Mein LBM18-Tagebuch - vor dem Winterchaos
LBM18 Endzeit Andymon Roman Israel
(Foto: Karlheinz SteinmĂĽller, Erik Simon & am Rand noch gerade sichtbar: Angela SteinmĂĽller)
Ich hatte GlĂĽck, aber sowas von GlĂĽck! Dabei hatte ich auch Pech, aber am Ende doch GlĂĽck.
Okay, der Reihe nach.
Wetter
Es ist ja immer, also wirklich jedes Jahr, ein Wackeln und Bibbern, ob das mit dem Wetter auch hinhaut zur Buchmesse. Es ist nicht das erste Mal, dass die Buchmesse im Schnee absäuft - also, übertrieben gesagt. Ich kann mich schon an Fahrten zu Lesungen (unmittelbar vor der Messe, an einem Mittwoch) erinnern, wo die Autos reihenweise an der roten Ampel geblitzt wurden, weil so gut wie keines vor der Ampel zum Stehen kam, so glatt und schneeig war es.
Dies Jahr hat es aber verkehrstechnisch dann aber eher die Öffentlichen Verkehrsmittel getroffen, die teilweise gar nicht mehr fuhren. Aber ich hatte Glück: Am Tag 1 (noch warm und kein Schnee) ging es mit dem Auto, am Tag 2 (das Wetter schlug um) dann mit der Bahn, die da noch fuhr (zwischen Halle und Leipzig), wenn sie auch supervoll war. So voll hatte ich das letzte Mal eine Bahn zu einem Herrentag erlebt, als die Leute auch nicht mehr wegen Überfüllung mitgenommen werden konnten (da kamen sie aber auch teilweise mit Fahrrädern, zur Messe eher nicht).
Die Hiobsbotschaften von Messebesuchsabbrüchen und „Gerade-noch-so-geschafft“-Odysseen am Tag 3 habe ich dann vom heimatlichen Sessel aus verfolgt. Denn am Morgen des Samstages erfuhr ich noch voller Bedauern, dass „mein“ Haupt-Akt für den Tag sozusagen gecancelt worden war - wegen Krankheit. Als mir dann im Laufe des Tages klar wurde, dass ich es wahrscheinlich ohnehin nicht so richtig, oder nur unter Anstrengung dahin geschafft hätte, verwandelte sich meine Trübnis in eine Form von Erleichterung.
Das soll aber nun mal reichen mit Wetterbericht, jetzt noch mal etwas LBM18:
Messe
Am Tag 2 (16. März 2018) hatte ich als Erstes eine Comic-Buch-Vorstellung besucht, Halle 1 (Manga-Con), Schwarzes Sofa. Dort wurde Olivia Vieweg zu ihrem frisch erschienenen, dicken Graphic Novel „Endzeit“ befragt. Der Comic spielt im Gebiet um Jena und Weimar, woher die Autorin stammt. Sie hatte den Comic sozusagen aus einer Designschul-Abschlussarbeit weiterentwickelt, und - was vielleicht noch spektakulärer ist - als Comicumsetzung zu ihrem Drehbuch zum gleichen Thema: Zombies in Jena! Nur ein Drehbuch? Einfach so? Nein, natürlich nicht! Der Film ist wohl bereits fertig gedreht, wird noch geschnitten und ist in 2019 im Kino - ein deutscher Zombiefilm, der auch in Deutschland spielt.
Wow! Oder? Ich finds gut! Zumal die Autorin sehr sympathisch rüberkam, viel erzählte - von ihrer Erfolgsgeschichte. Hut ab!
Danach machte ich mir das Leben etwas schwerer und wählte zwei Veranstaltungen, die harten Tobak enthielten: Zunächst eine Buchvorstellung über Kindsmissbrauch durch einen mexikanischen, katholischen Orden. Es handelt sich zwar um einen Roman, den der jetzt 90jähriege Autor aber nach einem wahren Fall schrieb. Vor Ort, auf der Messe, war „nur“ der Übersetzer. Aber der erzählte bewegt von diesem Unrecht, dem die jungen Eleven dort ausgesetzt waren ("Zum Bösen verführt" von José Manuel Ruiz Marcos).
Dann wechselte ich in die Stadt, als übernächstes war ein Besuch in der „Runden Ecke“ fällig, dort erzählten Zeitzeugen von ihrem Aufenthalt in sowjetischen Lagern. Auch sehr bewegend, bis hin zu Tränenausbrüchen im Publikum, ebenfalls von einem Betroffenen.
Anlass war hier die Veröffentlichung einer Broschüre der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V.: „Den Willen zu verlieren, war der halbe Tod“, von Ariane Zabel, die auch zugegen war und das Gespräch moderierte.
Davor war ich aber im Hugendubel, dort wurde im Halbstundentakt eine Lesung nach der anderen fast schon durchgepeitscht. Ich hatte mir Roman Israel herausgepickt, den ich als einen der Book Brother schon mal kennen und schätzen lernte und dessen Beitrag in der Antho „Leipzig morbid“ mir auch sehr gefiel. Er las aus einem „Wenderoman“ mit dem Titel „Flugobst“, also einer Geschichte aus der Wendezeit, an der ostdeutsch-tschechischen Grenze - ein Fest, echt! Ist schön, wenn man über Geschichte lachen kann! Er las übrigens im Rahmen einer Aktion sächsischer Schriftsteller (60 an der Zahl: „Literatur statt Brandsätze“) gegen Fremdenfeindlichkeit, die es schon ein Weilchen gibt. Die Initiatorin der Initiative, Anna Kaleri, stellte die Sache vor. Allerdings hat sich mir nicht erschlossen, inwieweit Roman Israels Text da hineinpasst. Interessant war es allemal
Weil Zeit war, hörte ich mir danach Christoph Jehlicka an, der aus seinem Debut, „Das Lied vom Ende“ las, ein Coming-In-Age-Roman, dazu ein Familiendrama mit kriminalistischen Anklängen. Auch nicht übel - hach, wenn ich doch nur schneller und mehr lesen könnte†¦
Zum Abschluss gings zum Griechen - aber nicht zum Essen, sondern wegen der Buchpräsentation von „Andymon“ - neu erschienen bei Golkonda / Memorandum. Mit den Steinmüllers und Erik Simon. Michael Görden war auch da, hat dann aber nicht allzu viel erzählt. Karlheinz Steinmüller dafür umso mehr, auch aus seinem Erfahrungsschatz als Zukunftsforscher. War interessant, durchaus. Gelesen hat er einen Text, der nicht zu ANDYMON gehörte, weil er meinte, das kenne ohnehin jeder Anwesende.
Ich bekam dann auch mein Beleg-Ex, was mich sehr freute (fĂĽr die Vignette auf dem Cover).
Der Nachhauseweg war dann zwar verschneit, aber noch passierbar; bin noch mal aus dem Winterhexenkessel entwischt.
Cool! Das mit dem Wetter ist übel. Ich würde ja die zuständigen Manager bei der Bahn fristlos entlassen und ihr Gehalt der letzten Jahre pfänden. Und dann ab in die Antarktis mit ihnen.