Mit Dominik zum Doktor *
[ Vorderseite des Infoblatt 113 zur Veranstaltung, Bild von Mario Franke, Leipzig ]
Niemals hätte ich gedacht, dass ich mal was wirklich Überraschendes und Neues (für mich) zu einem so uralten Autor wie Hans Dominik erfahren würde. Nun, bin kein Dominik-Kenner oder -Fan, aber irgendwie glaubt man (ich), dass man den ja kennt. - So was von Pustekuchen!
Dr. Frank O. Hrachowy hat sich akademisch mit Hans Dominik auseinander gesetzt, dazu eine Dissertation verfasst und ist als Technikhistoriker weiterhin am Ball. Dabei konnte er den Autor in ein anderes Licht rücken, als er gemeinhin steht und konnte tatsächlich Dinge in Erfahrung bringen, die überraschend sind.
Am 27. November 2015 hat er im Haus des Buches zu Leipzig auf Einladung des Freundeskreises SF dazu einen Vortrag gehalten. Der kleine Saal war voll; diesmal recht viele Leute, die nicht zum Club-Umfeld gehörten; das Thema muss gezogen haben...
Dazu fiel mir auf, dass diesmal die Sitzmöglichkeiten verknappt wurden, warum auch immer: Es waren weniger Stühle vorhanden, als sonst, so dass der Raum einen noch gefüllteren Eindruck macht - und Nachzüglern es fast Probleme bereitet, einen Sitzplatz zu bekommen.
Der Referent hatte einen festen Plan.
Im 1. Teil verlas er den Forschungsertrag seiner Doktorarbeit. Sicher, war etwas akademisch, man musste konzentriert zuhören, aber das hat sich schon mal gelohnt.
Im 2. Teil verlas er kommentierend Zitate aus 4 Büchern Dominiks, aus verschiedenen Schaffensperioden und Bereichen, denen der Autor sich widmete, die zeigten, wie vielfältig der Autor war, den wir SF-Fans ja in erster Linie als Autor „technisch-utopischer Romane“ kennen, oftmals mit einem deutschtümelnden, nationalistischen, chauvinistischen Hintergrund.
Interessanter Weise konnte der Referent mit dem Bild Dominiks als erzreaktionären Technikutopisten aufräumen. Er zeigte auf, wie Dominik, Kind seiner Zeit, durchaus dem rechteren Flügel des Parteien- und Ideologie-Spektrums des Nachkriegs-Deutschlands (WK I) zuzurechnen war, sich aber dann durchaus distanziert zu den Nazis und ihrer Kriegspolitik verhielt. Na ja, wer die Geister rief... , möchte ich da hinzufügen, denn er sorgte mit seinen populären und sehr weit verbreiteten Schriften schon für eine Grundstimmung, die dann zum Krieg führte; ob er das so wollte, oder nicht...
Der Referent zeigte auf, dass Dominik durch den Ausbruch des Krieges sehr enttäuscht war, denn er wollte eine friedliche und tatkräftige Entwicklung ins neue „energetische“ Zeitalter. Dafür wollte er die Jugend begeistern, in erster Linie.
Seine Verlage sahen das alles wohl sehr pragmatisch. „Hans Dominik“ war für sie eine Marke, die sie pflegten; daher erschienen dann auch Texte, die unter seinem Namen liefen, aber nicht nur von ihm geschrieben wurden. DAS haute mich um! Offensichtlich sind auch die SF-Romane nicht vollständig von ihm geschrieben worden; es gab einen mysteriösen Ko-Autor, der dann auch noch eine Identität wechseln musste; wobei der Referent dies nur anhand von Indizieren belegen kann. Also, wer da Interesse hat, dem empfehle ich das Buch von Hrachovy; das sollte dann einige Überraschungen parat halten!
Neu und unbekannt war für mich auch die „Affäre“ um den Vetter von Hans Dominik, der auch Hans Dominik hieß und im Dt. Kaiserreich ein ziemlich brutaler Kolonialkrieger war. Irgendwie vermischte sich das Bild der Öffentlichkeit, das man von diesen beiden Männern hatte, zu einem Bild, so dass der Leumund des Autors Dominik dadurch ziemlich beschädigt wurde. War mir neu (ich kannte nicht mal den anderen Hans Dominik...).
Dem Referenten war es unterm Strich wichtig, Hans Dominik als jemanden darzustellen, der mehr war, als der Autor literarisch wenige anspruchsvoller utopisch-technischer Romane (die er am Ende nicht mal selbst vollständig verfasst hatte). Dominik war ein großartiger Wissenschafts- und Technikpopularisator, der ein Händchen für die gut verständliche Darstellung komplexer Vorgänge hatte, die ihn zu einem Vielschreiber für Zeitschriften und Bücher machte, die er im Auftrag der Wirtschaftskonzerne schrieb; diesen Werken misst der Referent offensichtlich eine größere Bedeutung bei, obwohl sie heute so gut wie vergessen sind.
Im 3. Teil der Veranstaltung setze der Referent sich den Fragen von Thomas Braatz und des Publikums aus, die diesmal recht zahlreich kamen.
Dank an die „Leipziger“ für den interessanten Abend!
*) Die Autobiografie Dominiks heißt: "Vom Schraubstock zum Schreibtisch"; dieser Titel und der Umstand, dass Frank Hrachowy mit dem Thema seinen Doktor gemacht hat, inspirierte mich zu dem Titel