Der Februar in der Leseliste: da lacht das Alien (und tanzt natürlich)
Mark Fisher Ellen Norten
Neben akzelerationistischen Texten und Artikeln waren es dann weitere Referenzen, die mich an den leider schon verstorbenen Mark Fisher "verwiesen". Und das war dann schon eine ganz wunderbare Erfahrung für mich! Ist so schade, dass ich auf ihn so spät aufmerksam wurde und noch sehr viel mehr schade, dass es ihn nicht mehr gibt...
Aber erst mal was erfreuliches. Sehr aufmunternde und empfehlenswerte Lektüre:
Ellen Norten (Hrsg.): „Das Alien tanzt Polka“
Jetzt war ich doch mal neugierig. Ich weiß ja, dass Ellen bei einigen Plattformen mitmischt, auf denen Geschichten erzählt werden. Dabei nicht nur Phantastik und SF.
Das hier ist aber eine astreine SF-Anthologie, Teil einer Serie, die fortgesetzt wird - wie lange eigentlich? Ich glaube, derzeit ist man im Hause p.machnery beim 3. Band.
Lohnt sich das denn nun, so eine SF-Anthologie? Ich denke, nur dann, wenn sie ein „Alleinstellungsmerkmal“ aufweist. Hier ist es der Humor! Das ist echt wohltuend bei der doch überwiegend miesepetrigen Zukunftsschau, die uns so oft zwischen den Buchdeckeln erwartet; Dystopie rules, immer noch.
Mit dem Humor ist es aber auch so eine Sache; um es zusammen zu fassen: Mir haben nicht alle Geschichten wirklich gefallen. Mitunter war es halt so ein Schenkelklopferhumor, oder wenn man SF-mäßig Alltagssituationen von heute in eine fremde, Alien-Welt projiziert oder in die Zukunft. Ja, das ist auch durchaus komisch, holt mich aber nicht immer ab.
Eine andere Gruppe der Stories, die ich für mich beim Lesen ausgemacht habe, ist die, die irgendwie an bekannte Film-Geschichten erinnern.
Und es gibt dann noch die, die - für meine Begriffe - eine gute Idee umsetzen und daraus Witz und Humor ziehen, und / oder mit Witz davon erzählen.
Ein Autor hat mich dabei richtig überrascht - ich denke mal, von ihm wurden sogar zwei Erzählungen untergebracht, eine halt unter Pseudonym geschrieben? Hubert Katzmarz. Er hat da eine tolle Zeitreisestory hinterlassen. Ja, klar, auch die verweist auf längst Erzähltes, aber sehr kurzweilig und konsequent.
Also, wer ist dieser Herr Eberhard Entensterz? Der Mann kann doch unmöglich so heißen, oder? Sein Beitrag war auch ein Fest für mich. Das Ganze war so eine Art Raumfahrtstory-LARP-Fantasy-Verarsche. Eigentlich ohne tieferen Sinn. Okay, erinnert dann auch an bestimmte Filmvorlagen, hat mir aber sehr gefallen.
Es wären noch viele andere zu nennen, aber das wird dann langweilig. Ich darf das Buch auf jeden Fall empfehlen. Habe hinreichend oft gelacht, geschmunzelt und wirklich nur so ca. 2 Stories überblättert. Reiche Ernte, finde ich.
8 / 10 Punkte
Armen Avanessian (Hrsg.): #Akzeleration
Gar keine SF. Oder doch? Auf jeden Fall bin ich über einen Artikel, der SF mit dieser - tja, was ist das eigentlich? - gesellschaftswissenschaftlichen, sozial-philosophischen Denkweise, Weltanschauung verbindet. SF als Quelle für ein Weltbild, das auf Beschleunigung beruht, diese befördert und fordert.
In dem besagten Artikel konzentriert sich der Autor auf einen Protagonisten dieser Lehre: Nick Land. Der Mann erscheint mir durchaus interessant, verrückt genug, was er in den 90ern angestellt hat. Allerdings findet der Artikel-Autor - und ich auch - dass Land inzwischen den progressiven Pfad verlassen hat.
Auf jeden Fall war meine Neugier geweckt und ich wollte mich einfach mal mit Akzeleration - im gesellschaftswissenschaftlichen Sinne - befassen. Leider bot mir der kleine Band nicht wirklich tiefen Einblick. Das Grundprinzip habe ich erfasst, denke ich. Es ist ein Appell an die (intellektuelle) Linke, sich dem Fortschrift, vor allem in Wiss. u. Fortschritt, nicht zu verschließen, sich nicht in lokale und irgendwelche Retro-Strategien zu verlieren. Aber das „Wie“ ist hier für meine Begriffe nach wie vor unklar†¦ Aber das nur am Rande.
7 / 10 Punkte
Mark Fisher: „Kapitalistischer Realismus ohne Alternative?“
DAS ist nun aber wirklich ein Autor, den ich bei meiner Recherche zum Thema Akzelerationismus für mich entdeckt habe, worüber ich sehr, sehr froh bin! Leider, wie ich dann schnell feststellen musste, lebt er nicht mehr. Er ist in etwa der gleiche Jahrgang wie ich, aber schon tot - durch Selbstmord, wegen Depression.
Das Tema Depression spielt auch in diesem kleinen Buch - einer „Flugschrift“ - eine gewissen Rolle. Er findet für dieses psychologische Phänomen gesellschaftlich Ursachen.
Seine Bücher öffnen mir neue Welten - der Welt-Betrachtung. Ich bin absolut beeindruckt. So wie er dann auch Filme, Musik etc. rezensiert, möchte ich es auch können! Er erkennt gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungen in Werken der Popkultur, zeigt auf, was da wie zusammenhängt und zusammengehört. Für mich ziemlich überzeugend, überraschend, faszinierend. Na ja, und großartig formulieren kann er auch noch.
Mark Fisher - sollte es eigentlich schon lange sein, ist es aber erst jetzt für mich - eine faszinierende Inspirationsquelle.
12 / 10 Punkte