Kontext der historischen, vor allem wissenschaftshistorischen Entwicklung ihrer Entstehungszeit.
Warum tue ich mir das an? Warum tat sich die Autorin dies an? Na ja, ist sicher schon mal verrückt-interessant. Außerdem brauchen wir Modernen gar nicht so zu tun, als würden wir gegen Para- und Pseudowissenschaften gefeit sein. Wenn ich da nur an die leidige Homöopathie denke.
Interessant ist, da ich mich seit geraumer Zeit aus skeptischer Sicht mit den mich schon lange interessierenden Parawissenschaften beschäftige, dass damals die Situation überhaupt nicht anders war als heute, oder anders gesagt, wir heute gar nicht sehr etwas Neues erleben, wenn wir beobachten, wie Esoterik und Verschwörungstheorie-Unsinn um sich greift. Alles schon da gewesen...
Die Autorin „erklärt“ gar nicht mal so sehr die Theorie selbst. Die ist übrigens offensichtlich so verschwrubelt, dass es echt schwer fällt, zu verstehen, was der Hörbiger da zusammen gereimt hatte. Da er auch irgendwie selbst erfundene Vokabeln benutzt, wird das Ganze nicht verständlicher.
Die Autorin geht daher auch mehr auf die Wirkungsgeschichte, die Rezeption und Strategien ihrer Apologeten ein, bis hin zur Rezeption in 3. Reich (Ahnerbe).
Ziemlich interessant!
7 / 10 Punkte
21) Robert Anton Wilson: „Illuminatus 1“
Jetzt sollte es endlich mal der Klassiker de Verschwörungs-Phantastik sein. Ich hatte es ja vor Jahren schon mal probiert und bin gescheitert.
Jetzt habe ich zumindest den 1. Band durchgehalten - und für mich - vielleicht auch erst vorerst - beschlossen, es dabei zu belassen.
OK; was er da erzählt, sind inzwischen allgemeine Hüte. Nix Neues (für mich)! Die Präsentation, als der Stil, die Erzählweise, sind aus meiner Sicht bemüht poppig. Kann einem ja gefallen, muss aber nicht. Zur Zeit scheine ich eher auf direkte, geradlinige Erzählweise zu stehen. Dieses bunte Potpourri aus Zeitebenen, Erzählperspektiven, Notizzetteln und im Grunde fehlender Handlung hat mich schnell gelangweilt. Warum ist das so ein Klassiker geworden? Wahr vielleicht damals ja neu und für ein breiteres Publikum (?) in dieser verrückt-lustigen, sarkastischen Form attraktiv genug.
Dabei ist es schon erstaunlich, dass Wilson ziemlich genau die Themen der modernen Verschwörungstheorien und Esoterik abhandelt, die allenthalben kolportiert werden, inklusive der Nazi-KLamotten. - Na ja, meine Begeisterung hält sich in Grenzen...
5 / 10 Punkte
Comic 3) Peter Hogan: „Die verlorene Seele“ The Dreaming, erschaffen von Nail Gaiman
Hatte mal wieder Lust auf Gaimans Sandman und fand dieses Seitenprojekt: Ist ja weder Sandman, noch von Gaiman, aber dennoch sehr gut.
Auf gut 100 Seiten wird eine durchgehende Geschichte erzählt. Die Zeichnungen sind stringend, einfach, klassisch. Erinnert sicher etwas an die 50er.
Ein junger Mann aus den 50er Jahren des 20. Jh., der sich entscheiden muss, ob er und siene Verlobte nun heiraten sollen. So richtig erscheint ihm diese Entscheidung wohl nicht. Doch wird ihm diese Entscheidung abgenommen. Er gerät in eine zauberische Auseinandersetzung, in der er als Bote durech die Zeit missbraucht wird. Als er am Ende des 20. Jh, zu sich kommt, ist er natürlich völlig desorientiert.
Ihm hilft eine alte Frau (allerdings nicht ganz uneigennützig) und ihr Freundin, eine Dame, die zwar älter als er ist, sich ihm aber zumindest freundschaftlich verbunden fühlt nach einem Weilchen.
Es ist eine recht ruhige, aber einfühlsame und wundersame Geschichte. Der Zeitreise-Plot (hin und zurück) weist natürlich genau die Ungereimtheiten auf, denen solche Stories im Grunde ihren Scharm verdanken. - Am Ende war ich richtig gerührt; es hat natürlich ein happy end.
9 / 10 Punkte